Wiedersehen in Indien

Reisezeit: Juli / August 2014  |  von family on tour

KERALA: Im Hausboot durch die Backwaters

Als ich am Morgen aufstehe, schüttet es wie aus Eimern und ich denke schon na toll, wird wieder nichts mit Hausboot. Es lässt dann aber nach und hört schließlich ganz auf. Vor unserer Tour holen wir noch schnell unsere Wäsche ab. Zum Glück wird die Kleidung nicht mehr mit dem Kugelschreiber gekennzeichnet, sondern mit einem Bindfaden werden beschriftete Stoffstückchen befestigt, die die Wäschereifrau vor der Übergabe noch schnell mit der Schere abschneidet. Wir fahren nach Kollam und wären auch pünktlich gewesen, wenn nicht zunächst die Hauptstraße gesperrt gewesen und dann eine Bahnschranke direkt vor uns geschlossen worden wäre. Da kommt es zum totalen Verkehrsstau, weil sich noch in jedes kleinste freie Plätzchen die Tuk Tuks und Mopeds rein quetschen. Der Kontaktmann erwartet uns schon und bringt uns zu unserem Hausboot. Es ist aus Holz und der Aufbau aus geflochtenen Palmwedeln. Wir haben einen Steuermann, einen 'Butler' und einen Koch, auf dem Vorderdeck einen großen Esstisch, ein kleines Sofa, zwei Korbstühle und auf den Seitenbänken liegen Matten und Sofarollen. Alles ist sehr einfach aber ausreichend. Im Klo gibt es kein Waschbecken und die Klospülung funktioniert nicht. Dafür gibt es einen Eimer mit einem Schöpfbecher. In den Schlafzimmern haben wir sogar eine Klimaanlage.

Wir tuckern zunächst durch den breiten Flussarm, dessen Wasser sich schon mit Meerwasser vermischt. Kaum fahren wir los, fängt es wieder an zu regnen. Später biegen wir ab in einen schmaleren Seitenarm. Das ist nun ein echter Süßwasserfluss. Um halb zwei wird uns vom Koch das Essen serviert. Es gibt Okraschoten, grüne Bohnen, eine pikante Rote Bete Paste, Dhal (das Indische Linsengericht), mit Kokosflocken gebratener Kohl, Reis, Papadam und Fisch. Alles sehr lecker. Wir bemühen uns redlich, alles aufzuessen, schaffen es aber nicht ganz. Zum Nachtisch wird eine Ananas aufgeschnitten. Der Motor unseres Hausbootes ist sehr leise, so können wir die Idylle um uns herum in Ruhe genießen. Der Regen hört auch wieder auf, aber es bleibt bedeckt.

Am Startpunkt in Kollam sieht man viele Fischkutter und die für diese Gegend typischen Chinesischen Fischernetze. In den kleineren Seitenarmen sind die Ufer gesäumt von Kokospalmen. Fischer sind hier in Kanus unterwegs und es gibt kleine Fähren und Kanus, die Menschen, Mopeds und den Schulbus auf die jeweils andere Seite transportieren und einige wenige Hausboote. Reiher und andere schwarze Vögel sitzen am Ufer oder fliegen auf, wenn wir sie passieren. Schulkinder gehen nach Hause. Es ist richtig schön, einfach nur da sitzen und raus schauen und das Treiben am Ufer und auf dem Fluss und die Natur zu beobachten. Wenn man in Indien unterwegs ist, dauert es auch nie lange, bis von irgendwo her Musik ertönt. Tempelgesang, Flötenmusik oder Musik aus dem Radio. An einer Stelle legen wir an, damit unser 'Butler' das für Thomas per Handy bei einem Tuk Tuk Fahrer in Auftrag gegebene Bier entgegen nehmen kann. Weil die Lizenz für den Alkoholausschank in Indien sehr teuer ist, muss das so gemacht werden. Privatleute dürfen sich Alkohol "mitnehmen". Auch im Deshadan sind immer nur vier, fünf Bier vorrätig, die man als Eigenbedarf deklarieren kann.

Bald darauf gibt es Masala Chai und frittierte Bananen. Beides auch sehr gut. Wenn das so weiter geht, werden wir vom Schiff runter rollen. Weil Nico zu verstehen gibt, dass das sein absoluter Lieblingstee ist, bekommt er gleich noch ein Extraglas. Wir werden leider nicht gefragt. Dann steigen wir um in ein Kanu und werden von einem "Gondolieri", der es mit einer langen Stange antreibt, durch die ganz schmalen, zum Teil nur etwa drei Meter breiten Kanäle geschippert. Zunächst geht es durch das Dorf, dann durchs Hinterland, wo die Kultur nur noch an einigen künstlich angelegten Fisch- und Garnelenzuchtteichen zu erkennen ist. Die kleinen Brücken über die schmalen Wasserwege sind zum Teil so niedrig, dass wir uns ganz ins Kanu ducken müssen, um uns nicht den Schädel anzuschlagen. Wir sehen sogar drei Kingfischer, deren blaues Gefieder so schön glänzt und die das Etikett des Indischen Kingfisher Bieres zieren. Bei einem kurzen Stop wird uns gezeigt, wie man aus Kokosfasern Seile dreht.

Pünktlich um halb sechs kommen die Mücken, aber wir hatten wohlweislich vorausschauend Autan eingepackt, sonst wären wir heillos verstochen worden. Zurück im Hausboot geht es nur noch auf die andere Flusseite, wo wir für die Nacht festmachen, direkt an der Stelle, wo der Fährmann unermüdlich die Leute übersetzt. Auch noch als es schon stockfinster ist. Das Boot wird extra gedreht, damit wir von unseren Zimmerfenstern aus auf den Fluss sehen können. Die Grillen zirpen in der Abenddämmerung, alle möglichen Vogellaute und Frösche sind zu hören, hin und wieder bellt ein Hund und langsam gehen ein paar Lichter am Ufer an und natürlich wird ab und zu gehupt.

Um halb neun gibt es Abendessen und der Tisch ist noch reichlicher gedeckt als am Mittag. Es gibt: Chicken Masala und gebratene Hühnerbeine, Gemüsecurry, eine Art Raita, irgendwie zubereitete Minigurken, Cartoffelcurry, eine helle Gemüsecreme, Chapatis und Reis. Um dem Koch eine Freude zu machen, geben wir alles, aber wir schaffen es nicht, die Schüsseln leer zu essen. Anschließend sitzen wir ächzend und stöhnend in unserem offenen Wohnzimmer und blicken in die Dunkelheit. Es herrscht ein lang anhaltender Stromausfall. Wir werden erstaunlicher Weise kaum von Mücken belästigt und das obwohl wir uns auf dem Wasser befinden. Gegen zehn Uhr haben wir das Gefühl, dass die Crew sich gern auf die gepolsterten Bänke zum Schlafen legen würde, deshalb räumen wir das Feld und gehen auch ins Bett. Als Nico abschließend ins Klo geht, saust eine fette, circa sechs Zentimeter lange Kakerlake über den Boden. Thomas kommt mit dem Insektenschröter und macht ihr den Garaus. Das hat aber eine Weile gedauert. Als ich hinein gehe entdecke ich zwei weitere aber viel kleinere und auch die müssen dran glauben. Dann gehen wir beruhigt schlafen, verriegeln aber sicherheitshalber die Tür zur Nasszelle.

Um halb sieben wache ich auf. Auf dem Boot wird bereits rumort, um es bereit zur Abfahrt zu machen und der Koch werkelt in der Küche um Chai zu kochen. Die Fischer und der Fährmann sind mit lauten Rufen bei der Arbeit. Die Wolken haben sich verzogen und die Morgensonne taucht alles in ein warmes Licht. Am Steuer glimmt ein Räucherstäbchen als Opfergabe für eine gute Rückfahrt. Um halb acht legen wir ab und bekommen auch gleich unseren Chai serviert. Diesmal drei Tassen für jeden! Es ist herrlich ihn auf unserer überdachten Terrasse mit Blick auf das Geschehen am Ufer zu genießen. Wir sehen Muscheltaucher, Fischer in ihren Kanus, Menschen, die sich und ihre Kühe im Fluss waschen und auch der Fisch wird um diese Uhrzeit schon verkauft und von den Tempeln ertönen die Gebetsgesänge. Bald erreichen wir den Teil, der aussieht wie ein großer See und dann gibt es auch schon Frühstück. Pfannkuchen und dazu eine Mischung aus Bananen, Kokosflocken und Zucker, Omelettes und eine aufgeschnittene Ananas. Wir genießen das letzte Stück der Fahrt und legen dann pünktlich um halb zehn an. Eine Stunde später sind wir zurück im Hotel.

Unser Hausboot mit zwei Schlafzimmern

Unser Hausboot mit zwei Schlafzimmern

Chinesisches Fischernetz

Chinesisches Fischernetz

Mittagessen

Mittagessen

Die Fahrt im Kanu

Die Fahrt im Kanu

Morgenwäsche am nächsten Tag

Morgenwäsche am nächsten Tag

Hier wird der frisch gefangene Fisch verkauft

Hier wird der frisch gefangene Fisch verkauft

© family on tour, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach zwei Jahren möchten wir unsere Freunde in Kerala wiedersehen. 2012 haben wir eine Woche in einem Hotel in Varkala gewohnt und durch die völkerverbindende Eigenschaft von Spielen mittels der vor unserem Cottage aufgehängtn Dartscheibe jeden Abend mit den Jungs vom Hotel und deren Freund Sandeep viel Spaß gehabt (siehe Reisebericht: Kerala mit Kind und Karre) Der Kontakt ist nie abgebrochen und es wurde Zeit, die Jungs mal wieder zu besuchen.
Details:
Aufbruch: 30.07.2014
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 15.08.2014
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
family on tour berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.
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