Fudi on tour - ueberland nach Suedostasien...

Reisezeit: Oktober 2011 - Juni 2012  |  von Daniel Fuderer

Mittlerweile hab ichs geschafft ein paar Infos online zu stellen, damit ihr wisst dass ich noch lebe ;-)
Es ist wirklich eine absolut andere Welt, obwohl ich dank reinem Ueberland-Reisen den "Kulturschock" weniger spueren sollte als andere...
Wenn ihr jetzt denkt, dass ihr taeglich einen detaillierten Reisebericht vorfindet, muss ich euch enttaeuschen. Ich werde nur alle paar Wochen einen Tagebucheintrag abtippen. Nach dem Motto: Eher selten was hoeren, dafuer "live dabei sein"!

Der Aufbruch - im Assibus nach Moskau

Nach dem ich mit meinem Bruder und dem Dr. Ketterer in Bonn nochmal so richtig zuenftig abgefeiert habe, gings nach Hamburg zum Morchel, um dort alle denkbaren (und undenkbaren) Kontake zu Schiffsreisen abzuklappern, da ich ja uebers Wasser nach St. Petersburg wollte. Ich war bei mehreren Booten im Hafen, beim Hafenmeister, bei verschiedenen Seeleuten, Reedereien, Verband deutscher Reeder, und bei Dingen von denen ich vorher noch nie gehoert habe: HafenCity GmbH, Hamburg Port Authority, Seemannsamt, ... Mir wurde dabei allmaehlich immer klarer, dass die Zeiten von Hand-gegen-Koje vorbei sind. Mit nem Privatboot haette es im Sommer recht sicher geklappt. Aber mit nem gewerblichen Schiff geht aus (versicherungs)rechtlichen Gruenden nichts mehr. Nur noch sog. Frachtschiffreisen werden angeboten. Dabei ist man einfach nur Passagier, ohne was an Bord zu arbeiten und zahlt je Tag 100 euro. Kommt bei meinem Vorhaben natuerlich nicht in Frage!
Dann habe ich mehrere Alternativen abgecheckt und mich fuer den Bus entschieden. Da ich kein Belarusvisum habe (und auch keins beantragen wollte nach dem Theater mit dem Russlandvisum) wollte ich uebers Baltikum fahren. Es gab nur einen Bus nach Riga fuer 99 euro, 27 h Fahrtzeit. Den hab ich genommen um dann von Riga aus irgendwie nach Moskau zu kommen. Dort hab ich dann ne halbe Std spaeter den naechsten Bus nach Moskau genommen. Insgesamt dann 44 Std nur Sitzen...
Da die Busfahrt (bis dahin) das abenteuerlichste war, berichte ich hier mal etwas intensiver. Nachfolgend der Tagebucheintrag vom 01.11.2011:
In Hamburg gings mit nem superneuen Bus los. Hatte die Bank fuer mich, lauter normale Leute etc. Ich freu mich schon auf eine entspannte Fahrt!

Doch in Berlin war Umsteigen angesagt. Dort lerne ich Ilona aus Riga kennen. Sie hat eine Alkfahne wie 10 deutsche Bahnhofspenner, macht aber trotzdem einen gepflegten Eindruck. Die Sauferei ist dort wohl normal... Am Bussteig kippt sie mit nem russischen Paerchen 5 Bier und mehrer Dosen Bacardi-Mixzeug. Zwischendurch aus ner Plastikflasche recht hart riechendes Zeug - Vodka?! Am Busbahnhof alle Durchsagen auf russisch - mitten in der deutschen Hauptstadt!!
Offiziell herschte im Bus ja Alkverbot... Aber daran glaube ich nicht mehr so wirklich. Hole mir sicherheitshalber an der Tanke auch zwei Bier...

Der Anschlussbus war dann der Wahnsinn: Erstmal war ich der einzige Deutsche und abgesehen von Jules (einem "Schwarzfahrer" aus Kongo) der etwas gebrochenes Deutsch konnte, auch der einzig wirklich deutschsprachige...
Alle Durchsagen des Busfahrers wieder nur in Russisch.
Beim Gepaeck einladen klappern ueberall Flaschen und punkt Abfahrt knallen die Korken und zischen die Bierdosen... Kongo-Otto sagt er trinkt normalerweise nie Alkohol, zieht aber gleichzeitig eine Flasche Jaegermeister raus, saeuft die viertelse Flasche runter und meint ich soll auch was trinken, sonst wuerde man die Fahrt und die Passagiere nicht ertragen...
Und er hatte recht: Schon nach der ersten Pause, als ich wieder in den Bus bin: Ein Gestank nach Schweiss, Kaessfuessen, Alkfahnen, ...
Und das total zusammengepfercht auf engstem Raum. Das Ganze gleicht eher einer "Deportation" als einer Reise.
Auf dem Klo kein Wasser und keine Seife...
Ein Vorgeschmack auf die TransSib???

