Vier Wochen Altherrensegeln in den Virgin Islands

Reisezeit: Februar / März 2010  |  von Manfred Sürig

Isla de Vieques, Puerto Rico

Weit vor uns liegt Vieques, ein langer Fladen von Ost nach West, auf dessen Südküste wir stoßen müßten, wenn es so weiter geht. Die Seekarte weist dort unzählige Buchten auf, aber deren Ansteuerung ist eine navigatorische Delikatesse: Entweder vorgelagerte Riffe oder Mangrovenlagunen mit schmalen Zufahrtsrinnen. Bei Südsüdostwind könnte es am Liegeplatz unruhig werden, besonders, wenn der Wind noch zulegen sollte. Sigi war auch noch nie hier.
Er entscheidet sich für eine Bucht hinter einem Riffvorsprung, wo auf der Seekarte an Land "Sperrgebiet" steht.
Mit vollen Segeln steuern wir darauf zu, wenig Wind zwar, aber hohe Dünung, die krachend an die Steinküste bricht. Einmal hinter dem Vorsprung anluven, Segel runter und mit dem letzten Schwung des Bootes gegen den Wind in die Bucht hinein. Mit dem Echolot tasten wir uns über den Untergrund, aber die Dünung führt zu extremen Schwankungen der Tiefenanzeigen.
Wieviel können wir noch riskieren, etwas weiter an Backbord ist es deutlich ruhiger, aber wie flach wird es dort ?
Sigi ankert erst einmal, um den Schwoikreis des Bootes festzustellen.

Dann geht es noch einmal Anker auf und 100 Meter weiter aufs Land und zur ruhigen Buchtseite hin. Als wir an der Kette liegen, zeigt das Lot zwischen 3,50 und 4 Meter an. Sigi ist zufrieden, dieses Ankerbier haben wir verdient!
Und wir haben eine Ankerbucht ganz für uns allein!
Mehr noch : Die Bucht ist gänzlich unbewohnt, naturbelassen wie sie schöner nicht sein könnte.
Bis auf kleine Schilder, die wir im Fernglas entziffern können: "DANGER" NO ENTRY.
Vieques war bis vor kurzem Übungsgebiet der US Navy, jetzt hat sie den Standort aufgegeben und vermintes Gelände ungeräumt hinterlassen.
Wir wagen wenigstens ein paar Schritte am sandigen Ufer, der Weg weiter hinein wäre ohnehin unwegsam: hinter dem Sandsaum sind Lagunentümpel, teils zugewachsen, teils ausgetrocknet. Nur etwa 2 km weiter nördlich verläuft die Nordküste, ebenso verlassen wir hier und ebenso gesperrt.
Die Nacht wird zu einem besonderen Erlebnis bei sternklarem Himmel. Weil weit und breit kein künstliches Licht in der Nähe ist, können wir beinahe jeden Stern der Milchstraße erkennen.
Da stört es wenig, dass die Dünung in der Koje doch noch spürbar ist, eine solche Nacht ist zu schade zum Schlafen!
Am nächsten Morgen weht es doch etwas mehr, aber Sigi fährt am Südufer von Vieques nicht weiter nach Westen, sondern motort gegenan nach Osten, bis wir in gehörigem Abstand die Ostspitze von Vieques gerundet haben. Hier steht eine steile See, die von den Felsen reflektiert zu werden scheint.
Als wir die Segel setzen wollen, stellt sich heraus, dass wir so wenig Wind haben, dass die Segel nur bei halbem Wind nicht schlagen, was sollen wir da nach Westen auf Puerto Rico zufahren ?
Sigis Kurs ist eine weise Entscheidung, denn vom wolkenlosen Himmel bleibt in kurzer Zeit nicht viel übrig und der Wind legt kräftig zu - aber mit halbem Wind zu segeln eine Freude.
AnnMarie empfindet unter Deck allerdings wenig Freude, ihr macht Seekrankheit zu schaffen.
So kommen wir nach Culebra, wo wir von Süden eine tiefe Bucht erreichen, in der es ruhige Ankerplätze gibt.

© Manfred Sürig, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein Revier gerade mal so groß wie die westliche Ostsee. Und da soll es jeden Tag was neues zu entdecken geben ? Hunderte von Ankerbuchten, Inselchen allein für uns oder Remmidemmi in zünftigen Yachtiekneipen. Wir lassen uns wieder vom Skipper Sigi überraschen und werden nicht enttäuscht.
Details:
Aufbruch: 03.02.2010
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 04.03.2010
Reiseziele: Amerikanische Jungferninseln
Puerto Rico
Britische Jungferninseln
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.