Test the West

Reisezeit: Dezember 2011 - Januar 2012  |  von Stefan O.

"Burkina Faso - Ist da irgendwas?", "Wo liegt Niamey?" und "Ist Lagos nicht die gefährlichste Stadt der Welt?" Diese und andere Fragen wurden mir gestellt, bevor ich los zog um nach Antworten zu suchen. Das Motto: "Travel and see"

Last In First Out

Dienstag, 13.12.2011

Ich bleibe einen Augenblick auf der Fluggasttreppe stehen, sauge die 32 Grad warme, staubgesättigte Luft und die Atmosphäre auf, wie ein Schwamm das Wasser. Ouagadougou, Burkina Faso - Hey ich bin in Ouagadougou, wie geil ist das denn? Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet? Wie viele Abende habe ich auf der heimischen Terrasse verbracht und mit pathologischer Präzision jedes Detail meiner Westafrika-Tour geplant und dann doch wieder verworfen?

Bevor ich jetzt noch emotional werde, marschiere ich die Treppe hinunter und betrete den Bus zur Ankunftshalle; als letzter. Das heißt, dass ich als erster meinen Einreisestempel im Pass habe. LIFO sozusagen, Last In - First Out. Doch einen Vorteil davon habe ich nicht, denn offensichtlich wurde mein Gepäck nach dem gleichen Prinzip verladen, nur in umgekehrter Reihenfolge.

Tschüss Europa

Tschüss Europa

Wie ich denn ohne Französischkenntnisse in Burkina klar kommen wolle, fragte mein Sitznachbar im Airbus A330 der Brussels Airlines. Eine berechtigte Frage an jemanden, dessen französische Sprachkompetenz sich mehr so auf Bonjour und Une grande bière, s'il vous plaît beschränkt. Doch die Antwort gab er sich gleich selbst: Ich habe verstanden. Irgendwie wird's gehen und so habe ich auch keine Probleme, mich mit meinem Taxifahrer auf einen angemessenen Preis zum Pavillon Vert zu einigen, einem viel gelobten Budget Hotel im Zentrum der Stadt. Ich habe reserviert, wie es im Lonely Planet empfohlen wurde. Es wird meine einzige Reservierung bleiben auf dieser Reise.

Ouagadougou ist mir sofort sympathisch. Afrikanisch? Ja aber weitaus weniger chaotisch, als ich mir das vorgestellt habe. Was einem sofort ins Auge sticht sind die vielen Motorräder. Alle haben eines, auch Frauen. Manche fahren mit Kopftuch, oft auch mit einem Baby auf dem Rücken. Auch allerhand Zeug wird mit dem Motorrad transportiert. Kisten, Kanister... auch lebende Tiere oder Autoersatzteile. Einer transportiert eine Pkw Frontscheibe, ein anderer ein blökendes Schaf(!). Später werde ich auch eine Couch auf der Sitzbank eines Moppeds spazieren fahren sehen. Bonne Arrivée! Hier bin ich richtig.

Straßenszenen in Ouagadougou

Straßenszenen in Ouagadougou

Ich lasse den Fahrer vor einem Bankhaus halten. Weder hier in Ouagadougou, noch sonst in Westafrika werde ich Probleme haben, einen Geldautomaten zu finden, der in Akzeptanz meiner VISA-Karte brav die angeforderten Scheinchen in Landeswährung auswirft. Und diese ist hier der Westafrikanische Franc (CFA), eine Gemeinschaftswährung der frankophonen Staaten, die in der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion organisiert sind. Der CFA-Franc ist mit einem festen Wechselkurs an den Euro gekoppelt. Für einen Euro bekommt man genau 655,957 CFA-Francs. Richtig, das ist ein Komma, kein Dezimalzeichen! Für diese scheinbar willkürliche Wahl gibt es eine einfache Erklärung: Der CFA-Franc war früher mit einem Wechselkurs von 1:100 an den Französischen Franc gekoppelt. Mit der Einführung des Euro wurden die Wechselkurse für die Euro-Länder mit einer Genauigkeit von sechs Stellen festgelegt und beim Französischen Franc waren es eben 6,55957 FF je Euro. Zur groben Orientierung merke ich mir: 1000 CFA ungefähr gleich 1,50 EUR.

