Freeride to Asia

Reisezeit: Juli 2007 - Oktober 2008  |  von Lucia Dettli / Berny Ackermann

Mongolei: 21.8.08: West

Strastvitsje liebe Leute

Momentan fühlen wir uns fast wie zu Hause! Die Gegend um uns rum sieht etwa so aus wie das Bündnerland und die sauberen Läden hier verkaufen jede Menge Luxusgüter wie etwa Coca Cola, Käse und Früchte. Nein, wir haben nicht das Beamen erfunden, wir schreiben diese Zeilen aus Russland, genau gesagt der Region Altai (Westlich der Mongolei) wo wir auf Durchreise nach Kasachstan sind. Hätten wir uns nie gedacht, dass sich Russland so europäisch anfühlen kann, doch wenn man aus der Mongolei einreist und erst den "wilden Osten" des grössten Landes kennt, fühlt's sich in etwa so an.

Stop, dieser Bericht handelt von unseren letzten zwei Mongoleiwochen:

Wir verliessen die Hügel der Mitte und holperten Richtung Altai, ner weiteren Provinzhauptstadt im Südwesten.

....wir staunen wie wichtig der Fortschritt den Mongolen zu sein scheint, denken wir uns doch, dass ein Pferd wohl viel geeigneter wäre um die Herden über die Landschaft zu treiben....

....wir staunen wie wichtig der Fortschritt den Mongolen zu sein scheint, denken wir uns doch, dass ein Pferd wohl viel geeigneter wäre um die Herden über die Landschaft zu treiben....

Unterwegs trafen wir dann noch einige Riesenrudel Kamele, die für uns gedanklich so gar nicht vor die Schneeberge des oestlichen Altaigebirges passten. Auch dieses Gebiet gehoert zur Wueste Gobi.

Während dem die Kamele im Liege-Stehrudel posieren, zeigt Superbus stolz sein neues Mongoleisouvenir - irgend ein gut verdrehtes Schafshorn - vielleicht sogar eines der raren Argalischafe (nein, wir haben das arme Tier nicht überfahren, der tierische Kühlerschmuck war irgendwo in der Gobi am Rumliegen).

....diese netten Tierchen sind groesser wie ne fette Katze...

....diese netten Tierchen sind groesser wie ne fette Katze...

Nebst unzähligen Kamelen, Pferden, Schafen, Ziegen und anderem Getier wie Mäusen, Hörnchen und Murmeltier gefallen uns die kräftigen Steppenadler und Falken ganz besonders.

..eines der wenigen Exportgüter des Landes...Zielmärkte mittlerer Osten wie etwa Kuwait für die Jagd. Kuwait ist neben den USA einer der grossen Investoren für die Erweiterung des Strassennetzes der Mongolei (per se eine gute Idee). Umweltschützer warnen jedoch, dass die neuen Strassen primär in Richtung mongolischer Oelfelder gebaut wuerden....

..eines der wenigen Exportgüter des Landes...Zielmärkte mittlerer Osten wie etwa Kuwait für die Jagd. Kuwait ist neben den USA einer der grossen Investoren für die Erweiterung des Strassennetzes der Mongolei (per se eine gute Idee). Umweltschützer warnen jedoch, dass die neuen Strassen primär in Richtung mongolischer Oelfelder gebaut wuerden....

Wenn man nicht gerade in Richtung Oelfelder unterwegs ist und der Fahrweg trotzdem auf der Karte existiert, und sogar als "Highway" eingezeichnet ist, dann handelt es sich i.d.R. um eine mit Maschinenhilfe fein säuberlich präparierte Wellblechbahn aus Kies.

Deren Fahreigenschaften sind für Fahrzeuge jeglicher Art nicht wirklich zu empfehlen und wohl der Hauptgrund, dass unser Bus immer mehr quietscht und wir unseren Dachträger nun schon dreimal haben Schweissen lassen....

Somewhere in Nowhere, zerfallene, russische Fabriken erinnern an den Einfluss des kommunistischen Grossreiches im 20 Jahrhundert.
Der Einfluss war so gross, dass heute in jedem Dorf irgendeine Produktionsruine rumsteht.

Die Russen senkten aber nach 1921 durch die starke Strukturierung auch die Analphabetenquote innerhalb 20 Jahre von 95% auf erstaunlich tiefe 5%!
Wie auch immer Analphabetismus definiert wird....wir lernten in Pakistan von Entwicklungshelfern des DEZA, dass man offiziell nicht Analphabet ist, wenn man seinen eigenen Namen richtig schreiben kann.....hmmmmh ... auf jeden Fall hatte die russische Invasion auch zur Folge, dass die ehemalige mongolische Schreibsprache heute quasi ausgestorben ist.

Ein weiteres Merkmal von mongolischen Städten: jenste Nomaden, die in Folge starker Winter ihre Tiere verloren haben, oder aber auf schnellen Rubel in Stadtnähe hoffen(Landflucht), bilden eine Art Zeltlagergürtel um die Dörfer....dabei handelt es sich um die ärmste Gruppe der Mongolen...keine Tiere mehr zur Zucht und keinen Job für Devisen.

