Test the West

Reisezeit: Dezember 2011 - Januar 2012  |  von Stefan O.

Nigeria Visum, die 3.

Mittwoch, 28.12.2011

Dieses Zimmer macht mich wahnsinnig. Nie kann man die Tageszeit erahnen. Als ich aufwache, steht meine Uhr auf Eins. Ich tippe auf Nachmittag. Scheiße, Frühstück verpennt. Ich mache mich gleich auf die Socken zur nigerianischen Botschaft.

Ich muss mich ins "goldene Buch" eintragen und darf ins Gebäude. Schön ham ses hier, mit Springbrunnen und allem drum und dran. Dann soll ich ins Büro des Chefs eintreten und dann doch wieder nicht und letztlich auf einem Stuhl vor seinem Büro Platz nehmen. Der Botschafter kommt zu mir, wirft einem Blick in die Unterlagen und fragt mich nochmal das gleiche, was ich schon vor Tagen in bester Sonntagsschrift auf das Formular geschrieben habe. Dann fragt er, wann ich einreisen will. Eigentlich vor 'ner Woche, aber immer schön freundlich bleiben. "Morgen früh", sage ich also. Zum Schluss heißt es dann, ich soll um 19 Uhr wieder kommen. Ich werd' bekloppt!

Wieder mal sinnlos durch die Gegend tingeln

Wieder mal sinnlos durch die Gegend tingeln

Ich fahr mit dem Sammeltaxi zum Sonef-Busbahnhof und kaufe schon mal ein Ticket für morgen nach Maradi, der drittgrößten Stadt Nigers. Auf dem Rückweg zum Hotel mache ich mit meinem Taxifahrer noch gleich die morgige Fahrt zum Busbahnhof klar.

Um 18 Uhr mache ich mich auf den hoffentlich letzten Weg zur nigerianischen Botschaft. Wenn ich vom naheliegenden Boulevard de l'Independance aus dort hin will, muss ich ziemlich lange warten und Wucherpreise bezahlen also stelle ich mich an die Avenue Charles de Gaulle das hat schon öfter geklappt. Es dämmert langsam. Vor den Regierungsgebäuden und Botschaften fahren schwer bewaffnete Soldaten auf. Ich weiß nicht, ob es mich beruhigen oder beunruhigen soll. Es ist schwierig, um diese Uhrzeit in diese Richtung ein Taxi zu bekommen. Der erste, der anhält, fragt mich, was ich zahlen will und dreht ab, als ich ihm 200 CFA anbiete. Der nächste kommt aber erst zehn Minuten später und würde mich für 1000 CFA fahren, dafür exklusiv und direkt. Ich stimme notgedrungen zu, da es langsam auf 19 Uhr zugeht.

Wer aber jetzt denkt, ich marschiere nun einfach in die Botschaft, hole meinen Pass ab und gehe wieder, der hat noch nicht verstanden wie das hier funktioniert. Erst jetzt fängt der Botschafter an, das Visum auszustellen. Francis steht vor dem Wachhäuschen und fragt wie lange ich in Nigeria bleiben will. "Einen Monat, habe ich doch schon gesagt", antworte ich. Er sagt, das geht nicht, sein Chef will mir eine Woche geben und ich solle ans Telefon kommen. Das andere Ende der Strippe liegt nur 50 Meter von hier, im Büro des Botschafters. Ich rede auf ihn ein und Francis macht per Handbewegung deutlich, dass ich weiter quatschen, ihn bei Laune halten soll. Und so argumentiere und argumentiere ich, habe jedoch keinen Erfolg und gebe mich geschlagen. Das kam jetzt auch irgendwie ziemlich überraschend. Francis sagt, auf ihn hört der Chef nicht, er sei nur ein kleines Licht hier. Ich sage ihm, dass ich ja mein Flugticket schon habe. Das sei doch das schlagende Argument, sagt er und wir rufen erneut im Büro des Botschafters an. Dieser gibt mir zu verstehen, dass ich eigentlich im Land meines Wohnsitzes ein Visum beantragen muss und er in Schwierigkeiten käme, wenn er mir ein einmonatiges Touristenvisum ausstellen würde und dass er an seinem Job hängt und bla-bla-bla... Nach weiteren zähen Verhandlungen dann der eher unbefriedigende Kompromiss: Das Visum ist gültig für eine Woche innerhalb eines Monats und ich könne es womöglich in Abuja verlängern. Naja, damit spare ich mir immerhin den Tag in Maradi.

Da ist das Objekt der Begierde

Da ist das Objekt der Begierde

Dafür habe ich also jetzt fast zwei Wochen meines kostbaren Urlaubs verbraten. Vielleicht hätte ich es in Accra versuchen sollen. Man soll dort Gerüchten zufolge eine gute Chance haben, ebenso in Bamako (Mali), aber das liegt nicht auf meinem Weg. Ich warte auf ein Taxi, das mich nach Château Un fährt. Innerhalb von 20 Minuten halten drei Taxis, die jedoch alle woanders hinfahren. Gegen 20 Uhr sitze ich dann in einem Fahrzeug und lasse mich zum L'Invasion für einen letzten Absacker fahren. Kaum sitze ich auf meinem Stammplatz, habe ich auch schon ein Flag auf dem Tisch. So muss das sein! War wohl eher Liebe auf den zweiten Blick; ich werde Niamey irgendwie vermissen...

© Stefan O., 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
"Burkina Faso - Ist da irgendwas?", "Wo liegt Niamey?" und "Ist Lagos nicht die gefährlichste Stadt der Welt?" Diese und andere Fragen wurden mir gestellt, bevor ich los zog um nach Antworten zu suchen. Das Motto: "Travel and see"
Details:
Aufbruch: 13.12.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 20.01.2012
Reiseziele: Burkina Faso
Niger
Nigeria
Togo
Ghana
Der Autor
 
Stefan O. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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