Vom Niederrhein nach Kärnten

Reisezeit: Juni 2011  |  von Ralf Beelitz

Jaufenpass, Timmelsjoch und Hahntennjoch

Der Himmel hat ein Einsehen. Es ist trocken. Durch das Pustertal, wegen seiner saftigen Wiesen und dunklen Wäldern das "grüne Tal" genannt, erreichen wir über die viel befahrene Bundesstraße Südtirol. Wir passieren Bruneck und sind schon bald auf der alten Brennerstraße unterhalb der Brennerautobahn nach Norden unterwegs. Vom mittelalterlichen Städtchen Sterzing kommend windet sich die Straße zum Jaufenpass (2.094) durch Wälder und Almen relativ schmal empor. Immer wieder gewährt sie uns schöne Ausblicke auf die Ötztaler Alpen, die Texelgruppe und die Stubaier Gletscher. Wir sind im Herzen Südtirols. Der Verkehr ist gering, die vielen schön gewundenen Kurven und Spitzkehren ein Genuss. 35 km lang ist die landschaftlich abwechslungsreiche Strecke über den Pass. Kurz vor der Passhöhe erreichen wir das bekannte Jaufenhaus auf 1.887m Höhe. Die Gelegenheit, uns eine Brotzeit zu gönnen. Bewacht vom Jaufenspitz (2.483) und dem Saxner (2.359) genießen wir unter herrlich blauem Himmel die Aussicht auf die Südtiroler Alpen.
Auf der Abfahrt zum Passeiertal schwingt sich das Teerband in weiten Bögen und zahlreichen Serpentinen hinab nach Sankt Leonhard. Der Straßenbelag ist gut; es gibt einige Engstellen, die unsere Aufmerksamkeit fordern. Die Aussicht ins tief unter uns liegende Passeiertal ist atemberaubend. In St. Leonhard bietet sich uns die Möglichkeit, rechts hinauf zum Timmelsjoch (2.474), dem "Passo del Rombo" ("Pass des Dröhnens, Donners"), abzuzweigen.

Von der Ortsmitte an nimmt die gut ausgebaute Straße ihren Weg nach oben. Die Auffahrt auf der italienischen Seite zeigt uns schnell ihren Charakter. Enge Kehren sowie schmale Teerbänder warten darauf, bezwungen zu werden. Mein Herz schlägt leicht höher - u.a. deshalb fährt man schließlich in die Alpen. Inmitten immer spärlicher werdenden Mischwalds gewinnen wir entlang des 2.328m hohen Ganderbergs schnell an Höhe. Unterwegs bietet sich uns die kleine Jausenstation Schönau zu einer Pause an. Von der Terrasse aus haben wir schon den furchterregenden Steilhang vor uns, der ab der Timmelsbachbrücke mit etlichen Steilstücken und zahllosen Serpentinen schon auf uns wartet.

Am folgenden, kargen Felshang sind die Straßenabschnitte scheinbar endlos übereinander geschachtelt. Eine Serpentine folgt der anderen. Wir geben uns ganz dem Fahrspaß und Kurvenfeeling hin. Trotzdem laden uns die herrlichen Ausblicke, z.B. zum Hochfirst (3.403) und zur Seewerspitze (3.286), an zahlreichen Stellen immer wieder zum Anhalten ein. Es ist einfach "megageil"! Noch zwei unbeleuchtete Tunnel, dann haben wir die Passhöhe erreicht, auf der wir mit einem herrlichen Rundumpanorama über die Ötztaler und Stubaier Alpen belohnt werden.
Durch harmonisch in die Gebirgslandschaft eingebeteten Serpentinen beginnt unsere wilde Abfahrt von einem der höchsten Alpenpässe. Kein Problem bei der gut ausgebauten Straße. Auf dieser Seite, oberhalb der Baumgrenze, zeigt sich die Landschaft steinig, feucht und grün durch den Moos- und Flechtenbewuchs. Es folgt eine längere, sanft abfallende Gerade, die im Timmelstal mündet. Erneut ist ein Steilhang mit sehr langer Lawinengalerie zu durchfahren, dann haben wir schon die Mautstelle (2.171 m) passiert. Auf der herrlichen Anhöhe der Angerer Alm mit dem Wintersportort Hochgurgl bietet sich uns erneut ein phantastischer Panoramablick auf die Gletscherriesen der Ötztaler Alpen Hochwilde (3.480), Schalfkogel (3.537) und Karlesspitz (3.462). Nach einigen weiteren Spitzkehren errechen wir dann bei Sölden, das außerhalb der Skisaison einen eher trüben Eindruck hinterlässt, das Ötztal in Tirol. In gut und breit für den Wintersport ausgebauten Strassen geht es das Ötztal hinab, ab und zu durch eine kleine Ortschaft unterbrochen. In der Mitte des Ötztals öffnet sich uns über viele Kilometer eine leicht geschwungene Talebene, eingebettet in die steil aufragenden Flanken der Ötztaler Bergwelt.

