Einmal um die ganze Welt...

Reisezeit: Juni 2007 - Dezember 2008  |  von Viviane und Manfred L.

BOLIVIEN I: 06.-07.06.08 Potosi

Die Reise von La Paz nach Potosi gestaltet sich umstaendlicher als erwartet. Es gibt Strassenblockaden auf dem direkten Weg nach Potosi also muessen wir ueber Uyuni fahren. Der erste Teil der Reise ist relativ angenehm aber irgendwann nach Mitternacht wechselt die Strassen-beschaffenheit auf "ripio" und in diesem Fall passt der Name ziemlich gut, denn der ganze Bus vibriert wegen der "Rippen" auf der Fahrbahn. Das Fenster neben mir sitzt nicht sehr gut in der Einfassung und macht einen Hoellenlaerm durch die Vibration. Die Scheiben sind innen und aussen mit einer Eisschicht ueberzogen. Bis Uyuni ist es unmoeglich zu schlafen.
In Uyuni muss der Bus gewechselt werden. Es ist unglaublich kalt in dieser haesslichen, im Nirgendwo gelegenen, Stadt. Wir treffen auf Al den Asien-Religion-Philosophie-Professor, den wir auf der Chacaltaya-Tour in La Paz kennengelernt haben. Er will auch weiter nach Potosi also reisen wir gemeinsam.

Die Strecke zwischen Uyuni und Potosi schlaengelt sich durch Taeler und schoene Landschaften

Die Strecke zwischen Uyuni und Potosi schlaengelt sich durch Taeler und schoene Landschaften

Ohne Reifenpanne gehts allerdings nicht

Ohne Reifenpanne gehts allerdings nicht

Das hier ist der bereits gewechselte "brandneue" Ersatzreifen

Das hier ist der bereits gewechselte "brandneue" Ersatzreifen

Cholita mit anhaenglichem Lama

Cholita mit anhaenglichem Lama

Nach einer weiteren Reifenpanne kommen wir in Potosi an.

Beim Abendessen in Potosi.
v.l.n.r. Andrea(I), Richard(GB), Fred(AUT), Alven(AUS/USA), Vivi(D), Davide(I)

Beim Abendessen in Potosi.
v.l.n.r. Andrea(I), Richard(GB), Fred(AUT), Alven(AUS/USA), Vivi(D), Davide(I)

Potosi wurde 1545 gegruendet und war einst die reichste und groesste Stadt des kompletten amerikanischen Kontinents. Ihre Existenz und den damaligen Reichtum verdankt die Stadt dem Cerro Rico, dem "reichen Berg".

Potosi am Fuss des Cerro Rico

Potosi am Fuss des Cerro Rico

Der Berg war einst voll mit Silberadern und der Abbau schien unerschoepflich, doch heute sind die meisten Adern ausgelaugt und neben dem wenigen, noch vorhandenen Silber wird noch Zink aus dem Berg gefoerdert. Seit einigen Jahren ist es moeglich gefuehrte Touren in Teile der Minen zu machen und angeblich kommt ein Teil der Einnahmen dadurch den Minenarbeitern zugute. Trotz anfaenglicher Skepsis entscheiden wir uns eine Tour mitzumachen.

Anfangs fahren wir auf den "Miners Market". Ein Markt, der vor allem die Minenarbeiter jeden Morgen mit dem noetigsten eindeckt: Einer kraeftigen Mahlzeit, Kokablaettern, Zigaretten, Alkohol, Dynamit etc.

96prozentiger Alkohol wird mit Orangensaft verduennt und so geniessbar gemacht

96prozentiger Alkohol wird mit Orangensaft verduennt und so geniessbar gemacht

Unglaublich aber wahr: Auf dem Markt kann man sich mit Dynamit eindecken, allerdings sind die Dynamitstangen ohne Zuender harmlos, wie uns Julio versichert.

"Eine Coke, Zigaretten und fuenf Stangen Dynamit bitte!"

"Eine Coke, Zigaretten und fuenf Stangen Dynamit bitte!"

Alle Minenarbeiter sind Mitglied einer Cooperative, die ihnen Sozialleistungen wie Krankenversicherung bietet. Es gibt zig verschiedene Cooperativen und jede behandelt ihre Arbeiter auf unterschiedliche Art mit unterschiedlichen sozialen Leistungen und Loehnen.
Die Mine, die wir betreten, gehoert der "Cooperativa Minera 27 de Marzo" an.

