Safari Njema - Praktikum in Tansania

Reisezeit: Juli - Dezember 2008  |  von Alexander Türk

Im vergessenen Sueden 2

Es ist ein weiterer bewusstseinserweiternder Einblick, der sich mir hier kurz vor Ende meines Aufenthaltes nochmals bittet. Muehsam und zaeh kaempfe ich mich in geweohntermassen ueberfuellten Bussen auf buckeligen Feldwegen Kilometer um Kilometer vorran.
Ich bin unterwegs, wo sich einsame Strassen, Schneissen schlagen durch rar besiedelte und modernitaetsferne Landstriche, die im steten Ringen sind mit einer um sie herum wuchernden nicht zum nachgeben bereiten Natur.
Vom Busfenster aus, kann ich sehr gut, das harte und entbehrungsreiche Leben auf dem Land beobachten.
Ob es die wie Vogelscheuchen anmutenden, einsam auf dem Felde in der gleissenden Mittagssonne stehenden Feldarbeiter sind, die mit ihren ausgezerrten Koerper mechanisch mit einer Hacke schier riesige Felder bearbeiten oder Schulkinder,welche oft mit zerfetzter Uniform kilometerlange Maersche am Strassenrand entlang in die naechst entfernte Schule absovieren muessen: vieles von dem was ich sehe ist mit meiner von Moderne und Urbanitaet
gepraegten Wahrnehmung nur schwer zu greifen und erinnert mich eher an Erzaehlungen aus vergangenen lange zurueckliegenden Epochen.

Diese Tage in Tansania sind nochmals einen Herausforderung, denn hier im suedlichen Teil des Landes ist eben alles nochmals ein bisschen beschwerlicher als beispielsweise in der internationalen Metropole Daressalam, die von hier ca. 10 Stunden entfernt liegt.
Touristisch ist diese Gegend noch ziemlich jungfraeulich unberuehrt: Stromausfaelle und Mangel an fliessendem Wasser eher die Regel als die Ausnahme.
Ab zu schleicht sich schon mal eine groessere Stadt mit vereinzelten Relikten der Konsumkultur in die Landschaft aber diese wirken trotzdem nur wie

groessere Versionen der umliegenden Doerfer.
Immerhin aber bitten sie mir Unterkunft und Rast.
Ich verzichte aber auf die Nennung von Namen dieser Orte,
weil oftmals viele Tansanier diese Orte nicht mal kennen.
Oder kennt irgendjemand Tunduru, Masasi, Songea oder Njombe?
Aber es ist auf jeden Fall eine kostbare Erfahrung, denn im Prinzip nutze ich einfach nur die den Tansaniern ueblicherweise zur Verfuegung stehenden Strukturen.
So kann es einem von einem Moment zum naechsten schnell mal passieren, das man beim warten aufs Essen ploetzlich unter dem unausgeleuchteten Sternenhimmel sitzt, weil mal wieder die Stromversorgung zusammengebrochen ist.
Der Kellner kommt dann mit einer Funzel und bringt unbewegt
das aus Reis,Bohnen und einer Art Spinat bestehende Essen.
Aber im grossen und ganzen gibt es fuer mich hier eigentlich nicht viel Gruende zum Klagen, ich habe mit nichts anderem gerechnet und bin ja im Prinzip auch mittlerweile gut mit den hiesigen Bedingungen vertaut.
Und solange man es nicht eilig hat und man auch mal wie ich in den letzten Tagen oefters gewesen stundenlange Verspaetungen in Kauf nimmt ist es gar nicht so schlimm.
Ok, Horden von Kakkerlaken, die in einem Restaurant auf und ab Wandern moegen fuer den ein oder anderen einen Grund zur Panik bedeuten aber gestorben ist soweit ich informiert bin noch niemand daran.
Noch eher ein Grund zur Panik ist wie ich auch schon das letzte mal erwaehnte, der Typus des tansanischen Busfahrers, der versucht mit seiner brachialen auf riskante Ueberholmanoever in engen Kurven spezialisierten Fahrweise, die Regeln der Physik neu zu definieren um verspaetete Zeit konsequent wieder reinzufahren.

Die ein oder andere Fahrt erwischte ich mich selber, wie ich mich mit meinen schweissgebadeten Haenden an die Sitzlehne des Vordermannes klammerte und hoffte das man diesem Fahrer mal etwas von Geschwindigkeitsbegrenzung oder Verkehrsregeln erzaehlt.Ganz abgesehen davon, dass viele dieser Herrschaften oft 12 Stunden oder laenger ununterbrochen mit veralteter Technik ueber Land oder Feldstrassen rasen.
Aber ich will diese Berufsgruppe jetzt aber nicht nur schelten. Ich hatte vor 3 tagen die Moeglichkeit waehrend einer Panne kurz vor Einbruch der Dunkelheit in irgendeinem Dorf am Wegesrand, zu beobachten inwieweit ein Busfahrer hier auch ein mit improvisationstalent gesegneter KFZ-Mechaniker sein muss.
Bewaffnet mit einem Handy das als Taschenlampe fungiert und einem zugegebenermassen primitiven Equipment machte sich die Buscrew ans Werk um den ca.80 Insassen eine Nacht unter wunderschoenstem Sternenhimmel im tiefsten Busch zu ersparen. Nach ca.3 Stunden Zeit, viel Geschraube und Geschiebe, setzte sich das bunt mit dem vertrauenswuerdigen Schriftzug "in God We Trust" angestrichene marode Ungetuem in Bewegung um sich weitere 4 Stunden auf Schlagloch gesauemter Piste durch die Nacht zu kaempfen.
Aber die tatsache das ich hier schon wieder das Tagebuch schreiben kann, schlaegt wie ich zaehneknirschend Zugeben muss, deutlich auf der Habenseite dieser Teufelskerle zu Buche. So oft man auch beinahe im Strassengraben gelegen haette zaehlt nicht: sie brachten mich bisher immer ans Ziel. Will aber nicht zuviel Unken, schliesslich muss ich ja morgen noch die 10 Stunden nach Daressalam zurueck fahren und mich somit nocheinmal in die Obhut von einem dieser Tempofanatiker begeben.
Ich gruesse alle leben Verwandten und Freunde von hier und Freue mich schon bald wieder moeglichst viele von euch in die Arme zu schliessen...

das wandelnde gebraeunte Krokodil Mangwena

© Alexander Türk, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich mache ein 3-monatiges Praktikum in Tansania im Bereich der sozialen Arbeit. Untergebracht bin ich bei einer tansanischen Familie in Dar Es Salam und arbeite in einer Bildungs und HIV-Praeventions NGO.
Details:
Aufbruch: 03.07.2008
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 10.12.2008
Reiseziele: Tansania
Der Autor
 
Alexander Türk berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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