Im Namen der Rose

Reisezeit: Oktober 2013 - November 2014  |  von Marius Schebaum

Erschwerte Einreisebedingungen im Hippie-Mobil

Puh, gar nicht so einfach so eine Grenzüberquerung!

Was in Slovenien noch quasi unbemerkt vonstatten ging, nämlich die Grenzüberquerung von einem EU-Mitgliedstaat in den angrenzenden Nachbar -und ebenfalls- EU-Staat, war bei der Einreise nach Kroatien dasnn doch eine ganz andere Übung. Vielleicht hing es damit zusammen, dass wir mental nicht zu 100% auf die Grenze vorbereitet waren, denn ursprünglich wollten wir uns an diesem Nachmittag noch ein letztes slovenisches Adria-Städtchen anschauen, haben aber die Ausfahrt verpasst (haben uns eingeredet, dass das WIRKLICH nicht ausgeschildert war!) und auf einmal standen wir an der Grenze. Locker-lässig an den Schalter gefahren, schließlich ist so ein Bundesrepublik-Pässchen doch eigentlich überall auf der Welt ein Freifahrtsschein, oder?
Der Pass an sich schon, aber ich hatte die Rechnung ohne den Wirt bzw mein Fahrzeug gemacht, das zu diesem Zeitpunk so dekoriert war, dass die Assoziation mit einem Marihuanawolken-verhangenen Innenraum durchaus nachzuvollziehen war, so im Nachhinein aus Sicht der Grenzbeamten gesehen: Zwei junge Menschen mit getönten Pilotenbrillen, einer mit einem Dreitagebart-Bart und Schlabberklamotten, anstelle des Rückspiegels ein Fuchsschwanz und rote Plüschwürfel, ein Lenkrad-Fellbezug, eine bunte Frontscheiben-Girlande mit Lamas, Sandalen und sonstigem Schnickschnack, die einen am klaren Blick nach draußen hindern und besonders hervorzuheben bei diesem Thema des potenziellen illegalen Drogenkonsums: eine solarbetriebene Wackel-Graspflanze auf dem Armaturenbrett

Die erste flüchtige Kontrolle der Pässe war soweit noch in Ordnung, doch dann sollten wir ein paar Meter hinter der Station rechts ran fahren und dort warten. Gut, Routinekontrolle vielleicht oder Datenabgleich, whatever, erstmal warten. Nach einer Weile kam ein junger Grenzpolizist und bat uns auf englisch, mit ihm mitzukommen, wir könnten das Auto ruhig stehen lassen und abschließen. Mhm, dauert wohl länger, was? Gut, gesagt, getan, hinter ihm hergeschlurft und mit Sarah nichtssagende Blicke ausgetauscht: "Weißt du, was die von uns wollen?" "Hast du was verbrochen?" "Parkticket nicht bezahlt?" "Studiengebühren unterschlagen?" "Drogen vertickt?" Aber wir konnten uns keinen richtigen Reim darauf machen, was das Verdachtsmoment anging...

Noch unheilvoller wurde es, als wir dann im Gebäude der Grenzpolizei getrennt wurden, ich mit dem jungen Mann in eine winzige, weiße Einzelzelle gehen sollte, während Sarah zeitgleich von einer Beamtin im Vorraum befragt wurde.
Ich sollte mich daraufhin auf den ausgefransten Schreibtischstuhl setzen, der zentral vor dem weißen, kahlen Metalltisch platziert war und mit diesen beiden Einrichtungsgegenständen hatte sich das Mobiliar des Raums dann auch erschöpft. Als ich mich gerade noch irritiert umsah, ging das Kreuzverhör des Beamten auch schon los, der mich zunächst fragte, ob das mein Auto sei. Technisch gesehen ist der Wagen auf meine Mutter angemeldet, aber da ich der momentane Lokführer war, sagte ich der Einfachheit halber, es sei mein Auto. Vielleicht ein Fehler?

Als Nächstes wurden Fragen zu meinem Wohnsitz gestellt und zu den Berufen und Wohnsitzen meiner Eltern. Alles wahrheitsgemäß beantwortet, soweit ich das über den aktuellen Beziehungsstatus zu dem Zeitpunkt sagen konnte und dann ging die Tirade los:

Ob ich Drogen in dem Auto transportieren würde?
- Äh, lassen se mich überlegen... nö

Ob ich jemals Drogen zu mir genommen hätte?
- Äh, nö.

Ob mein Vater jemals Drogen zu sich genommen habe?
- Äh, nö, nich das ich wüsste.