Eingang zur Mine

Eingang zur Mine

Die Mine heisst "La Negra". Die dunklen Faerbungen auf dem Schild und um den Hoehleneingang sind von vertrocknetem Lamablut. Jedes Jahr finden Opferungen statt um den "Tio" zu besaenftigen. "Tio" ist die Bezeichnung fuer den Teufel, der den Berg beherrscht und damit er nicht das Blut der Maenner "trinkt", die in den Minen arbeiten, wird ein Lama geopfert und die Eingeweide im Eingangsbereich der Mine vergraben.

La Negra

La Negra

Wir gehen mehr als 300m in den Berg und Julio legt ein ziemliches Tempo vor. Er sagt wir muessen uns beeilen (was in dieser Hoehe 4070m nicht gerade einfach ist), denn sollte uns einer der Wagone auf dieser Strecke der Schienen entgegenkommt koennen wir nicht ausweichen, die Gaenge sind zu schmal und die Wagone haben keine Bremsen!!

Je tiefer wir in den Berg vordringen desto waermer wird es und der Gestank von Schwefel wird immer intensiver. Nachdem wir ueber eine schraege Ebene durch enge Gaenge kriechen stossen wir auf eine Gruppe von Arbeitern.

Die Backen der Arbeiter sind gefuellt mit Cocablaettern. Das Coca verdraengt Muedigkeit, Hunger und Durst und foerdert zudem die Arbeitsbereitschaft.

Ueber einen sehr steilen Schacht foerdern die Maenner Saecke voller Erz in die tiefer liegenden Schaechte. Bevor wir die Mine betreten haben, hat uns Julio einen dieser Saecke heben lassen.....die Saecke sind sauschwer!

Trotz der extrem schweren Arbeit sind die Arbeiter guter Laune und lachen ueber Julios Scherze, vielleicht liegt es auch daran, dass heute Samstag Mittag, kurz vor Wochenende ist!

Trotz der extrem schweren Arbeit sind die Arbeiter guter Laune und lachen ueber Julios Scherze, vielleicht liegt es auch daran, dass heute Samstag Mittag, kurz vor Wochenende ist!

Julio meint, wenn wir wollen koennen wir den Schacht hinaufklettern und uns die Abbaustelle ansehen. Ich klettere mit ihm den sehr steilen Schacht hoch, im Seil sind zum Glueck Knoten, die den Aufstieg erleichtern. Es ist verdammt warm so tief in der Mine und die Waende sind gelb vom Schwefel. Oben angelangt zeigt mir Julio eine Stelle, wo die Arbeiter zur Zeit Silber-Erz abbauen. Mit Scheibtruhen (= Schubkarren zu deutsch, sorry Fred, aber kein Mensch in Deutschland weiss, was eine Scheibtruhe ist )liefern sie das Erz zu dem steilen Schacht, packen es in Saecke und transportieren es in die Tiefe.

Der Schacht von unten gesehen

Der Schacht von unten gesehen

Unten wird das Erz in einen Wagon gepackt und ueber auesserst schlechte Schienen nach draussen geschoben bzw. gebremst.

Die Gaenge sind manchmal sehr schmal

Die Gaenge sind manchmal sehr schmal

Hier eine der Kurven, es sind hier keine Metallschienen sondern Holzstuecke, die den Wagon in der Bahn halten sollen....

Hier eine der Kurven, es sind hier keine Metallschienen sondern Holzstuecke, die den Wagon in der Bahn halten sollen....

.....allerdings funktioniert das Ganze nicht immer und der Wagon steht neben den Schienen. Muehevoll wird der Wagon dann wieder auf die Schienen gehievt.

.....allerdings funktioniert das Ganze nicht immer und der Wagon steht neben den Schienen. Muehevoll wird der Wagon dann wieder auf die Schienen gehievt.

In jeder einzelnen Mine des Cerro Rico gibt es einen Ort, an dem sich die Arbeiter zusammensetzen, um dem "Tio" zu opfern und in zu ehren. Zigaretten, Cocablaetter und Alkohol werden ihm hauptsaechlich geopfert und die Arbeiter haben alle Respekt vor dem Herrscher der Welt unter der Erde.

Jedes Jahr sterben viele Menschen im Cerro Rico und die Arbeiter glauben, wenn jemand den Tio verachtet und ihn nicht ehrt, wird er der naechste sein, der vom Berg verschlungen wird.

Seitdem 1545 mit dem Abbau von Silber begonnen wurde sind in den Minen des Cerro Rico angeblich 8 Millionen Menschen umgekommen!

Tio

Tio


Das Silber des Cerro Rico bescherte der Stadt neben unglaublichem Reichtum auch noch viele Kolonialbauten und beeindruckende Kirchen und Kloester.

