Einmal rund um Sardinien

Reisezeit: Juli 2010  |  von Matthes Jansen

9. Tag - Linas-Gebirge und Sinis-Halbinsel

Die Fahrt von der Costa Verde nach Villacidro gestaltet sich völlig unproblematisch, bereits um 10Uhr kommen wir dort an.
Dann rechts die Abzweigung zum Staudamm ("diga"), und schon fängt das Theater an.

Erster Akt: Der Weg vor uns passt nicht zu der Beschreibung im Rother. Ich fragt einen jungen Burschen, der gerade in der Prallen Sonne Stroh für die Rinder aufschichtete. Unheimlich engagiert, aber leider nur wenig verständlich erklärt er mir, dass wir, um zur Baumschule, dem Ausgangspunkt der Wanderung zu kommen, auf diese Straße weiter fahren könnten, nur das verstehe ich (wegen der Gestik), den Rest nicht, aber immerhin. Also ins Auto und weiter. Schnell beginnt die Straße anzusteigen, immer steiler und enger zu werden, und plötzlich eröffnet sich uns der Blick auf den Staudamm - 200-300m UNTER UNS!! Also wieder eine schmale Gasse den Berg herunter, zum Staudamm, endlich.

Zweiter Akt: Die Überquerung des Staudamms an der östlichen Kopfseite ist nicht möglich, wir müssen ihn also komplett!!! umfahren, auf einer Straße, über die wahrscheinlich im Jahr nur eine Hand voll Fahrzeuge fährt. Nach ca. 20 Min. kommen wir auf der anderen Seite des Staudamms an, nun können wir den Weg zur Baumschule suchen, und tatsächlich, gemäße der Rother-Beschreibung besteht kein Zweifel, es muss eine Abzweigung kurz nach der Brücke sein (genau wie beschrieben), kein Vertun möglich.

Dritter Akt: Wir biegen mit unserem Meriva auf die Piste, die sofort in eine Steigung von mindestens 15 Grad übergeht. Das wäre noch nicht so schlimm, aber der Weg ist ein einziges Schlagloch, wenn der Meriva in eines der Löcher mit dem Reifen hineinrutschen sollte wird er unweigerlich aufsetzen, leider ist hier auch kein Platz zum wenden. Nach 100m (ca. 2 Min. Fahrtzeit) kommt eine Stelle, deren Breite genau der Wagenlänge entspricht, hier wenden wir in 4 Zügen und fahren wieder herunter. Frage: Haben die Herren vom Rother-Verlag wirklich auch normale PKW's...oder nicht vielleicht doch Mondfahrzeuge???? Wie kann man so eine Ruckelpiste als Anfahrtsweg angeben, ohne besonderen Zusatz außer "nicht asphaltiert"???

Schlussakt: Direkt hinter der Brücke ist eine (vollgesprayte) Infotafel, die über das Wanderwegenetz im Linas-Gebirge informiert. Weil die Landschaft hier so herrlich ist, entscheiden wir uns einen anderen Wanderweg einzuschlagen, um zu einem der Wasserfälle hier zu gelangen. Nachdem wir in den Weg links hinter der Brücke hineinfahren winkt uns nach 1 km ein Mann zu...er gestikuliert, wir sollten neben ihm den Wagen parken. Ich gehorche, steige aus, frage ihn nach Piscinas Irgas, einem der großen Wasserfälle hier. Aber er ist schon weiter, hat beim vorbeifahren bereits die ausgebreiteten Karten gesehen. Er geht zur Beifahrertür, öffnet sie und macht Daria verständlich, dass er die Karte haben will, die auf ihrem Schoß liegt. Dann breitet er die Straßenkarte auf der Motorhaube seines Fiats aus, und bedeutet mir mit entschiedener Geste mich neben ihn zu stellen. Sodann beginnt eine komplette Erklärung der Wanderroute zu Piscinas Irgas, ich verstehe nur ein paar aus dem Zusammenhang gerissene Vokabeln und Zahlen, ständig irgendwelche Längenangaben. Ich nicke dazu beflissen, traue mich fast nicht zu zeigen, dass ich irgendwas nicht verstehe. Der Man redet immer weiter, laut, irgendwie aggressiv, so als wollte er uns um jeden Preis auf den richtigen Weg schicken. Ist das noch liebreizend oder schon angsteinflößend? Daria beobachtet alles durch die hochgezogene Autoscheibe. Dann passierts, ich sage ihm, dass ich ein Wort nicht verstehe, wiederhole dazu das Wort und zucke mit den Schultern, schüttele den Kopf. JETZT WIRD ER RICHTIG SAUER!! Schreit das Wort einmal, dann noch lauter ein zweites Mal, sein Kopf wird rot: "Liabante!!!"...Die Augen werden zu schmalen Schlitzen..... "LIABANTTEEE!!!!"... zumindest hört es sich für mich so an. Irgendwann sage ich dann, um das Herz des schon älteren Herrn zu schonen mit vorgespielter Verständnis: "Ahhaaa...Liabante". Sein Gesicht hellt sich mit einem Schlag auf, unter seinem Schnäuzer zeigt sich ein Lächeln "Liabante".....! Und dann gehts weiter wie gehabt. Am Ende seines Vortrags tue ich, als hätte ich irgendwas verstanden, lächle, bedanke mich, er lächelt mit hochrotem Kopf zurück! Während wir wegfahren, winkt er. Was für eine Vorstellung.

