Binnenwasserwege in Polen

Reisezeit: Mai 2008  |  von Manfred Sürig

50 km auf der Warthe flußaufwärts per Schiff

Um 9 Uhr am Freitag, den 16.Mai 2008 startet die Flotte. Die KUNA mit dem größten Tiefgang (1,25 m) soll voranfahren, dann die Motorboote, die Barbarossa soll das Schlußlicht bilden. Das Ablegen der KUNA ohne Bugstrahlruder erfordert viel Geschick, der Kapitän meistert es souverän, man muß sich nur Zeit nehmen.

Start am nächsten Morgen: Die KUNA fährt voran, dann die Motorboote, die BARBAROSSA bildet des Schluß des Konvois.

Start am nächsten Morgen: Die KUNA fährt voran, dann die Motorboote, die BARBAROSSA bildet des Schluß des Konvois.

Dann geht's mit flotter Fahrt gegen den gar nicht einmal so trägen Strom auf der Warthe. Auf beiden Seiten Natur pur: Im Süden das Warthehaff, ein riesiges Sumpfgebiet, das nur mit kleinen Booten befahrbar wäre, wenn man sich auskennt. Vor uns fliegen Scharen von Wildenten auf, Kormorane sitzen auf toten Bäumen und trocknen ihr Gefieder und Jerzy weiß genau, wo wir ein Fischadlerpaar werden sehen können.
Immer wieder sieht man am Südufer Stellen, an denen das Wasser aus der Warthe in das Sumpfgebiet abfließt. Jerzy erklärt mir dazu: Eigentlich ist das Ufer dort beschädigt, aber man hat kein Geld für die Reparatur, im übrigen freut es die Naturschützer, die hoffen, so den Warthelauf ganz renaturieren zu können. Denn eigentlich sei die Warthe hier kanalisiert, was man an einigen schnurgeraden Abschnitten erahnen kann. Das hatte Friedrich der Große veranlaßt zu einer Zeit, als man nur auf dem Wasserweg Waren transportieren konnte. Landsberg an der Warthe (heute Gorzow Wielkopolski) erlebte zu dieser Zeit einen großen Aufschwung und wurde zum Stammsitz vieler Binnenschiffer wie im Westen Haren an der Ems.

So schnurgerade fließt kein natürlicher Fluß. Hier war der Mensch am Werk - vor über 200 Jahren

So schnurgerade fließt kein natürlicher Fluß. Hier war der Mensch am Werk - vor über 200 Jahren

Weidezäune braucht man nicht, das Vieh weidet auf Inseln

Weidezäune braucht man nicht, das Vieh weidet auf Inseln

Die einzige Fähre auf 50 km Strecke

Die einzige Fähre auf 50 km Strecke

Außer einer Seilfähre begegnet uns unterwegs kein einziges Schiff, Straßen und Bahnlinien führen kilometerweit parallel zum Fluß, Hektik wird zum absoluten Fremdwort. Die Warthe führt jetzt etwas mehr als durchschnittlich Wasser, deswegen haben wir keinerlei Probleme mit unserem Tiefgang. Zu anderen Jahreszeiten kann das aber viel kritischer sein, höre ich von Jerzy. Dazu gibt er mir einen Computerausdruck mit der Wasserstandsmeldung des polnischen hydrografischen Dienstes, der Aufschluß gibt über sämtliche Gewässer Polens, auch die der kleineren Zuflüsse zu Oder und Weichsel. Die Internetadresse ist für mich die wichtigste Information für die Planung meiner Bootsreise im Hochsommer. Jerzy kennt den Weg nach Bydgoszcz ganz genau, weiß alle Stromkilometer der 22 Schleusen unterwegs und weist noch auf mögliche Flachs hin, die im Spülbereich auf der Talseite der Schleusen auftreten können. So sauber ist das Wasser nicht, dass man so etwas vom Boot aus sehen könnte, auch nicht von Land aus, wenn ich dorthin per Fahrrad komme.

Die Zivilistion rückt näher, die erste Brücke seit Küstrin.

Die Zivilistion rückt näher, die erste Brücke seit Küstrin.

Unsere Ankunft in Gorzow ist gut vorbereitet; das Regionalfernsehen steht bereits am Ufer, Jerzy zieht wieder seine Kapitänsuniform an und gibt ein Interview.
Ich verlasse die KUNA, um mit dem Rad meine Erkundungen schneller fortzusetzen. Aber eigentlich weiß ich das Wichtigste jetzt schon: Vom Wasserstand hängt alles ab.

Fürs Regionalfernsehen gibt Kpt.Jerzy Hopfer gleich ein Interview. Statt Ü-Wagen mit großem Aufgebot geht es auch mit zwei Leuten: Kameramann und Reporterin!

Fürs Regionalfernsehen gibt Kpt.Jerzy Hopfer gleich ein Interview. Statt Ü-Wagen mit großem Aufgebot geht es auch mit zwei Leuten: Kameramann und Reporterin!

Nach der Ankunft in Gorzow: Festmachen am Ufer, das einmal für Binnenschiffe gebaut worden ist.

Nach der Ankunft in Gorzow: Festmachen am Ufer, das einmal für Binnenschiffe gebaut worden ist.

© Manfred Sürig, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wenn man mit einem Boot mit 1,38 m Tiefgang einen Wasserweg mit 1,40 m Solltiefe befahren will, hat man im günstigsten Falle eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Wenn aber nicht - was wird man dann tun, um 2 Tonnen Schiff zu bewegen ? Da ist es das beste, sich die Sache vorher mal vom Fahrrad aus anzusehen.
Details:
Aufbruch: 14.05.2008
Dauer: 8 Tage
Heimkehr: 21.05.2008
Reiseziele: Deutschland
Polen
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.