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Our Wild Journey - Transafrika 2008/2009

Reisezeit: Oktober 2008 - August 2009  |  von Rene Bauer

Aethiopien

Aethiopien - zwischen Entwicklungshilfe und dem Mittelalter

...vom Sudan aus hatten wir uns auf den Weg durch Aethiopien gemacht - geplant war es, mehr oder weniger durch die Mitte, Addis Abeba und dann Suedaethiopien durch das Omotal nach Kenia weiterzufahren. Das gesamte Land liegt in den Bergen und fuer uns war es nach dem heissen Sudan eine willkommene Abkuehlung. Typisch afrikanische Verhaeltnisse hatten wir ja im Sudan schon kennengelernt, und auch hier gleich hinter der Grenze war es nicht anders. Eine schlechte, wellblechartige Schotterstrasse fuehrte uns durch Strohhuettensiedlungen gen Simian Mountains Nationalpark. Die erste Nacht verbrachten wir ca. 100km hinter der Grenze im Busch unweit eines kleinen Doerfchens. Man liess uns in Ruhe (wir waren erstaunt, normalerweise dauert es keine 10 Sekunden und das Auto ist umringt von neugierigen Kindern und Alten).
Die Simien Mountains sind faszinierend. Bis auf 4200m Hoehe fuhren wir, das Auto hustete und rauchte - die Luft war hier oben duenner! Aber die Ausblicke ueber die umgebende Landschaft war atemberaubend schoen, wohin man auch blickte, nur wolkenumrahmte Gipfel und gruen-braune Berge. Gleich 2 einheimische Tierarten begegneten uns hier oben - der Walia Ibex, eine Art Berggams mit Riesengeweih, und die Gelada Paviane, die eine loewenartige Maehne besassen und ein pinkenes "Herz" auf der Brust. Wir sahen dieser Grossfamilie eine ganze Weile zu und schossen herrliche Photos.
Da unser Auto nur 2 Sitze hatte, klemmten wir den Fuehrer mit seiner Kalaschnikov auf unseren Notsitz zwischen unseren Sitzen. Er war zwar nicht allzu begeistert, aber wollte das Geld!

Das war unsere erste Erfahrung mit Aethiopien, die Simien Berge hatten uns begeistert. Was uns jedoch weniger gefiel, waren die Horden bettelnder Kinder, die staendig hinter dem Auto hinterherliefen und uns sogar mit Steinen bewarfen, wenn wir ihnen nichts gaben - unser Auto wurde bespuckt, getreten und mit allem moeglichen beworfen. Das nervte einfach nur. Ich hatte zweimal ein Kind erwischt, gab ihm eine Ohrfeige und stieg wieder ein, fuhr weiter. Das witzigste war, wenn eine Frau (ca. 4x so dick wie ich) mich anbettelte, weil sie so hungrig war. Oder ein Hirte mit 100 Kuehen spielte, er haette nichts zu essen. Aethiopien ist definitiv nicht so arm, wie in den Medien beschrieben. Klar, die Lebensverhaeltnisse sind hier weit unter dem europaeischen Standard, aber es ist eine Kultur- und Mentalitaetsfrage. Ueberall sahen wir die Schilder "Sponsored by EU" "Built by UN" oder aehnlich, aber trotzdem geht der normale Bauer noch mit seinem mittelalterlichen Holzpflug auf's Feld. Und ueberhaupt sind hier viele Werkzeuge noch eher der Steinzeit entlehnt. Das ist schon ein krasser Gegensatz, selbst zu den nordafrikanischen Laendern.

In Addis Abeba hatten wir nur angehalten, um uns Visa fuer die Weiterreise zu holen, sowie unsere Webseite zu aktualisieren, was mit einer 34k Verbindung nicht so einfach war! Von Addis aus wollten wir in oestlicher Richtung weiterfahren, uspruenglich war die Danakil Wueste und Erta Ale (aktive Vulkane) geplant, jedoch waere es fuer uns inklusive aller Erlaubnisse und Fuehrer zu teuer geworden. Also tauschten wir den Plan um - stattdessen ging es nun nach Harer, einer alten, muslimischen Stadt im Osten des Landes. Dorthin zog es uns, weil wir erstens etwas abseits der Touristenpfade kamen, zum zweiten interessierte uns die Landschaft - die naemlich auf dem Weg dorthin vom huegeligen, saftigen ins savannenartige, Akazienbedeckte ueberging. Harer ist eine faszinierende kleine Stadt, umringt von einer alten Stadtmauer und eben typisch islamisch - enge, verwundene Gassen, arabische Lehmarchitektur und recht freundliche Bewohner. Die Hauptattraktion machen jedoch nicht Bauwerke oder Menschen aus, sondern die Hyaenen, die hier nachts ihr Unwesen treiben. Die Tradition besagte, dass es vor Jahrhunderten in Harer eine Hungersnot gab, selbst Tiere hatten nichts zu fressen. Deshalb kamen Hyaenen in die Stadt, um kleine Kinder und alles andere essbare zu erbeuten. So fing man an, die Hyaenen mit Haferschleim vor der Stadtmauer zu fuettern - etwas, was bis heute andauert. Wir mussten jedoch gar nicht bis zur Stadtmauer laufen, gleich ausserhalb unseres kleinen Hotels war eine Polizeistation, hier fuetterten die Polizisten ca. 18 Hyaenen mit Fleischstuecken. Vorsichtig naeherten wir uns an, es sind ja immerhin noch wilde Tiere, und gross sind sie! Letzten Endes liess sich Andrea dazu ueberreden, auch einmal zu fuettern - Respekt!

