Himmelswege in Sachsen-Anhalt

Reisezeit: August 2011  |  von Mirjam & Nico L.

"Woodhenge" und Naumburg

In dieser Nacht schliefen wir besser, und brachen heute auch früher auf. Unser erster Stop war das Örtchen Goseck, oder eher, das dort befindliche prähistorische Sonnenobservatorium. In Analogie zu Stonehenge wird dies "Woodhenge" genannt, allerdings ist es viel älter ist - es ist nämlich 7000 Jahre alt! Eine kleine Mogelei steckt da allerdings hinter. Das eigentliche Observatorium wäre 7000 Jahre alt, bzw. das, was noch davon gefunden wurde. Was man heute hier besichtigen kann, ist allerdings nur eine Rekonstruktion.

Auf dem Weg zum Observatorium

Auf dem Weg zum Observatorium

Bei den hier gefundenen Überresten eines Observatoriums handelt es sich um die ältesten Beweise der Welt für die systematische Beobachtung des Himmels. Die Rekonstruktion wurde möglichst original angefertigt, die einzelnen Holzpfähle sind drei Meter hoch und werden von Hanfseilen zusammengehalten, die von Hand gesponnen wurden.
Anscheinend wurde das Observatorium von neolithischen Bauern genutzt, um die richtigen Daten für das Aussäen und die Ernte zu berechnen, und wahrscheinlich auch Feiertage. Es wurden auch menschliche und Rinderknochen gefunden, eventuell von Opferungen, sowie Scherben.

Im Observatorium

Im Observatorium

Hier wird erklärt, wie es funktionierte. Durch Einschnitte fiel zu bestimmten Daten das Sonnenlicht auf bestimmte Weise durch das Observatorium, so dass z.B. die Winter- und die Sommersonnenwende berechnet werden konnten.

Hier wird erklärt, wie es funktionierte. Durch Einschnitte fiel zu bestimmten Daten das Sonnenlicht auf bestimmte Weise durch das Observatorium, so dass z.B. die Winter- und die Sommersonnenwende berechnet werden konnten.

In der Mitte befindet sich ein recht großer freier Platz

In der Mitte befindet sich ein recht großer freier Platz

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich es zwar höchst faszinierend finde, was für ein detailliertes Wissen die Menschen vor 7000 Jahren bereits hatten, das hätte ich persönlich nie gedacht. Den Besuch in Goseck fand ich trotzdem nicht so interessant, es ist eben alles rekonstruiert (was ja auch klar ist, wie soll Holz sich so lange halten?) und auch die Lage ist recht unspektakulär.
Ich freute mich daher nun sehr auf unsere nächste Station - Naumburg!
Naumburg hat nun so gar nichts mit Sternen zu tun und war daher die Ausnahme auf unserer Reise, mein Vater wollte aber schon immer mal den Naumburger Dom besuchen, und auch ich freute mich auf diese schöne Stadt.
Zum Glück fanden wir schnell einen Parkplatz und fanden uns schon bald im Steinweg wieder, der hübschen historischen Fußgängerzone von Naumburg. Es gab viele schöne Häuser mit herausgeputzten Fassaden und kleinen Geschäften.

Vom Steinweg aus sieht man schon den Dom

Vom Steinweg aus sieht man schon den Dom

Der Naumburger Dom in voller Pracht

Der Naumburger Dom in voller Pracht

Als erstes zog es uns natürlich direkt zum Dom, in dem man leider keine Fotos machen durfte.
Der Dom St. Peter und Paul ist ein spätromanisches bzw. frühgotisches Bauwerk und geht teilweise bis auf das 11. Jahrhundert zurück - als Naumburg gegründet wurde, eine neue Burg, Nuwenburg - später Naumburg. Der Dom ist wirklich sehr, sehr schön. Etwas ganz besonderes sind die Stifterfiguren, zwölf große Figuren von Menschen, die Geld für den Bau des Doms gespendet hatten. Es ist sehr selten, das weltliche Menschen - keine Kirchenleute oder Heiligen - auf diese Weise abgebildet wurden. Besonders berühmt ist Uta, die Frau des Bauherrn. Sie wird noch heute die schönste Frau des Mittelalters genannt! Hier kann man sich davon überzeugen!
Leider wurden die Figuren, wie so vieles andere, von den Nazis missbraucht und als perfekte "Arier" dargestellt.
Obwohl der Eintritt in den Dom nicht günstig ist, war er absolut voller Besucher und es herrschte eine wirklich laute und hektische Atmosphäre, was den Besuch etwas verdarb. Das wird noch dadurch verstärkt, dass einige Räume tatsächlich als Museum genutzt werden und nicht für religiöse Zwecke. So muss man schon am Eingang Jacke und Tasche abgeben und gelangt dann zuerst in eine Ausstellung über die Kathedrale von Reims, da der Baumeister des Naumburger Doms auch am Bau dieser Kathedrale beteiligt war. Ganz ehrlich hätte ich mir aber lieber einfach in Ruhe den Naumburger Dom angeschaut, denn ich war nun schließlich hier, und nicht in Reims! Andere Ausstellungen präsentieren noch mehr zur Errichtung des Naumburger Doms. Das war mir alles etwas zu viel, aber wie gesagt, der Dom selbst ist wirklich schön. Neben den Stifterfiguren ist der Lettner sehr sehenswert. Ein kleines Highlight für mich war ein gusseisernes Treppengeländer, das Franz von Assisi darstellte - er steht als kleine Figur ganz oben, während viele verschiedene Tiere das Geländer hochkriechen und hochklettern.

