Norwegen-Lofoten-Trekking

Reisezeit: August / September 2012  |  von Peter W,

Der frühe Vogel:

Tag 4: Der frühe Vogel fängt den Wurm:

Meine erste Nacht war doch eher bescheiden. Es war irgendwie ein komisches Gefühl allein in der Natur zu sein. Ich konnte deshalb kaum schlaffen und als um ungefähr 5.30h schon die Sonne aufging, dachte ich mir nur" Was solls? Stehst du mal auf!" Hab mir dann in aller Ruhe etwas zu Essen gemacht, (Schoko-Müsli mit Milchpulver und Wasser- unglaublich lecker) mich gewaschen und dann fertig für den hike gemacht.

Eigentlich hatte ich vor den zweithöchsten Berg auf den Lofoten hochzuklettern. Irgendwie habe ich den Weg nicht gefunden und bin dann auf irgendeine andere Route gestoßen, die in der Karte nicht vermerkt war. Es hat mich aber nicht wirklich interessiert, da ich sowieso vorhatte länger an diesem Ort zu bleiben. Ich hatte nur drei Energy- Riegel dabei, da die Route zum Berg eigentlich eine recht kurze war. Die Route die ich jetzt vorhatte zu laufen war wesentlich länger. Nur wusste ich es zu dem Zeitpunkt noch nicht. Der Weg war halt kaum belaufen. Ich bin oft vom Weg abgekommen und musste eigene Routen finden. Das war natürlich sehr anstrengend und kräfteraubend. Nach etwa 4,5 Stunden hab ich mein Ziel, einen kleinen Strand am Ende eines Dorfes, erreicht.

Der Rückweg war dann deutlich schwieriger, da ich wieder hoch musste. Der erste Teil war noch irgendwie human zu bewältigen, aber als es darum ging einen Berg wieder hochzugehen, wurde es problematisch. Mittlerweile hatte ich seit 7 Stunden nichts gegessen ( ausser den Energy-Bars) und Wasser wurde auch ein wenig knapp. ( Der nächste See lag 400 Höhenmeter über mir) . Nach circa 200m mussste ich zum ersten mal eine längere Pause einlegen, da ich zu erschöpft war. Ich hab versucht mich immer wieder an Nicaragua zu erinnern( dort bin ich einen 1650 m hohen Vulkan in 9 Stunden hoch und runtergeklettert, was nebenbei mit Abstand das härteste war was ich je gemacht habe und ohne meinen Guide, der mich pausenlos motiviert hat, wohl kaum zu schaffen). Ich dachte das ganze wäre eine Mentale Sache. Ich müsste nur den Schmerz ausblenden und mich überwinden. Niemals hätte ich zu dem Zeitpunkt gedacht, dass es an zu wenig Essen liegen könnte. 50 m höher bin ich dann ausgerutscht und hingefallen. Ich hab mich auf den Rücken gelegt, die Kapuze über den Kopf gelegt und erstmal liegen geblieben. Ich war komplett nass, war komplett ausser Atem. Aber die Sonne schien mir ins Gesicht, der Wind strich mir angenehm übers Gesicht. Und so entschloss ich mich ein weilchen zu schlafen, abschalten, Kräfte sammeln. Noch war ich mir ziemlich sicher, dass ich es schaffen würde. Ehrlich gesagt, so friedlich habe ich noch nie gepennt. Nach 30 Minuten bin ich wieder wach geworden und war positiver Dinge auch den Rest der Strecke zu meistern. Nichts da! Der Rest wurde zu Tortur. Jede 50 Meter musste ich Pausieren, Luft schnappen , Kräfte sammeln. So langsam geriet ich auch in Zweifel. "Was wenn...?" Sofort versuchte ich meine Gedanken abzuschütteln und motivierte mich stattdessen. Den letzten Kilometer ging ich in Trance mit zittrigen Beinen, Übelkeit etc.. Ich weiss ehrlich gesagt nicht was passiert wäre, wenn mein Zelt weiter weg gewesen wäre. Als ich endlich dort ankam, fand ich das Zelt zerstört wieder. Die Hauptstange war zweimal durchgebrochen.

