Sauerkraut... oder: Komm mit, wir machen die Dippelappes-Tour

Reisezeit: September 2012  |  von Doris Sutter

Die Saar

Wir gönnen uns einen Ruhetag bevor wir die Leinen loswerfen und zurück in die Saar schippern. Außer in Saarbrücken, in der die Schleuse geteilt werden kann, und Lisdorf, gibt es hier überall Pénichen-Schleusen. Da halten sich die Wartezeiten in Grenzen und die Schleusenwärter sind mit ihrem Wasser nicht knickrig und schleusen Sportboote wortlos auch alleine.
Im Saarland hat sich die Mosel ein tiefes Tal in den Hunsrück gegraben und mäandert in wilden Schleifen durch dichte Laubwälder, an beeindruckenden Felswänden und romantischen kleinen Ortschaften vorbei. Leider trüben die Geräusche der Bahn und oft genug auch der Autobahn das Vergnügen ein wenig. Wir überlegen, ob wir in Saarburg an die Spundwand im WSA-Hafen gehen oder in den Hafen Beurig, doch beide Plätze sind uns eigentlich zu weit von der Stadt entfernt und so entscheiden wir uns für den Anleger "Fährhaus" direkt an der Stadt. Über ihn wacht Iris Busen wie Zerberus über die Unterwelt. Kaum haben wir richtig angelegt, steht sie schon auf dem Steg um 10€ zu kassieren. Sie schärft ihre Zunge noch an einem Kuhnle-Charterboot, das hinter uns angelegt hat, als ein Fahrgastschiff mit Speed so an uns vorbeidonnert, dass Beluga mit der Scheuerleiste auf einen Poller knall. Frau Busen krallt sich unter Lebensgefahr an Belugas Reling fest, um nicht von dem tobenden Steiger zu fallen und Manfred schickt dem rücksichtlosen Schiffsführer einige scharfe Wort in den Funk. Außer der Feste Saarburg , die vom Berg auf die Stadt sieht, muss man unbedingt den Buttermarkt in der Altstadt besuchen. Mittendurch plätschert ein Wasserfall und rundherum ist das Amüsierviertel. Die Pénichen-Schleuse Serrig zeigt bereits grün als wir kommen. Irgendwie sind die kleinen dunklen Kammern ein wenig bedrückend, nachdem wir die großen hellen Schleusen gewohnt sind. 14,50 m geht es nach oben. Das Wasser kommt auch hier von unten, macht wenig Verwirbelung, versucht aber das Boot von der Wand abzudrücken. Im Oberwasser der Schleuse Mettlach legen wir uns an den Gästesteg um das Keramikmuseum der Firma Villeroy und Boch zu besuchen, bevor wir weiterziehen nach Merzig. In der kleinen Kreisstadt Merzig kann man prima einkaufen und es gibt einiges anzuschauen, doch uns zieht es hierher wegen des Schwimmbads und einer zünftigen Maaß mit Brotzeit im Brauhaus. Leider müssen wir dann feststellen, dass das Schwimmbad just in dieser Woche wegen Revision geschlossen hat.

Dieser Hirschkäfer verspeist die Nacktschnecke, während sie noch versucht zu entkommen

Dieser Hirschkäfer verspeist die Nacktschnecke, während sie noch versucht zu entkommen

ist es nicht trotzdem sensationell, dass es wieder Hirschkäfer in dieser Größe bei uns gibt

ist es nicht trotzdem sensationell, dass es wieder Hirschkäfer in dieser Größe bei uns gibt

