"Irgendwie nach Afrika"

Reisezeit: August / September 2009  |  von Joerg S.

Rückweg (mit Hindernissen) aus Marokko

Marokkanisches Transportwesen. Es wird einem schon unwesendlich mulmig wenn man hinter so was vor sich hat!

Marokkanisches Transportwesen. Es wird einem schon unwesendlich mulmig wenn man hinter so was vor sich hat!

Der Rückweg

In der Erg Chebbi hat man dann das erste mal in diesem Land das Gefühl, das man in einem Touristen Gebiet ist. Bisher habe ich dieses Gefühl in dem gesamten Land noch nicht gehabt. Hier schon. Geführte Kamel Touren und Quad Touren, Touri Belästigungen (ähhh Belustigungen abends im Hotel, aber was soll's. Angebot und Nachfrage, Recht haben Sie.

Hier hab ich übrigens die einzigen Kamele in ganz Marokko gesehen.

Der Tourismus Zweig wird wohl in Marokko immer stärker ausgebaut werden. Ich bin mal gespannt, wie sich Marokko bis zu meinem nächsten Besuch noch verändert. Weil es wird definitiv eine Fortsetzung der Marokko Tour geben. Sollte die Tourismus Branche so richtig auf Hochtouren laufen, bin ich auf jeden Fall froh bei dieser Tour ein ziemlich unberührtes Marokko erlebt zu haben.

In dem Sandkasten der Erg Chebbi hat sich dann auch erstmalig die Anschaffung der Stollenreifen gelohnt. Weil wenn man schon mal im Sand ist, dann will man auch "spielen" gehen. Mit den vorher montierten Anakee hätte ich keine Chance gehabt!

Beim Tiefsand fahren in der Erg hab ich dann auch gleich mal die Haltbarkeit der selbstgebauten Sturzbügel getestet. Jaaa, Tiefsandfahren macht richtig Spaß. Anstrengend wie Sau. Auch wenn's pervers klingt. Gas geben, stellen und den Arsch so weit es geht nach hinten. Wird man einmal langsamer und das Vorderrad sinkt im Sand ein, ist Abspringen abgesagt. Ich hab's probiert und auch mal so richtig anständig die Twin "geerdet"

Und nicht das mir einer anfängt zu maulen! Ja ich weiß, Offroad Fahren mit Jeans und ohne Helm ist kein "Gutes Beispiel". Aber wer will mich schon als Beispiel oder Vorbild ansehen? Man muss ja nicht jeden Trend mitmachen

Hotels und Unterkünfte in der Erg sind Problemlos zu finden. Liegen alle etwas Abseits der R702 von "Merzouga" nach "Taouz". Allerdings sind hier ein paar Meter Piste zu fahren. Gewalzt und abgestreckt. Selbst diese Strecken sind mit jeder Straßen Maschine zu fahren.

Meine Unterkunft: 31°N 08'47" - 04°W 01'42" ALI EL COJO B-P 135 Arfoud

Vor der Erg ging es dann über "Erfoud" Richtung Königsstädte (Fes und Meknes)

In Erfoud noch einmal Lebensmittel und Wasservorräte auffüllen um dann über den "Ar-Rachida" durch den "Gorges du Ziz" und den "Tunnel du Legionäre" nach "Midelt" durch "Azrou" nach "Meknes" zu fahren.

Sehenswert ist der Salzwasser See hinter "Ar-Rachida"

Riesig Groß und Menschenleer! Und eine Wahnsinns Optik. Tiefstes Blau in mitten der Wüste.

Interessant ist auch die Beschilderung hier. Es gibt in Marokko auch Kreisel mit Ampel. Alleine heute bin ich an 3 Stück vorbei gekommen. Und da man als Mitteleuropäer auf so was gar nicht achtet, bin ich insgesamt schon an 4-6 roten Kreis-Ampeln einfach bei rot durchgebrettert. Naja, auch egal. Hat niemand gesehen. Daran werd ich mich wohl nie gewöhnen.

Ab "Midelt" änderte sich dann auch relativ gravierend die gesamte Optik und die gesamte Einstellung des Landes.

Hier ist eine Vegetation, die mal auch in Südeuropa findet.

"Midelt" sollte schon einen kleinen Vorgeschmack auf das geben, was mich ab hier noch erwarten sollte.

Ab hier waren die Ortschaften teilweise richtig dreckig und zugemüllt. Die freundliche und lächelnde Stimmung der Marokkaner war einem herablassenden, teils aggressiven Auftreten gewichen.

Die absolute Krönung war "Timahdite".

