Südamerikareise von Martina und Tobias

Reisezeit: Juli 2006 - Juli 2007  |  von martina und tobias

Guatemala und Belize

Nach einer langen Fahrt erreichen wir endlich Guatemala City- eine der gefährlichsten Städte überhaupt, versichern uns alle möglichen Leute. Wir lassen uns nicht so fest beeindrucken und suchen ein Hotel. Wie sich herausstellt, hat auch Che Guevara hier Halt gemacht. Wir sind froh, dass
wir nicht sein Zimmer bekommen- das Bett ist noch immer das Selbe!
Mit einem der unglaublich farbigen Busse reisen wir bald nach Antigua- eine der schönsten Städte überhaupt, versichern uns alle möglichen Leute. Dieses Mal können wir zustimmen, obwohl Bern eine starke Konkurrenz darstellt...
Wunderschöne Häuser im Kolonialstil, Kopfsteinpflaster, unzählige kleine Cafés, ein schöner Hauptplatz und freundliche Leute! Wir beschliessen, einige Tage zu bleiben. Auf unseren Spaziergängen durch die Stadt fallen
uns viele kaputte Kirchen auf. Antigua wurde immer und immer wieder von schweren Erdbeben erschüttert und teilweise zerstört. Soviel wie möglich ist renoviert und erhalten worden, Spuren werden aber wohl immer zu sehen sein.
In der Stadt wimmelt es von Sprachschülern, der Hauptteil Nordamerikaner. Ob das ein gutes Umfeld ist, eine Fremdsprache zu erlernen, bezweifeln wir und spötteln über eine junge Frau, die im Café mit den Worten: "iöu kieröu a coffee!" bestellt.

farbig, farbiger, am farbigsten!

farbig, farbiger, am farbigsten!

Antigua

Antigua

Wir möchten den Lago Atitlan besichtigen, den Aldous Huxley als den schönsten See der Welt bezeichnet hat (auch Guatemala ist ein Land der Superlative! und auch ihm können wir beipflichten.
Wunderbar still und glitzernd liegt der See da, behütet von unzähligen Vulkanen ringsherum. Ein geheimnisvolles Nebelchen tanzt an einigen Stellen über dem Wasser, einzelne Fischerboote sind zu sehen- ein Traum!
Wir fahren mit einem Motorboot und einer Schulklasse zum Örtchen "San Marcos la Laguna", ein bekannter Kraftort, der viele Esoteriker anzieht und trotzdem (oder deswegen?) schön ruhig ist. Wir mieten ein schönes Hotelzimmer im Dach eines strohbedeckten Hauses, geniessen den Ausblick in den Blumengarten und kämpfen gegen alle möglichen Arten Ungeziefers.
Pünktlich um sechs Uhr abends ertönt laut und plärend eine scheppernde Lautsprecherstimme. Es ist das Gebet der hiesigen Kirche- eine geschlagene Stunde lang, jeden Abend aufs Neue. Ziemlich sicher eine effiziente Art, die unerwünschten Esoteriker weg zu schicken.

oeuf, oeuf, que lac je!

oeuf, oeuf, que lac je!

Im nahe gelegenen Ort shoppen wir uns fast zu Tode- Panajachel ist der Marktort Guatemalas. Wir hätten eigentlich noch viel mehr einkaufen wollen, aber 43kg pro Kopf ist die von der Fluggesellschaft vorgegebene Limite...

Viele Männer, ältere und jüngere, sind in Panajachel und der näheren Umgebung noch sehr traditionell gekleidet. Sie tragen sehr farbige Hosen, die aussehen, als bestünden sie aus Hunderten von zusammengenähten Quadraten und haben ein schwarz-weiss gestreiftes Tuch um die Hüften geschlungen,
das wie ein Jupe wirkt. Das Hemd ist aus dunkelrotem festen Stoff und bunt bestickt. Ein Strohhut bedeckt den Kopf und in einer gewobenen Umhängetaschen haben sie alles Wichtige verstaut. Wir haben uns leider nicht getraut, einen so schön gekleideten Mann zu fotografieren und bedauern es im Nachhinein sehr. Wir erfahren, dass diese vollständige Tracht umgerechnet ungefähr 300 Franken kostet- ein immens hoher Betrag für guatemaltekische Verhältnisse und ein Grund dafür, dass immer weniger Männer sie tragen.

visuelle Reizüberflutung...

visuelle Reizüberflutung...

