Auf dem Landweg nach Tibet und zurück

Reisezeit: Februar - Oktober 2009  |  von Daniel S.

Tehran-Kermanshah-Sanandaj

Mit dem Nachtbus ging es in rund 9 h in die Stadt Kermanshah im Westen des Iran nahe der irakischen Grenze. Ich kam am Morgen gegen 7 Uhr an, und es war relativ frisch als ich den klimatisierten Bus verliess. Mit dem Sammeltaxi ging es zum Meydan Azadi und dort habe ich dann auch sogleich mein erlerntes Farsi ausprobieren koenne. Viel kann ich noch nicht, denn ich hab mich primaer auf das Lesen der Sprache und nicht so sehr auf Grammatik und Vokabular gestuerzt. Aber immerhin tu ich mir wesentlich leichter als noch vor 6 Monaten. Ich hab ein Zimmer bekommen, in dem ich mir zunaechst noch bis rund 10 Uhr ausruhte.
Waehrend ich durch die Stadt bummelte, lernte ich vor der Moschee zwei Maedchen kennen, die mich in einen Park mitnahmen. Wunderbare Dinge geschahen dort. Ein Glaeubiger Gaukler bat die spannend zusehenden Menschen darum, sich vor ihm niederzulegen, um mit einem Koran bewaffnet die Bisse der 5 Schlangen, die er um den Kopf der Leute Kreisen liess abzuwehren. Ob die Schlangen giftig waren oder tatsaechlich beissen koennen weiss ich nicht, aber erstaunlich war es schon, was dieses kleine Buch alles bewirkte - die Schlange schauten genauso wie der Affe im Kaefig eher schlaefrig drein, und eher harmlos als gefaehrlich. Nun ja, das liegt wiederum am Fastenmonat, auch Tiere duerfen nicht essen, oder verstehe ich da etwas falsch ? Ramadhan ist in Kermanshah anders als in Teheran: ich war aeusserst erstaunt, dass sich in einigen Sandwichbuden speisende Gaeste zum Mahl zusammenfanden - das haette ich im Iran nicht erwartet, und auch zum ersten Mal gesehen. Tagh e Bostan, eine Steinmeislerei aus einer Zeit vor Christus (rund 400 Jahre) war eine interessante Sehenswuerdigkeit, die am vergangenen Mittwoch auf meinem Programm stand. Die vielen netten Kurden waren stets gespraechig und gesellig, und so war ich niemals alleine. Touristen habe ich nun seit einem ganzen Monat nicht mehr gesehen, und ich rechne mit dem naechsten fruehestens in der Tuerkei in Goereme wo ich hinreisen moechte.

"Excuse me Mister, I want to bring you to my teacher", so ein freundlicher nicht englisch sprechender Iraner. Es ist lustig, diesen einen Satz konnte er, aber ansonsten nichts. Im IELTS und TOEFL Insitut konnte ich zusammen mit dem Englischlehrer eine Unterrichtsstunde halten, allerdings war es mehr ein Dialog zwischen mir und den englisch lernenden Damen. Es war eine gute Erfahrung. Den Abend verbrachte ich bei schlechtem Kebab und Zitronenbier auf dem Kreisverkehr sitzend ehe ich gegen 11 Uhr muede einschlief. (Ich musste doch auch mal einen konventionellen langweiligen Tag beschreiben, daher die Schlafenszeit).
Am heutigen Mittwoch ging es weiter nach Sanandaj. Dort angekommen sagte ich zum Taxifahrer "Na mikham dar bast" ("Ich will kein Privattaxi"). Er entgegnete mit einem ok und fuhr los. Sein Kollege sagte mir noch "10 cent" und damit war fuer mich der Deal sattelfest. Der Taxifahrer kurvte ewig durch die Stadt, nahm ab und an Kunden mit, stoppte in der Zentrale und erst als ich genervt sagte "Man mikham bokhoram" ("Ich will etwas essen") fuhr er wieder weiter. Zu einem Hotel brachte er mich, und wollte prompt 5 Euro fuer die Fahrt. Ich hatte keine Lust auf lange Diskussionen, gab ihm 50 cent und verschwand. Natuerlich gefiel ihm das nicht, aber ich bin so dreist, dass ich mir nicht alles gefallen lasse. "Excuse me Mister, I want to bring you to my teacher" hoerte ich es hinter mir abermals. Wieder war ich in einer Englischklasse. "Germany is a great country with great history, Hitler didn't attack us because we are also Arians. German is the second most difficult language after English, it has around 1000000 words whereas English has only 5000." Ja, gut dass nur die Besten im Iran unterrichten duerfen, ich halte mich stillschweigend und ueber Hitlersympathien habe ich mich schon lange nicht mehr gewundert. Die ist ein Phaenomen, das sich durch den Subkontinent und den Mitleren Osten zieht - Ja, Hitler ist ein guter Mann gewesen, so maechtig und begabt, dass er die ganze Welt erobern konnte. Wer kennt schon Angela Merkel, Frank Walter Steinmeier, von Adenauer und Kohl ganz zu schweigen - Modern Talking Star Dieter Bohlen ist bekannter als unsere Politiker es jemals sein werden. Natuerlich schwingt ein ueberspitzter Unterton in meinen Worten mit, und es handelt sich lediglich um subjektive Erfahrungen, aber die moechte ich auch ungeschoen uebermitteln.

