Pampas, Anden, Amazonas, Guyanas

Reisezeit: September - Dezember 2009  |  von Roland E.

In der Hängematte auf dem Rio Solimoes

Mein Schiff nach Manaus ist eher klein, die grossen mit Billardtisch und Disco fahren am Wochenende. Zwei Stunden vor Abfahrt des Schiffs öffnet die Pforte und suche mir einen schönen Platz für meine Hängematte. Manuel, ein Peruaner ist seit Tabatinga meine Reisebegleitung. Er ist unterwegs nach Französisch-Guyana, wo er arbeitet. Ein guter Kerl, intelligent, aber halt ein Sohn des Amazonas und so pflanzt er seine Hängematte direkt zwischen zwei sehr molligen Frauen, er mag es, wenn es ein bissschen schwabbelt.

Das Schiff ist sehr sauber, es gibt eiskaltes Trinkwasser und zwei Mahlzeiten pro Tag, sie sind im Preis inbegriffen. Oben, auf dem Dach hat es eine billige Bar. Viele Feuerwehrleute sind meine Mitreisenden, denn in Manaus sind Prüfungen. Einige lernen, andere besaufen sich. Um 14 Uhr sollte das Schiff ablegen, aber das tut es nicht, weil die Polizei noch kein okay gab. Diese kommt um 15 Uhr und dann wird alles durchsucht. Sämtliche Koffer und Rucksäcke werden ausgeräumt und pingelig genau durchsucht. An jedem Pulver wird geschnuppert. Dabei sind die Polizisten recht herrisch, haben aber den urtypischen brasilianischen Charme, dem man sich nur schwer entziehen kann. Es ist brutal heiss. Um 17 Uhr legen wir ab.

Brasilianer sind - kaum zu glauben - gegenüber Gringos schüchtern. Bald kennt jeder meinen Namen und woher ich komme, obwohl ich mit niemanden geredet habe - sie haben Manuel gefragt. Die Leute sind sehr freundlich und bald kenne ich das halbe Boot.

Wir legen in San Antonio de Ica an und hier sehe ich rund zehn Delphine, die um das Schiff schwimmen, darunter auch Rote. Was sind das nur für herrliche Tiere! Während ich den Delphinen zuschaue, kaufen sich die Passagiere am Hafen Melonen. Zudem scheint so ein Schiff eine Art Entertainment für die Dorfbewohner zu sein. Sie kommen an Bord, laufen herum, treffen vielleicht manchmal Verwandte (hier am Amazonas scheinen sowieso alle irgendwie miteinander verwandt zu sein) und gehen wieder. Ich behalte mein Gepäck im Auge. Die Polizei kommt auch hier an Bord und nimmt mich gleich ins Visier. Zielstrebig und ziemlich unfreundlich wird mein Pass beäugt und dann kann ich wieder alles aus dem Rucksack auspacken, bevor der Polizist meint, dass ich ja in Tabatinga schon kontrolliert worden bin (haha). Kaum liege ich wieder in meiner Hängematte kommt ein zweiter Polizist, sehr herrisch und garstig und beginnt mich zu durchsuchen, bevor er dann feststellt, dass ich ja schon in Tabatinga kontrolliert worden sei. (nochmals haha).

Am Abend werden Liebschaften angebändelt und bald haben alle jungen Frauen an Bord einen Amourado und auch Manuel hat Erfolg bei einer seiner beiden Nachbarinnen. Sogar das hübsche Teenie - ich schätze sie auf 14-15 Jahre - hat einen massiv älteren Mann. Wir sind in Brasilien. Was aber nicht heisst, dass die Frauen am nächsten Tag bereits den Nächsten haben. Ich habe aber ein anderes Problem. Aufgrund der Hitze verbrachte ich den ganzen Tag neben dem Wasserspender und nun zahle ich die Zeche und verbringe ich die halbe Nacht auf der Toilette. Eigenartigerweise steht zu späterer Stunde auch Manuel an der Reeling, die ich frustriert im Halbstundentakt auf dem Weg zwischen Hängematte und Toilette passiere. Reden will er aber nicht, er ist nachdenklich.

Am dritten Tag ist der Amazonas bereits breit wie ein See, es ist bewölkt und somit sehr angenehm. Bei Manuel ist aber irgendetwas schiefgegangen, seine Liebste würdigt ihn keines Blickes mehr. Steigt er in seine Hängematte, geht sie weg. Verlässt er die Hängematte wieder, kommt sie zurück, bis er schliesslich die Hängematte woanders aufhängt.

Ich bin nervös, denn ich will unbedingt das "Encontros dos Aguas", diese kilometerlange Trennlinie der verschiedenfarbigen Gewässer des Rio Solimoes und des Rio Negro sehen. Kaum hat die Dämmerung eingesetzt, sind wir dort, man sieht nichts. In dieser Reise ist der Wurm drin.

© Roland E., 2010
Du bist hier : Startseite Amerika Brasilien In der Hängematte auf dem Rio Solimoes
Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Reise mit Hindernissen
Details:
Aufbruch: September 2009
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: Dezember 2009
Reiseziele: Brasilien
Argentinien
Bolivien
Peru
Guyana
Suriname
Der Autor
 
Roland E. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.