Frankreich - Spanien 2013

Reisezeit: August - Oktober 2013  |  von Uschi Agboka

Midi-Pyrenees (Frankreich) - Streckenverlauf: St. Antonin Noble Val - Penne - Bruniquel

10.09.2013 - 12. Tag - St. Antonin - Penne - Bruniquel - Montricoux

Reisetagebuch September / Oktober 2013
Autor: Uschi Agboka - Figline@gmx.de
Quellen: Recherche vor Ort, Michelin-Reiseführer, Wikipedia etc.

II. Teil
Midi-Pyrenees - Frankreich
10.09. - 14.09.2013

10. September 2013 - Dienstag - 12. Tag
Campingplatz De la Bonnette, Caylus, Bas-Query (Frankreich)
Caylus - Saint Antonin-Noble-Val - Gorges de L'Aveyron - Penne - Bruniquel - Montricoux - Caussade - Caylus
Fahrzeit: 6 Stunden, 61 Meilen - 98 km

In der Nacht hat es kurz geregnet. Ein Tier hat ein tiefes Loch neben unseren Campingbus gebuddelt und eine kleine Schlange mit einem wunderschönen Kopf stattet uns einen Besuch ab. Durch ein Telefonat mit meiner Tochter erfahre ich, dass meine Mutter verstorben ist.

Nach dem Frühstück, gegen 10 Uhr, starten wir zu unserer ersten Tour in den Midi-Pyrenees. Die Landschaft ist wild und schön.

Unser erster Halt ist in St-Antonin-Noble-Val. Dort wird im historischen Zentrum ein Film gedreht. Dauernd wird man von einer Ecke in die andere fortgescheucht. Mir fällt auf, dass in dem mittelalterlichen Ort viele schöne Häuser zum Verkauf stehen. Besonders interessant ist, dass sich hier einige Engländer niedergelassen haben, Häuser erwarben und diese nun restaurieren. Toll. Trotz der nervigen Filmleute machen wir einen Rundgang durch die schöne Stadt.

Saint-Antonin-Noble-Val - Gegenüber den Felsen von Anglar, die sich wie eine Barriere über dem Aveyron-Tal erheben, liegt St-Antonin-Noble-Val, das an der Grenze zwischen Quercy, dem Albigeois und dem Rouergue erbaut wurde. Von der Sonne gebleichte Rundziegel bedecken die meist flachen Dächer der stufenförmig zur rechten Flussseite hin abfallenden Häuser.

In früher Zeit war der Ort unter seinem keltischen Namen - Condate - bekannt. Den Namen Noble-Val verdankt die an dieser Stelle entstandene gallo-römische Siedlung ihrer angenehmen Lage. Im Mittelalter erfuhr das Dorf eine Blütezeit, von der die Häuser aus dem 13., 14. und 15. Jh. zeugen. Sie gehörten reichen Tuchhändlern, die ihre Ware bis nach Genua verkauften.

Die Legende erzählt, dass die Abtei Saint Antonin im 9. Jh. gegründet wurde, zu Ehren des Heiligen, der das Christentum im 8. Jh. in die Provinz Rouergue brachte. Der Heilige Antonin entschied, auch seine Heimatstadt Pamiers zu missionieren. Doch dort stieß er auf Widerstand, man enthauptete ihn und warf seinen Körper in den Fluss Ariege.

Die Legende erzählt weiter, dass Engel vom Himmel stiegen, die Teile einsammelten und in ein Boot legten, welches, oh Wunder, flussabwärts in die Garonne fuhr, über die Tam, den Aveyron, den kleinen Bonnete, bis zu einem Punkt, wo die alten Län-der Albigeois und Quercy zusammenstießen. Dort wurde der Körper von Festus, Graf von Noble-Val, wieder zusammengefügt und in einen Reliquienschrein verbracht, der im Laufe der Zeit verloren ging.
Die Benediktiner bauten die Abtei im 11. Jh. wieder auf. Gegen Ende des 12. Jh. wurde sie von den Augustinern übernommen. Es muss ein sehr prachtvolles Gebäude gewesen sein.

