Italien 2008 -Toskana-Umbrien-Marken mit dem Motorrad

Reisezeit: September / Oktober 2008  |  von Uschi Agboka

Monte Argentario - Amiata - Bolsena-See

Monte Argentario - Saturnia - Monte Amiata - Bolsena See - Pitigliano

Blick von der "Panoramica" des Monte Argentario über das Meer

Blick von der "Panoramica" des Monte Argentario über das Meer

Monte Argentario - hier ist es einfach nur schön

Monte Argentario - hier ist es einfach nur schön

8. Tag 29.09.2008 Cinigiano - Roselle - Monte Argentario - Saturnia

Da wir heute viel vorhaben, stehen wir um 7.30 Uhr auf, frühstücken und fahren nach Roselle, den etruskischen Ausgrabungen Nähe Grosseto, wo der Unfall passierte. Wir bringen den hilfsbereiten Leuten 2 Flaschen sardischen Wein. Sie freuen sich sehr, dass wir uns für ihre Hilfe bedanken. Dann geben wir bei der Autovermietung Avis in Grosseto das Auto zurück, fahren mit dem Taxi zum Dealer und holen Rolfs Motorrad ab. Ich bin wirklich sehr froh, denn das Autofahren in dieser hügeligen und kurvigen Landschaft macht mich krank. Um 11 Uhr können wir endlich starten. Wir fahren gen Süden zur Halbinsel Monte Argentario, vorbei an dem Parco Naturale della Maremma. Der Park ist Naturschutzgebiet. Er wurde 1975 eingerichtet und erstreckt sich auf einer Fläche von ca. 9.800 ha entlang der Küsten des Tyrrhenischen Meeres zwischen den Orten Principina a Mare im Norden, Alberese im Osten und Talamone im Süden. Der Park umfasst die typischen Landschaftsformen der Maremma: bewirtschaftete Weiden, ausgedehnte Pinienwälder, Sümpfe, flache Binnenseen mit kleinen Dünen und auf den felsigen Hänge des über 400 m aufragenden Gebirgszugs Monti dell'Uccellina Macchia und Stein-eichenwälder. Es ist eine wunderschöne Fahrt, herrliches Wetter - Sonnenschein, aber nicht zu warm. Ideal zum Motorradfahren. Auf der Halbinsel Monte Argentario fahren wir an exklusiven Villen, kleinen gemütlichen Häusern vorbei bis Porto San Stefano. Von dort fahren wir die "Panoramica", eine Straße, die immer wieder traumhafte Ausblicke aufs Meer bietet. In einem kleinen Restaurant trinken wir Kaffee und genießen den Blick in die Unendlichkeit des Meeres. Weiter geht die Fahrt, wir umrunden den Berg, passieren wieder Porto San Stefano und begeben uns nun ins Landesinnere, Richtung Manciano, ein kleines mittelalterliches Städtchen. Das Wahrzeichen Mancianos ist die Burg Cassero Aldobrandeschi Senese samt Turm. Die Aldobrandeschi waren ein Geschlecht von Feudalherren in der Toskana im frühen Mittelalter. Der erste Nachweis führt ins 8. Jahrhundert. Vermutlich waren sie germanischen Ursprungs. Sie waren Kleriker, Bischöfe, Äbte und kaiserliche Vasallen an verschiedenen Orten in der Toskana. Papst Gregor VII ging aus diesem Geschlecht hervor. In der Auseinandersetzung zwischen Ghibellinen und Guelfen* standen sie auf päpstlicher Seite. Im Laufe der Jahrhunderte weitete die Familie ihren Einflussbereich aus über die südliche Toskana und gründete befestigte Land-sitze, deren Ruinen noch heute in vielen Gemeinden erhalten sind. Im 13. Jahrhundert, als die Freien Stadtrepubliken Pisa und Siena ihre Territorien ausweiteten, verloren die Aldobrandeschi nach heftigen Kämpfen nach und nach die Kontrolle über ihre Besitzungen. Dante prangert bei einigen Aldobrandeschis Arroganz und Menschenverachtung aus falsch verstandenem Familienstolz an.

