In 208 Tagen um die Welt

Reisezeit: Oktober 2006 - April 2007  |  von Helena Graf

Wanganui River-mit dem Kanu durch den Urwald

Heute soll unser grosses Kanuabenteuer starten. Wir wollen alleine mit einem gemietet Kanu auf dem Wanganui River durch den Urwald fahren. Diese Strecke gehoert zu einem der Great "Walks" in Neuseeland und Fabi war ganz begeistert. Also ist das genau das Richtige fuer uns! Wir suchen also erstmal die Base des Kanuvermieters, die ganz in der Naehe von National Park liegt. Wir stellen fest, dass sich hinter dem superproffesionellen Hochglanzprospekt des Anbieters, bei dem wir unser Kanu gemietet haben, ein Bauer verbirgt, der auch ein paar Kanus hat. Der ist aber sehr nett. Wir bekommen ein paar kleine, hoffentlich wasserdichte Tonnen, in denen wir unsere Klamotten, Essen und unser Zelt verstauen koennen. Dann bringt er uns mit seinem kleinen Bus zu der "Hauptzentrale" des Vermieters. Dort koennen wir alles kaufen, was wir vergessen haben (z.B. Klopapier!!!), bekommen Rettungswesten angelegt und werden dann mit einer Art Quad zum Ufer eines kleinen Seitenarms des Wanganui Rivers gefahren.

Der Typ erklaert uns seeeeehr kurz, wie das Kanufahren funktioniert und schickt unsdann ins Wasser. Ein paar Meter weiter sollen wir einen Kreis fahren, damit er sehen kann, ob wirs koennen. Das schaffen wir auch mehr schlecht als recht. Als wir unsere Blicke aber wieder auf was anderes lenken koennen als auf unsere Paddel, stellen wir fest, dass unser Bauer seinen Quad sehr viel interessanter findet als unser gekonntes Manoever und uns gar nicht zusieht. Also machen wir uns auf den Weg. Gleich in der ersten kleinen Stromschnelle muessen wir feststellen, dass es mit unserem Koennen nicht so weit her ist. Unser Boot stellt sich schief und wir klemmen zwischen zwei Felsen fest. Ich (Helena) muss also raus und uns unter den mitleidigen, schadenfreudigen, aengstlichen Blicken der anderen Kanufahrer befreien. Zum Glueck ist das Wasser hier noch nicht so tief. Nach ein paar Hundert Metern verlassen wir den Seitenarm und biegen auf den breiten, langsam dahinfliessenden (zwischendurch sollen wir noch schmerzhaft zu spueren bekommen, wie langsam er dahinfliesst!)Wanganui. Und nach ein paar kleinen Anfangsschwierigkeiten hat Yvonne, die hinten sitzt, auch bald raus, wie man das Ding steuert. Wir schlaengeln uns also elegant durch saemtliche (zugegeben nicht alzu dramatische Stromschnellen) und legen gegen zwei gekonnt an einem kleinen Strand zu Mittagspause an.

Wir schlaengeln uns also elegant durch saemtliche (zugegeben nicht alzu dramatische Stromschnellen) und legen gegen zwei gekonnt an einem kleinen Strand zu Mittagspause an.

Es laeuft alles super. Zwischendurch lassen wir uns einfach durch die tiefe Schlucht des Flusses treiben, geniessen die fantstische einsame Landschaft des Urwalds und die perfekte Stille, die nur durch gelegentliches Plaetschern eines Wasserfalls oder kleine, wilde Ziegen und Voegel, die im Wald wohnen gestoert wird.

Leider zieht sich die Strecke endlos hin. Zwischendurch erfahren wir von anderen paddlern, dass man diese Strecke sowohl in drei als auch in fuenf Tagen erledigen kann. Und auf der Fuenftagestour hat man offenbar immernoch ausreichend zu tun. Nach endlosen neun Stunden erreichen wir eine riesige Hoehle, die wir uns mal genauer ansehen. Wir legen an dem winzigen Strand davor an und klettern hinauf. Die Hoehle ist riesig gross und hat einen trockenen Sandboden. Ich will unbedingt hier uebernachten. Aber Yvonne meint, wir sollten uns lieber an die Vorgabe halten, dass campen nur an den ausgewiesenen Stellen erlaubt sein. Ich versuche noch ein bisschen sie zu ueberreden, und gebe mich schliesslich schweren Herzens geschlagen. Eigentlich hat sie ja auch Recht.

