Unsere Indienreise 2015

Reisezeit: August - Oktober 2015  |  von Shanti Shanti

Mumbai - Ahmedabad - Udaipur: "Can I give you my card?" Teil I

"Can I give you my card?" Teil I

In unserer Reihe "Can I give you my card?" wollen wir von Menschen erzählen, die uns auf unserer Reise begegnet sind und uns irgendwann im Laufe des Gesprächs ihre Karte gegeben haben. Das hat häufig einen unverhohlen geschäftlichen Hintergrund, schon nach wenigen Tagen haben wir eine beachtliche Sammlung an Visitenkarten verschiedener Schneider, Restaurants und Guest Houses angehäuft. Oft scheint es aber auch nur ein Zeichen von Höflichkeit und Respekt zu sein, so wie im Fall des Colonels, den wir wohl nie wieder sehen werden und der kein Interesse hatte, uns irgendetwas zu verkaufen. Wir wollen versuchen, Fragen, die in diesen Gesprächen auftauchen, nachzugehen und im Laufe der zwei Monate zu beantworten. Oder wir schauen dann daheim auf Wikipedia nach...

Unsere eigene Karte ist derweil in Arbeit, ist schließlich peinlich, wenn man ständig Visitenkarten annimmt und selbst keine zu verteilen hat...

Ich lerne Lt. Colonel Rohit Shukla im Ghandi Ashram in Ahmedabad, Gujarat, kennen. Er steht plötzlich neben mir, während ich durch ein kleines Fenster in Ghandis spärlich eingerichtetes Zimmer blicke - ein Schlafplatz, ein Spinnrad, ein Schreibpult, keine Stühle.
"An impressive man, Ghandiji, very impressive man", murmelt der Colonel, ebenfalls in das Zimmer blickend.
"Well yes... I think so too..." entgegne ich, langsam nickend, den Blick immer noch auf Ghandis Pult gerichtet. Ohne mich anzuschauen, beginnt der Colonel zu erzählen:
"I used to work for the Indian military, but not anymore. Now I work for a bank in Mumbai, IDBI Bank. Whenever I come to Ahmedabad for business, I try to take a few hours off before I go back in the evening to come to Ghandi Ashram for inspiration."

Nach einer nachdenklichen Pause scheint er aus einer Art Trance zu erwachen und wendet sich lächelnd in meine Richtung:
"Can I give you my card?"
"Oh yes, of course," antworte ich und habe zum ersten Mal Gelegenheit, den Colonel zu betrachten. Er ist wohl Ende 50, hat dunkles, dichtes Haar, einen kräftigen aber fein gestutzten Schnurrbart, trägt ein maßgeschneidertes Hemd, Jeans und mehrere Goldringe an den Fingern. Nachdem ich seine Karte studiert und dankend eingesteckt habe, frägt er mich nach meinem Heimatland. Als er das Wort Germany hört, beginnen seine Augen zu leuchten:
"Oh Deutschland, we used to work alot with the Bundeswehr... Yes, yes... The Swastika...", fügt er dann mit nachdenklich zusammengekniffenen Augen hinzu und fährt, bevor ich etwas einwerfen kann, fort: "It was also a very important symbol for Ghandiji, the Swastika. Very important. It has deep meaning."
Ich setze kurz dazu an, ein paar erklärende Sätze zur Bedeutung des Swastika im heutigen Deutschland einzuwerfen, aber befürchte dann doch, so die gute Stimmung zu ruinieren. Also frage ich erst einmal weiter - welch tiefe Bedeutung hatte das Swastika für Ghandi, welche hat es heute in der Hindu-Kultur?
"Yes, yes," murmelt der Colonel nun wieder, während er den Kopf hin und her wackelt, "deep meaning, especially for Ghandi."
Nach einer weiteren erwartungsvollen Pause frage ich noch einmal, nun schon deutlich vorsichtiger:
"So what is the deep meaning?"
Der Colonel macht für den Bruchteil einer Sekunde einen Gesichtsausdruck, als fühle er sich ertappt. "It is very deep indeed," bekräftigt er dann hastig und mir wird klar, dass er nicht genauer Bescheid weiß.
"It has something to do with purity", fügt er noch hinzu, bevor er mich nach meinem Namen frägt und mir dann die Hand zum Abschied reicht.
Im Hotel in Ahmedabad gibt es kein Internet, und so bleiben wir auf unseren Fragen zur Bedeutung des Swastika in der Hindukultur erst einmal sitzen. Und dann vergessen wir die ganze Sache wieder, bis wir eine knappe Woche später, um acht Uhr morgens, nach 12 Stunden Busfahrt, im Fort von Jaisalamer in der Wüste Rajasthans ankommen, und uns in den verwinkelten Gassen immer wieder Wandmalereien begrüßen, die den Elephanten Gott Ganesha zeigen - neben einem leuchtend roten Swastika Symbol.

© Shanti Shanti, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wie ihr sicher alle wisst, sind wir diesen Sommer in Indien unterwegs. Indien... Ahhh! Curry, Sari, Tuk-Tuk, Elefant, Kashmir, Punjabi MC.. Doch diese Reise bedeutet fuer uns natuerlich nicht nur Ruhe, Erholung, Entspannung, Muessiggang und Chillen! Als interessierte Studenten wollen wir auch mal ueber den Tellerrand hinaus schauen. Wir hoffen die Gerueche und Farben Indiens werden auch eure Reiselust wecken. So stay tuned.
Details:
Aufbruch: 01.08.2015
Dauer: 9 Wochen
Heimkehr: 04.10.2015
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Shanti Shanti berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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