Südfrankreich - kleine Ausblicke

Reisezeit: September 2018  |  von Ralf Beelitz

Die Drôme Provençale und die Alpes-de-Haute-Provence - Oliven, Lavendel und Herbes de Provence. Uralte Dörfer und Schlösser, dazu eine Landschaft wie geschaffen zum Touren mit dem Motorroller - und es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken.

Der Ballsaal der Feen

Frisch und würzig schleicht sich die Luft unter unsere Motorradhelme. Kein Wölkchen trübt den azurblauen Himmel der Haute-Provence. Wir nehmen unsere „Hausstrecke“ durch das „Vallee du Grand Vallon“ unter die Räder. Das Teerband schlängelt sich durch weite Apfelplantagen. Die Bäume beidseits der Straße biegen sich unter der Last der Früchte. Kleine Traktoren mit riesigen Anhängern wuseln durch die Baumreihen und kreuzen unseren Weg. Das „Vallée du Grand Vallon“ ist Apfelland. Zur Entezeit ist also Vorsicht angesagt! Das Tal weitet sich. Vor uns erheben sich hintereinander zwei, drei Gebirgsketten, deren Gipfel noch vom feinen Dunst des frühen Morgens umhüllt sind. Ein Anblick, der immer wieder aufs Neue beeindruckt. Le Claire, Faucon-du-Caire, Grigors nennen sich die winzigen Örtchen am Wegesrand. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Einige Cheminées de Féesschöne Kehren weiter überqueren wir die Durance und wenden uns Remollon zu. Tanken und Pausenproviant aufnehmen ist angesagt. Wildschweinsalami, Oliven und ein Stück Käse finden neben backfrischen Baguettes in den Seitenkoffern Platz.

„Cheminées de Fées“

„Cheminées de Fées“

Im 200 Seelen Bergdorf Théus beginnt der Aufstieg zum Mont Colombis (1.724), einem relativ unbekannten, einsam gelegenen Gipfel. 12 Km auf schmalem Asphalt mit bis zu 15% Steigung liegen vor uns. Linker Hand die Felswand, rechter Hand die Leitplanke, dann der Abhang. Die beste Sozia der Welt atmet flacher, die Adrenalinausschüttung nimmt zu. Nach einer Kehrengruppe oberhalb von Théus treffen wir auf halben Weg in der Schlucht „Torrent du Vallauria“ auf eine geologische Besonderheit. Neben der Straße liegt die „Salle de Bal“, (Ballsaal), mit den bizarren „Demoiselles Coiffées“ auch „Cheminées de Fées“ (Feenkamine) genannt.
Unzählige schmale Felspfeiler mit einem Deckstein erheben sich aus den grauen Felshängen einer erodierten Gletschermoräne. Sie erinnern spontan an…..aber lassen wir das .
Das folgende Hochplateau mit seinen saftigen Wiesen, auf denen (hoffentlich) glückliche Kühe weiden, erinnert an das Allgäu. Das entspannt. Dunkler Nadelwald nimmt uns auf. Einige knackiger Kurven führen immer weiter in die Höhe, die Nadelbäume lichten sich. Wir passieren einige Antennenanlagen, dann ist das Ende der Sackgasse erreicht.
Die Motoren unserer Silver Wings verstummen vor einer majestätischen Bergkulisse. Am Croix Choureille, dem östlichen Ende des Gipfelplateaus, eröffnet sich ein phantastischer Panoramablick, wie er schöner kaum sein könnte.
In der Ferne leuchten die noch immer schneebedeckten Gipfel des Parc National des Écrins, während sich im Westen der fast kreisrunde „Pic des Céüse“ (2.016) erhebt. Tief hinab fällt der Blick in das Tal der Durance und auf die grün-blauen Wassermassen des größten Stausees der Alpen, den Lac de Serre-Ponçon. Dies sind die Aussichten, die süchtig machen.
Geredet wird wenig. Es herrscht eine angenehme Stille. Wir saugen die Szenerie in uns auf, genießen es einfach, diese geniale Aussicht mit allen Sinnen zu erfassen.

Mont Colombis

Mont Colombis

Der sanfte Druck auf dem Anlasserknopf erweckt die Motoren der Hondas wieder zum Leben. Bei Epinasses biegen wir auf die D3 ab, welche sich in breit ausgebauten Kehren den Hang über dem Lac de Serre-Ponçon hochzieht. Einfach dahingleiten und durch die Kurven schwingen. Das ist Entspannung pur. Jetzt, Ende September, sind die meisten Touristen wieder zuhause. Gelegentlich kommt uns ein Motorradfahrer entgegen, die Hand zum Gruß erhoben. Unter uns spiegelt sich die Sonne in den glatten Fluten des Sees. Ein herrliches Panorama vor traumhafter Bergkulisse, fast so kitschig wie auf Postkarten. Die letzten Häuser bleiben hinter uns zurück, dann haben wir endgültig die Straße für uns allein. Über den recht unscheinbaren Col Lebraut (1.104) erreichen wir nach 17 Km zügiger Fahrt Chorges mit seiner uralten Platanenallee.
Im Bergdörfchen Saint Apollinaire, dem wohl schönsten Örtchen an der Nordseite des Lac de Serre-Ponçon, weist nur ein unscheinbares Schild auf den gleichnamigen See hin. Fast hätten wir den Abzweig verpasst. Ein schmaler Feldweg führt über bunte Almen hinauf und wir treffen auf einen kleinen Gletschersee (1.485) inmitten fast unberührter Natur. Wer sich nicht abschrecken lässt, kann hier bei etwa 17 Grad - im Sommer - sogar baden. Wir nehmen als Alternative lieber die Gelegenheit wahr, die mitgebrachten Vorräte zu verputzen. Dabei schweift der Blick immer wieder weit über den Lac de Serre-Ponçon und die dahinter liegenden Bergketten.

Lac de Saint Apollinaire

Lac de Saint Apollinaire

© Ralf Beelitz, 2018
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 25.09.2018
Dauer: 5 Tage
Heimkehr: 29.09.2018
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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