OUT OF THE OFFICE - ON TOUR IN SOUTH AMERICA

Reisezeit: Oktober 2006 - April 2007  |  von Michael S.

(Off)Roadtrip to Mendoza - 2000km

Sonntag, 10. Dezember 2006 Barreal 17:11

"Liebes Tagebuch..." meinte Mario, als ich gerade auf der Veranda unserer abgelegenen Hacienda mein Notebook ausgepackt habe. Es gibt halt schon wieder verdammt viel zu berichten

Schoene Aussicht, liegend auf dem Bett

Schoene Aussicht, liegend auf dem Bett

Obwohl seit meinem letzten "Tagebucheintrag" erst fünf Tage vergangen sind, kommt mir die Zeit aufgrund der zurückgelegten Kilometer, den täglich wechselnden Unterkünften und den vielen Orten, die wir gesehen haben, wieder mal einiges länger vor.

Von Cachi ging es über El Cafayate in das Valle de Tafi, von dort in die Stadt "der argentinischen Unabhängigkeitserklärung" Tucuman und schließlich über La Rioja und San Juan hierher in das abgelegene und ruhige Nest namens Barreal. Nicht zu vergessen, unsere gestrige Tour durch den Nationalpark Ischugualasto, auch bekannt unter dem Namen "Valle de Luna". Mal wieder ein Tal des Mondes also - Nicole und mein Zweites, nach dem in der Atacamawüste! Und trotzdem konnte man wieder einmal eine landschaftlich vollkommen abwechslungsreiche Gegend erkunden. Genau das ist eigentlich das Verblüffende. Natürlich ändert sich nicht alle paar Kilometer die Landschaft, Berge bleiben Berge und Täler bleiben Täler. Nichtsdestotrotz kommt man immer wieder ins Staunen.

Wir 3, auf unserer Tour durch den Nationalpark Ischigualasto

Wir 3, auf unserer Tour durch den Nationalpark Ischigualasto

Sei es ein sich öffnendes Tal nach einer kurvigen Strecke durch die Anden, die endlose Weite einer Straße, die sich rechterhand an den Bergen und linker Hand an der Pampa vorbeizieht, wenn plötzlich schneebedeckte Gipfel vor einem auftauchen, oder wenn weit weg ein Blitz nach dem Anderen am Himmel zappelt...

Unser Offroad-Racer, hier mal auf einer asphaltierten Strasse...

Unser Offroad-Racer, hier mal auf einer asphaltierten Strasse...

Kurios ist übrigens auch, was einem auf so einem Roadtrip alles so begegnet oder passiert. Mitten in der Prärie grasen Pferde, Kühe oder Lamas am Straßenrand, laufen Ziegenherden über den Asphalt, oder es spaziert eine splitternackte Frau durch die Gegend. Keine Sorge, es war nichts fürs Auge

Nicht ganz so natürlich sind die ständigen Polizeistationen, die auf allen gängigen Hauptstraßen stationiert sind. Nicht nur unnatürlich, sondern vor allem unverständlich ist mir jedoch der Sinn und Zweck der ständigen Kontrollen. So schreiben sich die Beamten meistens die Fahrzeug- und Führerscheindaten auf und fragen auch immer fleißig, von wo man kommt und wo man den hin will. Das alles wird dann für jedes Fahrzeug einzeln in einer Liste eingetragen. Was mit dem Daten-Wirrwarr passiert bleibt ein Rätsel.

Vielleicht will man auch einfach nur registrieren, wer lebend am nächsten Stützpunkt ankommt und wer nicht. Denn an dem gemeinen argentinischen Autofahrer ist so mancher deutscher Ex-Formel 1-Weltmeister verloren gegangen. Vollkommen belanglos ist auch die Familie auf der Rückbank, was zählt, ist das Überholmanöver Selbst "Rallye-Stiegler" kommt da manchmal nicht über "Staub schlucken" hinaus.

Eigentlich ist das ja auch alles schön und gut, solange einen die anderen Autos nicht in Gefahr bringen. Als sich aber ein vollbesetzter Fiat in einer unübersichtlichen Rechtskurve knapp an uns vorbeischlängeln wollte, zeigte Mario mit einem kurzen Linkschlenker deutlich an, dass dieses Manöver auf einer geraden Strecke wohl sinnvoller sei. Nebenbei bemerkt, auf den Straßen ist Tempo 80kmh erlaubt und wir fuhren bereits 100kmh. Brav haben wir den aufbrausend aus seinem Fenster schimpfenden Rennfahrer wenig später an uns vorbei gewunken.