*Der Namen Ghibellinen / Waiblinger ist im mittelalterlichen Italien die Bezeichnung für die Freunde des Kaisers, benannt nach der heute Stauferstadt Waiblingen und dem Kampfruf der Staufer. Die Gegenpartei, die Guelfen, benannt nach den Rivalen des Stauferhauses, dem Geschlecht der Welfen, unterstützte die Politik des Papsttums. Allerdings war die Trennung in Ghibellinen und Guelfen nicht immer so ausgeprägt. Die Guelfen spalteten sich, es entstanden harte Machtkämpfe. Ein bekanntes Opfer dieser Kämpfe war der Dichter Dante, der von Florenz ins Exil geschickt wurde.
Von der Burg Cassero hat man einen herrlichen Blick auf den Monte Amiata und die Insel Giglio. In Saturnia (Thermalort der Gemeinde Manciano) halten wir auf der Piazza. Die Legende sagt, dass Saturna die erste selbst gegründete Stadt auf der italienischen Halbinsel von Saturn sein soll, deswegen der Name Saturnia. Saturnia hat heute ca. 500 Einwohner, liegt auf einem Travertinfelsen und gilt als die erste etruskische Stadt Italiens. Überall sehen wir schöne, gepflegte Häuser. Aus der Thermalquelle strömen pro Sekunde 800 Liter 37 Grad warmes, schwefelhaltiges Wasser, welches von den Hängen des Monte Amiata stammt. Dort sammelt sich das Regenwasser in ca. 200 m Tiefe und reichert sich mit Schwefel an. Das Wasser gelangt dann nach 30 Kilometern in Saturnia an die Oberfläche und ergießt sich über die Cascate del Mulino. Schon Dante war einer der größten Bewunderer dieses Wasserfalles. Das Baden in den natürlich geschaffenen Sinterbecken ist kostenlos. Aber natürlich gibt es auch ein Kurzentrum und ein Luxushotel für diverse Anwendungen und Therapien. Der Ort selbst ist sehr klein, aber wir finden eine schöne Kirche aus dem Jahr 1133, mit einem Madonnenbild (Madonna mit Kind). Wir kommen zu der etruskischen Stadtmauer, auf der einige alte kranke Katzen hocken. Ein Teil der Via Clodia, die die Römer bauten und die bis nach Rom führte, ist noch erhalten. Saturnia stand im Mittelalter unter der Herrschaft der Aldobrandeschi, bis es im 13. Jahrhundert von den Sienesen erobert, ausgeraubt und vernichtet wurde. Saturnia wurde zur Geisterstadt. Erst im 20. Jahrhundert gelangte die Stadt durch die Thermen der Cascate del Mulino wieder zu Wohlstand. Unser Rundgang durch die schöne Stadt ist schnell beendet und so sitzen wir auf der Piazza und lassen uns ein köstliches Eis schmecken. Unsere Fahrt führt uns wieder ins Gebirge, über Semproniano nach Petrici, Triano, Roccalbegna (ein traumhaftes Castello auf einem Felsen), Cana und dann zurück nach Cinigiano. Gegen 17 Uhr sind wir Zuhause. Rolf putzt sein Motorrad. Günter ruft an. Die Operation von Inges Arm sei gut verlaufen. Wir sind froh und hoffen, dass wirklich alles wieder in Ordnung kommt. Ich dusche, lege Hühnchen für morgen Abend ein, Schweinelendchen für heute Abend zum Grillen. Später sitzen wir draußen auf der Terrasse in der Sonne, Rolf trinkt - o Wunder - Weißwein. Es war ein toller Tag.