Nicht nur an den tieferen Temperaturen, sondern auch an den Nomadenkarawanen die das Land queren, spüren wir, dass die Sommeraison kurz ist!
Wunderschönes Sujet, eindrücklich wie viel Bagage so ein Wüstenschiff trägt!

Ueber schier unendliche Gobiweiten sowie ausgetrocknete Sumpflandschaften.

Erreichten wir mit Khovd eine der westlichsten Städte der Mongolei - wo sich wiedermal ein unglaublicher Travellerzufall ergab: um unsere Mails zu checken begaben wir uns ins lokale Cybercafe, wo wir nicht schlecht staunten, dass uns zwei unbekannte Schweizer mit Namen ansprachen.
Nach einigen Erklärungen checkten dann auch wir, dass es sich dabei um Martina und Adrian aus Bern handelte. Die beiden sind letztes Jahr im Internet irgendwann mal über unseren Blog gestolpert und kontaktierten uns weil sie eben ne ähnliche Reise planten, in Sachen Autowahl per Mail.

Dass wir die beiden, welche mit ihrem Auto auf dem Weg nach Vladivostok sind, in der unendlich weiten Mongolei ohne Abmachen getroffen haben, ist wohl ein weiteres tolles Erlebnis in Sachen unglaubliche Geschichten zweier Welterfahrer.

..die beiden wollen von Vladivostok per Schiff rüber nach Kanada, wo eine Saisonstelle als Skilehrer in Whilstler auf sie wartet... bevor sie sich „den Rest der Welt“ anschauen ... check www.rumpelkiste.ch....

..die beiden wollen von Vladivostok per Schiff rüber nach Kanada, wo eine Saisonstelle als Skilehrer in Whilstler auf sie wartet... bevor sie sich „den Rest der Welt“ anschauen ... check www.rumpelkiste.ch....

Nach zwei gemütlichen Schweizergrillabenden und einigen mongolischen Bieren ging's für uns weiter gen Westen.

Immer so ne Sache mit den Flüssen...die Wattiefe unseres Benziners ist wohl etwa nen halben Meter niedriger als diejenige der russischen Jeeps, welche hier die Fahrrinnen definiert haben...wir haben schon einige Overlander angetroffen, die ihren Motor in zu tiefem Wasser killten.

Wir waren froh, dass alles gut ging und wir dank tiefen Wasserständen in die Region des Tsanbaganarav Uul vordringen konnten.

Fanden nen geilen Wohnort am Fusse des mit 4219 Metern dritthöchsten Berges des Landes

Von wo aus wir ne Besteigung versuchen wollten.

Wozu uns aber aufm Gletscher unterhalb des Gipfels die Steigeisen fehlten. Leider gibt's auch keine geilen Panoramabilder, weil Schneesturm und Nebel das meteorologische Geschehen dominierten.

Zurück bei unserem Wohnort erhielten wir wie so häufig wiedermal Nomadenbesuch:

...Nomaden unter sich....

...Nomaden unter sich....

Sowie ne weitere Einladung in die Jurte:

Die gastfreundlichen Kasachen (der Westen der Mongolei wird von etnischen Kasachen, die muslimischen sowie schamanistischen Glauben pflegen, bewohnt) liessen wortwörtlich nix anbrennen und starteten gleich morgens um 10 ein ausgiebiges Barbecue.....
Die Jurten der Kasachen sind deutlich groesser und viel mehr geschmueckt als die Mongolischen.

...Berny führte dann zur allgemeinen Belustigung noch die magische Pfeffermühle vor (die Leute hier scheinen Gewürze nicht wirklich zu kennen)...das war ein Riesengaudi...

...Berny führte dann zur allgemeinen Belustigung noch die magische Pfeffermühle vor (die Leute hier scheinen Gewürze nicht wirklich zu kennen)...das war ein Riesengaudi...

...zum Abschied und Dank chauffierten wir die Grossmutter der Sippe querfeldein zu Verwandten..

...zum Abschied und Dank chauffierten wir die Grossmutter der Sippe querfeldein zu Verwandten..

Hier wurde uns dann als Dank noch kräftig Käse eingepackt.

....Käsetrocknung à la Mongolie.....ist übrigens mega salzig der Käs und leckerst auf Pasta….

....Käsetrocknung à la Mongolie.....ist übrigens mega salzig der Käs und leckerst auf Pasta….

Hier kämen jetzt noch etwa 200 wunderbare Fotos der tollen Landschaften aber wir wollen ja mal nicht übertreiben..... In Oelgii, der letzten "Stadt" vor der Grenze shopten wir nochmals Vorräte. Das geht dann in etwa so:

Wir (respektive Berny) fragen uns:
"Hm, wo geht's denn hier zur Metzgerei?"