Freiheitsstatue am Plaza 10 de Noviembre

Freiheitsstatue am Plaza 10 de Noviembre

Kathedrale

Kathedrale

Torre de la Compania de Jesus

Torre de la Compania de Jesus

Cerro Rico vom Torre

Cerro Rico vom Torre

Casa Nacional de Moneda mit Bacchus, der ueber das Geld wacht. Keine Ahnung was der Gott des Weines dort verloren hat!?

Casa Nacional de Moneda mit Bacchus, der ueber das Geld wacht. Keine Ahnung was der Gott des Weines dort verloren hat!?

Das maechtige Portal der Iglesia de San Lorenzo de Carangas

Das maechtige Portal der Iglesia de San Lorenzo de Carangas

Nachdem wir uns die Kirchen leider nur von aussen betrachten koennen, da diese heute alle verschlossen sind, schliessen wir uns einer sehr interessanten, gefuehrten Tour im "Museo & Convento Santa Teresa" an.

In dieses Kloster durften nur Toechter sehr wohlhabender Familien eintreten und die Familie musste ein Vermoegen dafuer zahlen. Es war immer die zweite Tochter, der dieses "Privileg" im Alter von 15 Jahren zugute kam. Fuer die Karmeliter-Nonnen war es ein Leben voelliger Isolation mit nahezu keinem Kontakt zur Aussenwelt.

Das Fenster rechts oben war fuer die Nonnen gedacht, damit sie die Kirche Santa Teresa bestaunen konnten. Allerdings nur wenn die Kirche menschenleer war, nicht einmal den Priester bekamen die Nonnen zu Gesicht!!

Das Fenster rechts oben war fuer die Nonnen gedacht, damit sie die Kirche Santa Teresa bestaunen konnten. Allerdings nur wenn die Kirche menschenleer war, nicht einmal den Priester bekamen die Nonnen zu Gesicht!!

Im Ess-Saal steht dieser Totenkopf auf einem Teller voller Asche, der daran erinnern soll wie vergaenglich das Leben ist

Im Ess-Saal steht dieser Totenkopf auf einem Teller voller Asche, der daran erinnern soll wie vergaenglich das Leben ist

Unter den Falltueren im Boden befinden sich die Graeber der Nonnen

Unter den Falltueren im Boden befinden sich die Graeber der Nonnen

Das hier stellte den einzigen Kontakt zur Aussenwelt dar. Hinter dem rechten, grossen Fenster durften die Familienmitglieder Platz nehmen und mit ihrer Tochter/Schwester reden. Es waren keine Beruehrungen oder Blickkontakt erlaubt, nur durch eine Drehtuer (links im Bild zu sehen) konnten sie Gegenstaende an die Schwester reichen.

Das hier stellte den einzigen Kontakt zur Aussenwelt dar. Hinter dem rechten, grossen Fenster durften die Familienmitglieder Platz nehmen und mit ihrer Tochter/Schwester reden. Es waren keine Beruehrungen oder Blickkontakt erlaubt, nur durch eine Drehtuer (links im Bild zu sehen) konnten sie Gegenstaende an die Schwester reichen.

Den Schwestern war ausserdem nur zwei Stunden pro Tag genehmigt zu sprechen und ausser religioesen Buechern hatten sie nichts zu lesen. Eine Beschaeftigung, die ihnen eine weiter Moeglichkeit bot in Kontakt mit der Aussenwelt zu treten, war die Herstellung und der Verkauf von Marmelade und Handwerk. Allerdings fand der Verkauf wiederum an einer Drehtuer statt, die keinen Blickkontakt ermoeglichte.
Halleluja!!

Infolge des Zweite Vatikanischen Konzils zwischen 1962-65 kam es u.a. zu einer grundsaetzlichen, zeitgemaessen Reformation und Neugestaltung des Ordenslebens, was vorallem eine Lockerung der strikten Abgeschiedenheit der Nonnen zufolge hatte. Heute lebt nur eine geringe Anzahl von Karmeliter Nonnen in einem nicht zum Besuch freigestellten Bereich des Klosters.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reiseroute im Überblick: China-Philippinen-Australien-Neuseeland-Argentinien-Chile-Paraguay-Bolivien-Peru-Ecuador-Deutschland-Indien-Nepal
Details:
Aufbruch: 18.06.2007
Dauer: 18 Monate
Heimkehr: 17.12.2008
Reiseziele: China
Lijiang
Kunming
Hongkong
Philippinen
Australien
Neuseeland
Argentinien
Chile
Brasilien
Paraguay
Paraguay
Bolivien
Peru
Ecuador
Indien
Nepal
Der Autor
 
Viviane und Manfred L. berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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