Mein Trip nach und durch London + GB

Reisezeit: September 2007 - Juni 2008  |  von Christian Prost

update vom 05.10.2007 - Ende Feb. 2008

Montag 25. Februar:
Liebe Leute, ich sehe gerade, dass ich seit über 4 Monaten nichts mehr hier von mir hören lassen habe, deswegen werde ich nun versuchen, diesen langen Zeitraum mal ein wenig aufzuarbeiten.
Vor mir liegt mein Kalender, in den ich immer die wichtigsten Sachen eintrage, die ich vorhabe oder erlebt habe. Z.B. Trips, Verabredungen, Veranstaltungen, Geburtstage, Besucher und natürlich auch Essay-deadlines und andere Unitermine. Anyway: In den letzten 4 Monaten habe ich viel erlebt und mich weiterentwickelt. Jeder kleinste Zweifel, den ich zu Beginn meiner Reise gehabt habe, hat sich nun in Luft aufgelöst. Mir geht es hier in England einfach echt gut. Das ist einfach ein cooles Leben hier. Teuer klar, aber wenn man hier einen guten Job hat, wo man n bissel Geld macht, dass zum Leben reicht, glaube ich: Fühlt man sich sehr wohl. Dieses Publeben und seine Kultur - Du hast es ja bestimmt auch schon erlebt, ich mag es einfach sehr. Habe viele nette Leute gefunden und wohne sehr zentral im Herzen Londons in einem Wohnheim. Sehr gemütlich und Essen bekomme ich auch. Ich erkunde viel, sowohl in London, als auch rundherum. Habe einen Flug nach Dublin gebucht und werde auf jeden Fall auch eine Tour durch Schottland machen! Du siehst, mir geht´s echt gut. Doch die Zeit rennt. Die Uni erzwingt einen geregelten Wochenablauf, der dazu führt, dass die Wochen wirklich nur so dahin streichen und Du Dich oft im Seminar Academic Writing bei Edward de Chazal fragst - man, wo ist die Woche hin. Ich hoffe, dass sich das nochmal ändert, wenn der 2. Term nun in 3 Wochen zu Ende ist... Mal sehen.

Okay, general introduction damit beendet. Kommen wir zum "body".
Der erste Term war ein Erfolg, hatte nicht zu viele Kurse, jedoch studieren die Engländern anders als wir Deutschen. Hier auf der Insel ist das Studium etwas angezogener, dafür hat man aber auch nach drei Jahren durchschnittlich das Studium beendet. Und es geht auch so. Nicht wie in Deutschland: Durchschnittliche Länge des Studiums für das Lehramt für Gymnasium / Gesamtschule und Berufskolleg acht Semester, dann aber noch 2 Jahre Referendariat... Hier in England beginnst Du früher zu studieren und wie gesagt studierst Du nur drei Jahre. Nach Abschluss des Studiums hast Du nur ein Jahr "teachertraining". Das bedeutet, dass die Ausbildung zum Lehrer hier vier und in Deutschland durchschnittlich sechs Jahre dauert! Wo ist da der Vergleich. Meiner Meinung nach sind die Lehrer hier nicht schlechter als die in Deutschland. Der Lehrerberuf und ein Lehrer selber "wächst" und "verbessert" sich doch eh nur durch Praxis, ich verstehe nicht, warum die gleiche Ausbildung in Deutschland zwei Jahre länger dauern muss. Ich meine, ich will mich garnicht beklagen jetzt, bin ja recht glücklich Student sein zu dürfen, ich glaube aber, dass so ein langes Studium wie in Deutschland auch bei vielen Studenten dazu führt, dass sie einfach kaum noch Lust haben zu studieren und endlich mal in den Beruf wollen um Geld zu verdienen. Zumindest geht es mir so und vielen meiner Freunde auch. Da ist dann einfach die Motivation weg - zu einem bestimmten Zeitpunkt. Naja, an so einem Zeitpunkt angelangt, muss man vielleicht einfach mal eine Veränderung erleben und eine Pause machen. Diese "Auszeit" erlebe ich gerade in zehn Erasmusmonaten in London. Hier studiere ich zwar auch und meiner Meinung nach intensiver als zuvor in Deutschland... Das, obwohl ich nicht mal im department of English eingeschrieben bin, mein Sportstudium bringe ich hier auch nicht vorwärts, aber ich, ich komme vorwärts - mit gewaltigen Schritten. Mein English ist um einige Stufen geklettert und ich bin erwachsener und selbstsicherer als noch vor fünf Monaten war. Mitte September 2007 ging es los für mich, nun ist für mich bereits mehr als die Hälfte meiner Zeit in England rum. Gerade habe ich in meinem Timer mal einen Vergleich gemacht - die Dicke der Seiten, die die bereits verlebte Zeit in London darstellen und die der Seiten, die die noch bevorstehende Zeit anzeigen. Der zweite Teil ist bereits kleiner. =( Komisches Gefühl. "Ich fühle mich hier einfach gerade sehr wohl."