Gut, also dann passen Sie mal auf, Herr Schebaum, wenn Sie hier und jetzt gestehen, dass SIe Drogen in Ihrem Auto nach Kroatien transportieren, dann hilft Ihnen Ihr Entgegenkommen beim Strafmaß, Sie zahlen ein Bußgeld, doch es wird keine Anzeige erstattet...
- Jo, das is nett, aber ich hab nix dabei.

Nur, dass Sie mich richtig verstehen: Wenn wir jetzt die Drogenhunde in Ihr Auto lassen und die finden da Drogen, dann kriegen wir richtig Probleme und Sie können hier in Kroatien ins Gefängnis kommen...
- Jo, klingt blöd, aber ich hab wirklich nichts dabei.

Also noch mal: Wenn wir Drogen bei Ihnen finden, dann kriegen Sie richtig Probleme und wir müssen Ihre Eltern anrufen!
- Haha, ja, die können Sie ruhig anrufen, falls Sie die erreichen, bin schon länger nicht mehr durchgekommen

Gut, dann werden wir jetzt die Drogenhunde holen lassen, das dauert eine Weile und Ihr Auto untersuchen und falls wir dort Drogen finden, werden Sie hier und jetzt verhaftet wegen illegalen Drogenbesitzes und obendrein wissentlicher Falschaussage...
- Jo, alles klar, holen Sie ruhig die Hunde, ich hab Zeit...

Gut, dann hole ich nochmal meine Kollegin, die spricht ein wenig deutsch und die wird Sie nochmal kurz befragen und dann werden wir die Hunde holen...
- Alles klar.

Kollegin: Haben Sie bei meinem Kollegen auf englisch alles verstanden?
- Jo

Nur für den Fall, dass Sie sich nicht bewusst sind, was er Sie gefragt hat vorhin, mache ich es nochmal auf deutsch: Haben Sie in Ihrem Auto Drogen?
- Ach DROGEN meinte dein Kollega! Ja sicher, was brauchste? Hasch? Marihuana? Speed? Crystal? Nee, Spaß, hab nix

Falls Sie jetzt hier bei uns lügen und wir finden mit den Hunden Drogen in Ihrem Auto, dann kriegen Sie richtig Probleme und wir müssen ihre Eltern anrufen und Sie können hier ins Gefängnis kommen, ist Ihnen das klar?
- Jaaaa, mein Güte, das hat dein Kollege doch schon dreimal gesagt! (Gut, ich gebe zu, der Teil war eher gedacht denn geäußert, ich habe natürlich eine gute Erziehung genossen bei meinen Junkie-Eltern und mit der mir eigenen buddhistischen Gelassenheit, geduldig und freundlich wiederholt, dass mir das durchaus bewusst sei, ich über jegliche Konsequenzen einer Falschaussage im Klaren sei, Sie jedoch in dieser Hinsicht enttäuschen müsse, da ich keine der angesprochenen verbotenen Substanzen bei mir führte)

Gut, dann können Sie jetzt rausgehen zu Ihrer Freundin und warten, bis die Hunde kommen...
- Jojo dat

Also haben wir noch ein Weilchen schweigend im Vorraum gestanden, ein bisschen nervös durch das erste Verhör unseres Lebens und die ernsten Blicke der beiden Beamten hinter der Glasscheibe, die nochmal unsere Pässe kontrollierten. Doch am Ende ging alles ganz schnell, wir bekamen unsere wichtigsten Dokumente ausgehändigt, die Hunde waren auf einmal vergessen oder haben auf der Fahrt einfach was anderes Interessantes entdeckt und uns wurde eine gute Weiterreise gewünscht...

Was? Auf Einmal?Doch die Eltern erreicht oder wie? Naja, egal, nichts wie weg, bevor die Beiden sich das nochmal anders überlegen, zum Abschied ein kleines Hupkonzert und erstmal feinstes holländisches Gras in Kroatien verticken gehen, hehe

Ey, pssst, wolle Droga kaufe? Guter Preise, Mann...

Ey, pssst, wolle Droga kaufe? Guter Preise, Mann...

© Marius Schebaum, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Das Wohnmobil "Rosalinde" und ein Zigeuner namens Marius auf großer Reise durch die Weltgeschichte: "...und ihr seht mich als Punkt am Horizont verschwinden, um ein Stück weiter hinten, mich selbst zu finden..."
Details:
Aufbruch: 10.10.2013
Dauer: 13 Monate
Heimkehr: 11.11.2014
Reiseziele: Österreich
Schweiz
Slowenien
Kroatien
Der Autor
 
Marius Schebaum berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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