Shoppingmeile Panajachel

Shoppingmeile Panajachel

Überall hängen Werbeflyer von Tandemgleitschirmflügen, die von einem Kanadier angeboten warden. Es ist klar, dass Tobi nicht widerstehen kann... 30-40 Minuten soll der Flug, je nach Thermik, dauern. Als die Beiden nach eineinhalb Stunden noch immer nicht am vereinbarten Ort gelandet sind, bekomme ich es langsam aber sicher mit der Angst zu tun. Plötzlich bemerke ich neben mir einen jungen behinderten Mann, der wie gebannt in den Himmel starrt- und nun kann ich auch erkennen, was er sieht. Ein klitzeklienes rot-gelbes Pünktchen. "El Canadiense!" meint der Mann und ich erzähle ihm, dass mein Freund auch dort oben sei. "¡Tu novio es un ave! ¡Maravilloso!" ruft er ohne den Blick vom grösser werdenden Gleitschirm abzuwenden. "Dein Freund ist ein Vogel! Wunderbar!" Wenige Minuten später, die Thermik war nicht so gut, landen die beiden glücklichen Vögel ein bisschen weniger elegant als echte Vögel am Boden und strahlen. "Das hätte dir auch gefallen!" ruft Tobias begeistert und erzählt mit leuchtenden Augen von seinem
Erlebnis.

Nun wird es langsam aber sicher doch Zeit, dass wir nach unserem Nomadenleben eine schöne Wohnung für unser neues Leben in der alten Welt finden. Das ist aber, von weit her, gar nicht so einfach, wie wir angenommen haben. Hätten wir Tobis Schwester Noe nicht, die unermüdlich Wohnung um Wohnung abklappert und Hunderte von Anrufen für uns erledigt, müssten wir sicher mit unserem Zelt vorlieb nehmen. Wir verbringen Stunden in guatemaltekischen Internetcafés, um Wohnungsinserate zu lesen und erfahren in Panajachel, dass Noe wohl fündig geworden ist!
So wie es aussieht, haben wir (oder eben Noe) etwas Tolles gefunden. Zwar liegt es nicht in Bern, dafür gehört ein riesiger Garten dazu- perfekt für ein argentinisches Grillfest. Und was Distanzen anbelangt, haben wir seit Patagonien sowieso anderere Massstäbe.

Wir reisen wieder Richtung Antigua, um unseren, mit Souvenirs vollbepackten, Rucksack zu deponieren, bevor wir mit leichtem Gepäck nach Tikal reisen.

