Albanien 2019 - Roadtrip durch ein kaum bekanntes Fleckchen Europas

Reisezeit: Juli 2019  |  von Nick H.

Von Vlora nach Saranda

Auf die heutige Autofahrt freue ich mich besonders! Wir nehmen nämlich nicht den wohl schnellsten Weg nach Saranda (über die E853), sondern bleiben mit der SH8 direkt an der Küste.

Dies ist auch sinnvoll, da unser erster Stopp - Gjipe Beach - logischerweise am Meer liegt. Nahe dem Aussichtspunkt "Panorama Llogara" halten wir inmitten der Serpentinen auf dem Pass und bestaunen den fantastischen Ausblick Richtung Süden und Meer. Ungefähr ab hier spricht man von der "albanischen Riviera" und die Küste könnte für meinen Geschmack kaum noch schöner werden! Kurz finden wir einen Geocache in einem Bunker (das Hobby eines mitgereisten Freundes) und schon geht es weiter.

Gjipe Beach kann man nicht direkt mit dem Auto erreichen. Zunächst muss man von der SH8 abfahren und die letzten paar Kilometer auf einem seeehr schmalen Weg bis zu einem Parkplatz bewältigen. Kurz frage ich mich, wie das hier funktionieren soll, wenn erst einmal das fünf- oder zehnfache an Touristen kommt. Aber für den Moment bin ich einfach dankbar, nicht selbst auf der einspurigen Straße fahren zu müssen und kaum Gegenverkehr zu haben.

Vom Parkplatz sind es dann noch circa 30 Minuten zu Fuß, bis man am Strand ist. Wir biegen schließlich um die letzte Ecke des Weges und blicken auf eine traumhaft schöne Bucht! Die Strapazen (auch 30min können bei 35° anstrengend sein) sind sofort vergessen! Unten erwartet uns kein weißer Sandstrand, sondern sehr feiner Kies. Ich finde das perfekt! Einerseits ist es nicht so hart wie größere Kieselsteine, andererseits klebt einem kein Sand in jeder Ritze.

Es gibt genug freie Liegen und wir wählen sechs nebeneinander stehende Exemplare samt Schirmen. "So teuer wird das in Albanien schon nicht sein", denken wir und schauen uns nach einer zuständigen Person um. Tja, was an einem italienischen Strand undenkbar wäre, ist hier offensichtlich Realität: Man muss nichts für eine Liege zahlen (lediglich eine sehr geringe Parkgebühr auf dem Parkplatz für das Auto).
Wir hören Musik, holen Schlaf nach, Klettern und Schwimmen, bevor wir alle gemeinsam noch den angrenzenden "Canyon of Gjipe" erkunden. Auch dieser ist mit seinen Steilwänden landschaftlich sehr lohnenswert!

Gjipe Beach - Absolute Empfehlung!!

Gjipe Beach

Gjipe Beach

Gjipe Beach

Gjipe Beach

Gjipe Beach

Gjipe Beach

Canyon of Gjipe

Canyon of Gjipe

Die weitere Strecke gen Süden bleibt ähnlich beeindruckend. Wir halten kurz an der Burg von Porto Palermo. Sie liegt auf einer vorgelagerten Halbinsel und ist wahrscheinlich einen Besuch wert. Aber für uns geht es nach ein paar Fotos direkt weiter nach Butrint! Dort gibt es schließlich noch enorm viel zu sehen und auch unser Tag hat leider nur 24 Stunden.

Burg von Porto Palermo

Burg von Porto Palermo

Butrint ist die wohl wichtigste antike Stätte Albaniens. Sie liegt auf einer Halbinsel zwischen Butrintsee und Vivar-Kanal und hier tummeln sich Bauten aus fast 2500 Jahren - von den alten Griechen bis hin zu Ali Pascha.