Außen am Dom

Außen am Dom

Ein Brunnen vor dem Dom

Ein Brunnen vor dem Dom

Wir hatten uns heute Wegzehrung mitgenommen, die wir auf dem Weg nach Naumburg schon gegessen hatten, aber nach dieser langen Besichtigung wollten wir nun doch noch irgendwo einkehren, etwas trinken und eine Pause machen. In der Nähe des Doms fanden wir das Caféhaus Kattler, ein richtig altmodisches und traditionelles Café. Nach dieser erholsamen Pause schlenderten wir wieder durch den Steinweg und zum Marktplatz Naumburgs. Es war wirklich voll in der Innenstadt, und das hatte noch zwei besondere Gründe: Zum einen war Markttag und es wurde ein Töpfermarkt abgehalten, zum anderen fand heute ein Drehorgel-Festival statt. So blieben wir auch das eine oder andere Mal stehen und hörten den Drehorgeln ein wenig zu. Ich mochte vor allem die Gestaltung der Orgeln, die ganz unterschiedlich und manchmal sehr fantasievoll war.

Das Rathaus von 1517...

Das Rathaus von 1517...

...mit einem farbenfrohen Portal aus dem 17. Jahrhundert

...mit einem farbenfrohen Portal aus dem 17. Jahrhundert

Der Marktplatz mit Töpfermarkt

Der Marktplatz mit Töpfermarkt

Die Wenzelskirche war die freie Stadtkirche und somit der Gegenpol zum Dom. Interessanterweise ist ihr Turm der höchste der Stadt! Hier spielte häufiger Johann Sebastian Bach die Orgel, und es gibt einige Kunstwerke von Lucas Cranach. Leider war die Kirche aber geschlossen.

Die Wenzelskirche war die freie Stadtkirche und somit der Gegenpol zum Dom. Interessanterweise ist ihr Turm der höchste der Stadt! Hier spielte häufiger Johann Sebastian Bach die Orgel, und es gibt einige Kunstwerke von Lucas Cranach. Leider war die Kirche aber geschlossen.

Wir gingen den Steinweg entlang

Wir gingen den Steinweg entlang

Naumburg war wirklich ein schöner Stop und der Besuch hat sich sehr gelohnt!
Inzwischen war es auch schon später Nachmittag, aber auf dem Rückweg nach Halle nahmen wir noch eine Sache mit und hielten kurz in der Nähe des Dorfes Langeneichstädt. Dies ist nun wieder Teil der Sternenwege, und zwar wegen zweier vorzeitlicher Stätten: Am Dorfrand befinden sich ein Großsteingrab und ein Menhir. Menhire sind manchen Lesern vielleicht eher als Hinkelsteine bekannt, z.B. durch Asterix und Obelix!
Allerdings war ich von diesem Menhir doch etwas enttäuscht. Ich habe als Kind mit meinem Vater Menhire in ganz Deutschland gesehen, manche davon mehrere Meter hoch - dagegen war dieser eher ein Menhirchen.
Außerdem las ich erst später, dass es sich bei diesem Menhir um eine Replik handelt. Das Original befindet sich im Museum in Halle und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Für heute war dies unser letzter Stop. Es ging zurück nach Halle, wo wir auch unseren letzten Tag verbringen wollten.

Das Grab und der Menhir

Das Grab und der Menhir

Das Grab ist ca. 5500 Jahre alt und hat große Ausmaße: Es ist 5,3 Meter lang, 1,7 Meter hoch und 1,9 Meter breit. Ein Großsteingrab wie aus dem Bilderbuch!

Das Grab ist ca. 5500 Jahre alt und hat große Ausmaße: Es ist 5,3 Meter lang, 1,7 Meter hoch und 1,9 Meter breit. Ein Großsteingrab wie aus dem Bilderbuch!

Der Menhir - die Dolmengöttin. Er ist insgesamt 1,76 Meter hoch, sieht aber viel kleiner aus, da sich ca. ein Drittel davon in der Erde befindet.

Der Menhir - die Dolmengöttin. Er ist insgesamt 1,76 Meter hoch, sieht aber viel kleiner aus, da sich ca. ein Drittel davon in der Erde befindet.

Die Einritzungen stellen das Gesicht der Göttin dar, darunter befindet sich eine Axt als Symbol der Männlichkeit. Die Seiten des Menhirs sind sehr glatt, was darauf schließen lässt, dass der Stein sehr viel berührt wurde, wahrscheinlich während eines Rituals.

Die Einritzungen stellen das Gesicht der Göttin dar, darunter befindet sich eine Axt als Symbol der Männlichkeit. Die Seiten des Menhirs sind sehr glatt, was darauf schließen lässt, dass der Stein sehr viel berührt wurde, wahrscheinlich während eines Rituals.

Die Oberseite des Grabs mit dem Menhir.

Die Oberseite des Grabs mit dem Menhir.

Ganz in der Nähe steht auch die Langeneichstädter Warte, ein Wachturm aus dem 14. Jahrhundert, der gerade renoviert wurde.

Ganz in der Nähe steht auch die Langeneichstädter Warte, ein Wachturm aus dem 14. Jahrhundert, der gerade renoviert wurde.

© Mirjam & Nico L., 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die "Himmelswege" sind eine Tourismusroute in Sachsen-Anhalt, die Sehenswürdigkeiten zur prähistorischen Astronomie verbindet. So wandelten wir auf den Spuren der Himmelsscheibe von Nebra und besuchten einige sehr unbekannte Orte, aber auch die Städte Halle und Naumburg. Keine Ziele, die ich auf den ersten Blick selbst ausgesucht hätte - aber ich folgte der Einladung meines Vaters und entdeckte so eine mir noch völlig unbekannte Ecke Deutschlands!
Details:
Aufbruch: 25.08.2011
Dauer: 5 Tage
Heimkehr: 29.08.2011
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Mirjam & Nico L. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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