Auf nach Ägypten ... und dann?

Reisezeit: Juni - September 2013  |  von Manfred L.

Als Moslem aus der Wüste in den Djungel: Kulturschock

Kurze Hosen, Frisur in Ordnung und das Drumherum stimmt auch. (Nur der Stein war zu heiß).

Kurze Hosen, Frisur in Ordnung und das Drumherum stimmt auch. (Nur der Stein war zu heiß).

17. Juli 2013

Hossam schickt mir eine aufgeregte Nachricht und will mich unbedingt in Facebook zum chatten haben ... die thailändische Botschaft hat den Betrieb wieder aufgenommen und er war einer der Ersten, die ihr Visa bekommen haben. Vor zwei Tagen noch hatte ich einen Flug von Kairo nach Bangkok und zurück für 273,- € gefunden, nun ist der billigste Flug für 404,- € via Abu Dhabi. Schon klar, dass jetzt nach 14 Tagen Visasperre in Ägypten der Andrang auf Flüge höher ist und sich das auf die Preise auswirkt. Ich fluche vor mich hin und versuche dann doch einen Flug für Hossam zu buchen, denn versprochen ist nun mal versprochen und er ist in einer Euphorie ... da kann ich ihn unmöglich enttäuschen.
Nach zwei Stunden vergeblichen Bemühens die Buchung selbst zu tätigen, gebe ich auf und gehe zu einer Reiseagentur. Mit 16.800 Baht ist deren Verdienst angemessen, da hatte ich schon schlimme Erfahrungen in Thailand machen müssen.

Ich schicke die Buchungsbestätigung an Mohammed, damit der die Unterlagen in seinem Büro ausdrucken kann und Hossam gerät in Panik, weil sein Name darin von seinem Reisepass abweicht.
In seinem Pass steht Hossamelden Achmed Moudin Massud, im Flugticket habe ich Hossamelden weggelassen und sein döschiger Bruder macht ihn noch zusätzlich verrückt, statt zu helfen. Als diplomierter Anwalt, der jetzt in einer Reiseagentur arbeitet, sollte der doch wohl solche Fälle lösen können. Aber so ist das nun mal mit den jungen Leuten, haben ein supermodernes Mobiltelefon und können es nur dazu benutzen, um zu daddeln und bekannte Nummern von Familienangehörigen und Freunden anzurufen und endlos lange zu quatschen. Es ist also an mir, die Airline-Mitarbeiterin der Luftfahrtgesellschaft am Flughafen Kairo von Pattaya aus anzurufen und mir bestätigen zu lassen, das die Sache mit dem Namen keine Probleme bereiten wird. Hinzu kommt noch, dass in die elektronischen Vordrucke der Buchungen gar keine 4 Namen passen würden.

18.Juli 2013

Der Tag endet für mich hektisch. Ich hatte Hossam haarklein beschrieben, wie er direkt vom Flughafen Bangkok nach Pattaya kommt, bin aber nicht sicher, ob er es zeitlich schafft, den letzten Bus zu erwischen. Sein Flug hat auch etwas Verspätung, wie ich im Internet sehe und der Flughafen ist ja riesig groß und die Wartezeit am Kofferband ein weiterer Unsicherheitsfaktor.

