Beluga geht durchs Nadelöhr 2

Reisezeit: Mai - Oktober 2004  |  von Doris Sutter

Sonnenküste

04.7. Baltschick

Ausklarieren aus Rumänien kostet uns wieder zwei Stunden. Immer noch haben wir uns nicht an die Balkanzeit gewöhnt. Ein Tag Ruhepause war zu wenig. Obwohl der Wind eingeschlafen ist, dann gedreht hat und nun ein leichter Nordwind Stärke 1-2 weht, steht immer noch kräftig Dünung und darauf mächtige Kreuzseen im Meer. Entsprechend kappelig ist unsere Fahrt. Weiß schäumen die Bugwellen und hinter uns ziehen wir eine schnurgerade Spur aus Schaum durch das schwarze Wasser. Lange Zeit begleiten uns nur Sandstrände, werden abgelöst von eindrucksvollen, zerklüfteten Steilhängen von rostrot bis weiß mit mannshoch ausgewaschenen Grotten. Wir umrunden das 50 m hohe Kap Kaliakra. Jetzt haben wir die Wellen von hinten und auch der stärker gewordene Wind, ca. 4 Bft. kann uns nichts anhaben. Dann kommen die 110 m hohen Felsen des Kap Tschirakman mit der kleinen Stadt Baltschick in Sicht. Der Ort schmiegt sich malerisch wie ein antikes Amphitheater über die Terrassen weißer Kalksteinfelsen in die Bucht.

Hafen von Baltschick

Hafen von Baltschick

Portcontrol Baltschick dirigiert uns zum Cargo-Terminal. Hier kommen Fremdenpolzei, Zoll und Hafenkapitän an Bord. Einmalig sollen wir 20 $ bezahlen um eine Bewilligung zum Besuch sämtlicher Häfen in Bulgarien zu bekommen. Dollar werden aber abgelehnt. Am nächsten Morgen sollen wir den Betrag in Leva im Hafenbüro entrichten. Nicht vor 9 versteht sich!
Auch hier Balkanzeit.

Hier sind lediglich 3 Crew-Listen fällig und eine handschriftliche Bestätigung, dass wir außer den aufgeführten Personen niemand dabei haben, nicht mehr als 2.100 Euro und keine Rauschmittel mitführen. Können sie alles haben. Kontrollieren tut es keiner.
Ein richtiger Jachthafen ist angegliedert. Hier wird, wie eigentlich überall im Mittelmeer, römisch-katholisch angelegt. Hinten an einer Boje, der Bug an der Mole oder umgekehrt.
Wir haben Glück, bekommen längsseits einen Platz an der Hafenmole.
Der Hafenkapitän persönlich setzt sich ein, dass uns am heiligen Sonntag noch Sprit gebracht wird und jeder warnt uns, nur auf der Straße kein Geld zu wechseln.

Tankwagen auf bulgarisch

Tankwagen auf bulgarisch

05.7. Nessebar

Immer noch steht alte Dünung im Meer, darauf Kreuzseen. Doch es hat wenig Wind, so dass wir die Gunst der Stunde nutzen und uns ohne Probleme bis Nessebar durchschlagen.
Es gibt hier einen kleinen Seglerhafen, der allerdings vollständig belegt ist. Wir liegen an der Außenmole dem Schwell voll ausgesetzt, verlegen später an den Stadtkai, doch auch hier liegen wir überaus unruhig. Leider ist der alte Ortskern des Ortes sehr touristisch umfunktioniert. Man könnte sich auch in Mallorca Arsenal befinden. Hier beginnt die bulgarische Riviera. Niemand nimmt von uns Notiz.

Nessebar mit einem typischen Schwarzmeerhaus

Nessebar mit einem typischen Schwarzmeerhaus

06.7. Burgas

Die kurze Fahrt nach Burgas gestaltet sich gleich schwankend wie unsere bisherigen Farten auf dem Schwarzen Meer. Die Dünung hat wieder zugenommen, scheinbar war irgendwo ein Gewittersturm. Der Geräteträger ist in diesen unruhigen Zeiten mein einziger Halt.

Auch hier einchecken anfänglich kein Problem. Über Kanal 16 kontaktieren wir Portcontrol Burgas, werden auf den Hafenkanal 11 umgleitet und an einen friedlosen Platz am Kai zwischen große Seeschiffe dirigiert.
Burgas ist der letzte Hafen in Bulgarien, den wir anlaufen. Hier müssen wir wieder ausklarieren.