Generös und uns völlig im Recht fühlend, fuhren wir dahin - bis zur nächsten Polizeikontrolle. Dort wartete schon ein grauer italienischer Wagen neben einem Beamten auf uns. In äußerst kurzer Zeit versammelte sich ein Pulk Menschen um unser Auto, als ein halbwüchsiger Argentinier, wie Rumpelstilzchen schreiend, vor unserer Windschutzscheibe herumstapfte. Jetzt hatten wir endgültig genug. Ein mit der Situation ziemlich überfordert wirkender Polizist, stand wie eine Randfigur bei den restlichen Schaulustigen und beobachtete das sich entwickelnde "Wortgefecht". Spanische Worte wie aus einem Maschinengewehr geschossen, konterte ich mit meiner verbalen Spielzeugpistole. Es wurde wieder mal deutlich - ich hätte mehr Vokabeln üben sollen... Nicht mal die mir eigentlich geläufigen Begriffe wie "Pendejo, Pajero, oder Hijo de Puta" (Übersetzung bitte selbst nachschlagen) fielen mir ein. Ein ordentliches "Stronzo" hätte eigentlich auch genügt, als sich herausstellte, wir hatten es mit einem ausgewanderten Rennpferd aus dem Ferrari-Stall zu tun.

Vermutlich war es ohnehin besser sich Ausdrücke vor einem Beamten der argentinischen Staatsgewalt zu verkneifen. Nach 10 Minuten verzog sich der Dampfplauderer sowieso und auch wir durften weiterfahren. Leider nur bis zur nächsten Kontrolle. Dort wurden wir erstmal richtig aus dem Verkehr gezogen und durften 3 uniformierten Herren im Wachhäuschen erklären was passiert ist, sowie unsere kompletten Ausweisdaten angeben. Nicole übernahm das Wort und brachte Mario und mich ohne Probleme aus dieser etwas merkwürdigen Situation. Der italienische Argentinier wollte uns wohl bei jeder Polizeikontrolle anschwärzen. Verkehrte Welt, der Böse beklagt sich und die Guten haben den Ärger . . .

Dass er uns letztendlich einen Gefallen getan hat, wird Rumpelstilzchen aber nie erfahren. Die 3 Beamten wiesen uns darauf hin, dass in der vor uns liegenden Stadt ein religiöses Fest stattfindet und es zu erheblichen Stauungen komme. Kurzerhand eskortierte uns einer von ihnen auf einem Motorrad über eine Umgehungsstraße vorbei, und brachte uns wieder auf die richtige Strecke in Richtung La Rioja.

Der hohe Staatsbesuch aus Deutschland wurde eskotiert!

Der hohe Staatsbesuch aus Deutschland wurde eskotiert!

Wer zu letzt lacht, lacht am Besten... Gilt auch in America del Sur Und so sitzen wir nach all der Aufregung gestern, relaxt auf der Veranda und genießen die Natur. Vor uns liegt eine große Wiese, eingerahmt von Pappeln und Trauerweiden (keine Sorge, ich war nicht in der Baumschule, sondern kann einfach nur den Reiseführer lesen) und im Hintergrund liegen die Schneebedeckten Gipfel von bis zu 5800m hohen Bergen. Nur die Wolken passen gerade nicht ganz in Bild... Was stört einen das, wenn man außer trabenden Pferden, ein paar sich jagenden Hunden und Vogelgezwitscher nichts hören kann?

Das ist es wohl auch, was Bernd, einem geschätzten Mittsechziger aus Hamburg vor 24 Jahren zu den Gauchos getrieben hat. In seinem Restaurant "El Aleman" waren wir heute beim Almuerzo (Mittagessen) und haben landestypische Gerichte, wie Leberwurst, Frankfurter Bratwürste oder Kassler mit Sauerkraut verspeist. Ein sehr sympathischer und gesprächiger Zeitgenosse, für den wir auch gerne mal Werbung machen: www.andentours.com.ar für alle die mal Touren rund um das schöne Barreal machen wollen. Übrigens: Wer sein Geld in argentinische Ländereien investieren will, sollte sich auch mal an "Bernd" wenden

Frankfurter Bratwurst bei Bernd im Restaurant "El Aleman"...

Frankfurter Bratwurst bei Bernd im Restaurant "El Aleman"...

© Michael S., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
In weniger als 9 Stunden sitzen Nicole und ich im Flieger in Richtung Bonaire. Bonaire? Kannte ich bis August auch noch nicht. Aber KLM hält auf dem Flug nach Lima zufällig auf den Niederländischen Antillen... Eine Woche Erholung, bevor es nach Peru über Chile in Richtung Argentinien geht :-) Der Plan: 6 Monate Südamerika entdecken, Spanisch lernen und Freiheit erleben! Wie heißt es so schön - Zahme Voegel traeumen von Freiheit. Wilde Voegel fliegen...
Details:
Aufbruch: 11.10.2006
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 08.04.2007
Reiseziele: Niederländische Antillen
Peru
Chile
Argentinien
Paraguay
Brasilien
Uruguay
Der Autor
 
Michael S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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