Wild West im Motorhome und eine Woche NY

Reisezeit: Mai / Juni 2009  |  von Franzi S.

Grand Canyon

Wir erwachen heute um halb sechs und stellen fest, dass es außerhalb des warmen Bettes ziemlich kalt ist. Also knobeln wir darum wer raus muss um die Heizung anzulassen. Die macht zwar einen gewaltigen Lärm. Doch schon bald umhüllt uns die wohlig warme Luft.

Draussen begrüsst uns ein strahlendblauer Himmel. Das erfreut natürlich mein Herz aufs höchste. Das Frühstück geniessen wir heute drinnen. Solche Naturburschen sind wir dann doch noch nicht.

Jürg ist schon am Morgen gut drauf!

Jürg ist schon am Morgen gut drauf!

Heute wollen wir den Westrim besuchen. Wir haben diesen bei den letzten Besuchen immer gemieden, weil man nur in einem Bus der Nationalparkverwaltung dorthin gelangen kann. Wenn wir dann jeweils die riesige Menschenschlange an der Haltstelle sahen, verging uns die Lust zu diesem Ausflug, und wir fuhren lieber mit dem Auto den Eastrim ab. Doch ein Camper ändert die Fahrfreude schnell einmal, muss doch wieder alles abgebrochen und eingepackt werden. Also ist der Westrim heute eine logische Alternative.

Nach dem Frühstück schauen wir mal bei Eva und Mäthu rein. Wir dachten eigentlich dass die Beiden schon längstens unterwegs sind. Doch auch sie lassen den Tag langsam angehen und geniessen zuerst einmal ausgiebig das Frühstück.

Um acht geht's los! Der Bus bringt uns zur Haltestelle des Westrim Busses und - oh Wunder - es hat kaum Leute! Überhaupt scheinen Grand Canyon Besucher nicht die grossen Frühaufsteher zu sein. Es hat kaum Leute unterwegs und das obwohl es ein strahlend schöner Tag ist! Uns soll es recht sein!

mit dem Nationalpark-Bus geht's dem West Rim entlang

mit dem Nationalpark-Bus geht's dem West Rim entlang

Der Bus führt uns gemütlich dem Rim entlang und hält immer wieder an Aussichtspunkten. Wir entscheiden uns bis zum Mohave Point zu fahren. Ein paar Schritte bringen uns an den Abgrund und damit zu einem atemberaubenden Anblick! Irgendwie hatten wir uns bei den früheren Besuchen immer eingeredet, dass der Westrim bei weitem nicht so spektakulär sei wie der Eastrim. Wir haben uns böse getäuscht!!

Westwärts blicken wir in eine über 1000 Meter tiefe Schlucht hinein mit tiefroten senkrecht in die Tiefe fallenden Felsen. Sie leuchten farblich eindrücklich in der Morgensonne. Rechterhand erblicken wir eine Schlaufe des Colorado Rivers. Er ist vollkommen braun und fällt farblich in den umliegenden Felsen kaum auf. Nordwärts befindet sich der höhere Northrim, wo sich bereits erste Gewitterwolken zusammenballen. Es ist ein unglaublicher Anblick und lange stehen wir an dem schützenden Geländer und geniessen die Aussicht in die steinerne Märchenwelt bestehend aus tiefen Schluchten und steinernen Burgen.

Der Grand Canyon ist über 450 Kilometer lang und zwischen 6 und 30 Kilometer breit. Die Tiefe beträgt bis zu 1800 Meter. Bereits vor über 3000 Jahren lebten Indianer im Canyon, doch 1540 stand der erste Europäer am Rande der Schlucht. Der Spanier Vasquez de Coronado war auf der Suche nach den legendären sieben goldenen Städten von Cibola. Er fand den Canyon als absolut wertlos, so dass er wieder vergessen ging.

Der Mormone Brigham Young suchte in den 1850er Jahren Wege um den Canyon durchqueren zu können und 1869 startete John Wesley Powell die wissenschaftliche Exkursion und fuhr mit neun Mann und vier Booten 1500 Kilometer auf dem Colorado River durch den Grand Canyon hindurch. Er stellte genaue Karten und Berichte an und gab dem Canyon seinen heutigen Namen.
Am 11. Januar 1908 wurde das Gebiet durch den damaligen Präsidenten Theodor Roosevelt zum National Monument erklärt und 1919 als Nationalpark unter Schutz gestellt. 1979 wird der Grand Canyon in das Unesco Weltnaturerbe aufgenommen.

