Radl-Ferntour von Frankfurt am Main nach Neu-Ulm

Reisezeit: Juni 2015  |  von Andreas Rohbogner

4. Etappe 18.6.2015: Gammelshausen - Neu-Ulm

Kurz nach dem Aufwachen erfolgte wie üblich ein erster Blick aus dem Fenster um den Wetter-Status feststellen zu können. Der Himmel war dabei, soweit einsehbar, bedeckt. Von den drei vorhergehenden Tagen besten Radlwetters gänzlich verwöhnt war es gedanklich nur eine kurze Frage der Zeit bis zur Auflockerung der Wolkendecke und dem Comeback des heiteren Wetters... Schon beim Losrollen von der Unterkunft war - wenn auch minimaler - Nieselregen präsent. Aber dieser könnte ja auch bald aufhören.
Daß ich für diesen Tag recht wenig Fotos zum Anbieten habe, soll schon mal eine kleine Vorahnung des Tagesverlaufs aufkommen lassen...
Nach keinen 50 m kaufte ich mir im Tante-Emma-Laden der Ortschaft einen Schwung Wurstsemmeln, sowie Süß-Gebäck, um zwischendurch Brotzeit abhalten zu können, da, wie am Vorabend schon verlautete, in der Unterkunft kein Frühstück geboten werden konnte.
So ging's also richtig auf Strecke und dies immer noch ohne Regenkleidung. Auf einen guten Tipp der Laden-Inhaberin hin, fuhr ich einen Abkürzer über ruhige, befestigte Wege nach Eschenbach und weiter nach Schlat.

Nein, kein Feuerwehreinsatz in Eschenbach ! Der gerade am Fahrzeug anwesende Eigentümer erklärte mir, daß er das Gefährt zu einem privaten Wohnmobil umgebaut habe.
Man sieht auch deutlich, daß die beiden Blaulichter demontiert sind. Vielleicht bekommt er dennoch ab und zu etwas schneller Vorfahrt eingeräumt.

Nein, kein Feuerwehreinsatz in Eschenbach ! Der gerade am Fahrzeug anwesende Eigentümer erklärte mir, daß er das Gefährt zu einem privaten Wohnmobil umgebaut habe.
Man sieht auch deutlich, daß die beiden Blaulichter demontiert sind. Vielleicht bekommt er dennoch ab und zu etwas schneller Vorfahrt eingeräumt.

Am Ortsende von Schlat, am Beginn eines knackigen und nicht gerade kurzen max. 18%-igen Anstiegs angekommen, war dann nach 7 km Fahrstrecke der Moment gekommen, daß ich infolge entscheidend stärker werdenden Regens, die Regenschutzhüllen über die Packtaschen zog und auch ich mich der Verhüllung in Regenschutz-Kleidung nicht mehr länger verwehren wollte. So habe ich diese Kleidungsart, die keiner auf Radtour gerne praktiziert, wenigstens nicht ganz als unnützen Ballast mitgeführt.
Übrigens bin ich das erste noch nicht so drastisch steile Stück Anstieg gefahren, dann aber bald "Schiebung" betrieben. Das war auch eine gute Entscheidung, da weiter oben eine unübersichtliche Rechtskurve vorhanden war, so daß ich davor zusätzlich auf die linke Seite wechselte, das Fahrrad auf der Fahrbahn und der "Schieber" am schmalen Streifen neben der Straße am vorhandenen Hang entlang. Liest sich dramatisch und war auch besonders bei diesem Regenwetter eine schweinsgefährliche Stelle (beim nächsten mal von der anderen Seite her, da flacher und übersichtlicher).

Auf der "Paßhöhe" des steilen Anstiegs (in direkter Nähe zum Wasserberg (751 m)): Blick zurück in den Westen. Bedingt durch das trübe Regenwetter sind die Niederungen leider nur schemenhaft als etwas grauerer Bereich oberhalb der nach unten endenden Straße erkennbar.

Auf der "Paßhöhe" des steilen Anstiegs (in direkter Nähe zum Wasserberg (751 m)): Blick zurück in den Westen. Bedingt durch das trübe Regenwetter sind die Niederungen leider nur schemenhaft als etwas grauerer Bereich oberhalb der nach unten endenden Straße erkennbar.

Zur Belohnung für dieses wirklich mit allen Faktoren drum herum ungeschmackliche Steilstück verläuft die Strecke nun langgezogen mit weitläufigen Kurven recht flott abwärts nach Reichenbach im Täle.

