Peru erwartet uns

Reisezeit: August / September 2011  |  von Beatrice Feldbauer

Höhenkoller

Nach dem Frühstück, für das wir wieder den kleinen Hotelhof benützen, verlassen wir Arequipa. Heute begleitet uns Ute, eine Deutsche, die schon ein paar Jahre hier in Peru als Reiseleiterin arbeitet. Sie erzählt uns über die Aussenquartiere durch die wir die Stadt verlassen. Die Leute kommen aus dem Gebirge auf der Suche nach Abeit und Verdienst. Sie stecken in den Aussenbezirken ein Stück Land ab und fangen an, ein Haus zu bauen. Verwendet wird vor allem der weisse Vulkantuff, der der Stadt den Zunamen 'die Weisse' gegeben hat. Die Bauten sind illegal, haben weder Wasser noch Abwasser. Nach ein paar Jahren, wenn sich eigentliche Quartiere gebildet haben, wird die Wasserversorgung gezogen und die Gebäude legalisiert.

"Vor 20 Jahren war das noch alles Ödland", erzählt Ute und wir sehen staunend die Strassen, die niedrigen gemauerten Häuser, wo die Armierungseisen noch aus dem Stein ragen und manchmal entdeckt man sogar einen kleinen Garten, ein paar Blumen in einem Topf. Wenn wieder Geld da ist, wird das Häuschen weitergebaut, ein zweiter Stock wird gebaut, ein neues Zimmer aufgestockt. Vielleicht heiratet ein Sohn, eine Tochter. Man wohnt in der Grossfamilie, anders könnte man sich den Lebensunterhalt gar nicht leisten. Wer genügend Geld hat, kauft ein Wellblechdach, andere verwenden Stroh als Hausbedeckung.
Die Namen der Quartiere zeigen die mit welchen Gefühlen die Menschen hierher kommen. Esperanza, Hoffnung, Stadt der Wunder sind nur einige Namen.

Bald haben wir die Aussenquartiere hinter uns gelassen. Die Strasse steigt an. Arequipa liegt auf 2300 Meter, aber wir steigen jetzt ziemlich stark an. Die Vegetation ändert sich, es gibt keine Felder mehr. Nur noch Steine, niedrige Büsche und hohe Säulenkaktusse. Sie sind im Begriff zu blühen, an einigen können wir gelbe Blüten erkennen. Die Früchte wird man essen können. Es sind zwar nicht die bekannten Kaktusfeigen, aber die Frucht sei schmackhaft, versichert uns Ute.

die ersten Vicunos

die ersten Vicunos

Nach einem kurzen Fotohalt, bei dem wir uns alle auf die gleiche Blüte stürzen, steigen wir weiter an.

"Da! Ein Vicuno!" Vier Vicunos weiden neben der Strasse im kargen Gras und zeigen an, dass wir auf 4000 Meter angekommen sind. Wie klein sie sind, und wie fein. Hellbraunes feines Rückenfell und eine helle weisse Bauch und Brustpartie. Natürlich muss wieder sofort gestoppt werden, damit wir versuchen können eine tolle Foto zu schiessen. Leider ist meine Kamera immer noch kurzsichtig.

Es sind nicht die einzigen Vicunos die wir sehen und immer wieder brauchen wir einen kurzen Halt. Ute achtet ganz genau darauf, dass wir ihnen nicht zu nahe kommen, dass wir nicht zu weit von der Strasse weggehen. Höchstens 5 Meter. Die Gegend ist ein Naturreservat und die karge Vegetation ist sehr empfindlich. Noch immer steigen wir an. Wir kommen auf eine weite Hochebene, umrundet von hohen Bergen. Lange noch hat uns der Vulkan Misti begleitet und auch den schneebedeckten Chachani mit seinen über 6000 Metern sehen wir noch eine ganze Weile. Wir sind inzwischen auch immer höher gekommen und beim nächsten Halt auf 4500 spüren wir alle die Höhe. Ich fühle mich irgendwie etwas schwindlig, so als ob ich ein Glas Wein zu viel getrunken hätte. Und schwach in den Beinen. Jedenfalls gehe ich die paar Stufen, die zum einfachen Restaurant führen langsam an. Es gibt Cocatee. Während wir unseren aromatischen Tee trinken, der mit zwei Kräutern angereichert ist, schleicht sich eine Katze an. Frech legt sie sich auf den Tisch zwischen die Tassen. Es nutzt nichts, dass Ruth und Lotti sie immer wieder hinunterscheuchen, sie kommt immer wieder. Inzwischen wird sie gefüttert mit Kartoffelchips, die wir auf einem Gestell entdeckt haben.

Bevor wir weiter fahren, kauft Ruth ein Plastiksäcklein mit Coca Blättern. Ute erzählt, wie man die richtig anwendet. Man kaut sie sanft, formt eine kleine Kugel, die man sich in die Backe stecken kann. Dann nimmt man eine winzig kleine Prise von einem Kügelchen Spezial-Asche, die ebenfalls mit den Cocablättern verkauft wird und erst durch die chemische Reaktion dieser beiden Substanzen, lösen sich die Ingredienzen, die bei Höhenproblemen helfen.