Die Gegend ist total anders. Die majestätischen Vulkane werden abgelöst von dichtem Urwald, die kühle Brise, die im Hochland geweht hat, von tropischfeuchter Hitze, ausgedehnte Bananenplantagen ersetzen den Kaffeeanbau, die Kleidung der Einwohner ist einfacher geworden, die meisten Häuser sind strohbedeckt.
Von Flores, einem schönen kleinen Städtchen auf der Insel im See "Petén Itza" organisieren wir unseren Tikalausflug. Wir freuen uns darauf, die uralten Mayatempel mitten im Dschungel zu sehen und vereinbaren mit einem vom "Footprint" empfohlenen Guide einen Treffpunkt.
Im Park quartieren wir uns mit Hängematten auf dem Campingplatz ein. Die überteuerten Hotelzimmer überlassen wir den anderen...
Gemütlich spazieren wir auf den breit angelegten Wegen durch den heissen Urwald. Grillen zirpen lautstark, Vögel zwitschern, Affen tollen in den Baumwipfeln umher, wunderschöne grosse Schmetterlinge, fast zu schwer zum fliegen, wanken an uns vorbei und die Blattschneiderameisen arbeiten fleissig und ohne Pause. Ab und zu schleppt eine ein Blümchen anstatt eines Blattes vorbei.
Gegen Abend erklimmen wir den berühmten Tempel "Mundo Perdido" oder "Lost World", der von den Mayas als Observatorium errichtet wurde. Der Weg hinauf ist anstrengend und wir fragen uns, ob die Mayas besonders
grossgewachsene Menschen waren- die Tritte sind unnatürlich weit auseinander gebaut. Der Ausblick ist fantastisch! Ringsum uns nichts als Urwald, soweit das Auge reicht! Durch das dichte Blätterdach ragen Tempel heraus, Horden
kreischender grün-roter Papageien zerreissen die mysthische Stille. Wir sitzen lange dort oben und geniessen die Tatsache, unterwegs zu sein, sinnieren über das schon fast vergangene Reisejahr und freuen uns auf die kommende Zeit.
Leichten Fusses erklimmt ein Guatemalteke den Tempel und zückt sein Mobiltelefon. Offensichtlich telefoniert er mit seiner Frau. Als er das Gespräch beendet hat, wendet er sich an uns und erklärt lachend, dass er nur da oben auf dem Tempeldach, weit über den Baumwipfeln, Verbindung habe. Wir lachen mit ihm über diese Tatsache und kommen mit dem Mann ins Gespräch. Er sei Archäologe und hier angestellt, den Tempel IV zu restaurieren. Mit leuchtenden Augen lädt er uns zu einer kleinen Führung ein und füttert unsere Köpfe mit Jahrzahlen und Namen von diversen Mayaherrschern. Ein heftiger Regenschauer unterbricht den Unterricht, wir teilen uns die zwei zu kleinen Schirme und rennen und rutschen dem Ausgang zu. Bis auf die Knochen nass verabschieden wir uns von unserem fleissigen Führer und bedanken uns für die anstrengenden aber interessanten Details.

Bei Kerzenschein essen wir ein einfaches Znacht und legen uns gegen 20 Uhr (es ist schon lange finster) in die Hängematten und schlafen mehr oder weniger bequem, aber gut geschützt vom Moskitonetz, bald ein.

Templo del Gran Jaguar

Templo del Gran Jaguar

Wenn wir die Guatemalakarte studieren liegt Semuc Champey, ein Naturspektakel, das wir gerne sehen möchten, relativ nahe von Rio Dulce, wo wir uns nun befinden. Das Ganze stellt sich dann aber weiter heraus, als wir dachten...
Wir quetschen uns mit unglaublich vielen Leuten in einen alten Toyotabus und brettern los. Dass die Schiebetüre fehlt, scheint niemanden ausser uns aufzufallen. Überall steigen Leute zu- wir trauen unseren Augen kaum, als wir 30 Personen zählen! Wir kommen zur Endstation und werden angewiesen, in einen anderen Minibus umzusteigen, von unserem Ziel steht aber nichts auf der Frontscheibe. Nach dem vierten Mal umsteigen, die asphaltierten Strassen sind längst Vergangenheit, erklärt uns dann endlich jemand, dass wir von hier aus nun zwei Möglichkeiten hätten: Entweder, er lasse uns nach einer einstündigen Fahrt an der Kreuzung heraus und wenn wir Glück hätten, nähme uns dann jemand nach Semuc Champey mit oder aber, wir reisen mit ihm drei Stunden nach Cobán, einer kleineren Stadt, übernachten dort und erreichten von dort aus am nächsten Tag in einer Stunde unser Ziel. Wir haben keine Lust, die Nacht an einer guatemaltekischen Kreuzung zu verbringen und wählen deshalb die Cobán-Variante. Als wir heute Morgen gestartet sind, hätten wir ja nie gedacht, dass wir geschlagene acht Stunden gedrängt wie Sardinen auf Nebenstrassen verbringen werden und schlussendlich doch nicht in Semuc Champey ankommen würden! Nun haben wir, wie uns versichert wird, im letzten Minibus Platz genommen, er soll uns in weiteren drei Stunden direkt nach Cobán bringen. Wir sitzen im noch fast leeren Bus (sie fahren erst, wenn sie voll sind) und schauen uns um. Plötzlich fällt unser Blick auf einen Stoffsack, der auf dem Sitz hinter Martina liegt. Stoffsäcke