Kleiner (wichtiger) Einwurf:
Soeben, parallel zum Verfassen dieses Textstückes, erfahre ich bei der Online-Recherche mittels Suchmaschinen, daß der gerade beschriebene Anstieg nach der Ortschaft Schlat der sogenannte "Gairenbuckel" ist, die steilste Hauptverkehrsstraße im Kreis Göppingen. Und mit seiner höchsten Stelle von 595 m zugleich das Dach meiner Tour. Und da ich dort vor Ort nicht wusste, daß ich an meinem Standpunkt (s. Foto) "Bergfest" hätte feiern können, lege ich jetzt am 8. Juli um 23:00 Uhr eine kleine Tipp-Pause ein und hole das Bergfest nach !!!

Bergfest in vier Akten. Im Hintergrund der Monitor mit dem Bild vom Gairenbuckel zurück in die Niederungen.

Bergfest in vier Akten. Im Hintergrund der Monitor mit dem Bild vom Gairenbuckel zurück in die Niederungen.

Prost !

Prost !

Zisch...

Zisch...

... und weg !

... und weg !

Zurück zur redaktionellen Tätigkeit !

Ab Reichenbach im Täle radelte ich dann auf einem gut ausgebauten Radlweg parallel zur B 466 über Hausen an der Fils und Bad Überkingen (bekannt durchs Mineralwasser, aber ich bekam ja von minimalen Regenpausen abgesehen den ganzen Tag das nasse Element in strömenden Mengen von oben her zu spüren) nach Geislingen an der Steige, um von dort ab die bekannte Geislinger Steige hochzutreten.

Etwas nach Geislingen auf Höhe der Straub Mühle ein kleiner Schockmoment: Soll ich etwa bei schlechtem Wetter auf der viel befahrenen B10 hochstrampeln?
Glücklicherweise kam mir von rechts her ein Kunde aus Richtung der Mühle entgegen, der mich auf einen Kiesweg aufmerksam machte, der unterhalb des Hanges rechts der Straße bis zum Ende des gesperrten Rad- und Fußgängerwegs führte.

Etwas nach Geislingen auf Höhe der Straub Mühle ein kleiner Schockmoment: Soll ich etwa bei schlechtem Wetter auf der viel befahrenen B10 hochstrampeln?
Glücklicherweise kam mir von rechts her ein Kunde aus Richtung der Mühle entgegen, der mich auf einen Kiesweg aufmerksam machte, der unterhalb des Hanges rechts der Straße bis zum Ende des gesperrten Rad- und Fußgängerwegs führte.

Im Nachhinein habe ich erfahren, daß es Absenkungen und Hangrutschgefahr auf dem Radweg gibt, da die B10 in diesem Wasserschutzgebiet kein Entwässerungssystem besitzt, wie es bei neuen Straßen der Fall ist. Und da für ein solches System wegen der aufwändigen geologischen Voruntersuchungen ein Baubeginn frühestens 2016 im Raum stünde, wolle man dazwischen keine Mittel für eine notdürftige Instandsetzung des Radweges bereitstellen...

Kurz nach dem Ende des gesperrten Bereichs war dann die Ortschaft Amstetten am Ende des Anstiegs erreicht und ein Radweg direkt an der Bahnstrecke Stuttgart-Ulm führte mich bis Urspring, wo ich ins Lonetal abzweigte und auf der wenig befahrenen Landstraße, sowie auch auf gut befahrbaren Feldwegen großteils entlang der Bahnstrecke, den Ortschaften Lonsee, Westerstetten, Beimerstetten und dem riesigen Container-Umschlagplatz am weithin sichtbaren Zentrallager einer großen Drogeriekette nördlich von Jungingen bei Ulm ankam. Dort folgte ich einer Radwegausschilderung entlang der Bahn und war guten Glaubens gut nach Ulm gelangen zu können. VERGISS ES ! Nicht nur daß der Radweg in einen noch dazu durch das wässrige Wetter schlecht befahrbaren Feldweg überging. Irgendwann war der Weg dann komplett zugewildert.
Rechterhand die zweigleisige Bahnstrecke als Abgrenzung, vorne undurchdringbare Wildnis und linkerhand ein ausgedehntes landwirtschaftliches Feld und dazwischen:

Ich und mein Drahtesel, verlassen von der übrigen Welt und niemand mehr nimmt von uns Notiz...

Ich habe mir dann noch auf moderne Weise mittels GPS-Ortung am Smartphone meinen hoffnungslosen Standort anzeigen und mir in Bezug auf den früheren Eigentümer von Burg Hornberg (Tag 2 dieser Ferntour), Götz von Berlichingen, dessen überregional bekanntes Zitat über die Lippen kommen lassen. Aber nur leise, um keine wilden Tiere zu erschrecken...