Wer noch nicht im Iran war, kann sich die Menschen hier schlecht vorstellen: Ist man wo eingeladen, sprechen PAUSENLOS mindestens immer 2 Leute auf einen ein. Ein weiterer zupft am Aermel, wieder ein anderer will dass man ein Photo macht - man kann es also niemandem Recht machen wenn man so will. Mit einer Gruppe von 5 jungen Maennern bin ich ins kurdische Museum gegangen: "Daniel come here, take a picture of this, see this, this is a stone, this is a pipe, this is a jeans, these are people, this is a fountain, this is a mosque - WELL, THIS IS IRAN !!!" Es war nett mit den jungen Maennern zu spazieren, aber kaum brachten sie mich wo hin, wollten sie auch schon wieder dass ich mit ihnen woanders hingehe.Mir macht das alles nichts, ich finde die Leute klasse, ich mache was ich will, photographiere was ich will und geniesse den Rummel und die lachenden Gesichter.
Abends, wie koennte es anders sein, gab es etwas fuer den Iran und den ganzen Mittleren Osten aussergewoehnliches zu essen: Kebab mit Nan - zum ersten Mal auf dieser Reise - moment, oder hatte ich das nicht schon vor 6 Monaten in der Tuerkei, im Iran, in Pakistan, in China, in Kirgistan, in Uzbekistan ? Nein, das muss etwas anderes gewesen sein, denke ich zumindest.
Am Samstag laeuft mein Visum ab, daher werde ich morgen wohl noch hierbleiben, es koennte ein geschichtstraechtiger Tag werden, Musawi koennte inhaftiert werden, so die Geruechtel. Mal sehen was geschieht, ich halte meine liebe Leserschaft auf dem Laufenden und melde mich dann aus dem Irak oder nochmals von hier wieder.

© Daniel S., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich plane eine Reise die mich über den Landweg von Deutschland - Osteuropa - Naher/Mittlerer Osten - Indien bis nach Lhasa führt. Zurück will ich über die ehemaligen Sowjetstaaten reisen und schließlich in der Türkei entscheiden ob es über die Ex-Jugoslawienstaaten oder erneut Osteuropa zurückgehen soll.
Details:
Aufbruch: 14.02.2009
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 15.10.2009
Reiseziele: Deutschland
Tschechische Republik
Polen
Ungarn
Rumänien
Bulgarien
Türkei
Georgien
Armenien
Iran
Pakistan
China
Tibet
Nepal
Indien
Bangladesch
Kirgisistan
Usbekistan
Mazedonien
Albanien
Montenegro
Bosnien und Herzegowina
Der Autor
 
Daniel S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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