Las Vegas

Reisezeit: Februar / März 2009  |  von Beatrice Feldbauer

Werbefahrt

Es ist wie verhext. Schon wieder werde ich in aller Herrgottsfrühe geweckt. Diesmal ist es nicht der Wecker, den hatte ich gründlich abgestellt, der traut sich nur noch die Zeit anzuzeigen: 3.13. Es ist ein SMS, das trotz Telefonumleitung auf mein Handy eingegangen ist. Ich fasse es nicht, die Swisscom empfiehlt mir ein neues Abo. Weil ich am Abend sehr früh eingeschlafen bin, bin ich dafür jetzt sofort hellwach. Zu Hause ist es früher Nachmittag, ich könnte nachsehen, ob jemand online ist.

Also Laptop einschalten und nachsehen. Tatsächlich, Giorgio will wissen, ob ich meine Kasse bereits aufgestockt hätte. Mit meinem Reingewinn von 20 Dollar kann ich natürlich nicht so richtig auftrumpfen.

Ich will es jetzt aber noch einmal wissen, ziehe mich an, packe meine paar verbliebenen Chips und gehe hinaus, hinunter ins Casino. Will wissen, wie das ist mit dieser Stadt, die niemals schläft. Auf den ersten Blick scheint es ruhig. An der Rezeption stehen 6 Touristen mit ihren Koffern. An den Automaten hängen ein paar Leute aber an den Tischen wird gespielt. Ich sehe den Kartenspielern zu, verstehe aber noch immer nicht worum es geht. An einem anderen Tisch wird gewürfelt und über einem anderen Sektor heisst es POKER.

ein Würfeltisch

ein Würfeltisch

An einem Roulette ist noch ein Platz frei und ich setze meine ersten fünf Dollar. Doch das gilt nicht, 15 Dollar ist der Mindesteinsatz. Das macht allerdings einen erheblichen Unterschied zu den Nachmittagseinsätzen von 5 Dollar.

Ich setze die ersten 15 Dollar auf schwarz und gewinne. Der Typ neben mir hat 100 auf rot gesetzt. Natürlich kann ich mit meinen 40 Dollar nicht mithalten, weder bei den Gewinnen noch bei den Verlusten, aber zwischenzeitlich stapeln sich sogar schon mal 60 Dollar vor mir. Allerdings ist es noch zu früh, um schon aufzuhören, ausserdem habe ich gerade einen Drink bestellt. So kommt es, dass ich gegen vier Uhr zurück ins Zimmer komme. Das Geld ist weg, aber den Drink habe ich mitgenommen und geniesse ihn, bevor ich noch einmal einschlafe.

Am Mittag gehe ich zum Treffpunkt für die Fahrt zu der Präsentation, für die ich mich gestern angemeldet hatte. Noch einmal muss ich bestätigen, dass ich Single bin, dass zu Hause kein Houseband auf mich wartet. Auch wird nach meinem Einkommen gefragt und ich muss mit meinen Initialen bestätigen, dass ich alles verstanden habe. Einzeln will man sich absichern, dass ich einverstanden bin, dass die Präsentation 2 - 3 Stunden dauern wird und dass mir ein leichter Snack offeriert wird. Langsam wird mir etwas mulmig. Die wollen Ehepaare, die beide anwesend sind, oder echte Singles. Ich habe ein Gefühl wie damals in der Türkei, als wir zu den Teppichhändlern fuhren. Die wollen mir hier unbedingt etwas verkaufen. 'Pass auf, Beatrice, diesmal ist keine Christina dabei, die dich davon abhält, einen unüberlegten Kauf zu machen', rede ich mir selber gut zu.

Es sind vielleicht 20 Personen im Bus und wir fahren aus der Stadt heraus, Richtung Süden. Die Casinos weichen weiten Flächen. An einigen Orten wird gebaut, an anderen Stellen ist noch Brachland. Nach 20 Minuten schwenken wir in einen grossen Parkplatz ein und werden in ein flaches Gebäude geführt. Unseren Zettel mit den Bestätigungen und Unterschriften mussten wir abgeben und ich bedaure schon, dass ich ihn nicht irgendwo fotokopiert hatte. Was solls, etwas Vertrauen hat mir bisher nie geschadet und ausserdem ist es jetzt eh zu spät.

es kann losgehen...

es kann losgehen...

Ich erwarte eine Präsentation in Form eines Vortrages oder eines Videos, aber daraus wird nichts, es gibt Einzelbetreuung. Nach und nach werden alle Anwesenden von smarten Verkäufern oder Verkäuferinnen abgeholt. Mir stellt sich eine Frau in meinem Alter vor: Tanja. Irgendwie finden wir sofort einen guten Draht zueinander, denn sie freut sich, auf jemanden aus Europa zu treffen. Sie kommt aus Rumänien und ist erst seit ein paar Jahren in den Staaten.