Abends gibt eines unserer Batterieladegeräte den Geist auf, nachdem ein Engländer regelmäßig alle paar Stunden den Landstrom zum Kapitulieren gebracht hat. Gut, dass wir mehrere dabei haben. In der Nacht rauscht das prophezeite Tiefdruckgebiet heran und morgens, als wir ablegen wollen, schüttet es wie aus Kübeln. 1,50 € pro Meter Boot plus Strom werden wir los und Duschen würde noch mal 2 € extra kosten. Zu allem Überfluss springen die Motoren nicht an, die 24 Volt Batterie ist leer. Da mal wieder kein Landstrom da ist, starten wir das Aggregat, machen unseren Ladestrom selber und ein paar Minuten später kanns losgehen. Hinter uns hat ein ziemlich breiter Holländer angelegt. Um ihn beim rückwärts rausfahren nicht zu touchieren, muss Manfred ziemlich an den gegenüberliegenden Steiger fahren. Dort steht aber nicht genug Wasser für uns. Beluga steckt im Dreck, reagiert unwillig auf Befehle und wir holen uns einen Mini-Kratzer am Steg, weil natürlich alle Fender auf dieser Seite zu hoch hängen. Außerdem schlingt sich etwas um unseren Backbord-Propeller und schlägt bei jeder Schraubenumdrehung an den Rumpf. Es gibt Tage, an denen bliebe man besser im Bett. In der Schleuse Lisdorf müssen wir lange auf ein nachfolgendes Sportboot warten. Manfred ist guter Hoffnung , dass sich die Batterie wieder erholt hat und stellt die Motoren ab. Die Hoffnung ging ins Leere, genau wie die Batterie. Die gleiche Prozedur, Stromerzeuger, Ladegerät, starten und nur nicht mehr ausschalten. Im Schleusenoberwasser holen wir ein Taxi und Manfred beschafft neue Batterien.

Weiter geht es nach Saarbrücken. Zwei ältere Skipper, mit denen wir in Merzig geplaudert haben, haben sich bitter beschwert, dass sie nicht nach Saarbrücken kamen, weil über Kanal 78 niemand geantwortet hat und auch die Telefonnummer im Törnführer nicht mehr aktuell war. Die senkrechte Leiter wollten sie nicht erklettern um ans Schleusentelefon zu kommen. Wir müssen leider ihre Erfahrungen bestätigen. Keinerlei Resonanz auf unseren Funkruf auf Kanal 78. Also muss Manfred klettern. Es dauert dann fast eine Stunde, bis wir endlich die Kammer verlassen können. Saarbrücken Schleuse wird von Rehlingen Schleuse fernbedient. Wenigsten finden wir wieder am Kai in der Stadt einen - kostenlosen - Liegeplatz, und Strom spuckt der Automat aus durch füttern mit 1 € Münzen. Die Fußgängerzone in Saarbrückens Innenstadt ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Hier findet Manfred sogar eine Taucherbrille in seiner Sehstärke, im Falle, dass er mal wieder ins Wasser muss, um uns von einem unliebsamen Anhängsel zu befreien. Doch wir haben Glück, auf der Weiterfahrt verabschiedet sich das - was auch immer - wieder. Noch mal gutgegangen.

Saarbrücken - alter Kran

Saarbrücken - alter Kran

Der Saar-Kanal

An der Schleuse Güdingen erhalten wir einen Télécommande - eine Fernbedienung – denn der Saarkanal ist mittlerweile durchgehend automatisiert.
Ab Saarbrücken heißt die Saar Saarkanal, obwohl sie bis Saaralben lediglich kanalisiert ist. Erst danach, bis zum Anschluss an den Rhein-Marne-Kanal läuft sie nur noch als Wasserspender neben dem Kanal her.
Der Saarkanal ist eines der wenigen Projekte über die sich Deutsche und Franzosen bereits Mitte des 19.Jhs. einig waren. Beide Länder profitierten davon.
Heute ist der Kanal ein Revier der Sportschiffer geworden und beide Länder profitieren immer noch davon.
Die Saar ist von der Mosel aus kilometriert, der Saarkanal vom Rhein-Marne-Kanal aus.
So trifft der Saarkanal die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bei Kilometer 75,6 während die Saar bei Kilometer 94,1 die Grenze erreicht. An Schleuse 27 kaufen wir unsere Vignette (für unsere Bootgröße für 16 Tage 98 €) und könnten auch tanken. Kurz vorher ist ein kleiner Kai zum anlegen und gleich daneben ist ein Supermarkt. Hier gönnen wir uns das erste wirklich leckere Baguette und ein Töpfchen Rillettes für die Fahrtunterbrechung, die unweigerlich kommt, weil der vielbeschäftige Schleusenmeister natürlich kurz vor seiner Mittagspause keine Vignette mehr verkaufen kann. Bis zum Rhein-Marne-Kanal geht es ständig aufwärts. Die ellenlange Steganlage in Saargemünd lädt zu einem Besuch dieser netten französischen Kleinstadt, doch uns zieht es weiter nach Mittersheim.
Auch wenn die Elsässer behaupten, dass die Lothringer Küche nicht mit der Elsässer konkurrieren kann, eine Quiche Lorraine, als würdige Botschafterin der regionalen Küche, muss man probieren. Und Fisch sollte man probieren. In Fischgerichten sind die Lothringer echt stark. Kein Wunder bei dieser wasserreichen Gegend. Lothringens große Stärke liegt in der Vielfalt seiner Natur. Wasser und Wald sind zweifelsohne die Trumpfkarte der Region. Der windet sich durch üppige Wälder, vorbei an großen Seen. Kein Wunder, dass der heilige Nikolaus nicht nur der Schutzpatron der Schiffer, sondern auch der Lothringer ist.