Tagesmeilen: 107 (172 km)

9. Tag 30.09.2008 Cinigiano - Monte Amiata -Bolsena-See - Pitigliano

Es ist ein herrlicher Tag. Um 8.30 Uhr stehen wir auf, frühstücken im Garten, mit Blick auf den Olivenhain und die Hügel der Toskana. Zwei Katzen leisten uns Gesellschaft. Ihnen schmeckt sogar der scharfe Peccorino mit Peperoni! Gegen 10 Uhr starten wir zu unserer heutigen Tour. Als erstes geht es auf den Monte Amiata, 1.782 m, den höchsten Berg der Toskana. Er liegt ca. 50 km südöstlich von Siena, auf halbem Weg zwischen Florenz und Rom. Er ist umgeben von Val d'Orcia, Teilen der Colline Metallifere und der oberen Maremma. Der Vulkan Amiata befindet sich seit ca. 2.000 Jahren in einer Ruhephase. Heiße Quellen und Geysire weisen jedoch noch immer auf seinen vulkanischen Ursprung hin. Diese werden zur geothermalen Energiegewinnung genutzt, z. B. das geothermische Elektrizitätswerk in Piancastagnaio mit einer Kapazität von 140 MW. Unsere Fahrt führt durch wunderschöne Wälder - Kastanien, Buchen, Fichten und Eichen, Ein richtiger Märchenwald. Leider sehen wir keinen von den hier lebenden Wölfen. Auf der Fahrt bis zum Pass sehen wir versteckt unter den Bäumen wunderschöne kleine Häuser und exklusive Villen. Hier ist ein bekanntes Skigebiet, von Ende November bis Ende Februar. Der Wirt der kleinen Bar auf dem Pass sagt mir, das Wetter habe sich aber auch hier verändert. Auf nichts sei eben mehr Verlass. Ich wärme mich in der Bar mit Espresso auf, denn hier oben ist es sehr kalt. Rolf läuft zum Gipfelkreuz und macht dort viele Fotos. Nachdem Rolf seinen obligatorischen Cap-puccino getrunken hat, fahren wir weiter über Castell'azzara. Der Name bedeutet "Burg des Glückspiels". Der Legende nach soll um die Burg tatsächlich einmal gewürfelt worden sein. Heute noch sind im Wappen der Stadt Würfel zu sehen. Gegen 14 Uhr treffen wir am Bolsena See ein. Hier ist die Saison beendet, es herrscht eine himmlische Ruhe. Wir sitzen auf einer Bank in der Sonne und genießen den Blick über den See. Dieser ist fast kreisrund mit 43 km Umfang. Entstanden ist er vor ca. 300.000 Jahren. Max. Tiefe ca. 151 Meter. Die Wasserqualität ist sehr gut, so dass Sichttiefen bis zu 10 Metern möglich sind. Der mit Tuffpartikeln durchsetzte Sand an den Seeufern verweist auf den vulkanischen Ursprung. Im See befinden sich zwei kleine Inseln, die Isola Bisentina und die Isola Martana. Die Isola Bisentina war jahrhundertelang im Besitz der Farnese-Familie und diente vielen Päpsten als Sommerresidenz. Heute können die historischen Gebäude besichtigt werden. Auf der unbebauten Isola Martana soll 535 die ostgotische Königin Amalasuntha von ihrem Cousin und Mitregenten Theodahad gefangen gehalten und ermordet worden sein. Um den See liegen die bekannten Orte wie Bolsena, Montefiascone, Marta und Capodimonte sowie das Anbaugebiet der DOC-Weine "Est! Est! Est!". In den 1990er-Jahren wurde die Uferverbauung radikal eingeschränkt. Dadurch ist der Zugang zum See fast überall möglich. Der Lago di Bolsena ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung eines sanften Tourismus in Italien. Rolf war vor Jahren schon mal hier. Er erkennt Vieles wieder. Auf einer schönen Aussichtsstraße fahren wir um den See herum. Immer wieder hat man einen herrlichen Blick