Indien von Süd nach Nord, 1993/4

Reisezeit: November 1993 - Februar 1994  |  von Adi Meyerhofer

Fünf Tage in Pakistan

Blick auf die Busstation am Bahnhofsvorplatz von Lahore. (Beachte die vielfach frierenden in Decken gehüllten Eingeborenen gegen 9 Uhr morgens bei geschätzten 22° C.)

Blick auf die Busstation am Bahnhofsvorplatz von Lahore. (Beachte die vielfach frierenden in Decken gehüllten Eingeborenen gegen 9 Uhr morgens bei geschätzten 22° C.)

Lahore

Zu viert fuhren wir dann im Taxi zum Bahnhof von Lahore. Von weitem hörte man während der Fahrt immer wieder "ra-ta-ta-ta." Knallfrösche waren das keine, denn in Pakistan hat jeder MANN eine Knarre, seit dem Einmarsch der Russen in Afghanistan (1979) bevorzugt eine Kalaschnikow, oder zumindest eine Imitation derselben aus den Waffenschmieden des Grenzgebiets. Geschossen wurde aber nur in die Luft zur Feier des Frühlingsbeginns. Zwei Tage später stand in der Zeitung, daß es über die Feiertage landesweit 85 Tote gegeben habe. Die meisten waren Kinder, die bei traditionellen Drachensteigen auf den nicht durch Geländer abgesicherten Dachterassen stürzten, aber auch etliche, die von wieder runterfallenden Gewehrkugeln erschlagen wurden.

Ein Onkel von mir war in den ausgehenden 70ern als Entwicklungshelfer in Lahore gewesen, seine an die Familie jährlich zu Weihnachten verschickten Berichte haben mich als Kind beeindruckt. Seine Frau hatte nach drei Jahren genug, weil sie zum Beispiel nicht ohne Erlaubnis des Mannes alleine Taxi fahren durfte. Daran mußte ich denken, als am Bahnhofsvorplatz ein Auto eine Frau anfuhr, die mit einem schweren Korb am Kopf beladen, nun stürzte. Der männliche Fahrer stieg nicht aus, sondern schimpfte nur aus dem Fenster heraus auf die Unglückliche ein. Die Islamisierung Pakistans förderte der Militärdiktator Zia-ul-Haq (ermordet 1988) aus politischen Gründen, nachdem er 1977 den gestürzten populären Zulfikar Bhutto aufknüpfen hatte lassen. Leider ging es seitdem politisch und wirtschaftlich immer weiter bergab.

Am Bahnhof bekam ich in einem nagelneuen Hotel ein schönes Zimmer, das aber verdächtig günstig war. Warum stellte sich bald heraus: das Fenster ging direkt auf den Busbahnhof, wo 24 Stunden die Fahrtziele ausgerufen wurde.

A-Hörnchen

A-Hörnchen

Pakistan ist natürlich immer noch "indisch," es ist aber ruhiger, die Schlepper sind weniger zahlreich und deutlich weniger aufdringlich. Im Lahore Museum hatte ich eine angenehme Unterhaltung zur Geschichte mit einem älteren Herrn, der erst nach 20 Minuten fragte, ob ich denn nicht eventuell das Teppichgeschäft seines "ousins" besuchen möchte. Das Museum von 1864 war ein echtes koloniales Juwel. Die Ausstellungsstücke ebenso sehenswert wie die noch aus viktorianischer Zeit stammende Ausstattung. Leider wurde gerade eine Doku gedreht, so daß einige Säle nicht zugänglich waren.

Am Morgen saß ich dann zeitungslesend im Park, anfangs nur besucht von A- und B-Hörnchen, wie ich sie nannte. Später setzte sich noch ein Pakistani mit, wie der Engländer sagt, "Coke bottom glasses" als Brille so dicht an mich, daß er mitlesen konnte. Ich habe ihm die Zeitung gerne überlassen.

B-Hörnchen

B-Hörnchen

Die Buchung eines Weiterflugs war nicht ganz einfach. Zwar legte ich mich schnell auf die türkische Fluggesellschaft von Karachi nach Istanbul fest, man wollte mir aber nur einen Flug in die EU verkaufen, weil man nicht glaubte, daß Deutsche für die Türkei weder Visum noch Rückflug brauchten. Also mußte ich noch einen Anschluß nach Athen dazu buchen -- summa sumarum fast 400 $. Bis das Ticket geschrieben war, ging ich zur Bank gegenüber, um die entsprechende Menge Reiseschecks zu wechseln. Man verlangte soagr die Kaufquittungen zu sehen. Wieder zurück im Reisebüro wollte man aber nicht in Pak-Rupies (ca. 30/$), sondern Devisen bezahlt werden. Was sollte
ich mit dem ganzen frisch getauschten Geld in den verbleibenden drei Tagen machen? Nach etwas Verhandeln sagte man, das Umtauschzertifikat wäre auch ausreichend -- selbiges lag allerdings im Papierkorb der Bank, die fünf Minuten später, um 2, schliessen sollte. Ich habe es gerade noch rechtzeitig herausgefischt. Später habe ich dann in den Kleinanzeigen gesehen, daß diese Zertifikate für etwa 10% ihres Wertes privat gehandelt wurden. Ein nettes Zubrot für die Agentur.

Nach Karachi gönnte ich mir den Nachtexpress-Schlafwagen. Nachdem ich in fast sechs Wochen keinerlei Magenprobleme gehabt hatte, wurde ich leichtsinnig und kaufte mir ein Speiseeis vom Händler am Bahnsteig. Die zwei Tage in Karachi sah ich fast nur das Loch des Plumpsklos im Hotelzimmer. Den Flieger bestieg ich fiebrig und trieb die Stewardess mit meinen dauernden Bitten nach frischem Wasser (es gab nur 200 ml Becher) zum Wahnsinn.

© Adi Meyerhofer, 2013
Du bist hier : Startseite Asien Pakistan Fünf Tage in Pakistan
Die Reise
 
Worum geht's?:
Lang, lang ist's her.
Details:
Aufbruch: November 1993
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 24.02.1994
Reiseziele: Thailand
Sri Lanka
Malediven
Indien
Pakistan
Türkei
Der Autor
 
Adi Meyerhofer berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.