Gott sei Dank taucht ein paar hundert Meter weiter vor uns ein Strand mit ziemlich vielen Kanus auf: der Campingplatz. Erleichtert legen wir an, laden aus und schleppen unseren Tonnen hinauf. Oben erwartet uns ein vollkommen ueberfuellter Platz! Im Laufe des Tages hatten wir eigentlich meistens das Gefuehl, alleine unterwegs zu sein. Irgendwo muessen sich diese Massen an Kanufahrern versteckt haben! Wir schlagen unser Zelt auf dem einzigen noch sichtbaren Quadratmeter Wiese auf. Anschliessend essen wir unser kaltes (weil wir zuviel Hunger haben um es auf unserem Gaskocher aufzuwaermen)Kartoffelgratin vom Vortag direkt am Strand, nicht ohne neidvolle Blicke auf die randvollen Schuesseln mit Salaten und Nachtischen und die mitgebrachten Gasgrills, auf denen tonnenweise Fleisch brutzelt, der anderen Camper, zu werfen. Nacja, ist trotzdem ganz lecker. Langsam wird es dunkel und wir verkriechen uns hundemuede in unsere Schlafsaecke in unserem giftgrenen Minizelt.
Am naechsten Morgen krabbeln wir um acht wieder raus und muessen erstaunt feststellen, dass wir die allerletzten sind. Nur die zwei Schweizer, die wir schon aus unserem Hostel in National Park kennen, sind noch dabei ihr Zeug zusammenzupacken. Wir lassen es trotzdem gemuetlich angehen, freuhstuecken erstmal und machen uns dann gegen viertel nach neun auch auf den Weg. Ich hab in saemtlichen muskeln oberhalb des Bauchnabels Muskelkarter und der wird mit jedem Paddelschlag schlimmer. Aber mit der Zeit gewoahnt man sich an die Schmerzen . Ich sitze wieder vorne. Das bloede daran ist, dass der Hintermann immer gleich merkt, wenn man Faulenzt. Wenn man hinten sitzt kann man das Faulenzen wenigstens lenken nennen.Aber das paddeln macht trotzdem Spass und zwischendurch blizt sogar die Sonne durch die Wolken.Wir schippern langsam durch die tiefe Schlucht und habens jetzt richtig raus und die Stromschnellen, in denen es mal etwas rasanter zugeht machen richtig Spass.

Fabi hatte von tueckischen Wasserstrudeln, in denen er und alle seine Freunde die Beknntschaft mit dem Fluss vertieft haben geredet. So tueckisch kommen die uns gar nicht vor... Boeser Fehler! Wir fahren grade wieder auf eine dieser Flussverengungen zu, als ploetzlich direkt vor uns knapp unter der Wasseroberflaeche ein riesiger in den Fluss gestuerzter Baum auftaucht. Yvonne versucht noch zu lenken, aber das macht die Sache nur noch schlimmer, Der Bug dreht sich zwar, aber weil wir kein Schwert haben und das Wasser hier schon ziemlich schnell ist, werden wir schraeg auf den Baum getrieben. Wir knallen dagegen und kippen sofort um. Erstmal werden wir ein paar hundert Meter durch die Stromschnelle getrieben un koennen gar nichts machen ausser uns an dem Boot festzuhalten. Dann klettert Yvonnen mit dem Oberkoerper auf under umgedrehtes Kanu. Ich gebe ihr mein Paddel und meine Uhr, die sie sicher in ihrem Mund verstaut und versuche unser Boot an einen kleinen Strand zu ziehen. Dort drehen wir es erstmal um. Zum Glueck waren alle unsere Sachen festgebunden und so haben wir, bis auf meine Wasserflasche, die bis heute als vermisst gilt und wohl auf tragische Weise in den Fluten ums Leben kam, keine Verlusste zu melden. Leider ist der Strand aber so klein, dass wir unser Boot, das ziemlich vollgelaufen ist, nicht ausleeren koennen. Ein paar Kilo kann es aber noch verkraften. Yvonne setzt sich also rein. Ich bin zu dick und muss draussen bleiben. Im Wasser ist es aber auch ganz schoen.

