Lateinamerika - immer Richtung Sueden

Reisezeit: Juli - Dezember 2008  |  von Mary A.

bis zur vorlaeufigen Endstation: Córdoba: mein "Alltag" hier

Wieder ist eine weitere Woche vergangen. Inzwischen habe ich einiges, womit ich mir hier die Zeit "vertreibe", wobei ich eher sagen sollte: ich lerne momentan eine ganze Menge!
Wie Sylvia habe ich angefangen, zum Capoeira-Training zu gehen und es macht jedes Mal mehr Spass, sodass ich versuche 2x die Woche zu gehen. Sie machen auch die Musik dazu selbst mit Instrumenten und Gesang. Die verschiedensten Leute sind in dem Kurs und es herrscht eine besondere Atmosphaere, die mich immer wieder kommen laesst, weil ich mich jedes Mal gut fuehle, wenn ich danach nachts den Weg zurueck zum Haus laufe. Ausserdem habe ich bereits interessante Leute in dem Kurs getroffen und geniesse es, weg von den anderen AFOS-Freiwilligen zu sein ....
"Sehr amerikanisch" trifft dort staendig auf "sehr anti-amerikanisch" und ehrlich gesagt geht mir beides ziemlich auf die Nerven. So viele - sagen wir - "extreme" Persoenlichkeiten auf einem Haufen, auf so engem Raum; da ist es schwierig sich aus dem Weg zu gehen, wenn man das gerne moechte. Aber so schlimm ist es nicht: ich habe auch Leute, mit denen ich mich gut verstehe und davon abgesehen, lege ich nicht soviel Wert darauf, immer mit den anderen Zeit im Haus zu verbringen.

Jeden Tag habe ich bis nachmittags Freizeit. Je nach dem wann ich aufstehe, ist das mehr oder weniger. Diese Zeit geht meistens fuer Spanisch lernen, Essen und Vorbereitungen fuer das Projekt drauf.
Das Projekt laeuft mal so mal so. Die Zeitung, von der ich das letzte Mal schon erzaehlt hab, z.B. laeuft sehr schleppend und ist immer noch nicht erschienen. Ausserdem ist auch gestern unser Bastelprojekt ziemlich schief gegangen, was sehr demotivierend war. Also haben Hannah und ich uns heute den ganzen Nachmittag hingesetzt und ueberlegt, wie wir morgen im Meeting unsere Probleme mit dem Projekt darstellen wollen und was wir fuer Verbesserungsvorschlaege haben. Es ist z.B. so, dass wir Freizeitaktivitaeten durchfuehren sollen, mit Kindern ungefaehr im Alter von 2 bis 12/13. Es ist so gut wie unmoeglich, die Kinder in Gruppen zu teilen, weil man auch nie weiss, wer kommt. Wir haben keinen abgeschlossenen Raum, wo wir die Aktionen durchfuehren koennen, fuer die wir Regeln aufstellen muessten, weil sonst nichts klappt (die Kinder wissen mit den meisten Materialien nicht umzugehen). Die meisten Tueren haben keine Klinken, dass man sie wenigstens schliessen koennte. Ausserdem koennen wir die Materialien, die wir besorgen, nirgends unterbringen, wo die Kinder sie nicht erreichen koennen und so verschwindet mit und mit alles.
Von einer anderen Freiwilligen, die ca. 4 Std. von Córdoba in einem Comedor arbeitet, weiss ich, dass es dort viel besser klappt. Ich will sie bald besuchen gehen, um es mir anzusehen, denn dort arbeiten auch Leute aus der Gegend, die mit den Kindern z.B. Schmuck herstellen und diesen verkaufen. Die Freiwilligen haben also nicht die Aufgabe, etwas in Gang zu halten, was sonst nicht klappen wuerde, sondern helfen und bringen ihre Ideen mit. Bei unserem Comedor habe ich das Gefuehl, dass an Freizeitaktionen nichts laeuft, wenn wir uns keine Gedanken machen und auch so ist es sehr schwer fuer uns, weil es eben keinerlei Struktur und Unterstuetzung gibt. An Ideen mangelt es auf keinen Fall, aber die Durchfuehrung ist ziemlich schwer.

Aber heute haben wir wirklich mal lange nachgedacht und viele Ideen gehabt, was man veraendern koennte, um die Arbeit sinnvoller zu machen.

Letzte Woche Donnerstag war ich das erste Mal bei dem Kreis, in dem sie ueber politische Themen, wie die Revolution und Kontrarevolution diskutieren. Er findet im Casa de los Trabajadores statt. Die beiden Franzosen (Manu und Guillermo) waren mit mir dort. Es ist definitiv eine Herausforderung, den Diskussionen zu folgen, und zu verstehen, um was es geht. Das letzte Mal habe ich auch schon gezweifelt, ob das vielleicht eine Nummer zu gross ist. Aber ich habe mich jetzt eine Woche durch einen Text ueber Anarchismus gekaempft und habe heute mehr verstanden, als beim letzten Mal. Sie sind so herzlich und offen dort: alle sind viel aelter als wir, aber sehr daran interessiert, sich mit uns auszutauschen. Diesmal haben sie alles moegliche an Essen fuer uns vorbereitet und wir haben Empanadas, Kuchen, Wein und Bier bekommen. Obwohl die Diskussionen durch die verschiedenen Standpunkte schonmal heftiger werden, ermahnen sich alle staendig gegenseitig, sie sollen doch langsamer reden fuer uns und in kurzen Saetzen. Es ist eine sehr nette/interessante Atmosphaere, weil sie uns gegenueber so aufgeschlossen sind, obwohl sie viel aelter und erfahrener sind, als wir. Auch wenn ich lange nicht alles verstehe und diese Themen ohnehin schwierig sind, glaube ich, dass ich dort viel lernen kann und werde es weiter versuchen.

Am Montag war hier Feiertag (wegen Kolumbus). Manu, Guillermo, Tommy und ich schafften es ohne die anderen aus dem Haus zu "fluechten" und nach Alta Gracia zu fahren, um uns das "Casa del Che" anzusehen. Dort verbrachte er also seine Kindheit und Jugend, weil es fuer ihn das beste Klima war (er hatte Asthma). Der Ort gefiel mir gut; hauptsaechlich die Haeuser: viele sind sehr alt und die Architektur ist sehr unterschiedlich. Vielleicht gefiel mir der Tag aber auch deshalb so gut, weil er so ruhig und ohne die anderen war.

(gleichzeitig: rechts der Anfang und links das Ende meiner Reise)

(gleichzeitig: rechts der Anfang und links das Ende meiner Reise)

in Alta Gracia

in Alta Gracia

Das Wetter ist uebrigens fruehlingsmaessig wechselhaft und die Temperaturen schwanken beachtlich. Manchmal ist mir staendig kalt und dann wird es wieder ein paar Tage richtig heiss!

© Mary A., 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Start: Kuba. Eine 2-monatige Reise bis Panama und ...
Details:
Aufbruch: 23.07.2008
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 23.12.2008
Reiseziele: Kuba
Mexiko
Belize
Guatemala
Honduras
Nicaragua
Costa Rica
Panama
Argentinien
Der Autor
 
Mary A. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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