Und sie erklärt mir, bei Sandwiches und eisgekühlter Limonade, worum es hier eigentlich get. Man will Ferien-Time-Sharing verkaufen. Ob ich das schon einmal gehört hätte. Ja, ich kann mir darunter etwas vorstellen, aber abgesehen dass ich hier nichts kaufen würde, kommt eine solche Investition für mich überhaupt nicht in Frage. Ich reise gerne, mag nicht eine ganze Woche am gleichen Ort sein. Und ausserdem ist mir das Vorausplanen und reservieren über Monate im voraus ein Gräuel. Tanja versteht zum Glück sofort, dass sie bei mir keine Chance hat. Dafür kommen wir sonst ins Gespräch. Sie erzählt mir von ihrer Familie, von ihrem Leben hier in Las Vegas. Das ist äusserst interessant und damit wir ungestörter reden können, schlägt sie vor, eine der Musterwohnungen anzusehen.

die Musterwohnung

die Musterwohnung

Nachdem wir den offiziellen Teil also absolviert haben, setzen wir uns an die Sonne und schwatzen. Ja, in Las Vegas ist im Moment Winter. Vor zwei Wochen gab es sogar einen Schneesturm und für kurze Zeit ein paar Zentimeter Schnee. "Was, Schnee? Hier in der Wüste von Nevada?" "

"Ja, das war sehr aussergewöhnlich und er ist auch gleich wieder geschmolzen."

Ich stelle mir vor, dass das Leben hier in Las Vegas schwierig und sehr teuer ist, aber Tanja beteuert mir, dass man hier sehr wohl für 6 Dollar auswärts essen kann. Nur die Casinos sind so horrend teuer.

Ihr scheint es sehr gut zu gehen. Sie fährt einen grossen Volvo und ein Nachtessen im Casino leistet sie sich ein bis zweimal pro Jahr. Dafür hat sie alle wichtigen Shows gesehen. Und manchmal geht sie spielen. "Nein", meint sie, "wenn ich über das ganze rechne, habe ich wahrscheinlich eher gewonnen, als verloren, einmal sogar ganze 500 Dollar aufs Mal beim Bingo". Hier im Süden von Las Vegas, soll ein neuer Komplex von Casinos entstehen, erklärt sie und zeigt mir das erste riesige Casino. Es ist günstiger als die anderen, weil es so weit draussen steht, aber es ist nur das erste einer grossen Reihe. Und wie steht es mit dem Touristenrückgang, von dem man überall hört? "Ach meint sie, das gibt sich wieder. Wir hatten andere Jahre bis zu 50 Millionen Touristen im Jahr, letztes Jahr waren es noch 30. Aber das wird schon wieder besser", sie macht sich darüber keine Sorgen.

Die Zeit vergeht schnell, wir müssen zurück zu der Veranstaltung. Tanja erklärt noch rasch, wovon wir überhaupt sprechen. 39'000 Dollar wäre die Investition, dafür könnte man 6 Wochen Ferien jährlich buchen. Pflichtbewusst rechnet sie aus, was da eine Nacht, auf 20 Jahre gerechnet, kosten würde. Kaum fertig erklärt, kommt eine junge Dame an unseren Tsch. Gut gelaunt aber äusserst geschäftstüchtig will sie noch einmal wissen, was ich von dem Angebot halte. Für 19'000 könnte ich 3 Wochen jährlich bekommen und sogar für 9'990 könnten wir ins Geschäft kommen. Nutzt nichts, sie rauscht ab und Tanja bringt mich zu einer Türe, wo mich ein Managertyp begrüsst. "Bye bye Tanja, hat Spass gemacht". Noch einmal werde ich in die Mange genommen. Sogar für 4'999 Dollar hätte man mir ein interessantes Angebot, bei dem ich bei Flügen und Mietwagen bis zu 60 % sparen könnte. Ich winke ab und werde nach einem letzten Fragebogen freundlich verabschiedet und angewiesen, beim Ausgang zu warten bis ich aufgerufen werde. Der Herr, der dann auf mich zukommt, ist der erste, der nicht mehr eine freundliche Mine macht. Kein Wunder, er muss nun die versprochenen Geschenke ausgeben. Da nutzt es auch nichts, wenn ich betone, dass ich bestens bedient und beraten wurde, aber das Angebot einfach an meinen Ferienvorstellungen vorbei geht.

Gegen Unterschrift bekomme ich mein Ticket für die Show. Dazu 50 Dollar in Chips zum spielen im Luxor und einen Gutschein für das Nachtessen-Buffet. Und obendrauf noch einen Gutschein für eine zweitägige Kreuzfahrt ab Florida. Das ist alles in allem mehr, als ich erwartet hatte und zusammen mit dem netten Gespräch mit Tanja, war es den Ausflug allemal wert. Ich hatte für das ganze nämlich nur 50 Dollar bezahlt. Jetzt muss ich nur noch warten, bis ein Bus voll ist und bin schon bald zurück im Hotel.

