Ägypten - Rotes Meer - Hurghada 2008

Reisezeit: September / Oktober 2008  |  von Petra Blusk

Taxi fahren, Preise verhandeln

Das Taxi fahren ist eine Sache für sich. Im letzten Jahr hatten wir keinen Transfer inklusive und ich habe HG gefragt ob er ein offizielles Taxi oder "Abenteuer" wünscht. Er hat sich für Abenteuer entschieden und wir haben uns schon vorm offiziellen Ausgang von einem jungen Mann der wild gestikulierend "Taxi, Taxi" flüsterte und versuchte uns über einen Seitenausgang zu dirigieren. Wir nickten und folgten ihm zu seinem Privatfahrzeug. Um diesen wilden Taxis Herr zu werden und um Arbeitsplätze für junge Studenten zu schaffen wurden in Hurghada die offiziellen Blau-Orange farbenen Taxis eingeführt. Dazu aber noch später...
Der junge Mann führte uns überraschenderweise zu einem fast neuen untere Mittelklassewagen asiatischer Bauart mit Klimaanlage. Als wir dort einstiegen mußte ich mir das Lachen echt verkneifen. Überall am Fahrzeughimmel hingen dutzende Duftbäumchen in den unterschiedlichsten Duftsorten. Vermutlich sollten diese aphrodisierend wirken, denn praktischerweise (vorrausgesetzt man gerät in die entsprechende Stimmung) waren an die Rückseite der Kopfstützen vom Vordersitz Kleenexboxen für die Fahrgäste im Fond angebracht. Schelm wer Böses dabei denkt, aber auf mich hat das ganze eher den Charme einer orientalischen Verrichtungsbox. Vermutlich war das ganze aber nur prophylaktisch für Gäste mit laufender Nase gedacht. Als dann noch während der gesamten Fahrt der orientalische Klingelton des Handys ertönte fühlten wir uns wie bei 1001 Nacht. Ach ja, die Preisverhandlung. Der junge Mann fing ganz großspurig mit 50 Euro an. Da ich anfing zu lachen ging er auf 30 Euro runter. Ich schlug ihm dann erstmal 10 L.E. (ca.1,26 Euro und für die Fahrtstrecke von ca. 6 km wirklich akzeptabel und landesüblich) vor. Dies wurde empört abgewiesen. Wir einigten uns dann auf 30 L.E. und wurden problemlos zur Wunschadresse gefahren. Man darf nicht vergessen, dass ein Liter Benzin für 1 L.E. (12 cent !!!!!!) erhältlich ist. Für 10 L.E kommt man locker 100 km weit. Man kann sich jetzt darüber streiten ob man über Cent Beträge feilschen sollte, denn der Deutsche Urlauber hat es ja. Aber wenn man die höheren Preise zahlt vermittelt man das Bild man wäre unendlich reich. Im direkten Vergleich zum Durchschnitts Ägypter mag das zutreffen, aber in der Relation ist es doch so, das manche Leute sparen müssen um sich alle paar Jahre eine Urlaub leisten zu können. Und von reich sind diese Menschen weit entfernt.