Tatsächlich hatte er während seines Vortrags gesagt, dass die Wasserfälle momentan kein Wasser führen. Das war für uns Grund genug die Wanderung an den Nagel zu hängen, gibt es etwas unspektakuläreres als Wasserfälle ohne Wasser? Nur hoffen wir beide, während wir den Staudamm wieder in Richtung Villacidro hinter uns lassen, dass der ältere Herr das nicht sieht, er soll nicht denken, dass sein Einsatz vergebens war! War er nämlich wirklich nicht, sowas behält man in Erinnerung, so oder so.

Nach dem Schauspiel im Linasgebirge gehts in Richtung Sinis-Halbinsel weiter. Da der Campingplatz in Putz Idu scheinbar nicht mehr existiert fahren wir zu Is Arrutas, da wir auf der Halbinsel zwei Wanderungen planen, eine im Norden und eine im Süden.

Der Campingplatz Is Arrutas hält sich nun scheinbar für so etwas wie einen Vorreiter in Sachen Umweltschutz (was grundsätzlich eine tolle Sache wäre). Dort bekommt man beim Check-In ein Informationsblatt bezüglich der örtlichen Müllentsorgung, wobei man eine Plastiktüte bekommt für Biomüll ("the first organic-bag is free"), eine für Plastikabfälle ("the first plastic bag is free"), dann gibt es noch eine Tonne für Restmüll und eine für Plastikflaschen, die aber NUR - Achtunger Höhepunkt - nur in fest zugebundenen Plastikbeuteln weggeworfen werde dürfen. Da nur der erste Beutel "free" ist, muss man sich also unter Umständen noch Beutel kaufen, in die man die Plastikflaschen stecken kann, die man wegwerfen will. Ist es vermessen anzunehmen, dass im Umkreis von Is Arrutas keine Mülldeponie den Müll sortiert bzw. auf sortierte Abfälle ausgelegt ist?? Wir bringen in den nächsten Tagen unsere Abfälle jedenfalls immer zu einem der zahlreichen Müllcontainer, die in Strandnähe stehen, das Vorzeigeprojekt von Is Arrutas muss ohne uns auskommen.

Wir suchen uns eine besonders stille Ecke des CP aus, um uns herum ist ein breiter Gürtel nicht belegter Zeltplätze und auch sonst ist auf dem CP IS Arrutas nicht besonders viel los, uns kommt das nur recht.

Abends gehts dann an den Strand, Sonnenuntergang gucken. Eigentlich hatte ich noch schwimmen wollen, angesichts dessen, was das Wasser da aufführt verwerfe ich den Gedanken aber schnell wieder. Es ist ein extrem starker Wind aufgezogen, der das Meer zu mehr als ordentlichen Wellen aufpeitscht. Da das Ufer extrem steil abfällt könnte ich im Zweifel nicht mehr ohne Weiteres herauskommen, daher machen wirs uns einfach auf dem weißen "Reis-Kiesel" bequem und schauen uns das Schauspiel am Himmel an.

© Matthes Jansen, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vom 14.-31.Juli 2010 haben wir per PKW Sardinien bereist bzw. erwandert. Nach Ankunft in Olbia waren die ausgangspunkte für die Wanderungen: Calla Gonone, das Capo Spartivento an der Costa de Sud, die costa Verde, Is Arrutas auf der Sinis-Halbinsel und Algherro.
Details:
Aufbruch: 14.07.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 31.07.2010
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Matthes Jansen berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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