2000 km mit dem Auto durch Polen

Reisezeit: August / September 2015  |  von Inge Waehlisch Soltau

Warschau (Warszawa)

Von Breslau aus fuhren wir nach Warschau. Kurz vor der Stadt werden sehr viele neue Strassen gebaut, so dass unser "Navi" doch etwas "irritiert" war. Zum Glück klappte es dann wieder kurz vor der Stadt, so dass wir unser Art-déco-Hotel im Zentrum gut und sicher erreicht haben.
Nach Breslau kommt einem Warschau im ersten Moment als sehr "nüchtern"vor. Die Stadt ist mit seinen 1,7 Millionen Einwohnern nicht nur die Hauptstadt - 1596 wurde die Residenz von Sigismund II von Krakau nach Warschau verlegt - sondern das kulturelle, wirtschaftliche und politsche Zentrum von Polen.
Warschau liegt beidseitig der Weichsel, verbunden durch zahlreiche Brücken. Auf den breiten Strassen der Stadt ist ein reger Autoverkehr.
In Warschau herrscht immer noch ein Bauboom, es entstehen zahlreiche moderne Gebäude und Wolkenkratzer. Aber es gibt auch Plattenbauviertel und monumentale Gebäude stalinistischer Architektur.
Im 2. Weltkrieg gab es speziell in dieser Stadt schweres Leid: die polnische Bevölkerung wurde von den Nazis unterdrückt, die Juden kamen zuerst ins Ghetto oder wurden - wie auch zahlreiche polnische Intellektuelle - sofort in Auschwitz ermordet.
Besonders nach dem Warschauer Aufstand am 1. August 1944 wurde die Stadt zu 90% systematisch von den Nazis zerstört
Der Wiederaufbau war eine Meisterleistung, und Warschau ist heute das wichtigste Handels- und Wirtschaftszentrum in Mittel- und Osteuropa.

Downtown

Downtown

Das "neue" Warschau

Das "neue" Warschau

Kultur- und Wissenschafts-Palast

Im Zentrum der Stadt dominiert eindeutig das 230 m Gebäude "Kultur- und Wissenschaftspalast", trotz vieler Wolkenkratzer ringsum immer noch das höchste Haus in Polen mit 42 Etagen, 3288 Räumen und fast 900.000 Kubikmeter umbautem Raum .
Das monströse Gebäude - 1955 fertiggestellt - war ein offizielles Geschenk Stalins und der Sowjetunion an das polnische Volk. Aber die Polen sahen es eher als ungeliebtes Machtsymbol der Russen für fast 45 Jahre Unterdrückung und nannten es "Stalinstachel". Heutzutage gilt dieses Gebäude trotzdem als Wahrzeichen der Stadt.
Im Kulturpalast befinden sich Touristeninformation, Theater, Kinos, Ausstellungsräume und das Technikmuseum.
Im 30. Stockwerk ist eine Aussichtsplattform, von wo man bei gutem Wetter eine schöne Sicht auf Warschau hat. Seit dem Jahr 2000 hat das Gebäude die weltweit höchste Turmuhr, die Zeiger sind ca. 6 m lang.
Gegenüber befindet sich der Hauptbahnhof der Stadt und daneben unter einer Glaskuppel das neue Einkaufszentrum "Goldene Terrassen" mit 239 Geschäften, darunter alle weltweit bekannten Labels.

Kultur- und Wissenschaftspalast

Kultur- und Wissenschaftspalast

Die Altstadt (Stare Miasto)

"Stare Miasto" ist der älteste Stadtteil aus dem 13. Jahrhundert und die wichtigste Sehenswürdigkeit von Warschau. Hier wohnten die reichsten Bürger, weil ihnen durch die Stadtmauer Schutz geboten wurde.
Die Altstadt wurde im 2. Weltkrieg zu 90% zerstört, die meisten Gebäude sind rekonstruiert, der Aufbau dauerte viele Jahrzehnte (seit 1980 Unesco Weltkulturerbe).

Am Marktplatz (Rynek)

Am Marktplatz (Rynek)

Es ist zwar ein langer Weg vom Hotel in die Altstadt, aber da das Wetter so schön war, entschlossen wir uns, zu Fuss dahin zu laufen.
Nachdem wir den "unvermeidlichen" Kultur- und Wissenschaftspalast passiert hatten, gelangten wir in die "Nowy Swiat", die Warschauer Flaniermeile mit Restaurants und Geschäften - voller Leben mit vielen Passanten. Dort assen wir dann auch in einem kleinen Restaurant unsere ersten "Pierogi".
Die "Nowy Swiat" geht über in die "Krakowskie Przedmiescie", an dieser Strasse ist auch der Eingang zur Universität.
Die 1816 gegründete Universität besteht allerdings heutzutage aus vielen Gebäuden, denn sie ist die grösste Bildungseinrichtung in Polen mit ca. 260.000 Studenten.
Eines der vielen Universitätsgebäude ist der ehemalige Potkanski Palast.