sind nichts Besonderes, es sei denn, sie bewegen sich ganz langsam und leise. Der Besitzer bemerkt unsere Blicke und erklärt uns, es seien Schlangen drin. Aha!
Als er den Sack dann aus Platzgründen unter den Sitz vor sich (da sitzt Martina drauf...) legt, braucht es doch etwas Überwindung, ruhig zu bleiben. Doch der Fahrer fährt wie ein Henker und die Stossgebete nützen wohl auch, dass sich die Schlangen unter dem Sitz still halten.
Müde suchen wir uns in Cobán, einem Städtchen mit vielen
Kaffeeplantagen und Kardamonanbau ein Hotel und fallen kurz darauf in tiefen Schlaf...
Im Hotel stossen wir zum zweiten Mal auf das verlockende Werbeplakat, das einen Segeltörn in die Karibik anpreist. Dieses Mal lesen wir ihn noch genauer durch und entscheiden uns, einfach einmal anzurufen um zu fragen, ob es überhaupt noch freie Plätze hat. Es hat und wir müssen uns nicht allzu
lange besinnen. Unsere verbleibende Zeit wird zwar langsam knapp und wir könnten nicht mehr, wie geplant, in Costa Rica reisen. Allerdings haben wir unser Reisebudget nicht ganz aufgebraucht und Sonne und Meer kann man immer vertragen. So beschliessen wir, ans Ende dieses tollen Reisejahres einen krönenden Abschluss zu setzen.
Zwei Hindernisse stehen dem Unternehmen allerdings noch im Weg: Das kleinere ist der Gang zur Bank, um das Geld einzuzahlen und das zweite die mühsame Fahrt zurück nach Rio Dulce...
Es ist zwar erst Dienstag und der Katamaran legt am Freitag ab, aber wir wollen dringend noch nach Semuc Champey, den ganzen mühsamen Weg wollen wir nicht umsonst gemacht haben!

Auf mehr oder weniger direktem Weg erreichen wir am Mittwoch Morgen, bei strömendem Regen, endlich unser Ziel. Wir werden überaus freundlich von einem jungen Mann empfangen, der ein einfaches, aber wohl ziemlich gut florierendes Hotel führt. Nachdem wir uns in einem kleinen Schlafraum mit fünf Betten einquartiert und ein fruchtiges Frühstück gegessen haben, willigen wir ein, schon um 9.30 eine "Höhlentour" zu machen. In der Nähe gibt es Tropfsteinhöhlen, die man einfach erkunden könne. Wir bräuchten nur Badekleider, der Rest werde uns bei der Höhle zur Verfügung gestellt und, ach ja, ob wir schwimmen können?

Gespannt ziehen wir los. Am Eingang bekommen wir eine Kerze und alte Schuhe in ungefähr unserer Grösse. Zusammen mit einem Guide, drei Japaner (unglaubliche Angsthasen!) und drei Amerikanern (oh my god!) machen wir uns aufden Weg ins Abenteuer. Wir schwimmen einarmig, die Kerzen hoch erhoben,
durch eiskaltes Wasser, klettern über Leitern, die der Suva nicht gefallen würden, weit in die Höhle hinein und bewundern im Schein des Kerzenlichts die bizarren Stalaktiten. Zwei Stunden später kommen wir, zitternd und
blinzelnd (Martinas Kerze ist nie ausgelöscht! ) ans Tageslicht. Wir sind uns einig, dass sowohl der Spass- wie auch der Gefahrenfaktor hoch waren.
In alten Lastwagenpneus lassen wir uns vom Fluss gemächlich hinunter zum Hotel treiben- bevor wir in den berühmten Natursteinbecken baden können, müssen wir uns erst ein bisschen aufwärmen...
Gegen Nachmittag spazieren wir dann erneut Richtung Badevergnügen. Nachdem wir den Eintritt berappt haben, spazieren wir durch schönen Urwald, bewundern einmal mehr die wunderschönen Pflanzen, die wir in der Schweiz nur zu
hohen Preisen in auserlesenen Geschäften kaufen können.

