Im Land der Skipetaren - Kurztrip nach Albanien

Reisezeit: September 2004  |  von Angelika Gutsche

Geschichte prägte diese Landschaften

Unsere kleine Reisegruppe wird nach der Ankunft in wartende Busse verfrachtet. Die Fahrt durch die engen Straßen der Stadt lässt uns staunen. Überall sind Restaurants, Cafés und Hotels entstanden, eingestellt auf Feriengäste, die den Weg an die albanische Riviera gefunden haben.

Wir werden in einem kleinen Hotel erwartet. Zwischen Blumenrabatten und Palmen serviert man Kaffee, Cola und Wein, der Blick geht auf die gepflegte Strandpromenade. An einem kleinen Tischchen sitzt ein älterer Herr, bei dem man Euro in albanische Leke tauschen kann, für einen Euro bekommt man 110 Leke und die Zusicherung, das Geld vor Abreise wieder rücktauschen zu können - falls man es nicht ausgegeben hat.

Vor dem Hotel warten fliegende Händler auf die Touristen. Sie bieten gestickte Tischdecken, Reiseführer, Postkarten und T-Shirts mit dem albanischen Wappen, schwarzer Doppelkopfadler auf rotem Grund, feil.

Nach einer kleinen Stärkung, Geldumtausch und Einkauf geht es wieder in die Busse. Die Besichtigung der antiken Ausgrabungen von Buthrotum steht auf dem Programm. Wir verlassen Saranda in südlicher Richtung. Innerhalb und außerhalb der Stadt herrscht rege Bautätigkeit. Entlang der Küste des ionischen Meeres fahren wir durch Olivenhaine, unterbrochen von kleineren Ortschaften. Auch hier wird überall kräftig gebaut. Halbfertige Häuserskelette hoffen auf die nächste Geldüberweisung der im Ausland arbeitenden albanischen Besitzer, um endlich fertiggestellt zu werden. An fast allen Rohbauten sind Puppen befestigt. Sie sollen Böses abhalten. Auch angebundener Knoblauch dient diesem Zweck. Die Jahre des Staatssozialismus, als sich Albanien rühmte, der erste atheistische Staat der Welt zu sein, haben zumindest dem Aberglauben nicht viel anhaben können. Ebenso wenig den Gesetzen der Blutrache, die in den verschlossenen Bergtälern wieder zur Tagesordnung gehören.

Zu unserer Linken öffnet sich der Blick auf einen großen Salzwassersee, den See von Butrint. Keinerlei Industrie oder Abwässer verschmutzen die Ufer, das Wasser oder die hier angelegten Muschelbänke. Muscheln und Austern in ihrer erstklassigen Qualität sind einer der Exportschlager Albaniens. Wenn man den See in seiner ruhigen Schönheit betrachtet, glaubt man gerne, dass sich an diesen Ort schon im 19. Jahrhundert Ali Pascha zurück zog, um seine Nerven bei Bootsfahrten zu beruhigen, nachdem er wieder einen Todfeind am Spieß gebraten hatte.

Salzsee von Butrint

Salzsee von Butrint

In der großen Ebene betreibt man Gemüseanbau. Die Landstraßen sind sehr eng. Zwei Busse kommen nur mit einigem Manövriereinsatz aneinander vorbei. Doch soll diese Landstraße für albanische Verhältnisse noch recht gut sein. Weiter im Landesinnern kommt man nur noch mit durchschnittlichen dreißig Stundenkilometern voran, bei starken Regenfällen sollen die Straßen überhaupt nicht mehr befahrbar sein.

Wo rechts das Land zur Küste abfällt, ist es übersät mit militärischen Bunkern, die miteinander durch ein unterirdisches Gangsystem verbunden sind. Sie stammen aus der Zeit, als sich das kommunistische Albanien nach seinem Bruch mit der Sowjetunion ganz der Freundschaft mit China hingab. Doch auch diese Freundschaft dauerte nicht all zu lange. Envar Hodscha überwarf sich mit der chinesischen Führung, schottete sein Land nach außen ab und versuchte einen sozialistischen Alleingang als autarker Staat. Hodscha, der einstige Oberbefehlshaber der albanischen Befreiungsarmee, der nach dem zweiten Weltkrieg eine Bodenreform und Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung eingeleitet hatte, machte Albanien zu einer Volksrepublik und prägte deren Weg bis zu seinem Tod im Jahre 1985. Den Zusammenbruch seines Kommunismus albanischer Prägung musste er nicht mehr miterleben. Heute schmerzt es zu sehen, wie sich Albanien mühsam wieder seiner kulturellen Wurzeln, verschüttet im politischen Totalitarismus, zu bemächtigen versucht.

Seit den letzten Wahlen im Jahre 2002 wird die Republik Albanien mit seinen gut drei Millionen Einwohnern von Fatos Nano, der der sozialistischen Partei Albaniens angehört, nach einem sozialdemokratischen Modell westlicher Prägung regiert. Allerdings gilt Albanien nach wie vor als das Armenhaus Europas, durchzogen von mafiosen Strukturen. Es ist das Land des Zigaretten- und sonstigen Schmuggels, die Seewege nach Griechenland und Italien sind kurz.

Schwarzer Doppelkopfadler auf rotem Grund - Willkommen beim Volk der Adler

Schwarzer Doppelkopfadler auf rotem Grund - Willkommen beim Volk der Adler

© Angelika Gutsche, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein Tagesausflug an die albanische Riviera mit Besuch des antiken Buthrotum und Spaziergang durch die albanische Hafenstadt Saranda
Details:
Aufbruch: 20.09.2004
Dauer: 1 Tag
Heimkehr: 20.09.2004
Reiseziele: Albanien
Saranda
Der Autor
 
Angelika Gutsche berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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