Peloponnes 2006

Reisezeit: Juni - August 2006  |  von Achim Baehrend

2. Etappe: Dorschhausen - Imola

Highlight der Etappe: Rot, weiß, grün - Schürze, Bettlaken, T-Shirt


Nun ging es also Richtung Italien.
Nach einem sehr guten Frühstück (allerlei Leckereien gibts beim Bäcker in Dorschhausen!) und einer ausführlichen Wegbeschreibung nahmen wir die Etappe Dorschhausen - Imola über den Brenner unter die Räder.
Schöne Landschaft und entspanntes Fahren im Landy machten diese Etappe fast zu einem Vergnügen. Und aus der Erfahrung des letzten Jahres heraus mieden wir die maßlos imola 3 überteuerten italienischen Raststätten. Lediglich eine kurze Pause mit (nicht zu teurem) Espresso legten wir ein. Und dann, nach ca. 600 km und gut 6 Stunden, fuhren wir in Imola von der Autobahn ab.
Den Weg zu unseren italienischen Freunden (siehe Griechenland 2005) hatten wir uns am Tag vorher am Telefon erklären lassen, so dass wir nach kurzer Zeit vor ihrem Haus standen.

Die Begrüßung war sehr herzlich und chaotisch: 8 Menschen, 1 Hund und 1 Gespenst unter einem Handtuch redeten und lachten gleichzeitig, umarmten sich und strahlten sich an. Später stellte sich dann heraus, dass unter dem Handtuch der älteste Sohne des Hauses versteckt war und sich alle Mühe gab, Furcht und Schrecken zu verbreiten.
Die Kinder wurden bei den Kindern einquartiert und wir Erwachsene bekamen den als Ferienwohnung ausgebauten Bereich des Hauses! Dieser Teil des ehemaligen Bauernhofes war mit Liebe zum Detail sehr geschmackvoll ausgebaut und eingerichtet worden. Wir fühlten uns in dem uralten Bett wie Großgrundbesitzer!!

Wenn man sich nach fast 1 Jahr wieder sieht, hat man natürlich viel zu erzählen: Wie es so geht, was die Familie macht, wie es auf der Arbeit steht, und, und, und, es nahm kein Ende.
Und als dann die Zeit zum Abendessen kam, deckten alle miteinander den großen Tisch hinter dem Haus, es wurden Kerzen angezündet und gemeinsam wurde ununterbrochen geredet und gegessen und gegessen und geredet, .... bis spät in die Nacht hinein.
Und natürlich war auch hier die Fußball - WM in Deutschland ein Thema. Italien war noch im Rennen und Deutschland auch, so dass auch das kommende Aufeinandertreffen ein Thema war.
Stilecht hatte der Herr des Hauses seinen Garten weltmeisterlich rot - weiß - grün geschmückt. Da es im Haus aber keine Fahne gab, musste eben entsprechend improvisiert werden mit einer Schürze, einem Bettlaken und einem T-Shirt auf der Wäscheleine.

chsten Morgen gehörte das Haus uns! Wir waren ja im Urlaub, aber für unsere Gastgeber ging der Alltag weiter. Das bedeutete, dass die Erwachsenen zur Arbeit gingen und die Kinder in die Schule. So schliefen wir aus, und ließen den Tag ruhig angehen. Da die Fähre erst am späten Nachmittag Ancona verlassen sollte (17:00 Uhr) und der Weg dorthin über die Autobahn keine 200 km lang war, hatten wir alle Zeit der Welt und: U R L A U B!
Ganz in Ruhe machten wir uns fertig und verließen den etwas ausserhalb gelegenen Hof zu einem Besuch Imolas. Unsere Gastgeberin hatte dort ein Geschäft für Kinderkleidung (le fate, usato e nuovo per bambini, via Nino Bixio 8). Sie und ihr Geschäft wollten wir sehen.
Also fuhren wir voll beladen in die Stadt, parkten nahe am Zentrum und gingen die wenigen letzten Schritte zu Fuß. Der Weg zum Laden war schnell gefunden. Es lag in einer winzigen Gasse, sofort hinter einem ehemaligen Stadttor in der Fußgängerzone. Die Damen der Familie besichtigten ausgiebig die angebotenen Kinderkleider und stellten zu ihrem Erstaunen fest, dass das eine oder andere Teil doch noch fehlte. Besonders jetzt im Urlaub "benötigten" wir spontan und dringend noch dies und das. Also wurde dies und das ausgesucht, bezahlt und eingepackt.