"Timahdite" machte den Eindruck als wäre man in irgendeinem Slum im tiefsten Süd-Amerika.

Die Hauptstraße war eine einzige Schlamm und Müllpiste. Beim Tankstopp wurde man von den Eingeborenen (Einheimische kann man nicht mehr sagen) so beäugt, als ob die untereinander schon die Beute (also Gepäck und Teile von mir) untereinander aufteilen würden. Ab hier hab ich mir auch angewöhnt die Motorrad Kette griffbereit unter den Expander auf den Schlafsack zu packen. Zu dem Zeitpunkt war mir allerdings noch nicht klar, dass ich wirklich danach greifen müsste. Das sollte auf dem Rest der Reise insgesamt 2 mal passieren. Zum Glück hat der beherzte Griff und einmal wedeln mit der Kette ausgereicht um Ruhe zu haben. Ist schon ein beklemmendes Gefühl wenn eine Gruppe von 4-7 Mann um einen rumstehen und gemütlich mit einem schäbigen Grinsen anfängt den Tankrucksack aufzumachen und an den Verschlüssen der Alu Koffer fummelt. Ich glaub ohne Kette wäre ich arg erleichtert weitergefahren (wenn überhaupt). Haarig war es auf jeden Fall, vor allem wenn man alleine unterwegs ist. Nicht vorzustellen was die restlichen 3-5 Mann mit mir gemacht hätten wenn ich 2 ihrer Kumpels die Kette in die Schnauze gehauen hätte. Daher ab hier nur noch Stops außerhalb der Ortschaften und ansonsten nur noch zum Tanken anhalten.

Die Erfahrung wäre mir in einer Gruppe von mehreren Motorrädern wohl erspart geblieben.

Auf einem dieser "Außer-Orts Stops" hat mich dann auch noch ein für diese Region ungewöhnlich freundlicher Mansch davor gewarnt alleine über "Chefchaouen" oder noch schlimmer über "Ketama" zu fahren. Dies währen die Hochburgen des Drogen Anbaus und der Kriminalität. In einer größeren Gruppe noch einigermaßen Sicher zu durchfahren aber alleine der reinste Selbstmord.

Daher Notgedrungen noch eine Übernachtung in "Ifrane" eingelegt. Eine einigermaßen sichere Unterkunft etwas abseits des Stadtzentrums in einer Herberge mit miserablem Essen; dafür aber wenigstens mit Hinterhof zum Motorrad abstellen.

Nach den Erlebnissen dieses Tages stellte sich dann die Frage? In Fes auf die Autobahn und zurück nach Rabatt, oder über "Guercif" an die Mittelmeer Küste? Ich hab mich für die Mittelmeerküste entschieden.

Wie heißt es so schön: "Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen! Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer!"

"Fes" und "Meknes" waren aus der Reiseplanung gestrichen. Ich wollte so zügig es geht aus diesem Gebiet raus, der Gedanke an 1 bis 2 Tage gemütlich am Strand des Mittelmeeres trieben mich weiter über "Taza" nach "Guercif".

Die Etappenlänge von "Irfane" nach "Guercif" ist zwar eigentlich lachhaft, aber schneller fahren war wirklich nicht drin. Auf der gesamten Straße von Fes Richtung Algerische Grenze gab es keinerlei Probleme mit Ölspuren! Neee, die haben Ölteppiche. An jeder Steigung sauen die LKW so viel Öl raus, das alle Bergauf Passagen incl. dem größten Teil der flachen Strecken eine Tief Schwarze und glänzende Teerdecke haben. Teilweise mit Schrittgeschwindigkeit um die Kurven um sich nicht lang zu machen. Die wenigen frisch abgefrästen Teil-Stücke mit den Fingerbreiten Längsrillen haben zwar das Ölproblem gelöst, aber die Gesamt Situation in keinster weise verbessert.

Total abgeledert und Fix und Fertig hab ich dann "Guercif" erreicht. Da scheint man bisher weder "Reisende" noch einen Ausländischen Reisepass gesehen zu haben. Der Portier wollte anfänglich sogar meinen Reisepass über Nacht behalten. Bei der Idee hab ich aber nicht mitgespielt. Bei der Frage nach der genauen Adresse (Straße und Wohnort) hab ich ihm doch glatt eine erfundene Adresse und PLZ aufgeschrieben. Tja, man kann auch auch mal vergessen wo man wohnt!

Das Bad und das Klo waren in einem Zustand der mit Worten überhaupt nicht zu beschreiben war, darüber hat auch die Tatsache das die Unterkunft "nur" 3,50€ gekostet hat in keinsterweise weg getröstet. Also mal wieder ein Tag ohne Dusche. Auch egal.

