Die drei baltischen Hauptstädte - eine Kurzreise

Reisezeit: Juli 2006  |  von Herbert S.

Riga

56°57'00 // N 24°06'00

Ein wenig Geschichte:
Im Jahre 1158 gründeten deutsche Kaufleute ein Handelszentrum und Siedlungsgebiet am Unterlauf der Daugava (deutsch: Düna). Die im Jahre 1201 von Bischof Albrecht von Buxthoeven gegründete Stadt Riga war die Hauptstadt von Livland (Lateinisch: Livonia). Riga war vor allem Sitz der Erzbischöfe von Riga, aber auch eine immer bedeutender werdende Handelsstadt, die der Hanse angehörte.

Nach der Niederlage der Schweden im großen Nordischen Krieg fiel die Stadt Riga zerstört durch schwere Kämpfe 1710 an das Zarenreich. Ab 1796 wurde Riga Hauptstadt eines russischen Gouvernements. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde es schrittweise zu einem der wichtigsten Häfen Russlands ausgebaut, die Bevölkerungszahl der Stadt verzehnfachte sich zwischen 1850 und 1900.
Trotz russischer Herrschaft blieb sowohl die Stadtkultur als auch der Großgrundbesitz bis ins 19. Jahrhundert vom Einfluss der deutschen Oberschicht im Lande geprägt. Bis 1891 war die offizielle Amtssprache deutsch, dann wurde Russisch Amtssprache.

1900 waren die Einwohner zur Hälfte Deutsch-Balten und zu je einem Viertel Russen und Letten. Ca. 44000 zur Zeit der Machtergreifung Hitlers in Riga lebende Juden wurden in den Folgejahren im Rigaer Ghetto interniert, ermordet oder in andere Konzentrationslager geschafft.

Heute ist Riga das politische, wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Zentrum Lettlands. Die Stadt wird von vielen auch das 'Paris des Ostens' genannt, da sie sich als urbanste der drei baltischen Metropolen gibt.
Die von vielen verschiedenen Bevölkerungsschichten geprägte Kultur macht den besonderen Reiz der Stadt aus.
Das Zentrum Rigas wurde 1997 in das Verzeichnis des Weltkulturerbes aufgenommen.

Rigas Altstadt wird durch einen Ring von Parks entlang des Pilsetas Kanals von der großzügigen, etwa fünfstöckigen Wohn- und Geschäftsbebauung getrennt, deren spezieller Baustil - ein eigenständiger Jugendstil - Thema des nächsten Kapitels sein soll.
Doch nun zu den Sehenswürdigkweiten der Altstadt:

Dom

Dom

verschiedenste Baustile prägen den Dom St. Marien

verschiedenste Baustile prägen den Dom St. Marien

Der Dom St. Marien von Riga ist der größte Kirchenbau des gesamten Baltikums. Der Bau wurde nach dem Vorbild des strengen Typs einer romanischen Hallenkirche begonnen, erfuhr aber im Laufe der Zeit Veränderungen in den verschiedensten Baustilen.

Beeindruckend sind vier kunstvolle Glas-Fenster, die Motive unterschiedlicher Art darstellen; hier ist es eine Szene aus der Geschichte: Besuch des schwedischen Königs in Riga.

eines der vier prächtigen Glasfenster

eines der vier prächtigen Glasfenster

Das absolute Highlight aber ist die Orgel des Doms, eine der letzten erhaltenen romantischen Orgeln, die schon zu ihrer Bauzeit eine der größten mechanischen Orgeln der Welt war. Leider war auch sie wie manches andere eingerüstet.

Eine markante Orientierung in der Silhouette von Riga gibt der spitze, dreifach gegliederte Turm der Petrikirche. Begonnen wurde diese Kirche um 1209. Zahlreiche Umbauten führten zu einer dreischiffigen Basilika. Auch der Turm mußte Ende des 17. Jahrhunderts nach seinem Einsturz 1666 erneuert werden, von einem Straßburger Baumeister als achteckiger Holzturm konzipiert.