Güdingen Schleuse

Güdingen Schleuse

Fäkalienabsauganlage in Frankreich, die auch noch in Betrieb ist...

Fäkalienabsauganlage in Frankreich, die auch noch in Betrieb ist...

ein verwirklichter Traum

ein verwirklichter Traum

Schleusenwand eingebrochen

Schleusenwand eingebrochen

Reparaturversuch

Reparaturversuch

ein Blech wird ohne jeder Verankerung auf die Mauer gesetzt, mit Beton aufgefüllt. Und dann wundern sich die Franzosen, wenns im nächsten Jahr wieder einbricht.

ein Blech wird ohne jeder Verankerung auf die Mauer gesetzt, mit Beton aufgefüllt. Und dann wundern sich die Franzosen, wenns im nächsten Jahr wieder einbricht.

Mittersheim gibt als Ort natürlich nicht wirklich was her. Bei schönem Wetter kann man im Mittersheimer Weiher baden gehen, Fahrradtouren bieten sich am Kanal entlang oder einfach die Seele baumeln zu lassen. Liegegeld wir hier keines erhoben und Strom kommt aus dem Automaten 2 € für vier Stunden. Doch heuer ist die Münz-Anlage en panne und der Strom ist einfach freigeschaltet. Von Schleuse 16 bis Schleuse 2 folgen die Kammern jetzt Schlag auf Schlag. Das schaffen wir in drei Stunden. Jetzt windet sich der Kanal an den großen Speicherseen vorbei. Leider kann man vom Kanal aus nicht in den Etang de Stock fahren, auf ihm sind nur nicht motorisierte Fahrzeuge erlaubt. Schleuse eins ist mit einem „Schließer“ besetzt – so nennen die Lothringer ihre Schleusenmeister. Hier geben wir unsere Fernbedienung wieder ab. Winken dem immer ein wenig knurrigen Hafenmeister vom Port Houillon noch mal zu, bevor wir in den Rhein-Marne Kanal einbiegen.

Schleusenhaus

Schleusenhaus

kommt man näher, erkennt man, dass es ein Reiher schmückt, nicht der Pleitegeier

kommt man näher, erkennt man, dass es ein Reiher schmückt, nicht der Pleitegeier

weiter Blick ins Land

weiter Blick ins Land

und auf die Herbstzeitlosen

und auf die Herbstzeitlosen

und jetzt weiß ich auch wo in Lothringen die Rechhinkel daheim sind

und jetzt weiß ich auch wo in Lothringen die Rechhinkel daheim sind

es gibt Brötchen in Mittersheim

es gibt Brötchen in Mittersheim

den Schleusenkampf sieht man manchem deutlich an

den Schleusenkampf sieht man manchem deutlich an

tschüss Mittersheim

tschüss Mittersheim

© Doris Sutter, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die klassische Sauerkraut-Tour der Bootsfahrer führt über die Mosel in den Marne-Kanal zurück in den Rhein. Wir machen die "kleine" Sauerkraut-Tour über Saar und Saar-Kanal.
Details:
Aufbruch: 01.09.2012
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 25.09.2012
Reiseziele: Deutschland
Frankreich
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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