In Imst müssen wir uns entscheiden. Fahren wir über den Fernpass oder das Hahntennjoch (1.902 m) weiter? Noch scheint zwar die Sonne, aber über dem Joch brauen sich dunkle Wolken zusammen. Dennoch wagen wir die Auffahrt. Die mautfreie Hahntennjochstraße führt uns mitten durch die Lechtaler Alpen. Von Imst zum Joch sind mehr als 1.000 m Höhenunterschied mit bis zu 14% Steigung zu überwinden. Hinter Teilwiesen, dem einzigen Örtchen der Ostrampe, geht es direkt auf die Passstraße. Ab hier regieren die wenigen wiederkäuenden Rindviecher. Große Warnschilder am Straßenrand weisen daraufhin, dass bei Regen mit abgehenden Muren zu rechnen ist, was auch die links und rechts neben der Strasse aufgehäuften Kiesberge erahnen lassen. Erste Kurven führen uns hinauf in die wildromantische Bergwelt. Ein kleiner Lärchenwald, eine Doppelserpentine, dann wird es steil. Die schmale Höhenstraße führt in sehr engen Kehren an der Felswand entlang. Die Straße ist nass, es wird ungemütlich frisch, aber zum Glück regnet es nicht. Wir befinden uns hoch über dem schluchtartigen Tal des Salvesenbachs. Von hieraus haben wir nun stets bis kurz vor der Passhöhe eine herrliche Aussicht bis tief hinunter ins Tal. Vorbei an der Maldonalm (1.704) geht es weiter stetig bergauf zur Passhöhe, die mit einem großen Parkplatz eher unspektakulär ist. Nur ein paar Wanderwege kreuzen sich hier oben. Vergeblich sucht man nach Bäumen oder Wiesen. Nur Schutt und Fels. Eine Mondlandschaft. Dann geht es auch schon wieder kurvig und steil abwärts. Die Straße windet sich durch dutzende von Serpentinen, die Gefälle bis zu 15% aufweisen, Wir durchfahren die wenigen Häuser und Heustadel von Pfafflar (1.619) und kommen bald darauf ins Lechtal, inmitten der grandiosen Bergwelt der Lechtaler Alpen und des Ammergebirges. Das "Tor zu Tirol" erstreckt sich vom Tannheimer Tal bis zur Allgäuer Grenze.
Am frühen Abend erreichen wir müde unser Hotel in Buchenberg/Kempten. Müde aber glücklich.

Timmelsjoch

Timmelsjoch

© Ralf Beelitz, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Traumhafte Motorrollertour nach Kärnten. Highlights der Reise sind u.a. die Großglockner Hochalpenstraße, Gerlos Alpenstraße, Nockalmstraße, Malta Hochalpenstraße und das Timmelsjoch.
Details:
Aufbruch: 17.06.2011
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 26.06.2011
Reiseziele: Deutschland
Österreich
Slowenien
Italien
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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