...“Ah, da vorne liegen Felle am Boden, die laut all den Fliegen frisch sind, dann muss es ja gleich um die Ecke sein“...

...“Ah, da vorne liegen Felle am Boden, die laut all den Fliegen frisch sind, dann muss es ja gleich um die Ecke sein“...

...“wohl bei dieser Türe, anscheinend haben die grad einige Tiere entfusst heute“...

...“wohl bei dieser Türe, anscheinend haben die grad einige Tiere entfusst heute“...

....und schon haben wir die beiden freundlichsten Metzgerinnen der Mongolei ausfindig gemacht.....so ein Kilo leckerstes Fleisch gibt’s hier für ungefähr 2.5 CHF..

....und schon haben wir die beiden freundlichsten Metzgerinnen der Mongolei ausfindig gemacht.....so ein Kilo leckerstes Fleisch gibt’s hier für ungefähr 2.5 CHF..

....im Westen gab’s sogar Früchte (Einfluss der Kasachen)...welch Luxus in der Mongolei, wo irgendwie fast alle Güter aus China und Russland rangekarrt werden. Es scheint als produziere die Mongolei im Resten des Landes nix ausser Fleisch und Milch....

....im Westen gab’s sogar Früchte (Einfluss der Kasachen)...welch Luxus in der Mongolei, wo irgendwie fast alle Güter aus China und Russland rangekarrt werden. Es scheint als produziere die Mongolei im Resten des Landes nix ausser Fleisch und Milch....

...Supermarkt à la Mongolei....

...Supermarkt à la Mongolei....

...in Marktnähe gibt’s auch immer nen Brunnen, wo wir mit den Locals unsere Trinkwasserkanister auffüllen können...

...in Marktnähe gibt’s auch immer nen Brunnen, wo wir mit den Locals unsere Trinkwasserkanister auffüllen können...

...in der Textilecke hat sich Lucy original Mongolenstiefel (der letzte Schrei für nächsten Winter) erstanden und wir probten zur Belustigung des Ladenbesitzers (auch hier ein Container) mit den traditionellen Kopfbedeckungen...

...in der Textilecke hat sich Lucy original Mongolenstiefel (der letzte Schrei für nächsten Winter) erstanden und wir probten zur Belustigung des Ladenbesitzers (auch hier ein Container) mit den traditionellen Kopfbedeckungen...

....Downtowntraffic...

....Downtowntraffic...

Kurz vor der Grenze überholten wir zwei ziemlich erschöpfte und durchgefrorene Velofahrer (Russland/Frankreich). Sie sind seit gut 2 Jahren on Tour und haben fast die gleiche Route wie wir erfahren....CRAZY__BIG RESPECT_...aber für uns ist die Busreiseform definitiv die richtige Wahl!!

So viele Europäer mit jeglicher Form von Fahrzeug wie in der Mongolei haben wir interessanterweise noch in keinem anderen Land unserer Reise angetroffen.

An unserem letzten Abend erhielten wir obligaterweise wiedermal Besuch von 3 freundlichen jungen Männern. Wie immer wurde zuerst unser Bus thematisiert und anschliessend ihr Pferd. Wir denken dass selbst das Pferd uns nie vergessen wird, haben wir ihm doch noch die Beisser poliert.

Fazit Mongolei: das Land ist insbesondere für Büsslireiser und Camper landschaftlich gesehen ein sehr abwechslungsreicher Riesentraum. Die katastrophalen Strassen killen Fahrräder, brechen Land Rover Achsaufhängungen und Stossdämpfer (davon haben wir zwei angetroffen...) und sind mit den unzähligen Flussdurchfahrten ein spannender Nervenkitzel. Leider haben sich die an uns getragenen Geschichten über Ueberfaelle, Diebstahl, Verfolgungsjagten sowie unfreundliche Locals ziemlich gehäuft - nicht zu vergessen, dass es auch jede Menge liebenswürdiger Jurtenbewohner gibt, die zur Feier des Touristenbesuches gerne mal ein Schaf schlachten!

Live the life you love and love the life you live

Berny und Lucia

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Aus Interesse für Natur, Kultur, Religion, Unplanbarem und vor allem unserer Selbst, sind wir mit unserem kleinen 4x4 Camper über den Iran, Pakistan und Indien nach Südostasien gereist. Weil wir noch nicht zurück wollen freuen wir uns jetzt riesig über den spontanen Versuch, quer durch Russland, die Mongolei und Kasachstan zurück nach Europa zu cruisen...hoppla hoffentlich hält das unser Bus aus.
Details:
Aufbruch: 15.07.2007
Dauer: 15 Monate
Heimkehr: 10.10.2008
Reiseziele: Schweiz
Kambodscha
Bulgarien
Griechenland
Türkei
Iran
Pakistan
Indien
Malaysia
Thailand
Laos
Japan
Russland / Russische Föderation
Mongolei
Kasachstan
Ukraine
Italien
Der Autor
 
Lucia Dettli / Berny Ackermann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Lucia Dettli / sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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