Beschreibung einer Kanutour auf der Dordogne

Reisezeit: August - Oktober 2004  |  von Stefan Beyer

Die Dordogne: Auf dem Fluss

Die Flüsse Tarn, Aveyron, Lot, Allier, alles schon gesehen. Wir entscheiden uns nach dem dritten Achtel Rotwein für die Dordogne. Ich kenne sie , war vor fünf Jahren schon mal dort gewesen. Damals sind wir von Argentat bis Soillac gepaddelt. Also beschliesen wir in Vayrac zu starten und bis Vitrac zu paddeln, so ist auch für mich etwas neues dabei. Auf der Fahrt dahin werden wir noch einmal kurz wankelmütig, denn der Tarn sieht von der Passstrasse aus auch wieder sehr verführerisch aus. Im Kanuverleih in Vayrac spricht natürlich kein Mensch deutsch, nicht mal englisch. Ich muß gestehen, nach acht Jahren Urlaub in Frankreich kann ich immer noch keinen zusammenhängenden Satz in französisch sprechen. Seis drum nach einer Stunde und einem guten Pastis sind alle Bedingungen geklärt. An diesem Tag kommen wir nicht mehr weit.

Startvorbereitungen, von links ich, Tim, Nils, kniend Hasso.

Startvorbereitungen, von links ich, Tim, Nils, kniend Hasso.

Schon nach einigen Flußkilometern ist am Ufer eine Stelle, wie für uns gemalt, zu sehen. Die Dordogne macht eine scharfe Biegung um 90 Grad, auf der Außenseite ragen steile Felswände aus dem Wasser, auf der Innenseite herrliche Kiesbänke, Inselchen und Wiesen. Der Fluß hat hier tückische Strömungen, die nicht zu unterschätzen sind, wie wir noch an diesem Abend erleben konnten. Ein offener Kanadier mit zwei Anglern wurde in der Flußbiegung ins äußere Kehrwasser gedrückt und hatte keine Chance den ungewollten Flip zu vermeiden. Fast im Zeitlupentempo kippte das Boot. Die beiden verhielten sich aber ziemlich clever, sie versuchten erst gar nicht das Boot zu drehen sondern ließen sich, sich am Bootsrand festhaltend, ins ruhige Gewässer treiben. Ihre Angeln allerdings büßten sie bei der ganzen Geschichte ein, wie sie uns später erzählten. Auch wir büßten ein, nämlich unser Beil, was sich als ziemlich großer Verlust herausstellte, als am nächsten Abend auch die Klappsäge ihren Geist aufgab. Also mußten wir das Holz für die abendlichen Lagerfeuer ab da so nehmen, wie es war. Nämlich grundsätzlich zu lang und zu dick.

Ein Wort zum Fluß: Ganz sicher ist die Dordogne ein Fluß, der jeden Kanuwanderer begeistern kann. Es gibt nur noch wenige Flüsse in Westeuropa die ein so unmittelbares Naturerlebnis bieten, wie die Dordogne, klares Wasser, frei zugängliche unverbaute Ufer, ein unreguliertes Flußbett und dabei fliesst sie durch eine uralte Kulturlandschaft und an den Ufern reiht sich Schloß an Schloß. Sehenswert sind auch die kleinen Dörfer mit ihrem mittelalterlich anmutendem Flair. Man kann überall in den kleinen Lädchen Tagesproviant einkaufen. Das heißt, außer vielleicht einer kleinen Notration, die man immer dabei haben sollte, gabs jeden Tag frisches vom Bäcker und Fleischer. Es gibt doch (fast) nichts schöneres als abends am Fluß zu sitzen, bei Lagerfeuer essen, trinken, über Gott und die Welt zu philosophieren und in die Sterne zu schauen. Was sich übrigens auch rächen kann, wenn man nämlich zu faul ist die Zelte aufzubauen. Und nachts um 3 Uhr von einem Gewitter geweckt, hats auch keinen Sinn mehr. Dann kann man sich nur noch die Kapuze übern Kopf ziehen und schicksalsergeben warten, daß das Gewitter bald vorübergeht. Übrigens wars nicht kalt, im Gegenteil, in dem nassen Schlafsack kam ich mir vor wie im Dschungel. Die Dordogne ist ein idealer Fluß zum Wasserwandern, speziell auch für Neueinsteiger weil alle eventuell kribbligen Stellen gut einzusehen sind und notfalls getreidelt werden können. Sie entspringt unterhalb des Puy de Sancy im Zentralmassiv, im oberen Teil ist sie schweres Wildwasser. Ab Argentat wird sie zum Wanderfluß. Es gibt nur ganz selten Wehre, das größte ist in Beaulieu und auch das einzigste, was umtragen werden muß. Abschnitte wo das Wasser tief ist und kaum Strömung hat wechseln mit Strecken von flotter Strömung und geringer Wassertiefe. Die Punkte wo man wirklich etwas aufpassen sollte, sind die Baumleichen im Fluß, dicht unter der Wasseroberfläche und in den zahlreichen Kurfen muß man nicht unbedingt zu dicht an der Außenseite fahren, denn falls das Boot einmal durch die Strömung an die Felsen gedrückt wird gibt`s im günstigsten Fall ein unfreiwilliges Bad.

Seelenmassage auf der Dordogne.

Seelenmassage auf der Dordogne.

© Stefan Beyer, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Woche Paddeln, Beschreibung der Landschaft, meine Eindrücke und der Fluß.
Details:
Aufbruch: 27.08.2004
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 05.10.2004
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Stefan Beyer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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