Was habe ich nun noch alles gemacht bisher? Ich kann ja mal von meinen Kurztrips berichten. Ein ganz wichtiger Punkt für mich war von Anfang an, dass ich nach dem Erasmusjahr in England nicht "nur" London kenne, sondern auch einiges mehr von dieser Insel erkundet habe. Deswegen habe ich mich von Beginn an darum bemüht, viel zu sehen. Ich war inzwischen schon recht viel im Süden Englands unterwegs - eigentlich hauptsächlich -ich war in Oxford mit der Uni, war in Brighton, Winsor, Eton und Surrey mit Florian und Marcus. Coole tour, echt. Waren von Marcus eingeladen, diese Tour zu machen, da seine Eltern in Surrey wohnen und wir so zunächst dort unterkommen konnten. Flo war zuvor bei mir in London angekommen, dann sind wir direkt weiter nach Surrey. Mit Marcus Auto dann am nächsten Tag ganz in den Süden ans Meer. Brighton. Eine tolle Stadt und interessanter Steinstrand, wo ich diesen tollen Stein gefunden habe, einfach der Hammer. Er lag plötzlich vor mir und ich nahm ihn auf! Wir haben in dem Augenblick Steinfletschen gespielt... So ein toller Zufall, andernfalls hätte ich ihn vermutlich nie gefunden.

Naja, das war auf jeden Fall einer der Trips. Doch es sollten bis Ende Februar noch einige folgen...
Der nächste der anstand ging nach York. Organisiert von Pavel aus meinem Wohnheim. Das war ein klasse Wochenende. Haben in einem Hostel gepennt, was vollkommen in Ordnung und nicht zu teuer war. York ist wirklich gemütlich und hat eine tolle Kirche im Herzen der Stadt. Es ist auf jeden Fall einen Besuch wert!
Der Februar dann war wieder ein Reisemonat. Man muss ja soviel machen wie möglich, wenn es gerade reinpasst. In diesem schönen Monat Februar habe ich es ganz gut hinbekommen. Zunächst ging es während meiner "reading week" ab nach Birmingham. Hatte Besuch von meinem besten Kumpel Jan aus Köln und mit ihm ging es also nach Birmingham city. Dort haben wie erst Florian den Berger getroffen, der dort gerade ebenfalls sein Erasmusjahr verlebt und sind nach 1 ½ Stunden im Pub weiter zu Jans alter Schule gegangen, von wo aus wir von Helen mitgenommen wurden. Dort gab es dann proper fish and chips und gutes Dosenbier =). Perfekt, was will man mehr? Vielleicht zum desert noch ein gutes Gespräch und dann glücklich ins Bett. Am nächsten Morgen stand noch ein toller Spaziergang auf dem Programm, bei schönstem Wetter und in einem wirklich genialen Park, direkt hinter der Schule des Königs. Danach aber auch wieder zurück nach London, um fish and chips vom Vorabend wieder durch Sport abzuarbeiten. Unglaublich, wie fettig dieses Gericht einfach ist. Das kann man echt nicht zu oft machen und so eine Portion könnte man sich bei weniger Hunger auch durch 3 teilen . Jo, back in London wurde dann wirklich erst Tennis, dann Tischtennis gespielt... Großartig. Das wurde in den kommenden 3 Tagen dann weiter so gehandhabt, da man den Fisch immer noch im Magen spürte.
Weiter mit den Trips: Am letzten Dienstag wurde ich von einer Freundin aus dem Wohnheim, Maria, gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit nach Cardiff zu fahren. Mittwoch ist Unifreier Tag und ich hatte große Lust, was Neues zu sehen, also sagte ich zu. Cardiff ist drei Stunden mit dem Bus von London entfernt, so bot sich einige Zeit zum Schlafen und um ein paar geniale Schlaffotos zu machen.