Petrikirche

Petrikirche

Bremer Stadtmusikanten

Bremer Stadtmusikanten

Johanniskirche

Johanniskirche

An der Petrikirche liegt ein kleiner Platz mit zahlreichen hübschen Gebäuden und einer Bronze mit den Bremer Stadtmusikanten (!) - Bremen ist nämlich Partnerstadt von Riga. Am gleichen Platz liegt auch noch die Johanniskirche, die mit ihrem Backstein-Stufengiebel beeindruckt. Sie gehörte zum Dominikanerkloster und stammt in seiner heutigen Form aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

Konventhof - Eckens Konvent

Konventhof - Eckens Konvent

Fassade der Petrikirche vom Rathausplatz gesehen

Fassade der Petrikirche vom Rathausplatz gesehen

Zwischen Petrikirche und Dom öffnet sich der Rathausplatz, dessen Bebauung im II. Weltkrieg fast völlig zerstört wurde. Das schönste Gebäude hat man wohl wieder neu erstehen lassen:

links Schwabe Haus - rechts Schwarzhäupterhaus

links Schwabe Haus - rechts Schwarzhäupterhaus

Uhr am Giebel des Scharzhäupterhauses

Uhr am Giebel des Scharzhäupterhauses

Das Schwarzhäupterhaus - ein Heim für unverheiratetete ausländische Kaufleute. Vorbild dieses Gebäudes sind holländisch-flämische Zunfthäuser mit ihren reich mit Skulpturen und Reliefs verzierten Giebeln.
Zu diesem Gebäudekomplex zählt auch noch das Schwabe-Haus, in dem heute die Touristeninformation untergebracht ist.

neues Rathaus mit Roland-Standbild

neues Rathaus mit Roland-Standbild

Im Zentrum des Rathausplatzes steht eine Kopie des Roland-Standbilds - gegenüber wurde 2003 das neue Rathaus von Riga errichtet.

Geht man die Kalku iela nach Nordosten, so gelangt man an einen weiteren kleinen Platz mit großer und kleiner Gilde sowie zahlreichen kleinen mittelalterlichen Häusern.

Gilde-Haus

Gilde-Haus

Gilde-Haus

Gilde-Haus

mittelalterliche Häusergruppe

mittelalterliche Häusergruppe

Geht man dann weiter über die große Kreuzung hinüber, so überschreitet man den Stadtkanal und betritt auf dem Brivibas Bulvaris die Neustadt und trifft auf die Freiheitsstatue.

Heilig-Geist-Kathedrale

Heilig-Geist-Kathedrale

Wenig weiter steht die Heilig-Geist-Kathedrale - eine russisch-orthodoxe Kirche mit den typischen Kuppeln.

Schachspieler im Vermanes-Park

Schachspieler im Vermanes-Park

Im benachbarten Vermanes-Park spielen die Herren unter freiem Himmel auf Parkbänken Schach - auch ein Schachweltmeister soll hier so begonnen haben.

5 Zeppelin-Hangars dienen heute als Zentralmarkt von Riga, jeder für eine andere Marktsparte

5 Zeppelin-Hangars dienen heute als Zentralmarkt von Riga, jeder für eine andere Marktsparte

Fast hätte ich eine Sehenswürdigkeit vergessen: Die Markthallen von Riga. Sie liegen etwas südlich der Altstadt jenseits des Ringes direkt hinter dem Bahnhof. Die während des Ersten Weltkriegs errichteten deutschen Zeppelinhangars wurden bereits 1930 zu Markthallen umgebaut.

Erwähnen sollte man vielleicht noch ein Bauwerk, das man als Relikt aus russischer Architektur kennt: Die Akademie der Wissenschaften, das in einem riesigen Hochhaus im sozialistischen »Zuckerbäckerstil« - 1958 erbaut - untergebracht ist.

Und letztlich alles überragend: der 368 m hohe Fernsehturm auf der Zaku-Insel. Die eigenwillige Metallkonstruktion entstand 1979 - 1986. Ein Aufzug befördert Besucher zur Aussichtsplattform in 97 m Höhe.

Doch wenden wir uns nun im nächsten KAPITEL der bedeutendsten Architekturform Rigas zu: dem Jugendstil. Einen kleinen Abschnitt widmen wir dann auch alten Holzhäusern, die immer wieder zwischen größeren Wohn- und Handelsblöcken zu sehen sind.

© Herbert S., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Über die Via Baltica auf Kurzbesuch in Vilnius (Litauen), Riga (Lettland) und Tallinn (Estland). Schwerpunkt ist die Jugendstil-Architektur in der ehemaligen Hansestadt Riga.
Details:
Aufbruch: 03.07.2006
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 12.07.2006
Reiseziele: Litauen
Lettland
Estland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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