Fahrradtour von Venedig nach Bremen

Reisezeit: Mai 2012  |  von Thomas Eggers

......auf nach Südtirol

....auf nach Südtirol..

15.05.2012
Morgens bin ich um 5:10 Uhr aufgestanden und war um 6:20 Uhr auf dem Fahrrad. Auf dem Campingplatz fragte mich noch ein Mann wo ich denn so früh hin wollte? Kurzes, nettes Gespräch morgens um 6 Uhr.
Ich fuhr die Hauptstraße nach Kalter. Hier ging es sofort in die Vollen. Es war eine Schnellstraße ohne Fahrradweg dafür aber mit einer langen Steigung bis nach Kaltern. Aufgrund der kurvigen und in den Kurven nicht einsehbaren Straßenführung war diese Straße für Radfahrer die die Steigung hoch mussten sehr gefährlich.
Man muss sich das so vorstellen. Man hat ein voll bepacktes Fahrrad und fährt über mehrere Kilometer nur berghoch. Aufgrund dessen ist das Tempo manchmal fast Schritttempo. Dann kommt eine Kurve und aufgrund des Hanges an der Kurve wird man nicht gesehen. Irgendwann taucht dann ein Auto oder schlimmer ein LKW auf und prescht für einen kleinen Moment voll auf dich zu und Du hoffst nur das er dich früh genug sieht. Ich habe es bei einigen Kurven so gemacht das ich vorher Luft geholt habe und mit meiner vollen Kraft dann versucht habe im maximalen Tempo diese Kurven zu nehmen.

.....oben !!

.....oben !!

Zwischenzeitig kam dann glücklicherweise die Bäckerei "Wörndle". Hier konnte ich erst mal verschnaufen und frühstücken.
In Kaltern oben angekommen verließ ich die Schnellstraße und fuhr durch den Ortskern. Dieser Weinort ist unheimlich schön mit kleinen Gassen und alten historischen Gebäuden. Ich komme am Gasthof zum weißen Rößl vorbei. Im Hintergrund überall Berge. Fühlte mich teilweise wie in einem Heidi Film.

.......echt schöne Dörfer...

.......echt schöne Dörfer...

Ich fragte noch einen Mann nach dem Fahrradweg nach Bozen. Der gibt mir den Tipp an der Lokomotive mich rechts zu halten. Dieses funktionierte und schon war ich auf einem Super de Luxe Fahrradweg nach Bozen. Nach einer schönen Fahrt ohne Steigungen kam dann eine kilometerlange, wunderschöne steile Abfahrt bis nach Bozen. Traumhaftes Wetter, traumhafte Kulisse, traumhafter Straßenbelag und nur noch bergab. Zum greifen Nah die schneebedeckten Dolomiten. Überall Wein. Hin und wieder mal ein Fahrradfahrer der mir mit der Zunge aus dem Hals entgegenkam. Absolute Glücksgefühle!!

....durch die Weinberge...

....durch die Weinberge...

Ich komme über eine Brücke über einen Fluss in Bozen und komme an eine große Hinweistafel für Fahrräder und stelle fest, dass ich mich etwas verfahren habe. Eine Frau kann mir dieses bestätigen. Als ich vor dem Hinweisschild stehe sehe ich unzählige Fahrradgruppen (teilweise bis zu 30 Mann) mit Ihren bunten Outfits auf ihren Rennrädern.
Ich fahre wieder ein Stück zurück und komme an das Schild was ich übersehen hatte. Nun war immer den Richtungsschildern nach Meran zu folgen.
Die Streckenführung war nun gerade aus immer am Fluss (Etsch/F Adige) und an einer Eisenbahnstrecke entlang. Über Burgstall gelang ich mitten in die Stadt Meran hinein.

....in Meran angekommen!

....in Meran angekommen!

In Meran folge ich dann einem Radweg, verfahre mich aber leicht und lande in einem Imbiss wo ich Hamburger esse und mit dem Mann hinterm Tresen lange über das Fahrradfahren quatsche.
Ich fahre durch Meran durch. Muss nochmal über eine Brücke und treffe auf ein junges Paar welches mir auf Rädern entgegenkommt. Wir kommen ins Gespräch. Sie versichern mir, dass es für mich gleich so richtig anstrengend werden wird. Es soll nur noch berghoch gehen. Und die nächsten Kilometer sollen dazu noch ganz steil werden. Sie schauen auf mein beladenes Fahrrad und fangen an zu lachen. Ich bin total gespannt und fahre los.
Sofort nach dem Gespräch kamen die Steigungen. Es ging tatsächlich hoch. Und wie. Mir kamen Radfahrer mir einemn Affenzahn entgegen. Irgendwann konnte ich nur noch schieben. Und dieses für eine ganz lange Zeit. Es war dazu auch noch recht warm. Ich kam an eine Wasserstelle. Hier konnte man den Kopf in trinkbares Bergwasser halten. Ich kühlte den Kopf ab und füllte meine Flaschen auf. Dann ging es serpentinartig nach oben. Man nennt das hier Kehren. Oben angekommen kann man auf überdimensionalen Holzliegestühlen von oben über Meran schauen.