Blöd war nur, das die Verpflegung ziemlich zur Neige ging, und auch der Hunger konnte mich nicht einen Meter aus dem Hotel in Richtung Ort bewegen. Bis mir ein einigermaßen anständig wirkender Hotelgast erzählt hat, das es besser währe vor dem all abendlichen Stromausfall was Essen zu gehen. Wie, hää hab ich mich verhört ??? Stromausfall! Ei klasse, was Besseres konnte mir ja gar nicht passieren!

Also warten auf den Stromausfall. So konnte ich mich zumindest im Dunkeln unerkannt im Ort bewegen und ohne großes Aufsehen auch meine Motorrad Kette mitschleppen. Zum Essen gab es dann ein halbes Hähnchen mit Pommes. Zu meiner Verwunderung hat der Vogel wirklich super geschmeckt . Was aber hier auch mal wieder verstärkt auffällt: Wasserflaschen kontrollieren! Sollte jemand in Marokko unterwegs sein, schaut euch die Flaschen in Restaurants und sonst wo genau an. Oftmals ist der Verschluss schon aufgewesen. Das bedeutet dann, dass eine leere Flasche mit Leitungswasser aufgefüllt wurde. In dem Fall gleich zurückgeben und eine neue, ungeöffnete verlangen. Der Leitungswasser Qualität würde ich hier nicht trauen.

Es hat sogar gereicht vor Ende des Stromausfalls wieder im Hotel zu sein.

Die Nacht war dann alles andere als Erholsam. bis 2 Uhr nachts in der Hotelhalle gehockt, Twin bewacht und "Tee de Menthe" in mich reingekippt. Der extrem starke frisch gebrühte Pfefferminz Tee wirkt sogar besser als Kaffee. In der Nacht war ich noch 4 mal nach der Twin sehen. Alarm Bremsscheiben Schloß sein Dank.

Nach dieser durchgemachten Nacht, kurz nach dem beladen der Twin fing dann die Bettelei a la Tanger wieder an. Der Hotelportier wollte mitsamt seinen 3 Kumpels die Bewachung des Motorrades bezahlt haben. Seltsam nur, das man keinen der Pfeifen über Nacht gesehen hat. Aber egal, bei dem Anblick des 3 Zentner Sumofigur geplagten Portier und seiner dämlich aussehenden Kameraden hab ich mich auf gar nichts eingelassen. Gut, war auch gar nicht so teuer. Umgerechnet 2,-€ hat die Gestalten verlangt!

Nach den Erlebnisse der besonderen Art, der letzten Nacht war mein Bedarf endgültig gedeckt. Also auf dem schnellsten Weg von "Guercif" nach Nador und ab auf die Fähre. Da in Nador keine Fähre an diesem Tag mehr abgelegt hat, hab ich mein Glück in Melilla versucht. Selbst wenn in Melilla auch keine Fähre greifbar gewesen wäre, wäre Melilla zumindesten spanisches" Territorium. Als Spanische Enklave ist man in Spanien. Also ab nach Melilla. In Melilla sind die Zollkontrollen wieder sehr verschärft. Ich nehme an wegen dem Drogenschmuggel aus dem Rif Gebirge. Aber irgendwie hab ich einen so abgelederten und zerstörten Eindruck gemacht, das alleine die Bereitschaft die Koffer zu öffnen schon völlig ausgereicht haben mich reinzulassen!

TIP: Im gesamten Grenzgebiet auf Marokkanischer Seite versuchen irgendwelche Typen einem die Formulare anzudrehen die man zur Ausreise und zur Ausreise der Maschinen benötigt. Natürlich wieder gegen Geld. Alles Quatsch. Die Formulare auszufüllen ist kein Problem und die gibt es bei den Uniformierten kostenlos. Genauso wenig auf den Trick reinfallen in Melilla könne man keine Dirham mehr wechseln, und dies währe die letzte Möglichkeit zu wechseln. Finger weg. In Melilla und auch in den anderen Spanischen Enklaven kann man sehr wohl Dirham wechseln, und sogar mit dem Vorteil dass man beim Wechselkurs nicht beschissen wird.

© Joerg S., 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Motorradtour nach Afrika, Tanger->Cassablanca->Marrakesch->Erg Chebbi->Fes/Meknes->Melilla
Details:
Aufbruch: 31.08.2009
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 22.09.2009
Reiseziele: Marokko
Der Autor
 
Joerg S. berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.