Doch ich raffte mich wieder auf, fuhr zurück zum befestigten Weg, schleppte mein Fahrrad über eine steile Treppe zu einer Bahnüberführung hoch und gelangte inzwischen wieder gut gelaunt nach Jungingen hinein, das übrigens lt. Karte auf 594 m Höhe liegt, also nur 1m niedriger als der Gairenbuckel, also eigentlich "silbernes Bergfest"
Das ganze Übel wurde letztendlich von einer gewiß ungenügenden Ausschilderung verursacht, die mich rechtzeitig vom einladend wirkenden Radweg kurz vor der Überführung auf diese geleitet hätte.

Bei Jungingen der Lichtblick des Tages:
Über dem Dach des entgegenkommenden LKWs schimmert im Hintergrund die Turmspitze des Ulmer Münsters.

Bei Jungingen der Lichtblick des Tages:
Über dem Dach des entgegenkommenden LKWs schimmert im Hintergrund die Turmspitze des Ulmer Münsters.

Ulm ist erreicht

Ulm ist erreicht

Nach einem längeren Gefälle aus Richtung Jungingen passiert man gleich hinter der Stadtgrenze von Ulm noch die Untere Gaisenbergbastion, die von 1843 bis 1858 errichtet wurde.

Nach einem längeren Gefälle aus Richtung Jungingen passiert man gleich hinter der Stadtgrenze von Ulm noch die Untere Gaisenbergbastion, die von 1843 bis 1858 errichtet wurde.

Kurz darauf erscheint dann die evangelische Pauluskirche mit ihrem markanten Doppelturm.

Kurz darauf erscheint dann die evangelische Pauluskirche mit ihrem markanten Doppelturm.

Eigentlich wollte ich noch direkt am Ulmer Münster fotografieren, aber da wiederum verstärktes Regenwetter einsetzte, ließ ich dieses Vorhaben fallen und steuerte auf den Bahnhof Neu-Ulm zu, um wie maximal geplant, die Rückreise mit dem Zug von bayerischem Boden aus antreten zu können.
Die Uhrzeit passte auch bestens: Gegen 13:45 Uhr erreichte ich den Bahnhof Neu-Ulm und konnte ohne großen Zeitdruck mein Bayern-Ticket, sowie die Fahrkarte fürs Radl am Automaten lösen. Abfahrt war 14:26 Uhr, Ankunft am Heimatbahnhof Westerham 17:24 Uhr, von wo ich das letzte kurze Stück nach Hause nochmals mit dem Radl in Angriff nahm.

Nochmals die Turmspitze des Ulmer Münsters im Hintergrund. Diesmal von der Zufahrt zum Bahnhof Neu-Ulm aus gesehen. Dieses Foto entstand gerade noch aus dem Umstand, daß ich infolge einer Regenpause das Handy ohne Gefahr eines Wasserschadens auspacken und aktivieren konnte.

Nochmals die Turmspitze des Ulmer Münsters im Hintergrund. Diesmal von der Zufahrt zum Bahnhof Neu-Ulm aus gesehen. Dieses Foto entstand gerade noch aus dem Umstand, daß ich infolge einer Regenpause das Handy ohne Gefahr eines Wasserschadens auspacken und aktivieren konnte.

Am Bahnsteig in Neu-Ulm noch im Radl-Regen-Gewand.

Am Bahnsteig in Neu-Ulm noch im Radl-Regen-Gewand.

Im Zug hab ich dann meinen Drahtesel noch als Wäsche-Ständer benützt, damit alles schön abtrocknen konnte.
Und so kam ich endlich doch noch dazu, in aller Ruhe meine Wurstsemmeln und Süßgebäcke, die ich morgens gekauft hatte, als verspätete Brotzeit zu genießen.

Im Zug hab ich dann meinen Drahtesel noch als Wäsche-Ständer benützt, damit alles schön abtrocknen konnte.
Und so kam ich endlich doch noch dazu, in aller Ruhe meine Wurstsemmeln und Süßgebäcke, die ich morgens gekauft hatte, als verspätete Brotzeit zu genießen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Linienführung durch den Odenwald, am Neckartal-Radweg, südlich des Filstales und über die Geislinger Steige entlang
Details:
Aufbruch: 15.06.2015
Dauer: 4 Tage
Heimkehr: 18.06.2015
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Andreas Rohbogner berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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