St-Antonin war zu Beginn des 13. Jh. den Katharern freundlich gesinnt und hatte dem Grafen von Toulouse öffentlich Treue geschworen. Der Albigenser-Kreuzzug unter Simon de Montfort machte auch vor St-Antonin nicht Halt. 1212 wurde die Stadt von Simon de Montfort eingenommen und geplündert. St-Antonin war zu dieser Zeit sehr reich. Die ins Kloster geflüchteten Bewohner durften erst nach Hause zurückkehren, nachdem man ihnen die Kleider abgenommen hatte. Die Stadt wurde im 14. Jh. von den Engländern belagert und besiegt. In den Religionskriegen im späten 16. und Anfang des 17. Jh. erlitt die Stadt erhebliche Schäden. Die Stiftskirche und die heiligen Reliquien wurden durch einen antikatholischen Mob zerstört. Louis XIV benannte die Stadt später Saint-Antonin Noble-Val und finanzierte wichtige Erneuerungen im Ort.

Sehenswert ist das alte Rathaus, auch romanisches Haus genannt, in der Nähe der alten Markthalle. Das Gebäude wurde 1125 für den reichen Bürger Pons de Granolhet errichtet, der in den Adelsstand erhoben worden war. Das Haus ist eines der ältesten Beispiele der Profanbaukunst Frankreichs. Im 14. Jh. war es das Haus der Consuln. Viollet-le-Duc ließ den Bau im 19. Jh. restaurieren und fügte einen viereckigen Glockenturm an, der von einer Pechnasenloggia im Stil der Toskana gekrönt ist. Heute ist dort ein Museum untergebracht. Die Fassade besteht aus zwei Stockwerken. Die Balustrade des ersten Stockwerks wird von zwei Pfeilern geschmückt, die Statuen von König Salomon, Adam und Eva mit der Schlange und den Baum der Erkenntnis zeigen.

Rund um das schöne Haus finden sich malerische gewundene Gassen mit alten Wohnhäusern, wie z. B. das Haus der Liebe, das Haus des Königs etc.

Wunderschön sind die dort entstandenen Künstlerateliers und Boutiquen der Handwerker und Künstler. Von der Brücke über den Aveyron hat man einen herrlichen Blick auf die Promenade der Mönche und die schönen alten Häuser am Flussufer.

Jordan, der Troubadour - Ramon Jordan, der um 1150 geborene Vizegraf von St-Antonin, zählte zu den berühmtesten Troubadouren seiner Zeit. Seine Gedichte handelten von der leidenschaftlichen, aber gemäß der ritterlichen Auffassung keuschen und reinen Liebe, die er für Adelais, die Gemahlin des Herrn von Penne, empfand. Während er im Heiligen Land Krieg führte, verbreitete sich die Nachricht von seinem Tod. Daraufhin zog sich Adelais, von großem Schmerz erfüllt, in ein Kloster zurück. Als Jordan unversehrt zurückkehrte und erfuhr, dass er seine Allerliebste nie mehr wiedersehen würde, verlor er jede Lust am Singen, jegliche Lebensfreude. Er bestieg nie wieder ein Pferd und beendete sein Leben in völliger Zurückgezogenheit.

Weiter geht es über eine prächtige Höhenstraße durch die Gorges de L'Aveyron. Hier ist der Fluss z. T. von hohen Felswänden umgeben. Weinberge, Plantagen von Pfirsich- und Apfelbäumen und von Pappeln gesäumte Wiesen durchqueren wir. Eine herrliche Landschaft.

Wir kommen nach Penne. Das alte Dorf zeichnet sich durch seine Lage an einer felsigen Bergspitze aus. Oberhalb der Häuser mit ihren flachen Dächern erscheint die eindrucksvolle Silhouette der mächtigen mittelalterlichen Albigenser Burg. Einige der Mauerreste liegen am äußersten Rand des Felsens und scheinen den Gesetzen der Schwerkraft zu trotzen. Rolf findet mal wieder einen super Parkplatz und wir machen uns auf, den schönen Ort zu erkunden.

Eine enge Straße führt uns an blumengeschmückten Häusern vorbei - viele Künstlerateliers - zur Kirche Sainte Catherine, deren Glockenturm, gleichzeitig Wachturm, mit dem Spitzbogenportal den befestigten Eingang des eigentlichen Dorfes bildet. Die Kirche wurde auf römischen Fundamenten errichtet.

Der Chor der Kirche verlor seinen befestigten Charakter im 17. Jh., als man in seine Mauern das Hauptportal der Kirche brach. Wir haben Glück und können uns das Innere der Kirche anschauen.