Papageienblume

Papageienblume

Aquapark, Semuc Champey

Aquapark, Semuc Champey

Und dann lichtet sich der Wald und wir stehen vor den wunderschönen, mit türkisblau und smaragdgrünem Wasser gefüllten Steinbecken. Weiter oben braust ein Wildbach über grosse Steine und verschwindet tosend in einer Felsspalte- Semuc Champey heisst auf Keq´chi, einer der vielen Mayasprachen, verschwindender Fluss. Der kleine Teil des Wassers, das nicht unterirdisch fliesst, speist die darüberliegenden natürlichen Bassins.
Als wir uns an diesem schönen Ort satt gesehen und gebadet haben, spazieren wir am, nun ruhig
dahinfliessenden, wieder an die Oberfläche gekommenen Fluss "nach Hause".
Wir könnten uns nochmals in den Lastwagenpneus treiben lassen, doch für heute haben wir genug Wasser gehabt.
Morgen, Donnerstag, werden wir den 5Uhr-Bus nehmen, um rechtzeitig Rio Dulce, Ausgangsort unserer Karibikreise, zu erreichen. Wir kommen uns vor wie Japaner, die versuchen, Europa in einer Woche zu bereisen. So ein gedrängtes Programm hatten wir das ganze Jahr nie gehabt!

Wir müssen wieder nach Cobán zurückzureisen, dieses Mal wird uns aber ein Bus nach El Estor, das eine Stunde von Rio Dulce entfernt ist, empfohlen.
Die Reise Cobán- El Estor dauere fünf Stunden, wir hätten eine halbe Stunde nach Ankunft in Cobán einen direkten Bus dorthin. Uns bleibt nicht viel anderes übrig, als das zu glauben. In Cobán wird uns allerdings mitgeteilt, dass der 8Uhr-Bus nicht fahre, der Chauffeur sei nicht aufgetaucht. Der 9Uhr-Bus fahre aber ganz sicher. Wir seufzen tief und machen uns auf die Suche nach einem Frühstück und Internet. Eine Stunde später stehen wir wieder beim "Terminal de los Buses". Dort steht einer der ältesten Bussen, die wir je gesehen haben, ein von Kopf bis Fuss mit Öl verschmierter Mann, die Frau, die die Fahrscheine verkauft und ein dicker Mann, wir tippen auf den Chauffeur dieses Vehikels. Sie sind in einen lauten Streit vertieft, dessen Grund wir nicht sofort heraus bekommen. Die Frau zeigt auf uns und sagt, sie habe Passagiere, sie sollen doch bitte fahren. "Aber das Licht!" schreit der schmutzige Mann. Schlussendlich klaubt die Frau genervt einige Quetzales aus der Tasche und reicht sie den Beiden, schüttelt wütend den

Kopf und brummt etwas von "Blödmänner" und "müsst den Passagieren halt etwas mehr verlangen". Dann versichert sie uns, dass der Bus, nach einer kleinen Reparatur zurückkommen werde und spätestens um 10Uhr losfahre.
Punkt 11Uhr ist es soweit, und die fünfstündige Fahrt kann losgehen.
Um 19Uhr erreichen wir El Estor, die Einzelheiten der Reise wollen wir nicht schildern, wir sind ziemlich erfolgreich damit beschäftigt, sie zu verdrängen...
Weil der letzte Transport nach Rio Dulce vor drei Stunden losgefahren ist, werden wir die Nacht wohl oder übel hier verbringen müssen.
Totmüde, durchgerüttelt und staubig suchen wir uns ein Hotel und fallen abermals sofort in tiefen Schlaf.

