Guatemala

Reisezeit: Mai 2005  |  von Beatrice Feldbauer

Samstag. Erste Eindrücke

Um neun Uhr ruft Veronika zum Frühstück. Sie entschuldigt sich, dass sie keine Zeit hätte für einen Schwatz, denn sie müsse zum Markt. Als ich ihr aber erkläre, dass wir heute noch nicht hier essen würden, hat sie plötzlich wieder Zeit.

Wir sind im Moment die einzigen Gäste und darum ist ihr Kühlschrank leer. Wenn sie allein sind, isst die Familie sehr einfach. Es genügen ein paar Tortillas, die ganz in Nähe gekauft werden und Frijoles. Das sind die schwarzen Bohnen, die das Grundnahrungsmittel für den grössten Teil der Bevölkerung darstellen.

Nachdem wir also weder heute noch morgen hier essen werden, sieht sie keinen Grund, einkaufen zu gehen, denn für sich und die Familie reichen die Vorräte.

Nach dem Frühstück möchte ich meiner Mutter zeigen, wo sie hingeraten ist. Wir gehen zu Fuss in die Stadt. Sie wundert sich vor allem über die grobe Pflästerung, die unebenen Strassen und die schmalen Trottoirs. Auch die verschlossenen und abweisenden Türen und Fenster bemerkt sie. Später wird sie sich wundern, wie die Häuser sich verändern, sobald die Türen geöffnet sind. Diese geben den Blick frei in schöne private Innenhöfe, reich dekorierte Speiselokale, farbige Läden, luxuriöse Hotels. Geschlossene Türen und vergitterte Fenster manche mit verlotterten Holzverschlägen sind abweisend und verraten die Geheimnisse, die sich dahinter verbergen nicht. Es ist nicht einfach, sich vorzustellen, dass wir in der schönsten und teuersten Stadt des Landes sind, wo die Grundstücke in Millionen von Dollars gerechnet werden.

Vor dem Arco, dem Wahrzeichen Antiguas

Vor dem Arco, dem Wahrzeichen Antiguas

Vor den Banken stehen Soldaten mit dem Gewehr im Anschlag. Viele Menschen stehen Schlange davor, heute ist Zahltag. Das heisst, die Leute müssen die Checks, die sie von ihren Arbeitsgebern erhalten haben, in der Bank in Bargeld einlösen. Geldwechsel ist heute nicht möglich, also werden wir bis Montag mit den paar mitgebrachten Quetzales und der Kreditkarte über die Runden kommen müssen.

Beim Parque central kehren wir im Cafe Condesa ein. Es ist mein erklärtes Liebslingskaffee. Hier verkehren fast nur Ausländer. Leider ist dieses Cafe für Einheimische, wie die meisten Restaurants viel zu teuer. Meine Mutter ist von den vielen Blumen und Pflanzen begeistert, die im Hof blühen. Viele kennen wir bei uns als Topfpflanzen.

Zum Mittagessen gehen wir ins älteste Restaurant der Stadt, zu Doña Luisa, das nach einer Indianerprinzessin benannt ist.

Nachdem wir uns gestärkt haben, wollen wir auf den grossen Markt, auf dem sich die Einheimischen für den täglichen Bedarf eindecken. Hier gibt es alles zu kaufen. Angefangen bei Früchten und Gemüse aller Art. Daneben gibt es aber auch Kleider, Schuhe, Kleiderstoffe, Kosmetikartikel, Maschinen, Ablaufrohre und Möbel. Irgendwo streckt ein Mann eine Fernsehantenne in die Luft. Die will er hier wohl verkaufen. Daneben gibt es Kinderspielzeug, Bonbons und Piñatas, neben Eiern und Schuhcreme. Das Fleisch hängt an grossen Haken und viele Händlerinnen haben ihr Gemüse auf dem Boden ausgebreitet. In grossen Säcken lagern schwarze, rote und weisse Frijoles. Auch Mais, ganz oder gemahlen gibt es. Männer schleppen riesige Ballen mit den Einkäufen, Frauen tragen Körbe und eingeschlagene Tücher auf dem Kopf und das Baby auf dem Rücken. Wir staunen und vergessen fast, dass wir ja WC-Papier kaufen wollten, denn das konnte uns Veronika nicht anbieten. Natürlich kaufe ich auch ein wenig Gemüse und Früchte ein, Veronika wird sich freuen, wenn ich ihr Budget etwas entlaste. Ausserdem macht es überhaupt keinen Spass, über den Markt zu gehen, ohne etwas zu kaufen.

mit dem TucTuc unterwegs

mit dem TucTuc unterwegs

Die Merced

Die Merced

Am Abend machen wir vor dem Nachtessen einen ersten Besuch in der Merced, der Kirche, die von aussen wie eine Torte verziert, innen aber sehr einfach und schlicht eingerichtet ist. Heute allerdings ist sie mit vielen Blumen geschmückt und bald stellt sich heraus, dass eine Hochzeit stattfindet. Es müssen sehr reiche Leute sein, die die Kirche heute Abend reserviert haben, denn die Kleider sind sehr vornehm und elegant. Zufällig entdecke ich unter den vielen Zuschauern meine Lehrerin vom letzten Mal. Bety arbeitet nicht mehr für Probigua, sondern unterrichtet nun in einer Landschule in der Nähe. Sie freut sich, mich zu sehen und lädt uns ein, sie zu besuchen. Ich verspreche ihr, dass sie im Laufe der Woche von uns hören wird.

Zum Nachtessen gehen wir in die Posada de Don Rodrigo, in der Nähe des Arcos, dem Wahrzeichen der Stadt. Hier spielen noch immer die Musiker auf der Marimba. Es ist nicht spät, aber schon sehr dunkel, als wir mit dem Tuctuc nach Hause fahren.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wieder zieht es mich in das Land in Zentralamerika. Nachdem ich mit meinem Partner, mit meinem 13-jährigen Göttibuben und letztes Jahr mit einer Freundin da war, hat mich dieses Jahr meine 75-jährige Mutter begleitet.
Details:
Aufbruch: 13.05.2005
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 31.05.2005
Reiseziele: Guatemala
Honduras
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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