Wir lassen uns erstmal noch ein bisschen weitertreiben, bis wir aus dem groebsten Teil der Stromschnelle raus sind. Da unser Boot hinten fast bis zur kante im Wasser liegt, ist es manoevrierunfaehig. Ich versuche es also vom Wasser irgendwie ind ie richtige Richtung zu lenken und Yvonne paddelt. Schwimmen mit Schuhen ist gar nicht so einfach und deswegen dauert es ein bisschen, bis wir einen groesseren Strand erreichen, auf dem wir unser Boo entleeren koennen. Kaum haben wir angelegt, kommt eine grosse Gruppe anderer Paddeler und die Maenner helfen uns unser Boot wieder auf Vordermann zu bringen. Wir paddel erstmal ein ganzes Stueck weiter. Die Sonne kommt passenderweise unter der Wolkendecke hervor und waermt uns. Schliesslich biegen wir in einen seeeehr einsamen Seitenarm des Flusses ab, in dem wir uns ungestoert umziehen koennen. Nachdem das und das Mittagessen erledigt ist, fahren wir weiter und treffen wenig spaeter die beiden Schweizer, die sich auch gerade umziehen. Sie sind kurz vorher auch gekentert. Am Nachmittag kommen wir an einer Stelle am Ufer an, an der der Bushwalk zur "Bridge to nowhere" startet. Der laut Kanuvermieter wunderschoen sein soll, und den wir uns auf keinen Fall entgehen lassen sollen. Wir legen also an dem ziemlich steilen Felsen an, was gar nicht so einfach ist, zumal hier auch schon andere Kanus angebunden sind, und machen uns auf den Weg. Nach einer knappen Stunde Fussmarsch erreichen wir die riesige Steinbruecke Bruecke, die hier mitten im Dschungel wirklich reichlich fehl am Platz wirkt.

Vor einigen Jahren soll es hier eine ziemlich grosse Maorisiedlung gegeben haben, von der Jetzt aber nichts mehr zu sehen ist.

Wir schiessen ein paar obligatorische Fotos, machen ein paar Wettspucken in die tiefe Schlucht (nicht ohne Stolz verkuende ich, dass ich aus dem erbitterten Wettkampf als unumstrittene Siegerin hervorgegangen bin! und machen uns dann auf den Rueckweg.

Wir mussen uns beeilen, denn inzwischen ist es schon viertel vor vier und wir haben noch ein gutes Stueck Weg vor uns. Gegen sieben erreichen wir dann endlich den naechsten Campingplatz (an dem wir wahrscheinlich vorbeigefahren waehren, wenn nicht die vielen Kanus am Strand laegen. Das Schild ist naemlich voellig zugewachsen). Wir schleppen also mal wieder unsere kleinen aber suuuuper schweren Tonnen den suuuuper steilen Abhang hinauf. Zu dem Campingplatz gehoren auch ein Maori Versammlungshaus, in dem sich der ortsansaessige Stamm treffen kann,

Eine Art Materpfahl neben dem Versammlungshau (die genaue Bedeutung kenne ich leider nicht)

Eine Art Materpfahl neben dem Versammlungshau (die genaue Bedeutung kenne ich leider nicht)

und eine Huette mit Kueche, in denen Kanufahrer umsonst uebernachten duerfen. Und es sind tatsaechlich noch genau zwei Betten fuer uns frei. Darueber sind wir ganz froh, denn es hat angefangen ein bisschen zu regnen. Wirrichten uns erstmal haeuslich ein und kochen uns dann in der Kueche, in der es sogar Toepfe gibt, Spaghetti aus der Dose (der Grund warum es sowas in Deutschland nicht gibt ist vermutlich, dass die Nudeln im Laufe ihres Dosendaseins ihren Durchmesser verdoppeln und sich in lange, schleimige Wuermer verwandeln), verfeinert mit Philadephia und Dosenthunfisch mit kuenstlichem Zitronenaroma (Oh ja, wir sind echte Gourmets!). Langsam wird es dunkel und deswegen gehen wir aus Mangel an Elektizitaet und koerperlicher Energie ins Bett. Am naechsten Morgen machen wir uns ziemlich frueh wieder auf den Weg, weil wir um zwei an einem Pick up point abgeholt werden sollen und das ungern verpassen wollen. Ausserdem hat unser Bauer gemeint am letzten Tag gaebe es ein paar Stromschnellen. Und weil er das, was wir bisher erlebt haben offenbar nichtmal als solche beseichnet, machen wir uns auf einiges gefasst. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Fluss scheint langsamer dahinzuduempeln denn je und bisweilen sogar bergauf zu fliessen, denn die unterschiedlichen Gesteinsschichten der Felsen links und rechts von uns sind flusswaerts geneigt, was diese optische Taeuschung bewirkt.