In Rio Dulce wird uns nicht viel Zeit bleiben, das Geld zu überweisen (bei den hiesigen Bancomaten keine so einfache Angelegenheit), unsere Wäsche zu waschen, Lesestoff zu organisieren und Sonnencreme und Co. zu kaufen, bevor wir um Mittag lossegeln werden. Wir schaffen alles im engen Zeitrahmen (hoffentlich ist dieser Stress nicht Massstab für unser neues Schweizerleben) und uns bleibt sogar noch Zeit, in aller Ruhe einen Orangensaft zu trinken, bevor wir in einem kleinen Bötchen abgeholt werden und Richtung La Sirena tuckern.
Die Mitsegler sprechen, wie befürchtet, alle englisch (bis auf Francisco aus Holland) und kommen aus Kanada, England und Amerika. Trotz sehr unterschiedlichen Kulturen sind sie angenehme Leute, im Verlauf der Woche werden sie sich an unser gemächliches Schulenglisch und wir uns mehr oder weniger an ihr schnelles Kaugummienglisch gewöhnt haben...

Trotz stattlicher Grösse hat es auf dem 46-Fuss Katamaran nicht wirklich viel Platz für uns 12 Passagiere und die 3köpfige Crew: Francisco und Allistair schlafen in Hängematten, die am Bug über dem Wasser befestigt sind, die älteren amerikanischen Geschwister haben je eine fensterlose Einzelkoje, die nicht viel grösser ist als ein Sarg und die vier restlichen Paare haben je eine Koje zur Verfügung, die mehr oder weniger ideal liegt. (Eleanor und Steve aus England müssen durch die Küche kraxeln, damit sie ihren Schlafplatz erreichen.) Wir steigen durchs Dachfenster, den Hatch, ein und aus.

Weil das Wetter aber immer schön ist, machen wir von den engen Schlafgelegenheiten sowieso nur nachts Gebrauch.
Am ersten Tag segeln wir nur einige Stunden und legen in einer sicheren Bucht an, wo uns ein Sonnenuntergangsabendessen serviert wird. Uns werden (strikt auf Spanisch) die Bordregeln und das Programm der kommenden Tage mitgeteilt und die Eigenheiten der Klospülung erklärt. Schon morgen werden wir, nach einem kurzen Stopp in Livingston, um die Einreiseformalitäten zu erledigen, nach Belize segeln. Mit jedem Meter, den wir hinter uns lassen, verändert sich die Farbe des Wassers. Noch nie, ausser im Karibikwerbeprospekt, haben wir so klares, türkisblaues Wasser gesehen! Bäuchlings liegen wir in den Hängematten, die am Bug aufgespannt sind und starren wie gebannt aufs Wasser. Plötzlich tauchen Delfine auf und schwimmen mit uns um die Wette, führen Kapriolen auf und fühlen sich offensichtlich wohl in ihrer Rolle als Entertainer.

In den nächsten Tagen verbringen wir, und allen voran Tobias, so viel Zeit wie möglich unter Wasser. Die Welt, die sich uns auftut, ist spektakulär! Grosse Schwärme von leuchtend blau-gelb gestreiften Fische schwimmen ruhig an uns vorbei, grimmig dreinblickende Baracudas erschrecken uns und majestätisch schwebende Adler- und Stachelrochen lassen uns alles um uns herum vergessen. Wir sehen wunderschöne Korallen, die eine Oberflächenstruktur wie Gehirne haben und solche, die aussehen wie rote oder gelbe Bäumchen. Wir amüsieren uns über unaufgeblasene Kugelfische, die seltsam deformiert aussehen und staunen über blau schillernde Fische, die die Grösse eines kleines Velorades haben. Als ein Sandtiegerhai beim Katamaran auftaucht, steigt Tobias, in gebührendem Abstand, ins Wasser, um ihn besser zu betrachten.