In Polen Bier aufmunitionieren, aber die Eurokrise scheint sich rumgesprochen zu haben. War doch vor Jahren noch der Euro ueberall beliebt (besonders Richtung Russland) wollte der Typ an der Tanke nicht einen einzigen Euro annehmen. Ein geistig Behinderter Lette, der in Muenchen bei einem Pfarrer aufwaechst nimmt mir die 5 Euro aus der Hand ohne was zu sagen und kommt kurz darauf mit dem Betrag in poln. Zloty zurueck. Auf meinen Vorschlag uns ein 4er-Pack Bier zu teilen geht er ein, aber beim teilen der Kosten hoert sein deutsch auf. Zum Ausgleich legt die Ratte noch eine Packung Erdnuesse auf meine Rechnung dazu. Naja - meine gute Tat fuer diesen Tag

Nach etwas Schlaf wache ich an ganz ueblem Geschaukel und gepoltere auf. Wir fahren im Schritttempo durch einen Wald, auf einer einspurigen Strasse mit mehr Schlagloechern als Asphalt. Ich dachte Polen hat ein gutes Autobahnnetz? Oder gibts dort Maut, die sich der Busfahrer sparen will?
Der Waldweg zieht sich ueber zig Kilometer, danach gehts durch irgendwelche kleine Kaeffer und dann wieder Wald, Wald, Wald...
In Litauen das selbe nur ohne Doerfer - ab und zu mal ein kleines Bauernhaus.

Andere Welt schon nach 10 Stunden Busfahrt...

Andere Welt schon nach 10 Stunden Busfahrt...

Die Letten saufen wieder Vodka obwohl es gerade mal Mittag ist.
Einer will aufstehen, da haut es ihn voll gegen die Scheibe. Aber wie - Gehirnerschuetterung ist sicher. Danach sagt er wieder was aber ich erkenne nicht mal mehr dass es russisch sein soll. Der ist durch den Schlag voll durch den Wind! Und seine Freundin und Ilona bepissen sich nur vor lachen - und wie dreckig. Keine Spur von Mitleid oder Sorge.

Litauen selbst ist Einoede pur. Nicht ein einziges Haus mehr. Nur Heide-Landschaft und Wald. Wir sind bisher nur durch einen Ort durch, und die Grenze zu Lettland muesste bald kommen.
Der volle Russe stoesst sich wieder den Kopf an, diesmal an ener Stange und nicht ganz so arg. Seine Reaktion: Gibt dem Teil eine Kopfnuss, aber wie. Das muss weh getan habe. Aber von dem Typ kein Ton... Total krank, aber zaeh ohne Ende... Jetzt versteh ich auch warum es immer heisst die russischen Maedels sind von uns Westlern nicht rumzukriegen: Wenn die solche Typen gewohnt sind, sind alle Nicht-Russen in deren Augen nur Weicheier...

Endlich an der lettisch-russischen Grenze. Die Letten sehens gemuetlich und nehmen sich fuers Ausweise ansehen ne 1/2 Std. Zeit. Bei den Russen gehts dann zu wie im Knast. Alles im Miltitaerston, Kontrolle im Bus, dann Aussteigen, Drogenhunde, Gepaeck roentgen, Personenkontrolle...
Beim Ausweis/Visa-Check erhalte ich die sagenumwogene Migrationskarte, mit den staendig wechselnden Registrierungsbedingung. (Wenn man in Russland wo uebernachtet muss man sich laut einigen Quellen sofort, laut anderen ab der 3. Nacht registrieren. Anderswo heisst er "irgendwann in der ersten Woche", wieder anderswo "mindestend einmal - egal wann u wo"...)
Dann wieder in den Bus, nochmal Kontrolle...
Stunden spaeter gehts weiter!

Teer? Fehlanzeige.
Das soll die Strasse zu ner 10-Millionenstadt sein???

Teer? Fehlanzeige.
Das soll die Strasse zu ner 10-Millionenstadt sein???

© Daniel Fuderer, 2011
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: Oktober 2011
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: Juni 2012
Reiseziele: Lettland
Mongolei
China
Der Autor
 
Daniel Fuderer berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.