...blick zurück richtung Meran!!

...blick zurück richtung Meran!!

Zuhause als ich diesen Bericht schrieb schaute ich bei youtube mal nach, ob hier Videos über diese Abfahrt existieren. Und tatsächlich es sind Videos von Radfahrern im Netz die über eine Helmkamera die Abfahrt gefilmt haben. Da ich ja leider diese Passage hochfahren musste kam ich im nach hinein nochmal in den Genuss diese Passage virtuell bergab zu fahren. Die deutlich bessere Richtung.
Der Weg führte nun über Naturns und Latsch. Es folgten endlose Apfelplantagen (die bekannten Meraner Apfelfelder) durch die ich durchfuhr. Einmal stand eine Radfahrergruppe völlig durchnäßt am Wegesrand und riefen mir zu, dass ich mich auf eine schöne Dusche gefaßt machen sollte. Ich fuhr weiter und wußte auf einmal was Sie meinten. Riesige Beregnungsanlagen unterschieden nicht mehr zwischen Radweg und Apfelplantagen sondern bewässerten die kompletten Areale. Ich fuhr laut lachend durch. Es ging mindestens einen Kilometer so. Ich war komplett durchnäßt. Aber es war total geil.

....die Duschen sind schon zu sehen ...

....die Duschen sind schon zu sehen ...

An diesem Tag machte ich an einen schön gelegenen Wirtshaus mit See rast. Als ich wieder losfahren wollte traf ich auf eine Fernradfahrerin aus Holland die nach Rom wollte und aus der Richtung kam in die ich wollte. Sie fragte mich nach dem Weg nach Meran und Bozen. Sie hatte das Problem dass Sie ihre Radkarten von zu Hause aus versandt hatte und Sie in einer Poststation abholen wollte. Die Karten sind aber nicht angekommen. Nun musste Sie sich zunächst ohne Karten durchkämpfen. Ich konnte ihr zunächst sagen, dass es eigentlich ganz gut ausgeschildert sei und dass es nur bergab ging. Sie sagte, dass das toll sei und bestätigte meine Befürchtung in dem sie fortfuhr mit dem Satz "das geht mir schon den ganzen Tag so".
Nachdem wir uns verabschiedeten und ich bereits wieder einige Kilometer gefahren bin plagte mich ein schlechtes Gewissen. Und zwar fragte ich mich warum ich nicht auf die Idee gekommen bin ihr meine Seiten der Radkarte zwischen Trento und Meran zu geben. Hätte ich einfach aus meinen Ringbuch herausnehmen können. Ich Blödmann. Ich hätte ihr echt richtig gut weiterhelfen können. Aber ich kam einfach nicht drauf. Die Gedanken kamen mir ganze 2 Tage immer wieder in den Sinn.
Gerne erinnern werde ich mich an zwei drollige Männer denen ich am Fahrradweg begegnete. Ich verschnaufte und schaute in der Gegend rum da standen auf einmal die beiden neben mir. Der eine klein mit einem dicken Bauch der zweite war eher schlaksig. Wo wilscht denn hin. Nach Deutschland? Da muschte fit sein. Da darfschte keinen Bauch haben und immer nur lecker essen!
Ich weiß nicht aber ich fühlte mich wie in einem Film in denen die beiden die Hauptrolle spielten. Die beiden sind aus ihrem Heim ausgebrochen wandern um die Welt und treffen einen Fernradfahrer. Weiteres Drehbuch offen!
Weiter ging es wobei die Steigungen die es zu überwinden galten recht moderat daherkamen. In Prad am Stilfserjoch änderte sich kurzeitig die Landschaft und ich fuhr durch ein Bio Sand Reservat.

...was ist ein Bio Sand Reservat????

...was ist ein Bio Sand Reservat????