Die arme Dame, naja, wer so schläft, der bekommt eh nix mit...
Auch Cardiff ist empfehlenswert. Leider hatten wir an diesem Tag nicht so großes Glück mit dem Wetter, zudem war es ein Mittwoch und somit war die Stadt nicht so belebt. Es gibt dort eine tolle Burg, einen großartigen Park, einen Fluss, ein Stadion und ne gute Shoppingmeile mit einigen Pubs. Wir haben nahezu alles gesehen. Habe im Park tolle Spiel gespielt und das Beste aus dem Tag gemacht. Wir, das sind Laura, Maria, Urko und ich. Die Stimmung war gut und auch der Rückweg nach London war sehr gut. Ich persönlich reise ja sehr gerne im Bus. Man kann viel sehen, mehr als aus der Bahn und dazu ist die Reisegeschwindigkeit weder zu schnell, noch zu kurz. Natürlich gibt's Extreme, aber in diesem Fall ist die Rede von einer 3-stündigen Fahrt pro Weg. Besonders toll war es, als wir auf dem Hinweg über eine großartige Brücke gefahren sind, die sehr lang war und zudem noch übers Meer führte. Die Autobahn M4 verläuft hier und man gelangt von "Redwick" nach "Caldicot".
Der letzte Trip bisher war dann nur drei Tage später. Wir, 15 Leute von dem Wohnheim haben uns auf den Weg nach "Bath" gemacht. Bath is brilliant. In dieser Stadt, im Südwesten Englands, gibt es wirklich Geschichte zu erkunden... Zu unserem Glück hatten wir eine tour und der Führer der Touristentour war wirklich klasse. Ein älterer Herr, der es aus Spaß an der Freude machte und den Leuten mit dem größten Vergnügen die Geschichte der Stadt versuchte näher zu bringen. Vermutlich ist er hier aufgewachsen, dachte ich mir das ein oder andere Mal. Er wusste einfach sehr viel und konnte jede Frage beantworten. Start der Tour war direkt an der Abbey und die wiederum liegt neben dem alten römischen Bad. Bath ist bekannt für "heiße" oder lauwarme Quellen mit gesundem und heilendem Wasser. Man kann dieses Wasser testen. Viele Leute mochten den Geschmack nicht so sehr, ich hingegen bin einiges gewöhnt und fand es sogar lecker. =) Aber vielleicht auch nur, weil es wirklich frisch von einem schön-verzierten Brunnen "gezapft" und dann serviert wird. Wir sind dann weiter in ein altes Krankenhaus und an einen tollen Fluss, haben ein Museum besucht und sind dann noch durch die Altstadt. Das ganze Ding, wie gesagt, studentenfreundlich kostenfrei! YEAH. Unser guide war ein klasse Typ. Hier ein Bild von ihm.

Ja, er hat es gerichtet. "Du zeigst uns die Wege", wie Xavier Naidoo mir gerade aus seinem Lied: "20.000 Meilen" zuruft. =) Fantastisch, wie Musik einem doch das Leben versüßen kann. Dazu später mehr. Er jedenfalls hat uns durch Bath geführt und uns wirklich unterhaltsam die Stadt und ihre Geschichte näher gebracht. Leider war nur die Gruppe etwas zu groß, und sie wurde zudem immer größer mit Zeit, sodass man nicht immer allen seiner Worte folgen konnte. Er allerdings war nicht die einzige Attraktion. Ein paar Stunden waren wir wieder an dem Ort angelangt, an dem wir die Stadtführungen begonnen hatten. Ein kleiner Platz, direkt an der Abbey. So oder so, da jedenfalls bekamen wir eine tolle Show geboten. Ein Jongleur und Einradartist hat mit großartigem Britischem Humor einen halbstündigen Auftritt gezeigt, der sich gewaschen hatte. Der Hut war nach der Show voll und wir und auch andere von den 150 Zuschauern haben uns gefragt, wie viel Geld der Herr wohl nachher in seinem Hut hatte. Mario, der den Trip organisiert hatte, kam von "Geldhut" zurück und meinte mit einem breiten Lächeln auf den Lippen: "So cool, this boy said to his father, dad, this man has so much money in his hat and you only gave five pounds." =) Wahnsinn, oder?
Wir haben glaube ich alle was gegeben. Das war nicht irgendein Künstler - einer wo man sagte der war gut, dann aber doch möglichst schnell und ohne eine "Spende" aufbrach... - nein! "Imagine, if everybody would only give fifty pence that would be so good." Hörte ich Marcus sagen. Ich dachte Ähnliches. Wirklich dieser Mann war phänomenal. Er war ein geborener Entertainer, der das Publikum zu unterhalten wusste, es ebenso gut mit eingebunden hat in seine Show und danach ebenfalls mit großem Humor um finanzielle Unterstützung bat, da dies "his job" sei. Später wurde noch etwas geshopped, durch die Stadt geirrt, bis wir Letztenendes in einem Pub gelandet sind und Karten gespielt haben. Dann spielte auch noch Frankreich gegen England Rugby, dies war am Samstag den 23. Februar 2008. Großes Kino. Der Zug zurück nach London fuhr um 21.40 Uhr und somit konnten wir das Spiel nicht zu Ende gucken, klar war jedoch auch schon zu Beginn der zweiten Halbzeit, dass England das Spiel für sich entscheiden würde. Im Endeffekt ging das Spiel mit 24:13 an England. Einfach eine phantastische Verteidigung ("defense") und zudem einen populären und weltbekannten Kicker, der zu Recht Werbeverträge in Millionenhöhe hat. Sein Name: Jonny Wilkinson.