Dann geht es weiter, über eine reizvolle, von alten Häusern gesäumte Straße steil hinauf zur Burg.
Am Anfang des Weges, der zu den Turmruinen führt, steht ein Pestkreuz aus dem 17. Jh., das an die Seuche erinnert, von der Penne mehrfach heimgesucht wurde. Ich bin von dem geschichtsträchtigen Ort und seinen schönen Häusern ganz begeistert.

Viele Künstler haben sich in Penne niedergelassen, was ich aufgrund der herrlichen Lage gut verstehen kann. Man lebt in der Gorges de l'Aveyron in einer naturbelassenen und geschützten Umwelt zwischen den bizarren Kalksteinfelsen und dem Grün der Wiesen und Weiden.

Natürlich fasziniert mich besonders ein Denkmal für "den Schrecklichen" von Penne, schrecklich im positiven Sinne, wie ich herausfinde.

Alexandre Viguier (1835-1911) ist eine legendäre Figur. Alexandre Viguier, Autodidakt, Landwirt und Vermesser. Er kannte das Strafgesetzbuch, das Zivilgesetzbuch und die Bibel auswendig. So wurde er zum Rechtsberater und unterstützte die Menschen vor den Gerichten etc. Er war eine echte Hilfe für die Menschen und der "Schreckliche" für die, gegen die er kämpfte. Außer seinen juristischen Kenntnissen, besaß Alexandre Viguier andere weitreichende Kenntnisse. Er hatte moderne Ideen und war seiner Zeit weit voraus. Er kämpfte für die Abrüstung, den Frieden und ein politisches System, wo die Menschen mehr Einfluss haben sollten. Während Zar Nikolaus II. 1896 Paris besuchte, suchte ihn Alexandre Viguier auf, um ihn zu bitten, die Sklaverei abzuschaffen.

Penne - Durch ihre Lage spielte die Burg eine wichtige Rolle in der Geschichte des Quercy. Während des Albigenser-Kreuzzuges lieferten sich die Anhänger Simon de Monforts und der Herr von Penne, der sich mit den Katharern verbündet hatte, blutige Kämpfe um die Festung. Sie wurde von Simon de Montfort niedergebrannt. Im 100jährigen Krieg wurde sie von den kämpfenden Parteien abwechselnd erobert. Erst im 19. Jh. verfiel die Burg fast vollkommen. Im Jahr 1782 wurde die Burg vom Viscount Bruniquel gekauft und ist zeitweise für Besuche geöffnet.

Nur schwer können wir uns von dem hübschen Ort trennen und fahren weiter nach Bruniquel. Der von der Silhouette seiner Burg beherrschte Ort hat eine malerische Lage am Ausgang der Schlucht, die der Fluss Aveyron in den Causse de Limogne gegraben hat.

Wir parken an dem alten Friedhof und machen uns auf zur Burg. Mit den steil ansteigenden Gassen, die von alten mit Hohlziegeln gedeckten Häusern (14. bis 16. Jh.) gesäumt sind, seinen Befestigungsanlagen, Stadttoren und seinem Bergfried ist der Spaziergang sehr interessant.

Unser Weg führt uns u. a. durch die Rue du Mazel, die Rue Droite-du-Trauc und die Rue Droite-de-la-Peyre. Die Straßen haben zum Teil noch ihre alte Pflasterung.

Schön ist das Maison Payrol. Der Bau dieses Stadtsitzes der mächtigen Familie Payrol zog sich vom 13. bis zum 17. Jh. hin. Im Maison Payrol werden heute zahlreiche regionale Sammlungen gezeigt, u. a. Karten, Glaswaren, Fayencen etc.

Schön sind auch die kleinen Gärten, die die alten Häuser umgeben. Man hört Menschen sprechen, lachen, sieht aber niemanden, denn sie sind verborgen hinter schönen Hecken und Bäumen. Mir gefällt der kleine Ort sehr gut.

Bruniquel ist eine südfranzösische Gemeinde mit heute 607 Einwohnern im Département Tarn-et-Garonne in der Region Midi-Pyrénées. Bruniquel ist als eines der Plus beaux villages de France ("Schönste Dörfer Frankreichs") klassifiziert.

Bruniquel liegt auf einer Anhöhe über dem linken Ufer des Aveyron, an der Einmündung seines Nebenflusses Vère. Im 19. Jh. hatte der Ort beständig zwischen 1.500 und 1.850 Einwohner. Die Reblauskrise im Weinbau und die Mechanisierung der Landwirtschaft führten zu einem Verlust von Arbeitsplätzen und infolgedessen zu einem beständigen Rückgang der Bevölkerung. Die Gemeinde lebt heute in erster Linie von der Land- und Forstwirtschaft sowie vom Handwerk und vom Kleingewerbe. Seit den 1960er Jahren spielt auch der Tourismus in Form der Vermietung von Ferienwohnungen eine Rolle.

Bruniquel - mittelalterliche Ortschaft im Quercy, deren Burgen (die ältere und die jüngere) den Aveyron überragen. Am Fuß der Burgen befinden sich prähistorische Felsdächer (abris), etwas entfernt zahlreiche weitere archäologische Fundstellen. Im Mittelalter erfuhr der Ort aufgrund seiner Lage am Jakobsweg einen großen Aufschwung.

Der Überlieferung nach soll die ältere Burg im 6. Jahrhundert von der merowingischen Königin Brunichild gegründet worden sein. Die Erinnerung an die fränkische Königin, Tochter des Königs der Westgoten und Gemahlin König Sigiberts I. von Austrasien, lebt im Namen eines Turmes der Burg fort. Aufgrund der Rivalität mit ihrer Schwägerin Fredegunde entbrannten in Austrasien und Neustrien im 6. Jh. blutige Fehden. Brunhilde erlitt einen schrecklichen Tod: Sie wurde mit den Haaren, einem Arm und einem Bein am Schwanz eines wilden Pferdes festgebunden und zu Tode geschleift.

Die Burg, aus gelbem Stein erbaut, besitzt Fundamente, die auf das 6. Jh. zurückgehen. Die verschiedenen Bestandteile stammen aus dem 12. bis 18. Jh. Auf der vor den Haupttrakten gelegenen Esplanade erhebt sich die Barbakane, von der aus die Burg zum Dorf hin verteidigt wurde. Ein mächtiger Viereckturm aus dem 12. Jh. trägt den Namen der Königin Brunhilde - Brunehaut.

Das Château vieux besitzt noch seinen Donjon aus dem 12. Jahrhundert (damals gehörte der Ort zur Grafschaft Toulouse) und Wohnräume aus dem 13. Jahrhundert. Das Chateau jeune mit seiner Renaissance-Galerie mit sechs Arkaden (erbaut zwischen 1485 bis 1510) des herrschaftlichen Wohntrakts ragt über die Felswand hinaus, 80 m über dem Fluss Aveyron und wurde im Barock umgebaut. Es ist Monument historique seit 1840. Von hier aus bietet sich ein herrlicher Blick über die Windungen des Flusses.

Bevor wir den Ort verlassen, besuchen wir noch die Kirche Notre Dame d'Assomption. Die ältesten Teile der Kirche stammen aus dem 14. Jh. Die Kirche wurde dann während der Religionskriege 1621 teilweise zerstört. In den Jahren 1635 - 1649 wurde die Kirche wieder aufgebaut. Um 1814 wurde die Westfassade der Kirche erneuert, während die Fenster der Südseite des Kirchenschiffs im letzten Viertel des 20. Jh. eingefügt wurden.

Unsere Tour geht weiter bis nach Montricoux. Der am rechten Ufer des Aveyron terrassenförmig ansteigende Ort liegt in einer weiten Ebene. Die alten Stadtmauern sind noch erhalten. Auf dem Place Marcel-Lenoir sowie in einigen Gassen stehen malerische Fachwerkhäuser, mit vorspringenden Stockwerken, aus dem 13.,14., 15. und 16. Jh.

In einem Cafe machen wir Pause. Dann geht es zurück auf den Campingplatz. Unterwegs machen wir noch halt in Caussade und kaufen beim Super U ein. Um 16 Uhr sind wir Zuhause, nach 6 Stunden, 61 Meilen (98 km). Heute haben wir 2 Unfälle beobachtet, einmal kippte ein LKW um und einmal lag ein Auto auf dem Dach.

Weder von meinem Bruder noch von sonst jemandem erfahre ich etwas über den Tod meiner Mutter oder die Beerdigung. Für mich ist das ein unverständliches Verhalten.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Niederbayern nach Frankreich, 50 Tage mit dem Campingbus und dem Motorrad durch die Auvergne, die Midi-Pyrenees, durch Spanien mit Stützpunkt in Boltana bzw. Mendigorria.
Details:
Aufbruch: 30.08.2013
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 19.10.2013
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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