Von Harer aus begaben wir uns wieder zurueck nach Addis, denn nun stand uns der interessanteste Teil Aethiopiens bevor - Das Omo Tal mit seinen traditionellen Voelkerstaemmen, einer der buntesten Regionen Afrikas. Unser Weg fuehrte uns durch Arba Minch und den Nechisar Nationalpark (wir sahen das erste Mal Zebras!!!) bis nach Jinka. Die Bekleidung der Einheimischen wurde schon spaerlicher und es wurde mehr Schmuck getragen. In Jinka gingen wir auf einen riesigen Markt, kribbelbunt und hochinteressant. Es wurden Schmiedewaren, Schmuck, "made in china" Produkte, selbstgebrannter Alkohol, Schuhe aus alten Autoreifen und haufenweise Kleidung (leider sehr oft auch vom roten Kreuz, also hier in Deutschland kostenlos gespendet, in Afrika wird es gewinnbringend verkauft!!!). Wir kauften uns fuer 1 USD 1 Liter Maisschnaps (nein, blind sind wir nicht geworden) und konnten gluecklicherweise das ganze Getummel gut fotografieren, wir trafen Tsamay, Mursi, Hamar und viele andere Stammesleute. Von Jinka aus wurden die Ortschaften immer kleiner, wir fuhren einen kleinen track entlang und Rene bemerkte auf einmal (er ist ein Chaot), dass wir eventuell nicht mehr genug Diesel haben wuerden. Na prima! Durch Zufall trafen wir auf einen weissen Landcruiser mit 2 Weissen und 2 Schwarzen, die uns bis zum naechsten Ort begleiteten und uns dort Diesel organisierten. So lernten wir Jerome und Clemens kennen, 2 studierende Anthropologen, sowie 2 Hamar Maenner. Wir tranken in einer kleinen Eingeborenenkneipe ein Bier, dann luden uns die 2 Hamar in ihr Dorf ein, um dort zu uebernachten. Kurze Zeit spaeter schon fanden wir uns am Feuer inmitten eines Hamar-Dorfes wieder, tranken Kaffee auf riesigen Kalabassen und lauschten den gutturalen Lauten der Hamar-Sprache. (Dieses Dorf war Startpunkt des Anthropologen Ivo Strecker, der in den 80er Jahren Nachforschungen hier anstellte)
Am naechsten Frueh mussten wir weiter, in Turmi wartete ein grosser Markt auf uns. Rene hatte dort Glueck und tauschte seine alte Axt gegen einen aethiopischen Speer ein, Andrea bekam ein Armband aus bunten Perlen geschenkt, wir knipsten haufenweise Photos und saugten die Atmosphaere auf - die Sonne brannte auf uns herab, wir waren umgeben von hunderten Stammesleuten, die keine "normale" Kleidung kannten, fortwaehrend zupfte uns jemand am T-Shirt, wollte fotografiert werden. Es war ein herrlicher Markt! Den Kopf voller exotischer Erlebnisse verliessen wir Turmi, um nach Omorate zu fahren, von wo aus wir dann die Grenze nach Kenia ueberqueren wollten. Omorate liegt an den Ufern des Omo, ist eine staubige, gottverlassene Stadt besiedelt von vorwiegend Dasanech-Staemmen. Die Menschen hier waren etwas duenner also anderswo, das Land sah recht vertrocknet aus. Wir wollten uns hier lediglich den Pass ausstempeln lassen, dann wuerden wir auch schon weiterfahren. Sandige Pisten, trockene Flussbetten und akazienbewachsenes Savannenland fuehrte uns gen Kenia...

2 Mursi Frauen in Jinka, leider nur ohne die Lippenplatten...

2 Mursi Frauen in Jinka, leider nur ohne die Lippenplatten...

Ein Bauer pfluegt sein Feld mittelalterlich, ungeachtet des ausgebrannten Panzers...

Ein Bauer pfluegt sein Feld mittelalterlich, ungeachtet des ausgebrannten Panzers...

© Rene Bauer, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
...begleitet uns auf unsere Reise durch den schwarzen Kontinenten, wir sind zu dritt - Andrea, ich und unsere "Hummel", unser Auto.
Details:
Aufbruch: Oktober 2008
Dauer: 10 Monate
Heimkehr: August 2009
Reiseziele: Sudan
Äthiopien
Der Autor
 
Rene Bauer berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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