Fachleute sind sich nicht ganz einig über das Alter des Canyon. So wie wir ihn heute sehen, könnte er fünf bis sechs Millionen Jahre alt sein. Der Hauptteil der Tiefenerosion erfolgte in den letzten zwei Millionen Jahren. Ergebnis dieser Erosion ist eine der vollständigsten Schichtenabfolgen unseres Planeten. Heute arbeitet der Fluss an harten und alten Graniten des Grundgebirges mit einem Alter von 1,4 bis 1,8 Milliarden Jahren. Es ist ein lebendes Geschichtsbuch!

Wir wandern herrlich am Abgrund des Canyons entlang und geniessen die immer wieder wechselnden Blicke auf die steinerne Märchenwelt. Das Wetter ist von einer unglaublichen Klarheit und die Temperaturen äusserst angenehm. Besser hätten wir es nicht treffen können. Plötzlich erblicken wir mehrere riesige Kondore, die elegant über der Schlucht kreisen. Und plötzlich schwingt sich einer der majestätischen Greifvögel in die Höhe und fliegt leise rauschend über unsere Köpfe. Was für ein Anblick!

ein majestätischer Kondor

ein majestätischer Kondor

Auch kleine Squirrles rennen uns immer wieder über den Weg. Setzen wir uns irgendwohin werden sie schon bald mutiger und nähern sich uns. Leider werden sie immer wieder von Touristen gefüttert, was sie zutraulich macht. Doch es ist verboten Tiere zu füttern und das ist auch richtig so!

Wir gelangen zum Hopi Point, einem weiteren spektakulären Aussichtspunkt am West Rim. Es ist der nördlichste Punk am Westrim und man erblickt in der Ferne die Felsen des westlichen Teils des Grand Canyon. Viele der Mesas, wie man hier die Berge mit einer weiten Gipfelebene nennt, haben Namen aus der ägyptischen Mythologie wie Horus oder Isiris Tempel.

Der Rim Trail führt uns weiter ostwärts zum Powell Point, wo sich ein Denkmal von John Wesley Powell befindet. Etwas später erreichen wir den Maricopa Point, Ein dünne Felsnase führt uns noch mehr über den Abgrund und der Anblick der in die Tiefe fallenden Felswände ist mehr als atemberaubend.

Die Wanderung geht weiter und führt uns in immer wieder neue Schluchten mit immer wieder spektakuläreren Ausblicken. Plötzlich erblicken wir unter uns das Grand Canyon Village und darunter den Bright Angel Trail. Es ist einer der wenigen Trails, die in den Canyon hinabführen. Eva und ich lernten ihn 1995 kennen als wir eine Tagestour mit Mulis unternahmen. Es war etwas vom Schönsten, das wir je sahen ... und etwas vom Schmerzhaftesten! Nach 7 ½ Stunden auf dem Rücken eines Mulis lernten wir Knochen kennen, von denen wir keine Ahnung hatten...

Lange sitzen wir oberhalb des Trails und beobachten mit dem Feldstecher die Sportlichen und Wagemutigen, die den Marsch hinunter auf sich nehmen. Dies ist nicht ungefährlich! Immer wieder passiert es, dass sich die Menschen überschätzen. Sie nehmen zuwenig Wasser mit, haben schlechte Schuhe an oder schlicht nicht mehr die Kraft, den Aufstieg nach dem Abstieg zu bewältigen. Auf Plakaten wird von den Gefahren gewarnt. Die Statistik zeigt, dass es nicht die unsportlichen Touristen sind, die sich überschätzen, sondern meist sportlich übermotivierte junge Männer. Vor ein paar Jahren starb eine bekannte Marathonläuferin. Sie und ihr Partner wanderten bis hinunter an den Colorado River und hatten zuwenig Wasser bei sich. Schon bald stellte sich Dehydration ein. Er setzte sich irgendwo in den Schatten, sie wollte Hilfe holen. Er überlebte es, sie starb unterwegs. So gibt es viele tragische Geschichten von Menschen, die die Gefahren des Canyon unterschätzten.