Einzelzimmer kosten im Pavillon Vert zwischen 8000 CFA und 17000 CFA. Ich verzichte auf unnötigen Schnickschnack, wie Klimaanlage oder eigenes Bad und nehme das billigste. Dieses hat einen Terrazzoboden, eine bambusverzierte Wand und ist ausgestattet mit Ventilator und Moskitonetz. Strom ist auch da, was braucht man mehr?

Mein Zimmer im Pavilion Vert

Mein Zimmer im Pavilion Vert

Schon bald treffe ich auf Romuald, er organisiert Tagestouren zu den wenigen Touristenattraktionen hier. Aus seinem "Katalog" (ein speckiges Fotoalbum) wähle ich eine Vormittagstour zu den so genannten "Crocodiles sacrés de Bazoulé", den heiligen Krokodilen von Bazoulé, zirka 25 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Morgen früh um acht Uhr soll es los gehen; landestypisch: mit seinem Mopped.

Der Pavillon Vert hat einen sehr gemütlichen Hof mit Bar und Restaurant. Ich nutze diese Gelegenheit gleich, um das heimische Bier zu testen: das Brakina, serviert in gigantischen 65-Zentiliter-Flaschen. Es sind fast nur Weiße hier. Das ändert sich dann allerdings schlagartig, sobald man vor das Eingangstor tritt. Ich komme mit einem Berliner ins Gespräch, der nun schon die sechste Woche in diesem schönen Teil der Erde herum gondelt. Sein nächstes Ziel: Mali. Meine nächsten Ziele: Niger und Nigeria. Ob ich lebensmüde sei, fragt er mich, als er hört, dass ich auch ein paar Tage in Lagos eingeplant habe und ob ich das nur mache, um zu sagen, ich hätte diese schaurige Megacity überlebt. Nein! ich mache es, weil ich mir mein eigenes Bild davon machen will, bevor ich Angst und Schrecken verbreite und weil ich davon überzeugt bin, dass Lagos zu den coolsten Städten der Welt gehört. Travel and see!

Werfen wir also mal einen Blick auf meine Tourdaten. Ohne genauen Zeitplan soll es über Land zunächst nach Niamey gehen, der Hauptstadt Nigers. Hier werde ich versuchen, ein Visum für Nigeria zu ergattern. In Deutschland eines zu bekommen ist nämlich so gut wie unmöglich, dort braucht man das Einladungsschreiben eines nigerianischen Staatsbürgers und muss persönlich in der Botschaft in Berlin vorsprechen. Ich kenne weder einen vertrauenswürdigen Nigerianer, noch hatte ich Zeit und Geld, nach Berlin zu fahren. Von Niamey will ich nach Maradi und von dort über die Grenze nach Nigeria. Nächste Station: Kano, die älteste Stadt Westafrikas. Dann will ich, gegebenenfalls per Inlandsflug, das gefürchtete Lagos erreichen und falls ich das überlebe, entlang der Atlantikküste über Cotonou (Benin) nach Togo; ein paar Tage in der Hauptstadt Lomé und dann weiter ins Landesinnere nach Kpalimé. Von dort will ich die Grenze nach Ghana überschreiten und über die Afram Plains, teilweise per Boot über den Voltasee, nach Kumasi. Abschließend via Cape Coast nach Accra, meinem Ziel. Das sind etwa 2700 Kilometer über Land, 1000 in der Luft und 15 zu Wasser und das ohne eigenes Verkehrsmittel. Zeit: etwa vier bis sechs Wochen. Ob das zu schaffen ist? Keine Ahnung - travel and see!

Soweit die Planung

© Stefan O., 2012
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 13.12.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 20.01.2012
Reiseziele: Burkina Faso
Niger
Nigeria
Togo
Ghana
Der Autor
 
Stefan O. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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