Jetzt kommen uns auch immer wieder Speedboote voller Touristen entgegen und wir muessen Staendig von einer Seite zur anderen "huschen". Diese truegerische Stille sollte sich aber als Ruhe vor dem Sturm herausstellen. Wir paddel grade mal wieder auf etwas zu, was ich erst nichtmal fuer eine Stromschnelle halte. Sicherheitshalber steuere ich aber mal nach rechts. Alles scheint super, bis ploetzlich keine fuenf Meter vor uns ein riesiger Felsen auftaucht, den wir bisher fuer zu der dahinterliegenden Wand gehoerig hielten. Wir schffen es nicht mehr links an ihm vorbei zu fahren, weil wir dann von dem Fluss gegen ihn gedrueckt wuerden, also bleibt uns nichts anderes uebrig, als zwischen ihmund der Felswand, die die hier eine Kurve beschreibt, durchzufahren, Die Luecke ist vielleicht vier Meter breit. Leider erweisst sich das auch nicht als besonders gute Idee, denn jetzt knallen wir mit voller Wucht schraeg mit dem Bug vor die Wand. Unser Boot kippt bedenklich und ich befuerchte das das ganze hier zwischen den Felsen ziemlich schmerzhaft enden koennte. Aber Yvonne und ich werfen uns reflexartig gegen den Felsen und bleiben wie durch ein Wunder auf dem trockenen. Allerdings hat Yvonne bei dem Unfall ihr paddel verloren, das jetzt am Felsen festhaengt. Wir ueberlgen noch wie wir es zurueckbekommen koennen (hinschwimmen?!), da loest es sich plaetzlich und treibt direkt auf uns zu. Um uns zu erholen und um die Felsenmanoever der anderen Kanufahrer zu begutachten (uns dabei Sensationslust oder gar Schdenfreude zu unterstellen ist boeswillig!), legen wir erstmal am naechsten Strand an und essen einen Muesliriegel. Nach fuenf Minuten gehts aber schon weiter und die naechste Katastrophe laesst nicht lange auf sich warten. Vor uns taucht wider eine Stromschnelle auf und ich steuere, wie wir es gelernt haben auf das grosse V zu, was sich im Wasser vor uns auftut. Wir geraten in ein riesiges Wellentahl, was zu Folge hat, dass sich dahinter eine Welle die fast doppelt so hoch ist wie wir in unserem Kanu, auftut. Das Wasser schwappt in unser Boot und es folgt gleich die naechste Riesenwelle. Das Kanu macht was es will und ich kann es nur mit Mueh und Not in Fahrtrichtung halten. Nach den wellen folgt ein Riesenstrudel und unser Boot dreht sich. Erst jetzt merken wir, dass wir komplet vollgelaufen und kurz vorm kentern sind. Wir schaffen es grade noch eus dem riesen Strudel, der zum glueck nicht sehr stark ist, rauszupaddeln und ans Ufer zu gelangen, wo wir das Boot ausleeren und einen weiteren Muesliriegel essen koennen. Waehrend wir das tuhen naehert sich eine groessere Kanugruppe. Das erste Boot ereilt das selbe Schicksal wie uns, die naechsten drei kentern. Langsam koennen wir der Aussage unsere Vermieters, die besagt, dass vielleicht so ein-, zweimal im Jahr jemand kentert, nicht mehr so recht glauben schenken. So kanns aber nicht weitergehen. Zum Glueck klappt aber dann auch alles ziemlich gut. Wir fahren an riesigen Felspalten und Hoehlen vorbei und koennen zwischendurch unsere einzige verbliebene Wasserflasche an den vielen kleinen Wasserfaellen mit ganz klarem Wasser auffuellen.

Wir passieren noch ein paar Stromschnellen, die wir jetzt irgendwie nicht mehr so richtig geniessen koennen und erreichen puenktlich den Pick up point, wo uns um zwei von ein riesiger Maori, der aussieht wie ein Wrestligstar (das faellt aus meinem Interessenbereich, deswegen hab ich keine Ahnung wie man das schreibt) in Rente und seinem immer barfuessigen Freund Dave abgeholt werden und zurueck zu unserem roten "Flitzer" gebracht werden, mit dem wir dann auch gleich weiter richtung Norden duesen.

© Helena Graf, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nepal-Indien-Neuseeland-Chile-Peru-Bolivien-Argentinien
Details:
Aufbruch: 02.10.2006
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 27.04.2007
Reiseziele: Indien
Nepal
Varanasi
Australien
Neuseeland
Chile
Peru
Bolivien
Argentinien
Uruguay
Der Autor
 
Helena Graf berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.