Antike Autoren wie Milet (Hekataios) oder Vergil (Aeneis) schrieben über die zu diesem Zeitpunkt reiche und mächtige Stadt. Nach den griechischen Kolonisten folgten Römer, später Kämpfe zwischen Byzantinern, Slawen, Normannen und Anjou und schließlich noch venezianische und osmanische Einflüsse. Diese spannende und wechselhafte Geschichte lässt sich noch heute an den Gebäuden ablesen. 1992 wurde der Ort zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

Eine solche Ausgrabungsstätte wäre in vielen anderen Ländern abgesperrt und abgesichert, sodass man sich auf schmalen Wegen zusammen mit etlichen anderen Touristen quetschen würde. Hier jedoch könnte man theoretisch überall herumturnen, wirkliche Verbote gibt es nicht. Ich denke, auch dies wird sich in den kommenden Jahren noch ändern (müssen). Für den Moment ist es aber natürlich toll, fast ungestört das Areal frei erkunden zu können. Hier noch ein paar Impressionen unseres Besuchs...

Museum von Butrint

Museum von Butrint

Zum Sonnenuntergang machen wir uns durch Ksamil (auch sehr schöner Strand!) auf nach Saranda, wo wir die Nacht verbringen werden. Wir werden erneut Zeuge der albanischen Spontanität, wie folgende Anekdote zeigt...

Unser Hotel liegt direkt an der Promenade, soll aber angeblich einen eigenen Parkplatz für uns haben. Auf der Vorderseite ist jedenfalls definitiv nichts, daher versuchen wir es in der Gasse auf der Rückseite. Auch hier ist alles belegt und auf einen privaten Parkplatz deutet nichts hin. Eine Querstraße weiter finden wir jedoch vor einem Wohnhaus einen freien Platz und stellen unseren - für diese Gasse etwas überdimensionierten - Van ab. Man kann ins Haus blicken. Der dort lebende Mann schaut uns an und kommt direkt heraus. Er meint freundlich, dass er den eigenen Wagen gleich gerne vor seinem Haus abstellen würde. Wir haben Verständnis, aber mit einem riesigen Van und sechs Koffern ist es nicht so einfach, einen anderen passenden Platz zu finden bei engen Gassen mit viel Gefälle und kaum Parkmöglichkeiten.

Mit Händen und Füßen versucht er uns zu erklären, dass sein Wagen in der Querstraße nebenan steht, er ihn jetzt umparken wird und wir dann dort stehen können... Er würde auch solange seinen Roller auf seine alte Parklücke stellen, um den Platz für uns zu reservieren.

Ich solle doch einfach mal bei ihm hinten auf den Roller aufspringen, wir führen rüber in die Nebenstraße. Vor 2-3 Tagen wären hier wahrscheinlich alle Alarmglocken angesprungen, aber jetzt setze ich mich fröhlich hinten auf den Roller, umklammere den fremden, fülligen Mann und schon geht es mit überhöhter Geschwindigkeit um die Ecke - schnell noch ein Auto geschnitten, fast gestorben, aber schließlich klappt alles genauso, wie es uns der Mann versprochen hat. Den Roller sollen wir einfach aus der Parklücke heben und irgendwo daneben stellen. Sowas erlebt man in Deutschland dann doch eher selten.

Wir tauschen also die Plätze, checken ein und verbringen einen netten Abend in Saranda. Auch wenn ich mich mit der folgenden Aussage vielleicht bei dem ein oder anderen unbeliebt mache: Saranda selbst (abgesehen von der Lage am Meer inkl. Ksamil und Butrint) ist für mich jetzt nicht uuuunbedingt einen Besuch wert. Aber vielleicht reichte die kurze Zeit auch nicht aus, um die wirklich lohnenswerten Ecken zu finden.

© Nick H., 2019
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit sechs Mann ging es per selbst organisiertem Roadtrip für neun Tage durch Zentral-, Süd- und Ostalbanien...
Details:
Aufbruch: 05.07.2019
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 14.07.2019
Reiseziele: Albanien
Der Autor
 
Nick H. berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.