Ich beschließe daher, ihm doch ein Taxi zu schicken, zeige dem Fahrer Bilder von Hossam und wir malen ein Schild, auf dem steht "Hossam for Willi". Ich biete dem Fahrer auch an, selber mitzufahren aber dann will er von mir den doppelten Fahrpreis haben - unlogisch aber wir sind halt in Asien!
Nach meinen überschläglichen Berechnungen sollte Hossam also zwischen 22 und 23 Uhr bei mir im Hotel eintreffen. Es wird 23:15 Uhr und ich gerate immer mehr in Panik, denn es ist kein Hossam eingetroffen und ich habe keine Ahnung, wo der Junge stecken könnte. Alles was er an Bargeld hat sind 500 Baht, die ich ihm in Kairo gegeben hatte für das Busticket und Verpflegung in Bangkok oder unterwegs.
Ich hinterlege also die 1.000 Baht für das Taxi an der Rezeption, sollte das mit der Taxiabholung doch funktioniert haben, setze mich auf das Motorrad und fahre zum Busbahnhof, hatte ich Hossam doch eingeschärft, dort auf mich zu warten.
Der letzte Bus vom Flughafen Bangkok ist dort gerade eingetroffen ... aber weit und breit kein Hossam zu sehen. Wenn er den Bus verpasst hat, gibt es nur noch die Möglichkeit für ihn über den Busbahnhof Ekkamai zu fahren oder ein Taxi zu nehmen, darauf vertrauend, das ich es bei Ankunft bezahle. Als ich zurück bin im Hotel verkündet mir die Lady an der Rezeption, dass Hossam inzwischen eingetroffen ist, gibt mir meine 1.000 Baht zurück, will aber 200 Baht Trinkgeld, die ich ihr in meiner Erleichterung sogar gebe.

Hossam ist gut und pünktlich mit dem Bus angekommen und klar sind die Mopedfahrer auch über ihn hergefallen und den Namen des Hotels kannte er ja auch.

Jetzt will er auch gleich los und was sehen von dieser Stadt, von der ich ihm so viel geschrieben habe. Mir sitzt zwar der ganze Stress der letzten Stunden in den Knochen aber ich gehe doch mit ihm los zur Walking Street und die Beachroad entlang. Ich gehe nicht mit ihm in eine GoGo-Bar, noch nicht heute. Plappermaul Hossam wird immer schweigsamer, ihn überkommt leichtes Zittern und er schaut nur noch auf seine Füße.

Tage später wird er es benennen können - Kulturschock.
Dem Vielfraß vergeht sogar der Appetit, die Nudeln schmecken ihm zu sehr nach Wasser, er streut sich Unmengen von Salz über den gebratenen Reis, vermutet überall im Essen Scheinefleisch - ist zu tief verwurzelt in arabischer Lebensweise. Als er mir erklärt, dass er den vielen Schwulen hier am liebsten in "Fresse schlagen" würde und er auch von deutschen Jugendlichen, mit denen er gechattet hat weiß, das die alle Schwulen hassen, ist es fast mit meiner Geduld vorbei. Ich verzichte darauf, mit ihm auch in eine GoGo mit "Boys" gehen zu wollen. In einer, in der hübsche Mädchen völlig entblößt tanzen, ist er noch nicht mal in der Lage, mir meine Frage zu beantworten, welche ihm am besten gefallen würde.

Noch in Ägypten hatte ich ihm versprochen, seinen ersten Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten zu bezahlen. Er wird dieses Versprechen nicht einfordern und ich bringe die Sache auch nicht zur Sprache. Kurz vor unserer Abreise aus Pattaya drücke ich ihm aber 500 Baht in die Hand und schicke ihn zur "Massage mit happy end". Nach einer Stunde kommt er wieder, strahlend wie ein Honigkuchenpferd, spricht aber erst drei Tage später über seine Erlebnisse und dass die Lady auch "ShiSha" mit ihm gemacht hat und die Dame seine Größe bewundert hat.

Da ist er etwas überfordert. "Die werden doch nie verheiratet." - einer seiner Aussprüche.

Da ist er etwas überfordert. "Die werden doch nie verheiratet." - einer seiner Aussprüche.

© Manfred L., 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach Ägypten zum Baden und Freunde treffen, dann Flucht aus Kairo nach Bangkok und ein paar Tage auf eine Insel, nach Cambodia und Laos mit 3 Tagen Luxus-Verspätung zurück.
Details:
Aufbruch: 20.06.2013
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 11.09.2013
Reiseziele: Ägypten
Thailand
Kambodscha
Laos
Der Autor
 
Manfred L. berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.
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