Durch Transkaukasien im Sommer 2012

Reisezeit: Juli / August 2012  |  von Torsten H.

Nach Swanetien

Swanetien - das Land der Volksgruppe der Swanen - wird allgemein als der schönste aber auch einer der unzugänglichsten Teile Georgiens bezeichnet und sollte der Höhepunkt meiner Reise werden. Ursprünglich wollte ich ja mit einem gemieteten Auto über eine Piste am Ufer des "Pferdeflusses" entlang nach Swanetien fahren, der Hotelmitarbeiter riet mir jedoch ab, er meinte, dass die "Straße" selbst für Geländewagen nur schwer befahrbar und nach Gewittern häufig durch Erdrutsche versperrt sei und es auch ein Problem wäre, ein Auto mit Fahrer nur für eine Strecke (Hinfahrt) zu finden. Da es bis zur swanetischen Hauptstadt Mestia inzwischen schon eine asphaltierte Straße mit Marschrutka-Verkehr gibt, entschied ich mich wieder für diese Variante. Wer allerdings noch höher in den Kaukasus möchte, ist auf ein geländegängiges Allradfahrzeug angewiesen und gutes Wetter angewiesen. Im Winter (der dauert hier ein halbes Jahr) ist selbst die "Hauptstadt" Mestia oft nicht zu erreichen.

Aber wir hatten ja Hochsommer und bei der Aussicht auf kühle Bergluft wurde ich gleich wieder unternehmungslustiger und nahm eine weitere stundenlange Marschrutka-Fahrt gern in Kauf, auch weil schon die Fahrt dorthin durch spektakuläre Berglandschaften führen sollte. Von Tiflis aus gab es übrigens auch mal einen Hubschrauber-Linienflug nach Mestia. Leider wurde die Linie aus Sicherheitsgründen eingestellt, sonst hätte ich das vielleicht gemacht.

Auf der Fahrt nach Swanetien, immer einsamer wird die Landschaft (ich hätte gern noch mehr Aufnahmen gemacht, was jedoch wegen der "zügigen Fahrweise" auf der sehr kurvenreichen Straße nicht möglich war).

Auf der Fahrt nach Swanetien, immer einsamer wird die Landschaft (ich hätte gern noch mehr Aufnahmen gemacht, was jedoch wegen der "zügigen Fahrweise" auf der sehr kurvenreichen Straße nicht möglich war).

Mestia, die Hauptstadt Swanetiens

Mestia, die Hauptstadt Swanetiens

In Mestia angekommen, fühlte ich mich wie ins Mittelalter versetzt, in dem nur die Geländewagen an die Moderne erinnerten. Das Leben spielt sich hier heute noch hinter dicken Naturstein-Mauern ab, die vor noch nicht allzu langer Zeit vor kriegerischen Eroberern von der anderen Seite des Kaukasus schützen sollten. Manche Häuser verfügen darüber hinaus noch über sogenannte Wehrtürme, in die sich die Hausbewohner bei Gefahr zurückziehen konnten.

Solche Bilder gehören hier zum Alltag

Solche Bilder gehören hier zum Alltag

Etwas abseits der Straße, hinter dicken Mauern fand ich nach einigem Fragen "meine" Pension "Rozas Guesthouse", die mir empfohlen worden war

Etwas abseits der Straße, hinter dicken Mauern fand ich nach einigem Fragen "meine" Pension "Rozas Guesthouse", die mir empfohlen worden war

Der Eingang zum Guesthouse - die ehemalige Stalinstraße (siehe kleines dunkelgrünes Schild) ist jetzt nach dem italienischen Alpinisten Vittorio Sella benannt

Der Eingang zum Guesthouse - die ehemalige Stalinstraße (siehe kleines dunkelgrünes Schild) ist jetzt nach dem italienischen Alpinisten Vittorio Sella benannt

Innen war es sehr geschmackvoll eingerichtet und gab natürlich wie immer reichlich und lecker zu essen.
Das einzige, was man hier eventuell vermissen wird, ist die Internetverbindung, die gibt es in ganz Swanetien nur an wenigen Stellen in Form eines schwachen Signals über Internetstick.

Innen war es sehr geschmackvoll eingerichtet und gab natürlich wie immer reichlich und lecker zu essen.

Das einzige, was man hier eventuell vermissen wird, ist die Internetverbindung, die gibt es in ganz Swanetien nur an wenigen Stellen in Form eines schwachen Signals über Internetstick.

Jahrhundertealte Backsteinmauern...

Jahrhundertealte Backsteinmauern...

...und Wehrtürme bestimmen hier das Stadtbild

...und Wehrtürme bestimmen hier das Stadtbild

Für den nächsten Tag mietete ich zusammen mit anderen Touristen einen geländegängigen Wagen mit Fahrer, der uns nach Ushguli bringen sollte. Ushguli ist eines der abgelegensten und ursprünglichsten Dörfer Swanetiens und kann nur im Sommer bei trockenem Wetter per Geländewagen erreicht werden. Die Fahrt (40 km) sollte 3 Stunden (eine Strecke) dauern, was schon etwas auf die Wegqualität schließen lässt.

Der Autor dieses Reiseberichts bei einer Rast mitten im Kaukasus

Der Autor dieses Reiseberichts bei einer Rast mitten im Kaukasus

Überall unterwegs standen am Wegesrand hin und wieder solche Türme. Dieser war zugänglich und konnte auch von innen besichtigt werden.

Überall unterwegs standen am Wegesrand hin und wieder solche Türme. Dieser war zugänglich und konnte auch von innen besichtigt werden.

Dieses junge Paar aus Holland war noch sehr viel unternehmungslustiger als ich - in einem abgelegenen Dorf ließen sie sich absetzen und brachen mit Campingausrüstung auf dem Rücken zu einer mehrtägigen Trekkingtour auf.

