Lavendel - das "Blaue Gold" der Haute-Provence

Reisezeit: Juli 2012  |  von Ralf Beelitz

Col de la Bonette & Col de la Lombarde

Col de Lombarde

Col de Lombarde

Die nördliche Auffahrt zum "Dach der Alpen" beginnt im Ubaye-Tal von Jausiers. Direkt am Ortsausgang beginnt sich das Asphaltband im stetig enger werdenden Tal kurvenreich himmelwärts zu schrauben. Auf ca. 2.600m Höhe erreichen wir bei Km 20 die Überreste der "Casernes de Restefond", eine alte Festungsanlage. Die Gegend war jahrelang ein umkämpftes Grenzgebiet zu Italien. Die Straße zieht sich weitere 2 km am Berghang entlang, und wir passieren den zwischengelagerten "Col de Restefond (2.680). Die grünen Berghänge haben hier längst einer kargen, braunen und felsigen Hochalpenlandschaft Platz gemacht. Es wird spürbar kälter. Über dem vor uns liegenden Berggipfel hängt eine dunkle Wolkenwand und der Wind nimmt stetig zu. Jetzt nur kein Regen ! Endlich ist der Pass (2.715) erreicht. Von hier oben haben wir einen atemberaubenden Rundblick über den Nationalpark "Parc National du Mercantour", den die Passstraße im weiteren Verlauf durchquert. Auf die Klettertour hinauf zur Cime de la Bonette (2.802) verzichten wir heute, da der Wind mittlerweile gefühlte Sturmstärke erreicht hat und unsere Silver Wing kräftig durchschüttelt. Gemütlich ist anders! Noch schnell ein Gipfelphoto geschossen, dann geht es knapp unterhalb des Kammes den Hang entlang wieder talabwärts. Ich weis nicht, was mir dabei mehr den Atem nimmt; der böige Wind oder der Klammergriff der besten Sozia der Welt.
Die Abfahrt ins Tal der Tinée mit seinen weinroten, steil aufragenden Felswänden wird immer wieder durch kurze Fotostopps unterbrochen. Vor lauter Landschaft genießen kommen wir fast nicht zum Fahren; die Aussicht auf die grandiose Bergwelt ist einfach zu schön.

Im grässlich anzuschauende Wintersportort Isola 2000 - wie kann man hier im Sommer nur freiwillig Urlaub machen - beginnt unser Anstieg zum Col de la Lombarde (2.350). Der Pass markiert die Grenze zwischen dem französischen Département Alpes-Maritimes und der italienischen Region Piemont und verbindet die Täler der Tinée und der Stura di Demonte. Die ersten Kilometer durch das schluchtartige Tal sind steil und kurvenreich, doch unbeeindruckt schraubt sich die Silver Wing aufwärts. Dann weitet sich das Tal mehr und mehr und wir erreichen eine karge Alm mit einem Landschaftsbild der besonders steinigen Art: Fels und Geröll in allen möglichen Farben, rundum schroff dem Himmel zustrebende Berge und mittendrinn: eine Pommesbude !
Langeweile kommt auch bei Abfahrt nicht auf. Schöne Serpentinengruppen machen Fahrfreude. Bis zu 14% Gefälle und die recht schmale Straße fordern jedoch ständige Konzentration.
Vom italienischen Vinadio aus führt uns der Weg über den Col de Larche (frz) bzw. Colle della Maddallena, wie die Italiener ihn nennen. Der Colle della Maddalena ist die erste große Steigungen der legendären Tour de France Etappe Cuneo - Pinerolo von 1949, wo der Italiener Fausto Coppi mit einem Einzelvorstoß von 192 km zu einer Legende wurde. Die gut ausgebaute Straße steigt hinter dem Örtchen Pontebernardo an und führt zu der untertunnelten Gola delle Barricate, um dann Bersezio (1.624 m) und Argentera (1.684 m) zu erreichen. Über 16 Serpentinen drehen wir uns die die Talschlucht von Puriac hoch, dann weitet sich die Straße zu einem Hochplateau, eingebettet zwischen den mächtigen Gipfeln des Tête de Moise (3.104 m) und denen des Tête de l'Enchastraye. Auf der italienischen Seite, knapp unterhalb der Passhöhe, befindet sich der kleine, rund 360 Meter lange Lago della Maddalena (1.974), wo wir in einer kleinen Osteria vor schönstem Bergpanorama noch einen Espresso genießen, ehe es durch das Tal der Ubaye zurückgeht.

© Ralf Beelitz, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Das Department „Alpes de Haute Provence“ befindet sich im sonnigen Südosten Frankreichs. Auf engem Raum entdeckt man hier unterschiedlichste Landschaften: schroffe, bizarre Gebirgszüge mit wild zerklüfteten Schluchten; sanfte Hügelketten und weite Ebenen; dichte Wälder, karge Plateaus, Weinberge, Olivenhaine und Lavendelfelder.
Details:
Aufbruch: 04.07.2012
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 17.07.2012
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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