auf die im See liegenden Inseln. Unsere Fahrt geht über Valentano bis Pitigliano. Dieser Borgo zählt zu den schönsten Italiens. Es ist 15.40 Uhr und wir machen Pause in einem kleinen Lokal, mit Blick auf die wunderschöne Altstadt. Die Stadt liegt im etruskischen Stammland und ist auf einen ca. 300 m hoch gelegenen Tuffsteinfelsen gebaut. Zusätzlich zu den natürlichen Canyons finden sich rund um die Stadt viele sogenannte "Vie Cave", Wegsysteme der Etrusker, die in den Tuffstein gegraben wurden, um auf die der Stadt gegenüberliegenden Talseiten zu gelangen. Diese Etruskerstraßen sind zum Teil mit ausgeklügelten Entwässerungssystemen versehen. In der Umgebung von Pitigliano findet man viele bekannte Zeugnisse der etruskischen Kultur. Leider haben wir nicht die Zeit, uns das alles anzusehen. Wir fahren weiter auf der "Strada del Vino Montecucco". Ich kann nur immer wieder betonen, wie einmalig schön hier die Landschaft ist. Jedes Dorf hat irgendein altes Gemäuer, sei es Burg, Kirche etc., welches lohnt, sich anzuschauen. Rolf und ich sind uns einig: Hier ist es schön, die Welt scheint noch in Ordnung und die Preise sind ok. Man muss die Touristenorte meiden, dann ist die Toskana nicht teuer. Gegen 18 Uhr sind wir Zuhause. Unsere Katzenfamilie erwartet uns bereits: Die Katzenmutter, couragiert, ähnelt einer Perserkatze, dann der Vater, gleiche Rasse, aber schüchtern und das Katzenkind, ca. 4 Monate alt. Zuerst kam die Mutter, um alles zu erkunden, dann brachte sie den Vater mit und zuletzt das Baby. Sie lieben uns sehr. Wenn wir nicht aufpassen, huschen sie ins Haus, fressen alles, was sie ergattern können. Heute Abend haben wir toskanisches Huhn vom Grill, eingelegt mit Kräutern, Wein, Öl und Gewürzen. Rolf ist ein toller Grillmeister. Zum Huhn gibt es verschiedene Sorten Salat, Tomaten und salzloses Brot. Rolf trinkt sein alkoholfreies Bier, ich den restlichen offenen Rot- und Weißwein. In Cinigiano hatten wir sehr schöne Tage, in einer wunderbaren Landschaft, mit liebenswerten und hilfsbereiten Menschen. Für mich ist dieser Urlaub auch eine Reise in meine Vergangenheit. 1967 kam ich das erste Mal hierher, befuhr die Straßen als Sozia auf dem Motorrad. Es hat sich einiges verändert, aber die traumhafte Landschaft blieb erhalten. Tagesmeilen: 153 (246 km)

Weitere Bilder unter www.harley-rolf.de

Via Clodia in Saturnia - von den Römern erbaut - führte bis nach Rom

Via Clodia in Saturnia - von den Römern erbaut - führte bis nach Rom

Monte Amiata - von hier aus lief Rolf zu Fuß auf den Gipfel

Monte Amiata - von hier aus lief Rolf zu Fuß auf den Gipfel

Blick vom Gipfel des Monte Amiata (1.782 m)

Blick vom Gipfel des Monte Amiata (1.782 m)

Bolsena See

Bolsena See

Pitigliano - auf einem 300 m hohen Tuffsteinfelsen gebaut

Pitigliano - auf einem 300 m hohen Tuffsteinfelsen gebaut

Sehnsüchtig erwartet uns jeden Abend unsere Katzenfamilie!

Sehnsüchtig erwartet uns jeden Abend unsere Katzenfamilie!

© Uschi Agboka, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Motorradtour durch ein etwas anderes Italien
Details:
Aufbruch: 22.09.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 09.10.2008
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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