Abruzzen: Der Gran Sasso Nationalpark

Reisezeit: Mai / Juni 2008  |  von Angelika Gutsche

Arsita und Umgebung

Am nächsten Morgen führt unser erster Weg nach Arsita. Der hübsche Ort strahlt ruhige Behaglichkeit aus, sogar Garagentore und Wasserrinnen sind mit bunten Blumenmotiven bemalt und die Menschen geben sich sehr liebenswürdig. Heute ist Markt und so schlendern wir durch die Stände, an denen Schuhe, Kleidung und Haushaltsgegenstände verkauft werden, aber leider kein Obst und Gemüse, das haben die Leute hier wohl alle selber im Garten. Also machen wir einen Abstecher in den supermercato, bevor wir das nahe der Kirche gelegene kleine Museo di Lupo besuchen. Das Museum gibt auf zwei Etagen einen interessanten Einblick in den Lebensraum des Wolfes und im Museumsladen kann man sowohl Ansichts- als auch Wanderkarten erstehen.

Bevor wir die Ortserkundung fortsetzen, stärken wir uns bei cappuccini und sehr leckeren cornetti in der nächst gelegenen Bar. Die Kirche von Arsita wird leider gerade restauriert und ist nicht zugänglich, doch gleich neben der Kirche gibt es eine Bank mit Geldautomat.

So mit Frischgeld versorgt, fahren wir hinauf zum Ortsende, wo sich eine Tankstelle befindet. Wir halten uns rechts Richtung Penne, vorbei an einer netten Pizzeria/Ristorante und an dem - wie uns Patrick versichert - sehr gutem Fischrestaurant Il Gambero, bevor wir nach ca. zwei Kilometern die linker Hand gelegene Käserei Pecorino di Farindola erreichen. Es haben sich einige Gemeinden, darunter Arsita, zusammengeschlossen, um ganz wunderbaren, ohne jeden künstlichen Zusatz hergestellten Schafskäse zu produzieren. Die freundliche Frau, die in der Käserei (nur vormittags für den Verkauf geöffnet) arbeitet, öffnet uns die Kühlkammer und sucht einen Laib Käse heraus, der gerade den richtigen Reifegrad hat. Der Kilopreis beträgt 20 € und unser Laib wiegt genau ein Kilo. Die Käserei macht einen ausgesprochen guten, peinlich-sauberen Eindruck. Die Frau erklärt uns noch, dass man Schimmel, der sich auf der Rinde bilden kann, mit einem in Olivenöl getränkten Tuch abwischen soll. Sie weiß natürlich auch schon, dass wir bei Patrick Irlandese wohnen - so etwas spricht sich in dem kleinen Dorf schnell herum - und bestellt schöne Grüße. Als wir zu Hause den Käse probieren, hat er ein so fantastisch mild-würziges Aroma, so dass wir gleich noch einmal hochfahren und ein weiteres Kilo kaufen.

Es hat gewittert und geregnet. Trotzdem wagen wir einen Spaziergang. Wir fahren hinunter zur Brücke über den Fino und parken das Auto. Man erreicht die Überbleibsel einer römischen Brücke, wenn man entweder 100 m vor oder 100 m nach der Brücke links einen Weg zum Fluss hinunter folgt. Es stehen noch zwei Pfeiler des antiken Brückenbauwerks im Wasser und im Fluss selbst liegen noch gut sichtbar steinerne Brückenteile; auch lässt sich erkennen, wo einst die Auffahrt zur Brücke angelegt war: eine Aufschüttung, jetzt von Pflanzen überwuchert.

Die Abruzzen waren einst durchzogen von einem dichten Straßennetz, das das antike Rom mit der Adriaküste verband. So führte zum Beispiel die Via Tiburtina Valeria über Carsoli (Carsioli) und Chieti (Teate) nach Pescara (Aternum). An den von den Römern angelegten Verkehrswegen orientieren sich Straßenplaner und Eisenbahner noch heute.

Wir setzen unseren Spaziergang fort. Auf der flussabwärts rechten Seite gibt es einen ausgeschilderten Fußweg hinauf nach Arsita, doch wir halten uns auf der linken Seite flussaufwärts, Richtung Berge, und genießen die würzige Luft des regennassen Waldes. Als wir eine Gumpe erreichen, gibt es kein Halten mehr: raus aus den Klamotten und rein ins Wasser! Was für ein herrlich erfrischendes Bad!

Abends beschließen wir, nicht zu kochen, sondern in Arsita die Osteria del Lupo aufzusuchen. Patrick meldet unser Kommen telefonisch an und so steht Amadeo, der stolze Osteria-Besitzer, bei unserer Ankunft im schwarzen Anzug auf der Straße und erwartet uns. Wir sind die einzigen Gäste und ein runder, bereits gedeckter Tisch wird aus der Gaststube auf die Terrasse getragen, damit wir das grandiose Gebirgspanorama genießen können. Vor uns erhebt sich der Grand Sasso mit dem Grande Corno (2.912 m) und dem Piccolo Corno (2.655 m). Amadeo und seine Frau Giulia sind ausgesprochen gentile und durch die zuvorkommende Bedienung von Amadeus fühlen wir uns wie im Fünf-Sterne-Restaurant. Die bodenständige Küche ist sehr lecker: selbstgebackenes Brot, frische Antipasti aus zartem Schinken, pikante Salami, würziger Käse, gebratenes Gemüse, dazu vino della casa. Da wir schon fast satt sind, überspringen wir die pasta und gehen gleich zum secondo über: knusprig gegrillte Lammkoteletten mit insalata mista. Mit einem süßen Schokokuchen und frischen Kirschen - Giulia versichert, sie hätte sie eigenhändig erst heute Nachmittag vom Baum gepflückt - und einem Kaffee beschließen wir das üppige Menü.

Zurück im Casa Arsita leeren wir auf unserer Terrasse noch ein Gläschen Wein und philosophieren über Gott und die Welt - wie man es halt in solchen Nächten, in denen man sich rundum wohl fühlt, zu tun pflegt.

Nachts besuchen uns zwei Glühwürmchen im Schlafzimmer, die dort ihre Bahnen ziehen. Das sieht wunderschön aus.

Blick auf Arsita

Blick auf Arsita

© Angelika Gutsche, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Auf dieser Reise möchten wir den nördlichsten Teil der Abruzzen erkunden: den Gran Sasso. Er ist das einzige hochalpine Gebirgsmassiv Italiens außerhalb der Alpen und das höchste Gebirge des Apennin. Hier finden sich überwältigende Natureindrücke und faszinierende Kulturdenkmäler.
Details:
Aufbruch: 24.05.2008
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 06.06.2008
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Angelika Gutsche berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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