Dieses junge Paar aus Holland war noch sehr viel unternehmungslustiger als ich - in einem abgelegenen Dorf ließen sie sich absetzen und brachen mit Campingausrüstung auf dem Rücken zu einer mehrtägigen Trekkingtour auf.

Hart am Abgrund schlängelt sich die schmale Piste (links) durch die Schlucht

Hart am Abgrund schlängelt sich die schmale Piste (links) durch die Schlucht

Das Ziel unseres Ausflugs, das Bergdorf Ushguli in 2.200 m Höhe, bekannt durch seine Wehrtürme, die seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören

Das Ziel unseres Ausflugs, das Bergdorf Ushguli in 2.200 m Höhe, bekannt durch seine Wehrtürme, die seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören

Ushguli besteht aus drei sehr ähnlichen Ansiedlungen

Ushguli besteht aus drei sehr ähnlichen Ansiedlungen

Der Abschluss des weitläufigen grünen Tals wird durch über 5.000 m hohe vergletscherte Berge gebildet. Der Hauptkamm des Großen Kaukasus bildet hier die Grenze zu Russland.

Der Abschluss des weitläufigen grünen Tals wird durch über 5.000 m hohe vergletscherte Berge gebildet. Der Hauptkamm des Großen Kaukasus bildet hier die Grenze zu Russland.

Ich wanderte ein Stück ins Tal hinein

Ich wanderte ein Stück ins Tal hinein

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... aber auch hier hat das 21. Jahrhundert schon in Form eines Hotels mit Plastikstühlen vor der Tür Einzug gehalten, was schon etwas gemischte Gefühle auslöst

... aber auch hier hat das 21. Jahrhundert schon in Form eines Hotels mit Plastikstühlen vor der Tür Einzug gehalten, was schon etwas gemischte Gefühle auslöst

Ushguli im Enguri-Tal

Ushguli im Enguri-Tal

Blick von oben auf eine der drei Ansiedlungen (im Hintergrund eine weitere)

Blick von oben auf eine der drei Ansiedlungen (im Hintergrund eine weitere)

Ca. 250 Menschen leben hier

Ca. 250 Menschen leben hier

Erste Anfänge der touristischen Erschließung durch Wanderwege - Wegweiser gibt es schon, Wegmarkierungen nur sehr sporadisch

Erste Anfänge der touristischen Erschließung durch Wanderwege - Wegweiser gibt es schon, Wegmarkierungen nur sehr sporadisch

... noch ein besonders beeindruckender Wehrturm in einem anderen Dorf, das wir auf der Rückfahrt durchquerten

... noch ein besonders beeindruckender Wehrturm in einem anderen Dorf, das wir auf der Rückfahrt durchquerten

Diese Wehrtürme bestehen aus mehreren Stockwerken. Ganz unten sind häufig Viehställe untergebracht. In den oberen Etagen konnten sich bei Gefahr/Belagerung eine oder mehrere Großfamilien aufhalten und verteidigen. In den Wänden gibt es auch Schießscharten. Die Verbindung zwischen den Stockwerken bilden Leitern, die bei Gefahr nach oben eingezogen wurden, so dass die Angreifer nicht so einfach nach oben gelangen konnten, selbst wenn sie schon in das Erdgeschoß eingedrungen waren.
Diese Wehrtürme gibt es in vielen Dörfern Swanetiens insbesondere jedoch in Ushguli. Einige wurden in der Vergangenheit abgerissen oder sind eingestürzt, früher hatte fast jedes Haus seinen eigenen Wehrturm, heute in Ushguli ungefähr noch jedes zweite, in anderen Dörfern gibt es nur noch einzelne Türme.

Am nächsten Tag unternahm ich auf eigene Faust noch eine kleine Tour in die Berge von Mestia aus. Zuerst lief ich ein Stück die Straße entlang, die zu einem kleinen Dorf führte. Plötzlich hielt neben mir ein Jeep der georgischen Armee an - sie luden mich herzlich ein, ein Stückchen mit ihnen zu fahren, was ich gerne annahm. Dann bog der Jeep zu einem Militärstützpunkt ab und ich wanderte auf der anderen Seite in ein wunderschönes Tal hinein. Nur gelegentlich begegneten mir ein paar Einheimische auf Pferden, ansonsten unberührte einsame Bergwelt. Den Bach konnte man nur barfuß durchqueren, Brücken gab es an diesem Weg nicht - war aber eine willkommene Erfrischung. Eigentlich wollte ich bis zum Beginn des Gletschers aufsteigen, was sich aber als zu weit herausstellte. Das Gebirge ist hier sehr weitläufig und Entfernungen in der klaren Luft sehr schwer zu schätzen. Daher sehen die Berge zum Greifen nah aus. Nähert man sich ihnen zu Fuß bekommt man einen Eindruck von der tatsächlichen Entfernung und Höhe.

Berghütte im Tal bei Mestia

Berghütte im Tal bei Mestia

Wieder auf der Straße angekommen, hatte ich erneut Glück - diesmal stoppte ein großer LKW, der Baumaterial transportierte und lud mich ein, mich wieder bis in die Stadt zurückzunehmen. Der Fahrer hatte in den 80er Jahren seinen Wehrdienst in Eberswalde in der DDR absolviert, wie er mir erzählte.

© Torsten H., 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Georgien - den „Balkon Europas“ an der Südseite des Kaukasus und Armenien, das kleine Gebirgsland am Fuße des Berges Ararat - diese beiden Länder habe ich im Sommer 2012 bereist - wie immer selbst organisiert und größtenteils mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Details:
Aufbruch: 28.07.2012
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 12.08.2012
Reiseziele: Georgien
Armenien
Der Autor
 
Torsten H. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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