Es waren nun nicht mehr viel Kilometer bis zum nächsten Campingplatz (so ungefähr 15 Kilometer) aber ich war irgendwann doch etwas geschlaucht. Ich schlug die letzten Kilometer einen Affenzahn ein.
In Glurns verpasste ich den direkten Weg nach Mals wo ich von der Existenz eines Campingplatzes wusste. Irgendwann war ich in Schleis und Mals war von weiten sichtbar.
Ich war platt und schob mein Rad bis ins Dorf. Hier angekommen war der Campingplatz ausgeschildert.
Ich hatte mich heute von 200 m auf 800 m über N.N. hochgeschraubt und bin in Mals angekommen.
Ich hatte vergessen mir heute die Kilometerzahl aufzuschreiben. Ein nachträglicher Blick in mein Radbuch läßt mich auf 120 km kommen.
Der Platz war eher klein und unscheinbar. Es waren wie immer Wohnwagen und Wohnmobilisten vorhanden aber Zelte standen keine da. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut hatte gesellte sich aber noch ein Motorradfahrer aus dem Saarland Ü 55 zu mir und baute sein Zelt neben meinem auf. Er war am Anfang einer 6 monatigen Europareise und kam heute über den Reschenpass. Von ihm bekam ich zum ersten mal gesagt, dass das Wetter in den nächsten 2 Tagen katastrophal werden soll. Es soll in den Pässen anfangen zu schneien. Sollte mich da nervös machen? Nö!

...auf dem Camping in Mals. Zelt steht noch !!

...auf dem Camping in Mals. Zelt steht noch !!

Ich ging duschen und danach ein paar Meter die Straße runter um was zu essen. In einem Imbiss haute ich mir Riesenhamburger rein und trank Becks Bier. In einer Zeitung konnte ich lesen warum in Bozen diese Scharren von Menschen mit Hütten und Feder im Hut rumliefen. Es war Treffen der Südtiroler in Bozen gewesen.
Mir fiel auf das mich die Einheimischen am Tresen des Imbisses beäugten. Der Imbiss hat mich irgendwie an den Ditsche Imbiss erinnert. Klassisch war die Szene wo ich mir noch ein Bier aus dem Kühlschrank rausholte und mein Nachbar zur rechten einen Flaschenöffner nahm und mir die Flasche öffnete. Schade weiß nicht warum aber tiefgründige Gespräche blieben aus.
Als ich den Imbiss verließ ging es los. Regen war bereits da und Sturm kündigte sich an.
Ich lief zum Zeltplatz und sprang in mein Zelt. Dann wieder raus. Waschhaus. Danach wieder rein. Dann kam der Sturm. Komisch ich war froh dass der Saarländer mit seinem Zelt neben mir lag.
Ich dachte an die Worte des Verkäufers von MC Treck Outled Store. "Ein Jack Wolfskin Zelt wie dieses zeichnet sich durch ein extrem geringes Gewicht aus. Bei starken Regen kann es aber aufgrund dessen, dass leichte Materialien verwendet wurden, an den Nähten schon mal tropfen".
Der Starkregen kam so gegen Mitternacht. Der Sturm gesellte sich zeitgleich dazu. Heftige Sturmböen. Zum Glück waren keine Bäume in der Nähe. Es tropfte tatsächlich leicht in mein Zelt hinein und ich hatte echt leichte Befürchtungen ob mein Zelt diesen Böen standhalten würde. Es tat es.
Als ich morgens aus dem Zelt kam waren die Berge die den Campingplatz umgaben weiß. Es war merklich kühl.
Ich quatschte morgens noch mit meinem Zeltnachbarn für eine Nacht über den heftigen Sturm gestern. Er hatte sich nachts auch schon einen Plan zur Flucht in das Sanitärhäuschen gedanklich bereitgelegt. Wir feierten beide unsere Zelte. Ich wunderte mich, dass mein Zelt trotz des nächtlichen Unwetters zum ersten Mal trocken zum Abbau war.
Wir machten noch Fotos von uns und um 6:40 Uhr war ich schon wieder unterwegs.
Campingplatz Mals
Bahnhofsstraße 51 via Stazione
I-39024 Mals/Malles (Bz)
Tagesetappe: 120 km
Gesamt: 420 km

© Thomas Eggers, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit dem Fahrrad von Venedig nach Bremen. (Italien, Österreich, Schweiz, Österreich, Bayern, Hessen, Thüringen, Nordrhein Westfalen, Niedersachsen, Bremen) Über die via claudia augusta, die Romantische Straße, den Main Tauber Fränkischer Radachter, Main Radweg,Saaletal Radweg, Rhön Radweg, Werra Radweg, Weserradweg und unzähligen Querfeldeinwegen nach Hause.
Details:
Aufbruch: 11.05.2012
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 27.05.2012
Reiseziele: Italien
Österreich
Deutschland
Der Autor
 
Thomas Eggers berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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