Der Doubs und auf der Spur französischer Kanäle

Reisezeit: September 2007  |  von Manfred Sürig

Von St.Ursanne nach Belfort

Gegen 17.30 Uhr komme ich nach St.Ursanne, einem winzigen Städtchen am Knie des Doubs, das einmal aus einem irischen Kloster hervorgegangen ist. Von einem Stadtor bis zum Ausgangsstadttor mögen es knapp 800 Meter sein, dazwischen malerische Häuschen und Gaststätten und das Kloster, in dem heute eine Ausstellung mit Schweizer Präzisionshandwerk stattfindet.

Hotelangebote noch und noch.

Hotelangebote noch und noch.

Was man aus Holz alles machen kann! Geigenbauer führen ihr Handwerk vor, Alphörner werden gezeigt, aber nicht geblasen und eine Parkettfabrik stellt ihre Kollektion an feinsten Intarsien vor.
Ich kaufe mir ein Kilo Weintrauben im Konsum zu einem moderaten Preis und halte nach einer Übernachtung Ausschau.

Die finde ich beim Campingplatz unter der Talbrücke der Eisenbahn für 24 Euro in einem Vierbettzimmer, in dem ich der einzige Gast bin, üppiges Käsefrühstück (Le Bruyere!) inclusive.
Heute schlafe ich bestens, und das, obwohl es auch wieder 72 Kilomter hinter mir waren, aber vielleicht nur einige hundert Höhenmeter.

Sonntag, 9.September 2007

Nicht jeden Tag kann die Sonne scheinen, aber es regnet wenigstens nicht. Mein Kurs geht weiter doubsabwärts, aber jetzt nach Westen, weil der Fluß in St.Ursanne eine große Wende macht.
Dass ich wieder nach Frankreich komme, merke ich an den oberirdischen Elektrizitätsleitungen, die wie im Wilden Westen von Haus zu Haus verlaufen und einem das Fotografieren verleiden können.
"Facile" kann ich die Tour einstufen, denn es geht fast nur leicht bergab mit schönen Blicken in eine liebliche Landschaft. Ich komme in ein Ausflugsgebiet in St. Hippolyte, Hunderte von Motorradfahrern genießen den Sonntag, ich darf die Abgase einatmen.
Schnell weg von der Hauptstraße auf einen Nebenweg nach Norden über Pont-de-Roide, der leider nicht immer im Tal führt, der noch einmal einen schönen Blick von oben aufs Doubstal ermöglicht.

Geigen- und Gitarrenbauer zeigen ihr Geschick

Geigen- und Gitarrenbauer zeigen ihr Geschick

Die Ahnentafel des Klosters

Die Ahnentafel des Klosters

Der Klosterhof

Der Klosterhof

Holzschnitzer

Holzschnitzer

Meisterhafte Intarsien in wertvollen Hölzern.

Meisterhafte Intarsien in wertvollen Hölzern.

Sonntag ist hier wohl Motorradtag in St. Hippolyte

Sonntag ist hier wohl Motorradtag in St. Hippolyte

Montbeliard müßte heute zu schaffen sein. Der kürzeste Weg dorthin müßte über einen kleinen Hügel führen, um den der Doubs bei Valentigney einen Bogen macht.
Den Hügel schaffe ich auch, lasse mich auf der anderen Seite rasant herabrollen und komme wieder ins Doubstal, dieses Mal unterhalb von Montbeliard.
Aber hier über den Doubs schnell mal eben rüber zu kommen, ist schier unmöglich. Schnellstraßen und Autobahnen gibt es genug, aber an Radfahrer hat man nicht gedacht.
Ich muß fast 12 km auf dem Standstreifen einer Schnellstraße durch Gewerbegebiete fahren, bis ich durch einen riesigen Kreisel endlich eine Straße über den Doubs nach Montbeliard finde.
Waren die Gewerbegebiete schon ausgestorben, so sieht es sonntags nachmittag in der City genauso trostlos aus.
Dabei hätte die Stadt doch einiges zu bieten. Sie wurde von Heinrich Schickhardt im 16.Jahrhundert unter württembergischer Herrschaft entworfen und ähnelt daher den Städten in Baden-Württemberg.
All die schönen Flanierstraßen und Plätze sind leer, nur ein paar Algerier oder Marokkaner hasten zum Schichtwechsel ins Peugeot-Werk, das ein Drittel der Stadtfläche einnimmt.