Währenddessen suchte der wenig modeerfahrene und modeinteressierte Vater der Familie nach einer Beschäftigung und fand sie im Landy. Autowaschen kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage, aber er erinnerte sich an die vorwurfsvolle Aussicht auf die Tankanzeige: Wir brauchten Diesel!!
Die Frauen der Familie waren von dieser Notwendigkeit schnell überzeugt, also fuhr Vater einmal um die Stadt, auf der Suche nach einer Tankstelle. In einem kioskartigen Häuschen an der Hauptverkehrsstraße fand er sie schließlich und hielt an der gewünschten Tanksäule. Allerdings war hier keine Selbstbedienung! Nach kurzer Zeit kam eine freundliche, kleine, italienische Dame aus dem Häuschen und fragte im besten Ruhrpott-Slang: "Kricht der Diesel, oder watt?" Mit "der" war der Landy gemeint, und wissen wollte sie, ob ich Diesel oder etwas anderes tanken wollte. Die Antwort war mehr ein Reflex: "Klar, watt sonns?"
Nur kurz zur Erinnerung: Ich befand mich gut 1200 km vom Ruhrgebiet entfernt auf einer belebten italienischen Hauptverkehrsstrasse im Städtchen Imola an einer AGIP - Tanke, die Sonne schien, wir waren auf dem Weg nach Griechenland, in Ancona wartete ein Schiff auf uns und ich unterhielt mich mit einer italienischen Frau in meiner Muttersprache!
Als die erste Überraschung dann vorbei war und ich mich in der Lage fühlte, in verständlichen, zusammenhängenden Sätzen zu reden, kamen wir ins Plaudern. Natürlich war sie Italienerin, aber ihre zweite Heimat (und die ihres Mannes) war für mehr als 20 Jahre Recklinghausen gewesen. Das hinterlässt natürlich Spuren!! Und ihre Freude war aufrichtig, wieder einmal "vertraute" Töne zu hören. Und so erzählten wir (vom Ruhrgebiet, von Italien und Griechenland, und, und, und).

Ach ja, getankt hatte ich dann auch irgendwann und kehrte zu meiner Familie zurück. Die hatte inzwischen den Bestand des Ladens gründlich gesichtet und erheblich verkleinert. So kam der Moment des Abschieds: Wir bedankten uns ausgiebig für die Gastfreundschaft und luden die Gastgeberin ein, uns jederzeit im "sonnigen" Deutschland zu besuchen, auch wenn es nur auf der Durchreise Richtung Island wäre. Nach vielen Umarmungen und dem Versprechen, sich zu melden, machten wir uns auf den Weg Richtung Parkplatz. Jedes Kind bekam 3 Tüten (an jeden Arm), Mutter und Vater schleppten die größeren Kisten. Alles wurde im Landy untergebracht und passte dann doch irgendwie rein! Tolles Auto!!
Auf dem Weg zum Auto hatten wir den Markt in Imola bemerkt. Dort wollten wir uns noch mit allem eindecken, was uns für die Überfahrt notwendig erschien. Und da wir uns nur zu gut an die Preise für das Essen auf der Fähre erinnerten, waren dies insbesondere Lebensmittel (Brot, Wurst, Käse, Obst und T O M A T E N!!!). Lauter leckere Sachen, sicher, aber was ist an Tomaten so besonders? Tja, ein Stand dort auf dem Markt bot nicht einfach nur diese roten Wassersäcke an, sondern hatte, einfach so, frische San Marzano Tomaten da liegen, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Bei uns zu Hause gibt es die, wenn überhaupt, nur in Dosen. Aber hier lagen die kiloweise rum, frisch!! Hoffentlich versteht irgendjemand meine Freude. Bei der San Marzano Tomate handelt es sich um eine sehr geschmacksintensive Sorte aus Kampanien, die allerdings nicht EU - geeignet ist. D. h., sie ist nicht normierbar und industriell nicht zu verarbeiten, sondern muss in mühseliger Handarbeit gepflegt und geerntet werden. Das kann die EU natürlich nicht dulden, somit ist die Sorte tatsächlich vom Aussterben bedroht, trotz ihres unglaublich guten Geschmacks.
Bedauerlicherweise konnten wir die nicht einlagern, sonst hätte ich gleich mehrere Doppelzentner gekauft!! Aber so blieb es bei ein paar Kilo und auch die schmeckten und schmeckten und schmeckten.
Um die "Beute" zu zerlegen erhielt unsere Mittlere noch ein Taschenmesser und dann war das Geld alle.
Endlich ging es Richtung Schiff. Der Weg über die Autobahn hat eigentlich nichts besonders, bis zu dem Abschnitt, an dem die Bahn den Dreh nach Süden macht und man linkerhand endlich das MEER sehen kann! Bei allen bereits vorhandenen Urlaubsgefühlen ist das dann noch mal eine Steigerung. Lange Strände, grünes Wasser bis zum Horizont und die Gewissheit, auch bald am Meer zu sein. Super!
Kurze Zeit später kann man von der Autobahn aus Ancona und den Hafen sehen und fährt auch schon ab.
Es geht einen Hügel hinunter, am Krankenhaus vorbei, weiter bergab Richtung Meer. Kurz bevor man ins Wasser fahren würde kommt eine Rechtsbiege und dann geht es direkt am Wasser entlang in den Hafen.

© Achim Baehrend, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
5 Wochen mit der Familie, dem Zelt und dem Land Rover unterwegs. 4 Wochen davon auf dem Peloponnes.
Details:
Aufbruch: 29.06.2006
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 07.08.2006
Reiseziele: Italien
Griechenland
Der Autor
 
Achim Baehrend berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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