Eingang zur Universität

Eingang zur Universität

Gebäude der Universität

Gebäude der Universität

Ebenfalls an dieser Strasse befindet sich die St. Josephs-Kirche, die Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut wurde.

St. Joseph-Kirche

St. Joseph-Kirche

An der "Krakowski Przedmiescie" befindet sich auch der Präsidenten-Palast (seit 1994). Dieses prächtige Bauwerk wird auch "Palais Radziwill" genannt, nach einem der Besitzer dieses Gebäude. Der Baubeginn war 1643, aber es wurde häufig umgebaut. Der Palast blieb lange in Privatbesitz.
Das Reiterstandbild davor zeigt den Fürsten Jozef Poniatowski (1763-1813), Oberbefehlshaber der polnischen Armee und Marschall von Frankreich, der sich speziell für die polnische Unabhängigkeit einsetzte.

Präsidentenpalast

Präsidentenpalast

Warschau hat besonders viele Denkmäler, an dieser Strasse sieht man u.a. auch das Denkmal für den polnischen Dichter der Romantik Adam Mickiewicz.

Denkmal Adam Mickiewicz

Denkmal Adam Mickiewicz

Ein bekanntes Gebäude ist das 1900 erbaute Hotel Bristol, schon immer ein Treffpunkt wichtiger Gäste in der Hauptstadt.

Hotel Bristol

Hotel Bristol

Königsschloss

Dann endlich kommt man auf den Schlossplatz (Plac Zamkowy) mit der 22 m hohen Sigismund-Säule. König Sigismund hat sich besonders dafür eingesetzt, dass Warschau Hauptstadt von Polen wurde.
Das Königsschloss (Zamek Królewski) war seit Ende des 16. Jahrhunderts der offizielle Sitz der polnischen Könige. Auch das Schloss mit seiner schlichten Fassade wurde nach den schweren Beschädigungen während des 2. Weltkriegs mit Spenden der Bevölkerung wieder aufgebaut.
Im Inneren sind das Marmorzimmer und der Senatorensaal die schönsten Räumlichkeiten.

Königsschloss

Königsschloss

Königgschloss

Königgschloss

m Schlossgarten hatten wir die Möglichkeit, wenigstens von weitem einen Blick auf die Weichsel zu werfen.

Blick auf die Weichsel

Blick auf die Weichsel

Königsschloss

Königsschloss

In den engen Altstadtgassen und vor allem auf dem Marktplatz (Rynek Starego Miasta) tummeln sich natürlich sehr viele Touristen, die meisten in Gruppen mit einem Führer, und es wird in allen Sprachen parliert. Rund um den Marktplatz gibt es zahlreiche Restaurants und Cafés. Mitten auf dem Platz befindet sich eine bronzene Skulptur mit Warschauer Stadtwappen - leider unmöglich sie zu fotografieren, man würde nur Menschen sehen...
Dieser Platz bildete vom 13. bis 19. Jahrhundert den Mittelpunkt des städtischen Lebens. Die völlig zerstörten Bürgerhäuser mit ihren dreifenstrigen Fassaden, Giebeldächern und buntem Mauerschmuck wurden in den 1950er Jahren stilgetreu wiederaufgebaut.

Altstadthaus

Altstadthaus

Altstadtgasse

Altstadtgasse

Witam Zapraszamyda

Witam Zapraszamyda

Hop-on-Hop-off-Bus

Ein Hop-on-hop-off-Bus ist normalerweise eine gute Gelegenheit, eine Stadt kennenzulernen. Man kann aussteigen, um sich eine Sehenswürdigkeit näher anzusehen, und mit dem nächsten Bus geht es weiter.
In Warschau ist es leider ein bisschen anders, denn die Hop-on-Hop-off-Busse fahren nur stündlich, dann sind sie - wegen Verkehrsaufkommen - nicht sehr pünktlich. Also müsste man eine Stunde für einen Stopp einplanen - ein Tag würde also kaum ausreichen.
Also blieb uns nichts anderes übrig, als diesen Bus für eine Stadtrundfahrt ohne aussteigen zu benutzen, um wenigstens einen Überblick über die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten zu bekommen - und so gut wie möglich ein paar Bilder (durch die Busscheibe) zu machen. Das Wetter war an diesem Morgen nicht so "berauschend", daher haben wir den vorgesehen Besuch in den Wilanow und Lazienki Parks auch aufgegeben, und dafür diese Stadtrundfahrt gemacht.

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Kurz nachdem wir den Bus bestiegen hatten, fiel uns bald einmal ein Markt auf - einer von vielen. Wie ich aus dem Busfenster sehen konnte, wurden vor allem die bekannten polnischen Wurstwaren präsentiert. Viele Menschen machen ihren Einkauf auf diesen Kleinmärkten, die in der ganzen Stadt verteilt sind.