Immerhin hat die Touristinformation geöffnet und kann mich mit dem Tip versorgen, dass man auf dem Leinpfad eines Kanals per Rad sehr gut nach Belfort komme. Aber eine Karte hat man nicht, weil Belfort in einem anderen Departement liegt.
So lerne ich den Canal du Rhone a Rhin kennen, der schnurgerade nach Nordosten führt.

Den Leinpfad hat man zu einer schönen Fahrradstraße in ansonsten endlosen Gewerbegebieten ausgebaut, er scheint für die Einheimischen hier d a s Ziel für den Sonntagsspaziergang mit Familie zu sein, zu Fuß und mit Rädern oder Kinderwagen.

Der Prospekt sagt mir, dass ich mich hier auf der Euro-Veloroute 6 von Nantes nach Budapest befinde, die in ein paar Jahren auf ganzer Länge befahrbar sein wird.
Zwischen einer nagelneuen Eisenbahnbücke, über die der TGV rast und einer hohen Autobahnbrücke über einen Zufluß des Doubs und den Kanal führt der Kanal auf einem rostigen Aquädukt über den ein Flüsschen, das wohl das Wasser für den Kanal zu liefern hat.
Dahinter teilt sich zu meiner Überraschung der Kanal in drei Arme, ein Arm zur Rhone, einer zum Rhein und der dritte -"la verte"-Richtung Belfort.
Ich folge der grünen Markierung und komme in den Genuß eines mir völlig unbekannten Kanalstücks.
Sogar schiffbar ist es und an einer Schleuse wird sogar ein Motorboot hochgeschleust.
Etwa 12 km vor Belfort endet der schiffbare Kanal, aber der Leinpfand führt weiter, und zwar am Kanalbett, dessen Schleusen nicht mehr betriebsbereit sind und, noch weiter aufwärts, weiter am leeren Kanalbett.
Wohin mag dieser Kanal führen oder einmal geführt haben ? Ich radle immer weiter bis ans Ende der grünen Markierungen und komme oberhalb von Belfort am Südhang des Vogesen heraus.

Diesen Kanal will ich morgen weiter verfolgen und ich will versuchen herauszubekommen, wohin er einmal führen sollte.

Heute bin ich schon zu weit gefahren und muß ein Stück zurück nach Belfort. Dort finde ich die Jugendherberge in einem "centre des jeunes travaillers" im 5.Stock. Ich soll mein Velo im Lift mit ins Zimmer nehmen, löhne 16,05 Euro für Ü/F und werde fürs Abendessen auf die örtliche Gastronomie verwiesen.

Die liegt sonntags abends genauso im Tiefschlaf wie Sonntag mittags in Montbeliard. Immerhin finde ich aber ein elsässisches Gasthaus, le restaurant le Moliere, in dem ich für 29 Euro fürstlich speisen kann. Nach langen 118 Kilometern heute meine ich auch, mir mal was gönnen zu dürfen.

Erst bei Dunkelheit auf dem Rückweg zur Jugendherberge entdecke ich die festlich beleuchtete Altstadt mit Flutlichtbeleuchtung zur Burg und verschwenderischen Springbrunnen auf Straßen und Plätzen.

An der Doubsbrücke in St. Hippolyte

An der Doubsbrücke in St. Hippolyte

Montbeliard am Sonntagnachmittag

Montbeliard am Sonntagnachmittag

Die Bibliothek in Montbeliard

Die Bibliothek in Montbeliard

Blick südwärts in Ponte-de-Roide

Blick südwärts in Ponte-de-Roide

Der Rhein-Rhone-Kanal östlich von Montbeliard

Der Rhein-Rhone-Kanal östlich von Montbeliard

Blumenschmuck an allen Brücken und Schleusen

Blumenschmuck an allen Brücken und Schleusen

Am Stichkanal nach Belfort, sogar sonntags wird auf Bestellung geschleust!

Am Stichkanal nach Belfort, sogar sonntags wird auf Bestellung geschleust!

Der Kanal wird gut vermarktet

Der Kanal wird gut vermarktet

© Manfred Sürig, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eigentlich wollte ich meine traditionelle Herbst-Radtour machen. Aber da rief mich noch jemand um Hilfe, sein Boot mit ihm von der Saone zur Maas zu bringen. Das müßte doch trotzdem mit dem Fahrrad zu machen sein. Ging auch, aber mit immer neuen Überraschungen.
Details:
Aufbruch: 06.09.2007
Dauer: 16 Tage
Heimkehr: 21.09.2007
Reiseziele: Schweiz
Frankreich
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.