Wir hatten diese nette Erfahrung aber auch eine spannende andere Taxi Erfahrung. Als wir vom Hotel aus in die Altstadt fahren wollten lungerte vorm Hotel bereits wieder ein "wilder" Taxifahrer rum. Bei seinem Peugeot 504 aus den 70ern war das ägyptische Kennzeichen mit Draht über das noch original deutsche Kennzeichen gewickelt. Auch dieser Herr hatte zunächst völlig überzogene Preisvorstellung. Für unsere vorgeschlagenen 10 L.E. wollte er wirklich nicht fahren. wird sich jemand finden, der es auch für 10 L.E. macht. Wir haben also abgewunken und sind Richtung Strassenrand weitergegezogen.
Dort rauschen die Taxis wirklich im Sekundenabstand die Straße entlang und rufen Taxi Taxi, da wird sich jemand finden, der es auch für 10 L.E. macht. Dies wußte auch unser 504 Fahrer und hat sich auf den Deal eingelassen. Also scheint er auch bei 10 L.E. ein Geschäft zu machen. Wir fuhren los und bei komplett runtergekurbelten Scheiben war ich die ganze Zeit damit beschäftigt mein wehendes Haar zu bändigen.
Wir haben uns zu einem Supermarkt der Kette Abu Ashraf fahren lassen um einige Lebensmittel, Getränke und Süßkram zu Festpreisen (ohne zu handeln) zu kaufen.
Für den Rückweg haben wir ein Blau-Orange Taxi mit Taxameter gewählt. Wenn man den Fahrern Glauben schenken würde sind die Taxameter komischerweise gerade kaputt. Sie versuchen dann Preise vorzuschlagen. Hier hat man zwei Möglichkeiten. Entweder man ist gut und wird zu 10 L.E für eine angemessene Strecke (s.o) gefahren oder man einigt sich auf max. 30 L.E.
Dies wäre aber nicht Sinn und Zweck der Einführung der offiziellen Taxis. Die zweite Möglichkeit ist auf den Taxameter (der natürlich kaputt ist) zu bestehen. Vermutlich kostet es den einen oder anderen Überwindung, aber wenn man selbständig auf den Knopf mit Aufschrift "Hire" drückt erscheint "oh Wunder" im Display die Zahl 300. Unser Fahrer war zunächst sehr verblüfft über unser aktives Eingreifen, fing sich aber schnell und versuchte uns zu verkaufen, das das 300 L.E. bedeutet. Aber wieso hat er sich fast auf unsere vorgeschlagenen 30 L.E. eingelassen, wenn er mit Taxameter angeblich 300 L.E. machen könnte. Das Geheimnis ist, dass es sich um 300 Piaster (3 L.E. !!!), den Grundpreis für eine festgelegte Kilometerzahl handelt. Wenn es wirklich jemand schafft mit Taxameter zu fahren, dann wäre man wirklich erstaunt wie weit man für 300 Piaster fahren kann.

Das Taxameter bewegt sich nämlich erst nach einem gefahrenem Kilometer weiter. Als Tourist sollte man wirklich erst einsteigen wenn man sich über einen Preis einig geworden ist. Will der Fahrer nicht, dann zieht man eben zum nächsten, es gibt wirklich mehr als genug. Bei den Blau-Orange Taxis befindet sich an der Scheibe ein Aufkleber mit Taxinummer und einer Telefonnummer. Sollte man sich uneinig sein bei Preisverhandlung oder mit oder ohne Taxameter, dann wirkt es Wunder wenn man sich demonstrativ die Nummern notiert. Sollte man wirklich anrufen und sich beschweren würde dies Job- und damit Existenzverlust bedeuten. Meist reicht dies schon zum Einlenken aus. Man sollte sich nicht unter Druck setzen und völlig entspannt mit der Situation umgehen. Und es gibt immer einen Plan B.
Unser "Blau-Orange" Fahrer war etwas älter beharrte auf die 30 L.E. wir haben akzeptiert und da er sehr gut Englisch sprach entwickelte sich ein nettes Gespräch. Er sagte uns, das man in Deutschland für die gleiche Fahrt deutlich mehr zahlen müßte. Ich antwortete ihm daruaf das wir aber auch nicht 1 L.E für den Liter Benzin zahlen sondern eher 12 L.E.
Und in Deutschland zahlt der Ägypter oder Franzose oder Italiener immer den gleichen Preis im Taxi wie ein Deutscher. In Ägypten zahlt ein Tourist aber im Taxi oder im Supermarkt für Wasser IMMER mehr als ein Ägypter, und selbst ein reicher Ägypter aus Kairo zahlt den günstigen Preis und somit weniger als ein Tourist obwohl er reich ist.
Wir haben uns dann noch erkundigt ob er verheiratet ist, Kinder/Söhne hat und das Ägypten wunderschön ist. Am Fahrtziel angekommen nahm er nicht die ausgehandelten 30 L.E sondern nur 10 L.E und er weigerte sich den Rest als Trinkgeld anzunehmen. Vielleicht aus Stolz, aus respekt oder weil er eine ebenso interessante Fahrt mit nettem Gespräch hatte wie wir. das war eine wirklich schöne Erfahrung.

© Petra Blusk, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Spass - Entspannung - Schnorcheln - Tauchen - Lachen oder Arabisch lernen in 10 Tagen oder wie wird man ein waschechter Ägypter in ebendieser Zeit
Details:
Aufbruch: 22.09.2008
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 02.10.2008
Reiseziele: Ägypten
Der Autor
 
Petra Blusk berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.