Einer der vielen Märkte

Einer der vielen Märkte

Der Bus fuhr vorbei an der Alexanderkirche, erbaut 1818-25 nach dem Vorbild des römischen Pantheons. Für den Besuch von Zar Alexander I. wegen des neu gegründeten Königsreich Polen wurde dieser Kirchenbau realisiert.

Alexander-Kirche

Alexander-Kirche

Der Wisniowiecki Palast am Bankowy Platz wurde von 1825-1830 im italienischen Renaissanacestil erbaut und war lange Jahre in Privatbesitz. Heute befindet sich dort die Stadtverwaltung und der Amtssitz des Oberbürgermeisters.

Wisniowiecki Palast

Wisniowiecki Palast

Im Bus kamen wir auch an der Altstadt vorbei, die wir so aus einer andern Perspektive sehen konnten. Beeindruckend ist die Altstadtmauer, deren Baubeginn im 14. Jahrhundert sich über 200 Jahre hinzog, und wovon ein grosser Teil den 2. Weltkrieg überdauert hat.

Altstadtmauer

Altstadtmauer

Altstadtmauer

Altstadtmauer

Der Bus fuhr vorbei am Präsidentenpalast, lange Jahre Privatbesitz. Seit 1994 ist es der offizielle Sitz des polnischen Präsidenten.

Präsidentenpalast

Präsidentenpalast

Auch vom Bus aus konnten wir nochmals den schönen Eingang der Universität sehen.

Eingang zur Universität

Eingang zur Universität

Das ehemalige Warschauer Ghetto

Beim Einmarsch der Nazi-Wehrmacht im 2. Weltkrieg lebten ca. 350.000 Juden in Warschau, das war ein Drittel der Bevölkerung, und zwar westlich der Alt- und Neustadt. Dieser Bereich bildete später das Ghetto, als alle Juden hierher umsiedeln mussten. Im November 1944 wurde eine Mauer errichtet, und das Ghetto somit vom restlichen Teil der Stadt abgeriegelt. Fast eine halbe Million Menschen mussten unter schrecklichen Lebensbedingungen (Seuchen, Epidemien, Hunger, Willkür) hier leben.
Ab 1942 wurden die meisten Bewohner vom Umschlagplatz (hier entstand 1988 eine Gedenkmauer) in eines der Konzentrationslager gebracht.
Das Denkmal der Ghetto-Helden wurde am 5. Jahrestag des Aufstandes der Juden im Warschauer Ghetto im April 1948 enthüllt. Hier fand auch der Kniefall von Willy Brandt anlässlich seines Polenbesuchs im Dezember 1970 statt.
Daneben befindet sich das Museum der Geschichte der polnischen Juden.

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Denkmal "Warschauer Aufstand"

Denkmal "Warschauer Aufstand"

Auch am Denkmal für den "Warschauer Aufstand von 1944" fuhren wir vorbei.
Nachdem der Bus die neue grosse Shopping Mall "Arkadia" passiert hatte, kamen wir auch vorbei am seit 200 Jahre bestehenden ältesten katholischen Friedhof "Cmentarz Powazkowski", wo einige der berühmtesten Polen ruhen, und anschliessend am Jüdischen Friedhof von 1806. Hier befinden sich auf ca. 33 ha Fläche ca. 200.000 Gräber, Dieser Friedhof wurde im 2. Weltkrieg kaum beschädigt.

Denkmal "Ghetto-Helden"

Denkmal "Ghetto-Helden"

Das Denkmal der im Osten Gefallenen und Ermordeten, für verschleppte Polen in Zwangslager von Sibirien und die Opfer von Katyn wurde 1995 errichtet.

Denkmal der Verschleppten und Ermordeten

Denkmal der Verschleppten und Ermordeten

Schlussendlich fuhr der Bus uns zurück ins Zentrum, wo wir von weitem schon durch die Scheiben den modernen Büroturm und den Palast der Kultur und Wissenschaften in "trauter Eintracht" sahen. Dieses Nebeneinander ist typisch für Warschau - viele alte Gebäude wurden originalgetreu nachgebaut, aber man vergass dabei nicht die Zukunft.

Alt und neu

Alt und neu

Ja, Warschau, hat uns im Nachhinein positiv überrascht. Es ist eine lebendige Stadt mit vielen jungen Menschen. Und es gibt noch viel mehr zu sehen, wenn ich nur an die interessanten Museen und schönen Parks denke.
Aber unsere Reise ging ja noch weiter - zunächst einmal Richtung Masuren

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Stopover in Dresden und dann nach Breslau (Wrowlac), Warschau (Warszawa), Masuren (Mazury), Elbing (Elblag) und Frauenburg (Frombork), Danzig (Gdansk) und Ostseeküste
Details:
Aufbruch: 30.08.2015
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 20.09.2015
Reiseziele: Deutschland
Polen
Der Autor
 
Inge Waehlisch Soltau berichtet seit 5 Jahren auf umdiewelt.