Diese Katze lässt sich nicht vertreiben

Diese Katze lässt sich nicht vertreiben

So fahren wir Cocablätter kauend weiter. Der Handel von Cocablättern ist frei, aber es dürfen keine Blätter ausgeführt werden, da sie als Droge gelten. Beim nächsten Halt haben wir den höchsten Punkt unserer Reise erreicht. Wir sind auf unglaublichen 4925 m. Jetzt ist die Luft wirklich dünn, meine Beine sind schwach, nur nicht zu weit weglaufen. Bei den Händlerinnen, die hier ihre Handarbeiten verkaufen bleibe ich stehen und kaufe einen weichen Schal aus Alpakawolle.

Bald geht die Fahrt weiter. Wir fahren durch einen alten Vulkankrater und sehen bald tief unten im Talkessel unser heutiges Ziel: Chivay.

Hier kehren wir in einem typischen -Touristenrestaurant ein. Am reichhaltigen Buffet bedienen wir uns an den verschiedensten Speisen. Es gibt feine Suppen, verschiedene Salate, gefülltes Gemüse, Pasta, Hühnchen, Alpakafleisch mit Knoblauch und ein wunderbares Gemüsesoufflee. Zum Dessert Schokoladekuchen und, Orangencreme und frische Früchte. Dazu spielt eine Gruppe junger Musiker. Nach dem späten Mittagessen kommen wir zum Hotel. Was für eine Überraschung, jedes Zimmer ist eine eigenes Häuschen fast wie gestern im Kloster ist das Hotel ein kleines Dörfchen mit Vorgärtchen und einem kleinen Dorfplatz.

Abends im Thermalbad

Abends im Thermalbad

Ueberall ist Musik dabei. Mittag- und Nachtessen

Ueberall ist Musik dabei. Mittag- und Nachtessen

Viel Zeit bleibt uns nicht, zum Entspannen, um fünf besammeln wir uns bei der Rezeption. Die nächste Überraschung steht an. Es gibt hier ein Thermalbad und das steuern wir jetzt an. Was für eine Wohltat, nach dem langen Tag im Bus. Wir tauchen ein ins heisse Wasser geniessen einen Ananasdrink und nachdem ich in der kleinen Hütte nebenan eine junge Masseurin entdeckt habe, gönne ich mir eine entspannende Massage. Als wir das Bad verlassen, ist es dunkel geworden und über uns erstrahlt der Halbmond. Er liegt am Himmel. Wenn wir nicht vor ein paar Tagen noch die Sichel gesehen hätten, könnte ich nicht entscheiden, ob er zu- oder abnehmend sei. Das bringt uns zum nächsten Programmpunkt. Im Hotel gibt es ein Observatorium. Nach dem kleinen Nachtessen erklärt uns David die Sternbilder der südlichen Erdkugel. Leider hat sich der Himmel inzwischen stark mit Wolken bedeckt, so dass es nur noch für einen kurzen Blick zum Mond reicht. Bevor auch der von den Wolken verschlungen wird entdecken wir die Mondkrater.

im Planetarium des Hotels

im Planetarium des Hotels

David ist untröstlich, dass er uns nicht mehr zeigen konnte, wir aber finden, dasss wir heute wieder einen Tag voller neuer Eindrücke erlebt haben und daher auf die Sterne für einmal verzichten können.

Es ist neun Uhr, als ich mein kleines Häuschen betrete und da erlebe ich die letzte Überraschung des Tages. In meinem Bett liegt eine heisse Bettflasche. Wie aufmerksam vom Hotel. Es ist bestimmt Jahre her, das ich eine Bettflasche hatte, aber heute geniesse ich sie, draussen ist es nämlich ziemlich kalt geworden, immerhin sind wir auf 3600 Meter Höhe
Das Internet ist so langsam, das ich heute darauf verzichte, meinen Bericht aufzuladen. Man wird bis morgen warten müssen.

Versöhnung mit der Reiseleitung

Versöhnung mit der Reiseleitung

Nach seinem nächtlichen Abenteuer gab es eine Aussprache mit Mr. Woodman. Ich versprach ihm, dass er in Zukunft vermehrt auf Ausflüge mitkommen könne und er wollte dafür nachts nicht mehr ausrücken. Er schien übrigens der einzige, der auf über 4000 m gar keine Probleme hatte. Übernachtet hat er in der Garderobe, ohne Bettflasche.

Mr. Woodmans Schlafplatz

Mr. Woodmans Schlafplatz

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich bin so begeistert von Peru, dass ich am liebsten all meine Freunde und Bekannten mitnehmen würde. Morgen starte ich mit sechs Leuten. Wir werden alle Höhepunkte dieses faszinierenden Landes besuchen und ganz am Schluss noch ein paar Tage in meiner Lodge am Amazonas verbringen.
Details:
Aufbruch: 30.08.2011
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 25.09.2011
Reiseziele: Peru
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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