Hungrig kehren wir von unseren Unterwasserabenteuern zurück an Bord des Segelkatamarans, lassen uns von der Sonne wärmen, lesen, diskutieren und tauschen Reisetipps aus, bevor uns dann, Abend für Abend ein wunderbares Znacht serviert wird. Jeden Tag essen wir Feines aus dem Meer, selbst gefangene Baracudas, die nicht wirklich schmackhaft sind oder tropische Fische, die uns furchtbar Leid tun, wenn sie, zuckend und wunderschön farbig an Deck liegen. Kulinarischer Höhepunkt ist ein Hummergericht, das der junge Koch Elias zubereitet hat.
Die Woche ist schnell herum und schon segeln wir wieder zurück nach Guatemala. Die ersten Stunden an Land sind seltsam, alles schwankt und schaukelt vermeintlich. Ein komisches Gefühl!

Wir reisen erneut nach Antigua, dieses Mal um den Souvenir-Rucksack abzuholen, bevor es dann mit einem teureren, aber relativ luxuriösem Bus (aufs Ende unserer Reisetage haben wir den Abenteuergeist wohl etwas verloren...) durch El Salvador und Honduras Richtung Managua geht. Auch hier legen wir einen Zwischenstopp ein, um im nahegelegenen Masaya den Sack mit Regenzeug und Faserpelzen entgegen zu nehmen- bei sonnigen 30 Grad!

In Masaya, Nicaragua, setzen wir uns ein letztes Mal zu den vielen Leuten in den Park, essen ein Stück Pizza und trinken etwas Kühles, während wir ein bisschen wehmütig das mittelamerikanische Sommerabendflair geniessen. Kinder spielen auf dem Platz, ein Strassenhändler verkauft Kleinigkeiten, Paare schmusen auf den Bänkchen, Hunde streunen und Gesang der Sonntagabendpredigt dringt aus den geöffneten Kirchenfenster- und türen...
Am darauffolgenden Morgen steigen wir ein letztes Mal in einen mittelamerikanischen Bus und kommen nach langwierigen Zollformalitäten gegen Abend in Costa Rica an.
Hier verbringen wir nun die letzten Tage dieses grossartigen Jahres, werden ein letztes Mal Gallopinto, Reis mit Bohnen essen, ein letztes Mal einer der fabelhaften Fruchtsäfte trinken und zum letzten Mal ein neues Kapitel unseres Reiseberichtes eintöggelen und uns dann am Donnerstag nachmittag auf den Weg zum Flughafen machen.

Reisen ist gefährlich!

Reisen ist gefährlich!

und ausserdem...

  • ...haben wir in einem Spezialitätenladen wunderbaren Greyerzer gefunden.

  • ...hat dieser Genuss etwa gleich viel gekostet wie eine günstige Hotelübernachtung.

  • ...hat uns die Tatsache, dass vier der sieben mittelamerikanischen Länder fast die gleiche blau-weiss getreifte Flagge haben, etwas verwirrt.

  • ...verleihen wir den Guatemalteken einen Podestplatz für " das Land mit den freundlichsten Einwohnern."

  • ...spielen auch guatemaltekische Kinder Räuber und Poli.

  • ...müssen wir nur noch ein Mal schlafen bis wir uns auf den Weg machen!

GENAU!

GENAU!

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Die Reise
 
Worum geht's?:
In Kürze geht ein grosser Traum in Erfüllung: Wir starten gemeinsam unsere Reise durch Südamerika...
Details:
Aufbruch: 16.07.2006
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 06.07.2007
Reiseziele: Ecuador
Peru
Südamerika
Chile
Argentinien
Costa Rica
Nicaragua
Guatemala
Der Autor
 
martina und tobias berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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