Tagebucheintag:

So, habe das ganze jetzt ein weinig verarbeitet. Wollte eigentlich zum zweithöchsten Berg hier auf den Lofoten.Bin dann irgendwie einen anderen Weg gegangen. Hab das zwar nach ner Weile bemerkt, aber war mir egal, da die Route auch schön aussah. Hatte aber kein Essen dabei. Am Anfang gings noch , doch der Rückweg war die Hölle. So kaputt war ich noch nie! Gegen Ende musste ich jede 5 min Pause machen. Hatte Angst, das ich zusammenbrechen würde! Letzten Km mehr oder weniger in Trance gegangen. Beine haben gezittert , mir war schlecht , ich war schwach... Als ich am Zelt angekommen war, fand ich es zerstört wieder. Es war mir aber egal. Ich hatte keinen Nerv dafür.Erstmal essen und trinken!Das Zelt hab ich provisorisch hinter einer Kuppel wieder aufgebaut. Sollte der Wind wieder stärker werden und es weiter Regnen muss ich den Trip wohl abbrechen. Steht sowieso alles auf Messers Schneide. Bezweifel, dass ich den Trip zueende bringen kann. Muss morgen das Zelt irgendwie stabilisieren oder halt zurück ins Dorf und ein Tape kaufen. Bin aber immer noch zu schwach dafür. Wie kann man sowas wichtiges nur vergessen! Hab Angst, dass das Zelt in der Nacht einbricht. Kann dann weder weg noch sonstwas. Wird die Hölle wenn es passiert. Jetzt weiss ich erst, was für ein Glück ich in Frankreich gehabt habe! Was ich sehr krass finde sind die Extreme. Von:"ich kann nicht mehr, ich muss nach Hause" bis:"morgen ist ein neuer Tag , versuchs einfach noch ein bisschen" ist alles drin. Deine Gefühlswelt ändert sich ständig. In einem Moment willst du sterben, dann kommt die Sonne raus oder dir ist im Schlafsack warm und alles ist vergessen !"

Tag 5: Einmal durch die Hölle bitte:

Ich denke der folgende Tagebucheintrag und Bilder sollten reichen.

Tagebucheintrag:

Chaos-tag! Es regnet ungefähr 24 Stunde ohne Pause. Hab zwar die Nacht mit dem kaputten Zelt überstanden aber alles andere ist nass! Alles. Schlafsack, Iso- Matte , Zelt , Rucksack , alles! Bin dann zur Hütte, die 500 m weiter steht und bin dann unters Dach. Nach einer Stunde hat der Wind gewechselt und auch dort wurde ich nass. Also musste ich die Sachen packen und zurück nach Moskenes. Es war aber schon 3 Uhr mittags. Ich hab den Rucksack nur einmal nach 3 Stunden abgesetzt. Hatte zuviel Angst, dass es dunkel werden könnte und ich immer noch da draussen bin. Der Regen knallte die ganze Zeit in mein Gesicht. Es war so stürmisch, alle Klamotten nass! Konnte kurz vorm Ende noch ein schönes Plätzchen im Wald entdecken und der Regen wurde schwächer. Hoffe mal es regnet hier nicht so stark. Mir scheint es, dass der Wind hier nicht richtig durchkommt. Zum Glück. Bin jetzt im nassen Schlafsack drin. Ekelhaft. Mir ist kalt, kann meinen Rücken nicht mehr spüren. Beine sowieso nicht! Hoffe, dass morgen die Sonne scheint und ich die Sachen trockenen kann. Wenn sogar der Schlafsack nass ist macht es keinen Spass mehr! Am besten ich hole mir ein neues Zelt! Vlt. morgen."

© Peter W,, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zwei Wochen durch die Wildnis mit dem Zelt unterwegs
Details:
Aufbruch: 27.08.2012
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 13.09.2012
Reiseziele: Norwegen
Der Autor
 
Peter W, berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.