Leider ist es nicht so einfach wie es ursprünglich ausgesehen hat. Ein Verantwortlicher kommt sofort an Bord, nimmt unsere Papiere mit. Wir sollen sie um 17 Uhr wieder abholen. Den unruhigen Platz hinter einem Frachter müssen wir wieder räumen, weil dieser von einem Schlepper aus dem Hafen gezogen wird. Im Vorhafen ist ein kleiner Segelhafen. Hier versuchen wir unser Glück. Die kleinen Segler liegen vor Bojen. Wir könnten an einer Mole festmachen, die allerdings unten mehrere Meter unterspült und hohl ist. Die einströmende Dünung schießt darunter und kommt anschließend mit einem lauten Fauchen wie ein Geysir 4 m hoch darunter vorgezischt. Wir legen wieder ab, versuchen unser Glück erneut im Handelshafen. Auch hier wirft uns der Schwell 1 bis 2 m am Kai auf und ab. Sogar ein Haltetau reißt uns und die Fender sind schwarz vor lauter Teer, der sich auch am Boot abrollt.

Wir harren aus bis 17 Uhr. Doch unsere Papiere sind nicht fertig. Da explodiert Manfred. Beschwert sich lautstark und verlangt sofort abgefertigt zu werden.

Er soll wieder an Bord gehen, die Beamten kämen zu uns. Es dauert auch wirklich nicht lange, bis ein völlig aufgelöster und schwitzender Hafenkapitän an Bord kommt und uns das Certificate of clearence ausstellt. Ein Polizist holt unsere Pässe zum Stempeln. Dann kommen zwei weitere Polizisten und eine Polizistin. Sie wollen nicht an Bord kommen, als sie sehen wie das Boot an der Mauer auf und ab tobt.
Mittlerweile ist es 19 Uhr. Wir sollen den Hafen sofort verlassen, wenn wir unsere gestempelten Pässe zurückhaben.
Wir weigern uns strickt in die Nacht und aufs Meer hinauszufahren. Eine längere, lautstarke Diskussion entbrennt. Wir müssen schritlich bestätigen, dass wir das Boot nicht verlasssen, können aber nicht im Handelshafen bleiben, sondern müssen in den Vorhafen zu den Seglern fahren. Unsere Pässe gibt es erst bei der Abfahrt zurück. Die müssen wir dann trotz Ausgehverbot im 3 km entfernten Hafenbüro holen.

Wir legen wieder am Kai mit den Geysiren an. Das Wasser spritzt bis weit über unsere Persenning. Alle Fenster müssen geschlossen werden. Im Boot ist eine Luft zum Schneiden. Außen hat es bis zum Morgen eine dicke Salzkruste angesetzt. Die Seite zur Mole ist rostrot. Auch hier sind wir dem Schwell ausgesetzt. Beluga fährt Aufzug an der Mauer und alle 2 Minuten donnert ein neuer Geysirausbruch über uns hinweg. Die Nacht ist ein Alptraum und hört nicht auf, obwohl Manfred bereits um 5 Uhr aufsteht und unsere Pässe bei der Immigrations-Polizei holt und die Crew-Liste abstempeln lässt. Er lässt den Chef der Hafenpolzei wecken und beschwert sich nochmals über diese Behandlung. Nach einem schnellen abspritzen des Bootes mit Süßwasser legen wir fluchtartig ab und verlassen dieses gastliche Land und diese überaus gastliche Stadt.

Burgas in Bulgarien

Burgas in Bulgarien

© Doris Sutter, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Unsere Bootstour die Donau abwärts findet ihr im ersten Teil. Vom Donaudelta quer durchs Schwarze Meer führt uns unsere Heimreise durch den Bosporus, das Marmarameer, die Dardanellen, quer durch die Ägäis,rund Griechenland, die Straße von Korinth,wie auch die Straße von Messina, die italienische Westküste entlang, an der Cote d'Azur vorbei in die Rhone. Hier folgt der 2. Teil
Details:
Aufbruch: Mai 2004
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: Oktober 2004
Reiseziele: Schwarzes Meer
Bulgarien
Türkei
Griechenland
Straße von Korinth
Ionisches Meer
Italien
Frankreich
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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