Je näher wir uns dem Grand Canyon Village nähern, desto mehr Leute hat es. Die schönen ruhigen Stunden am Rim scheinen vorbei zu sein. Gegen Mittag erreichen wir das Village. Die dreistündige Wanderung war wahrlich ein Traum. Am Nordrand und teilweise auch über dem Canyon bilden sich schwarze Wolken und ab und zu schiessen Blitze in die Tiefe. Es ist ein spektakuläres Wetterschauspiel!

In der Bright Angel Lodge angekommen, geniessen wir auf der Mauer am Abgrund ein leckeres Eis. Dann shoppen wir noch ein wenig durch die verführerischen Lädeli. Doch irgendwann beginnen unsere Füsse zu schmerzen und wir haben genug vom Herumlaufen. Zudem verschlechtert sich das Wetter zusehends und dunkle Wolken ziehen auf.

Mit dem Bus fahren wir zum Shoppingcenter, wo wir uns Fleisch und Salat fürs Abendessen einkaufen. Obwohl Petrus demnächst die Schleusen öffnen will, hoffen wir auf einen trockenen Abend, damit wir Grillieren können.

Auch Evi und Mäthu sind bereits zurück. Sie sind in den Canyon hineingewandert. Dazu haben wir ihnen unsere Filmkamera mitgegeben, damit wir dann zuhause mit den Aufnahmen protzen können... Auch sie sind auf den Felgen und gönnen sich einen ruhigen Nachmittag. Jürg zieht sich zurück aufs Bett und schläft schon bald friedlich ein. Es beginnt zu regnen. Ich möchte gerne einen Film auf meinem Labtop anschauen und stelle fest ... oh weitere Panne ... dass auch hier ein dreipoliger USA-Stecher fehlt! Also ab in die Wanderschuhe und Regenjacke und mit dem Bus zurück zum Shoppingcenter. Mäthu hat mir nämlich erzählt, dass er hier den Stecker für die Nespresso Maschine gefunden hat. Und siehe, auch Fränzchen findet einen.

Zurück im Camper klettere ich in meine Alkove und geniesse liegend mein Kinoprogramm. Doch leider sehe ich keinen Drittel des Films und schlummere schon bald selig ein.

Was es da wohl zu diskutieren gibt?

Was es da wohl zu diskutieren gibt?

Jürg ist im Element...

Jürg ist im Element...

Um fünf Uhr hat es tatsächlich aufgehört zu regnen. Als stahlharte Camper feuern wir trotz Kälte den Grill ein und geniessen schon bald draussen in der dicken Jacke ein leckeres Abendessen. Der Himmel klart sogar auf und die Abendsonne verschönert unser Dinner. Doch unsere sportlichen Aktivitäten zollen ihren Tribut. Um acht sind wir todmüde und ziehen uns in die Campers zurück.

Erzählen möchte ich doch noch Jürgs kleine Abendpanne: Als wir uns alle schon bettfein gemacht haben, will er noch den Abfallsack zur Sammelstelle bringen. Als er zurückkommt und wieder in den Camper will, stellt er fest, dass dieser verschlossen ist. Also wird man leicht hässig, warum die liebe Gattin denn nun abgeschlossen hat, wenn er noch draussen ist, und entsprechend unsanft poltert man an die Türe. Der langen Rede kurzer Sinn: als sich die Türe öffnet erscheint Evas lachendes Gesicht und der liebe Jürg muss feststellen, dass er sich im Camper geirrt hat. Natürlich wird das noch DIE Geschichte des abends, worüber wir uns alle köstlich amüsieren. Die Pannenstatistik erweitert sich erfolgreich...

© Franzi S., 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Schon viele Male besuchten wir den herrlichen Südwesten der USA. Doch zum ersten Mal wagten wir das Abenteuer im Motorhome. Herrliche Erlebnisse und Pannen inklusive... Und zum Schluss noch ein paar Tage New York.
Details:
Aufbruch: 21.05.2009
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 16.06.2009
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Route 66
Der Autor
 
Franzi S. berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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