Also wenn einer Stil hat, dann er. Bekannt auch für seine spezielle Körperhaltung, bevor er sich zum Kick überwindet. Die Hände aneinander, vor dem Körper, die Ellenbogen berühren sich und der Oberkörper ist nach vorn gelehnt. In dieser Position verharrt er einen Augenblick und dann tritt er das "Ei" dahin, wo es soll. Ich bin nicht schwul oder verliebt in ihn, aber manchmal muss man einfach anerkennen, dass manche Menschen Dinge sehr sehr gut können.
Der Sonntag nach dem Bathtrip dann war ganz klar ein Sporttag. Tennis stand an. Wäre auch gerne laufen gegangen, aber in dem Fall ging es mit Ashley, ein guter Freund aus dem Wohnheim (Singapurianer), erst an seine Uni (LSE) zum Tennis spielen, dann noch eine weitere Stunde an der Hall. Genial war, dass wir beide einen "guten Tag" hatten und so war das Niveau gut und es war wohl eines unserer besten Spiele. Seine Vorhand ist zurückgekehrt und somit hat "Ash" auch wieder richtig Lust auf Tennis. Wir überlegen gerade ernsthaft, ob wir nicht eventuell in einem Tennisclub beitreten, um nicht immer 2,50 Pfund für den Platz pro Stunde bezahlen zu müssen. Nun kommt der Frühling und da könnte es abgehen. Mal sehen. Ich merke jedenfalls, dass es mir sehr gut tut. Mein Knie spielt auch mit und ich werde langsam wieder fit. Sprinte wieder, wie ein junger Gott, "obwohl ich in der schlechtesten Mannschaft war", wie mein großer Lieblingsbruder Basti immer zu sagen pflegt. Das ist ein weiterer Punkt, warum ich mich gerade hier in London so wohl fühle. Mein Körper kommt wieder "auf die Beine" im wahrsten Sinne des Wortes und ich freue mich einfach sehr darauf, dass der Frühling große Schritte in Richtung England macht und es immer mehr, Tag für Tag ein paar Minuten länger hell bleibt. Was das ausmacht, kann man sich nicht vorstellen. Dunkelheit um 4 oder 5 pm, das ist doch krank. Da kann man fast nur depressiv werden. Ich als "Nachteule" freue mich aus genau diesem Grund immer sehr auf dem Sommer. Fünfunddreißig Grad Celsius brauche ich nicht, aber Helligkeit bis dreiundzwanzig Uhr und dabei Sport, Musik oder einfach viele nette Leute und gute Konversationen, was willst Du mehr?

© Christian Prost, 2007
Du bist hier : Startseite Europa Großbritannien update vom 05.10.2007 - Ende Feb. 2008
Die Reise
 
Worum geht's?:
Hier in diesem Bericht möchte ich Familie und Freunde über mich und meine Erlebnisse auf dem Laufenden halten. Viel Spaß.
Details:
Aufbruch: 14.09.2007
Dauer: 9 Monate
Heimkehr: 15.06.2008
Reiseziele: Großbritannien
Der Autor
 
Christian Prost berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors