6 Monate in Ghana

Reisezeit: Oktober 2005 - April 2006  |  von Valentin R.

Kokrobitey

Weihnachten ist in Ghana eines der wenigen Feste das im Rahmen der Familie gefeiert wird. Und wo in den ländlichen Gebieten oft die gesamte Großfamilie zusammen kommt, um der Toten zu gedenken, zu beten, und zu feiern, verläuft sich das in den Großstädten immer mehr. So auch in meiner Gastfamilie. Prosper, der Sohn meiner Hostmom, wurde kurz vor Weihnachten von seinem Vater abgeholt, um die Ferien mit ihm zu verbringen. Dafür kam "Bless", Auntie Florence's Sohn auf Besuch.

Maggie hat mir erklärt, dass sich Weihnachten bei ihnen heuer auf Kirchgang und "gemeinsames Beisammensein" reduziert. Und nachdem ich nicht so der gläubige Mensch bin, und durchaus schon viel mit meiner Hostfamily gemeinsam beisammen war, bschloss ich Weihnachten mit Andrea und Alexandra, sowie Kofi und Joe (zwei ihrer ghanaischen Freunde) in Kokrobitey zu verbringen, wo wir uns im "Black Stone Guesthouse" recht günstig einquartieren konnten.

Eigentlich ist Kokrobitey ein kleines Fischerdorf, ein Stückchen außerhalb von Accra, jedoch durch die dort ansässige "Academy of African Music and Arts" (AAMA) und den sauberen palmengesäumten Sandstrand hat sich dort ein beliebter Platz für Touristen etabliert.

Hierher kommen sowohl Globetrotter, also auch Touristen, die bei der AAMA Trommel- und Tanzkurse belegen.

Hierher kommen sowohl Globetrotter, also auch Touristen, die bei der AAMA Trommel- und Tanzkurse belegen.

Das fördert natürlich das Bild der "reichen Weißen" erheblich und führt zu unangenehmen Nebenerscheinungen. - Mich haette beinahe ein ca. 8jähriger Bub beklaut.

Das fördert natürlich das Bild der "reichen Weißen" erheblich und führt zu unangenehmen Nebenerscheinungen. - Mich haette beinahe ein ca. 8jähriger Bub beklaut.

Am Abend des 24. Dezembers fand am Strand vor dem "Big Milly's Backyard" - einer bel(i)ebten Guesthouse-Anlage - eine "Cultural Drum and Dance Performance" statt. Zwar auch das sehr auf touristische Ansprüche ausgelegt, jedoch ziemlich beeindruckend (sowohl im Positiven als im Negativen.)
Die Performance an sich war positiv beeindruckend. Ein Haufen Musiker, mit verschiedensten Trommeln, Rasseln und anderen Percussion-Instrumenten lieferten Musik und Gesang für die Tänzer, die in aufwändigen Kostümen traditionelle Tänze aufführten. Und jeder Tanz erzählte eine Geschichte.
Manche symbolisierten einfach zB das Machtgehabe von Kühen, es gab aber durchaus auch komplexere Geschichten. Ein Tanz erzählte von einem Dorf im Norden Ghanas, wo vor vielen Jhren (bevor das Christentum nach Ghana kam) für lange Zeit der Regen ausblieb. Die Dorfbewohner befragten einen weisen Mann, der ihnen sagte, dass das daran liegt, dass im Dorf zu viele Männer sind. Aufgrund dieses Ungleichgewichts sollen sich die Männer als Frauen verkleiden, und 24 Stunden lang tanzen.

Genauso wie ich vom "Showprogramm" beeindruckt war, war ich vom Verhalten der (meisten) weißen Touristen entsetzt. Um das Programm besser sehen, und gleichzeitig das Abendessen genießen zu können, wurden rund um die "Tanzfläche" am Strand Tische und Bänke aufgestellt. Das ergab dann ein Bild, wo auf einer Seite viele Weiße an Tischen saßen ("like school-children", wie Kofi feststellte) und mit Messer und Gabel europäisch aussehendes Essen in sich hineinschaufelten, während auf der anderen Seite ein Haufen Schwarze auf dem Boden saßen, um der Vorführung zu folgen. Als zwei stehende Weiße erblickt wurden, brachte man sofort zwei Bänke herbei - für jeden eine. Nur zögerlich "trauten" sich dann auch Schwarze zu den beiden, und setzten sich. (Wir hatten es uns inzwischen im schwarzen Publikum gemütlich gemacht, wo die Stimmung ohnehin viel besser war.)

Gut, dafür kann man jetzt wirklich nicht die Touristen selbst verantwortlich machen, die ja nichts dafür konnten, dass das so für sie arangiert wurde.
Jedoch gab es dann einige unter ihnen, die während der Vorstellung regelmäßig quer über die "Bühne" gelatscht sind - entweder um sich Essen, Videokameras oder Fotoapparate zu holen. Wen wundert es da, dass einige Leute hier Weiße auf die Eigenschaften "respektlos" und "steinreich" reduzieren.

© Valentin R., 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Sechs Monate Volunteering in Ghana. Kultur kennen lernen, reisen und arbeiten.
Details:
Aufbruch: 04.10.2005
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 08.04.2006
Reiseziele: Ghana
Der Autor
 
Valentin R. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Valentin sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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