Die Hochzeitskapelle

Die Hochzeitskapelle

Hier entdecke ich beim Bummeln durchs Casino zufällig die Hochzeitskapelle. Ein weiteres einträgliches Geschäft von Las Vegas. Sowas gehört zu jedem Casino und man kann die ganze Hochzeitsorganisation buchen. Es gibt eine kleine Kapelle und für grössere Anlässe auch eine mit Platz für über 100 Personen. Ob die Blumen echt sind, habe ich vergessen nachzuprüfen, aber eigentlich wäre es hier gar nicht so wichtig, wo doch sowieso schon alles künstlich ist.

Das Bellagio

Das Bellagio

Ich habe schon zu Hause die Tickets für "O" bestellt und diese müssen früh genug abgeholt werden. Also auf ins Bellagio. Auf der Karte sehe ich, dass das Casino nicht weit weg ist und darum mache ich mich zu Fuss auf den Weg. Gewaltig sind die Casinos, an denen ich vorbei komme. Vor allem das New York New York beeindruckt mit seiner Skyline und der Freiheitsstatue davor. Aber auch so kleine Details wie das irische Pup wurden nicht vergessen. Mit der Achterbahn würde ich gerne eine Runde drehen, aber im Moment will ich weiter.

Paris

Paris

Rechts winkt das Paris mit dem Eifelturm und einer Montgolfiere. Überall ertönt Musik aus Lautsprechern und beim Harley dröhnt es aus allen Rohren. Ob es noch weit ist, zum Bellagio will ich wissen. Und weil ich den Zettelverteilern gerade noch zugehört habe, wie sie spanisch sprachen, frage ich auf Spanisch. Ich kann direkt sehen, wie der Angesprochene sich darüber freut und selbstverständlich erklärt er mir sehr gerne, dass es gleich da vorne hinter dem riesigen Monte Carlo ist. Die Kulissen sind hier italienisch. An einem kleinen See reihen sich Strassencafes. Man wähnt sich in Portobello oder am Gomersee. In einem eleganten Restaurant geniesse ich ein feines Nachtessen und um sieben öffnen sich die Türen des Theaters.

bevor der Vorhang aufgeht...

bevor der Vorhang aufgeht...

Was dann abläuft, lässt sich mit Worten fast nicht beschreiben. Ich sitze in der ersten Reihe. Auf der Bühne ist ein riesiger Pool eingelassen und die Artisten tauchen immer wieder unerwartet auf und unter, spritzen beim Eintauschen oder laufen über das Wasser, weil der Boden beliebig nach unten und oben verstellt werden kann. Es ist ein Märchen, das da erzählt wird, und obwohl ich nur halbwegs dem roten Faden folgen kann, der sich als rotes Halstuch durch den Ablauf zieht, ist es doch ein unvergessliches Erlebnis mit Bildern und Eindrücken, die man so noch nie auf einer Bühne sah.

Da schweben Karussellpferde durch die Luft und tauchen ins Wasser ein. Es werden Menschen ab Schaukeln ins Wasser geschleudert ein Trapez schwebt in Form eines Schiffes daher und ein halb gesunkenes Haus scheint für zwei Clown der letzte Zufluchtsort. Ganz am Schluss springen die Artisten gar aus 10 Metern Höhe in den Pool, und nach dem grossen Finale versinken alle Beteiligten winkend im Wasser. Was da an Farben, Musik, Kostümen, Bildern und nicht zuletzt an Komik und Akrobatik geboten wird, ist einmalig und kann wohl nur auf einer Bühne in Las Vegas, wo täglich zwei ausgebuchte Shows stattfinden, aufgeführt werden.

Noch voll von den neuesten Eindrücken schlendere ich nach Hause, durch die Stadt voller Lichter, und noch immer voller Menschen auf der Suche nach dem nächsten Vergnügen, dem nächsten Kick. Ich allerdings bin todmüde und schätze wieder einmal mein ruhiges Zimmer. Heute dauert es nicht lange und ich bin tief eingeschlafen.

auf dem Heimweg

auf dem Heimweg

New York New York

New York New York

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine kurze Reise in eine verrückte Stadt. Die Reise ist ein Wettbewerbspreis der Firma Digicomp Academy AG und daher nicht wirklich mein typisches Reiseziel. Das macht sie aber umso spannender. Ich bedanke mich hiermit bei der Digicomp nochmals ganz herzlich für den tollen Preis aus ihrem Jubiläumswettbewerb 2008 30 Jahre Digicomp
Details:
Aufbruch: 25.02.2009
Dauer: 5 Tage
Heimkehr: 01.03.2009
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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