Flucht aus Marokko im herbstlichen Sturm

Reisezeit: Dezember 1996  |  von Manfred Sürig

Wundenlecken nach der Sturmfahrt in Ceuta

"Volvo-Paco", der Mechaniker der hiesigen Volvo-Werkstatt könne Wunder vollbringen, sagt uns der Marinero. Aber nicht am Wochenende und, wie ich später in der Werkstatt höre, auch nicht zu Weihnachten und davor. Manjana ist also noch übertrieben, wir werden selbst ran müssen oder das Boot hier in Ceuta überwintern lassen müssen. Auf umfangreichen Landgängen der nächsten Tage ziehen wir mühsam Erkundigungen ein. Liegen lassen könnten wir das Boot bis Ostern für 9,14 DM/Tag an einem Schwimmsteg der nagelneuen Anlage, Rückflüge können wir hier nicht buchen, also müssen wir mindestens einmal nach Gibraltar. Dort hat man laut Seehandbuch alle Möglichkeiten und bekäme auch Seekarten fürs Mittelmeer. Aber ohne funktionierenden Motor ? Als am 26.12. feststeht, daß "Paco Volvo" wichtigere Aufträge auf den Fähren hat, gehen wir der wahrscheinlichsten Ursache nach: Luft in der Kraftstoffleitung. Ich öffne die Entlüftungsschraube, meine Finger triefen sofort von Diesel, aber unverdrossen pusten wir kräftig in den Tank, untersuchen die Kraftstoffleitung Stück für Stück, lassen diverse Male an - die Batterien hängen ja am Landstromtropf, da können wirs riskieren. Und tatsächlich, Beharrlichkeit führt zu Ziel, er springt an und läuft und läuft und springt auch danach ein zweites und drittes Mal an. Aber kein viertes Mal am nächsten Morgen. Uns scheint die Dichtung mit einer zusätzlichen U-Scheibe an der Entlüftungsschraube die Ursache zu sein, dort könnte, an der höchsten Stelle der Kraftstoffleitung, über Nacht Luft einsickern. Mein Versuch, bei Volvo eine Ersatzdichtung zu bekommen, führt dazu, daß ich eine etwas zu große Nissan-Dichtung erhalte. Deshalb also vollbringt Paco-Volvo hier Wunder ohne Originalersatzteile..... Aber auch wir schaffen es mit Nissan.

Aufs Wetter hatten wir inzwischen nicht mehr allzusehr geachtet, im Hafen hatte der Wind zwischen 0 und 7 und der Regen zwischen Niesel und Gewittern geschwankt, Landgänge fanden stets in Ölzeug statt. Heiligabend gönnten wir uns an Bord ein Festessen mit spanischem Sekt und am ersten Weihnachtstag verzichtet Petrus auf den Dauerregen und läßt es bei Schauern. Im Ort alle Geschäfte zu, der Wind pfeift um die Ecken, da ist ein Mittagsschlaf an Bord wohl das Beste. Und das gepflegte Duschen in der nagelneuen Anlage genießen wir immer und immer wieder. Sogar die Presse interviewt uns als einziges Gastboot im Hafen und macht gleich drei Fotos von uns, die alle am nächsten Tag in der Zeitung EL FARO de CEUTA erscheinen. Nun sind wir stadtbekannt und es ist an der Zeit, zu verschwinden. Die Zahl der Besucher am Kai nimmt stark zu, offenbar gibt es hier keine anderen Attraktionen als uns.

Am 26.12. scheint sogar die Sonne und wir haben leichten Südwind. Also Start nach Gibraltar.

© Manfred Sürig, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Aus der Atlantiküberquerung einhand konnte nichts mehr werden, aber in Casablanca überwintern ging auch nicht, denn das hätte 42000 DM Luxussteuer gekostet. Also blieb nur die Rücküberfühung mitten im Dezember 1996 nach Spanien, koste es, was es wolle, und das kam dan ganz dicke.....
Details:
Aufbruch: 18.12.1996
Dauer: 13 Tage
Heimkehr: 30.12.1996
Reiseziele: Marokko
Spanien
Gibraltar
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.